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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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[Spaltenumbruch] getrocknet würde/ erlange ihr Leib vom Feuer
und Wasser eine viel vollkommenere Vermi-
schung. Jhre L[eib]er würden stärcker und ge-
schwinder/ und derselben Bewegung wäre un-
gezwungener und tauerhafftiger/ als der Män-
ner. Dieses bestärckte er ferner dadurch/ daß
alle weibliche Raub-Vögel mit ihrem geschwin-
den Fluge alle andere kriegrische Thiere im
Lauffe/ und beyde im hitzigen Kämpffen die
Männlichen übertreffen. Ja ich setze unserm
Lobe sonder Eigenruhm bey/ daß Löwen/ Tiger
und Adler männlicher Art nicht so wohl aus
einem hertzhafften Triebe/ als aus Hunger/
nicht wegen eines rühmlichen Absehens/ son-
dern nur wegen des Raubes mit einer blinden
Ungestüm/ die weiblichen aber aus einer viel
edlern Regung/ zu ihrem Ruhme/ für Erhaltung
ihrer Jungen/ und mit einem beständigern
Nachdrucke kämpffen/ auch sich weder Flam-
men nach Stahl von ihrer schuldigen Beschir-
mung abschrecken lassen. Die weiblichen Kräu-
ter und Bäume sind auch zum Theil kräfftiger/
als die andern. Die männliche Muscaten-
Nuß ist zwar grösser und länger/ aber sie hat viel
weniger Krafft/ als die weiblichen/ und unsere
Art Palmen werden in gewissen Fällen für
den männlichen zu Siegs-Kräntzen genom-
men. Die freudige Thußnelde hörte dieser
Schutzrede mit Lust zu/ und ward ermuntert
selbter anzuhängen: Warum wirfft man uns
nicht auch für/ daß kein Weibsbild iemahl zu-
gleich linck und rechts/ noch/ wie die Männer
insgemein/ auff die Glieder der rechten Seiten
stärcker/ als an der lincken sind? daß wir eh als
sie veralten sollen? und andere uns angetichtete
Schwachheiten? Welche wir aber als der Groß-
müthigkeit nichts benehmende Gebrechen ohne
unsere Verkleinerung leicht enthängen könten.
Denn auch die äusserlichen Leibs-Kräfften sind
nicht nach der Elle der Glieder abzumessen/
sondern wie es nicht genug ist/ daß die Natur
dem Stahle solche Härte gegeben/ es muß selb-
[Spaltenumbruch] ten allererst das Feuer glüend/ der Schleiff-
stein spitzig und zum Degen machen; also müs-
sen Armen und Schenckel von der Hitze des
Geblüts/ und von einer mäßigen Ergiessung
der Galle/ als der letzten Anfeuchtung wacke-
rer Leute/ und dem Wetzsteine der Stärcke be-
selet werden. Dahero/ weil dieser natürliche
Zunder eine heimliche Abscheu von Riesen-Kno-
chen hat/ findet man in so schwämmichten Men-
schen/ welche dem Ansehen nach Thürme feil
tragen möchten/ weder Geschicke noch Bereg-
ligkeit/ wie ich selbst zu Rom am Pusion und
Secundellen wahr genommen/ derer zwar eilff
und einen halben Fuß lange/ aber zugleich bau-
fällige Cörper der Käyser nach ihrem frühen
Tode in die Salustischen Gärte begraben ließ.
Und weiß ich diese ungeheuere/ aber geistleere
Geschöpffe nicht besser/ als denen Gebäuen zu
vergleichen/ die von aussen das Ansehen einer
Königlichen Burg/ innwendig aber Winckel
an statt der Zimmer haben. Hingegen hat die
niedrige Balsam-Staude mehr Krafft in sich/
als die lang-hälsichte Fichte. Das kleine in der
Serischen Landschafft Kingcheu wachsende
Kraut von tausend Jahren dauret länger/ als
die Himmel-hohen Cedern/ denen doch kein Blat
abfällt/ die kein Wurm anbeist/ indem jenes
nimmermehr verdorret. Nun ist das in etlicher
Augen so klein scheinende weibliche Geschlechte
ja nicht unter die Thiere zu rechnen/ welche keine
Galle haben/ sondern man eignet ihnen hier-
von zuweilen auch eine Ubermasse zu. Weni-
ger fleust von einem edlen Stamme die Blüthe
des guten Geblüts nur auff die männlichen
Zweige/ also daß die Hefen den Töchtern übrig
bleiben/ sondern es wallet die angebohrne Tapf-
ferkeit so wohl in diesen als jenen Adern. Der
Granatapffel-Baum trägt so wenig Blüthen
ohne Purpur/ als Früchte sonder Kronen; also
wird auff die Töchter so wohl/ als ihre Brüder
das hohe Geblüte und der Adel fortgepflantzet.
Und alle Helden der Welt haben noch unter den

Hertzen

Anderes Buch
[Spaltenumbruch] getrocknet wuͤrde/ erlange ihr Leib vom Feuer
und Waſſer eine viel vollkommenere Vermi-
ſchung. Jhre L[eib]er wuͤrden ſtaͤrcker und ge-
ſchwinder/ und derſelben Bewegung waͤre un-
gezwungener und tauerhafftiger/ als der Maͤn-
ner. Dieſes beſtaͤrckte er ferner dadurch/ daß
alle weibliche Raub-Voͤgel mit ihrem geſchwin-
den Fluge alle andere kriegriſche Thiere im
Lauffe/ und beyde im hitzigen Kaͤmpffen die
Maͤnnlichen uͤbertreffen. Ja ich ſetze unſerm
Lobe ſonder Eigenruhm bey/ daß Loͤwen/ Tiger
und Adler maͤnnlicher Art nicht ſo wohl aus
einem hertzhafften Triebe/ als aus Hunger/
nicht wegen eines ruͤhmlichen Abſehens/ ſon-
dern nur wegen des Raubes mit einer blinden
Ungeſtuͤm/ die weiblichen aber aus einer viel
edlern Regung/ zu ihrem Ruhme/ fuͤr Erhaltung
ihrer Jungen/ und mit einem beſtaͤndigern
Nachdrucke kaͤmpffen/ auch ſich weder Flam-
men nach Stahl von ihrer ſchuldigen Beſchir-
mung abſchrecken laſſen. Die weiblichen Kraͤu-
ter und Baͤume ſind auch zum Theil kraͤfftiger/
als die andern. Die maͤnnliche Muſcaten-
Nuß iſt zwar groͤſſer und laͤnger/ aber ſie hat viel
weniger Krafft/ als die weiblichen/ und unſere
Art Palmen werden in gewiſſen Faͤllen fuͤr
den maͤnnlichen zu Siegs-Kraͤntzen genom-
men. Die freudige Thußnelde hoͤrte dieſer
Schutzrede mit Luſt zu/ und ward ermuntert
ſelbter anzuhaͤngen: Warum wirfft man uns
nicht auch fuͤr/ daß kein Weibsbild iemahl zu-
gleich linck und rechts/ noch/ wie die Maͤnner
insgemein/ auff die Glieder der rechten Seiten
ſtaͤrcker/ als an der lincken ſind? daß wir eh als
ſie veralten ſollen? und andere uns angetichtete
Schwachheiten? Welche wir aber als der Groß-
muͤthigkeit nichts benehmende Gebrechen ohne
unſere Verkleinerung leicht enthaͤngen koͤnten.
Denn auch die aͤuſſerlichen Leibs-Kraͤfften ſind
nicht nach der Elle der Glieder abzumeſſen/
ſondern wie es nicht genug iſt/ daß die Natur
dem Stahle ſolche Haͤrte gegeben/ es muß ſelb-
[Spaltenumbruch] ten allererſt das Feuer gluͤend/ der Schleiff-
ſtein ſpitzig und zum Degen machen; alſo muͤſ-
ſen Armen und Schenckel von der Hitze des
Gebluͤts/ und von einer maͤßigen Ergieſſung
der Galle/ als der letzten Anfeuchtung wacke-
rer Leute/ und dem Wetzſteine der Staͤrcke be-
ſelet werden. Dahero/ weil dieſer natuͤrliche
Zunder eine heimliche Abſcheu von Rieſen-Kno-
chen hat/ findet man in ſo ſchwaͤmmichten Men-
ſchen/ welche dem Anſehen nach Thuͤrme feil
tragen moͤchten/ weder Geſchicke noch Bereg-
ligkeit/ wie ich ſelbſt zu Rom am Puſion und
Secundellen wahr genommen/ derer zwar eilff
und einen halben Fuß lange/ aber zugleich bau-
faͤllige Coͤrper der Kaͤyſer nach ihrem fruͤhen
Tode in die Saluſtiſchen Gaͤrte begraben ließ.
Und weiß ich dieſe ungeheuere/ aber geiſtleere
Geſchoͤpffe nicht beſſer/ als denen Gebaͤuen zu
vergleichen/ die von auſſen das Anſehen einer
Koͤniglichen Burg/ innwendig aber Winckel
an ſtatt der Zimmer haben. Hingegen hat die
niedrige Balſam-Staude mehr Krafft in ſich/
als die lang-haͤlſichte Fichte. Das kleine in der
Seriſchen Landſchafft Kingcheu wachſende
Kraut von tauſend Jahren dauret laͤnger/ als
die Himmel-hohen Cedern/ denen doch kein Blat
abfaͤllt/ die kein Wurm anbeiſt/ indem jenes
nimmermehr verdorret. Nun iſt das in etlicher
Augen ſo klein ſcheinende weibliche Geſchlechte
ja nicht unter die Thiere zu rechnen/ welche keine
Galle haben/ ſondern man eignet ihnen hier-
von zuweilen auch eine Ubermaſſe zu. Weni-
ger fleuſt von einem edlen Stamme die Bluͤthe
des guten Gebluͤts nur auff die maͤnnlichen
Zweige/ alſo daß die Hefen den Toͤchtern uͤbrig
bleiben/ ſondern es wallet die angebohrne Tapf-
ferkeit ſo wohl in dieſen als jenen Adern. Der
Granatapffel-Baum traͤgt ſo wenig Bluͤthen
ohne Purpur/ als Fruͤchte ſonder Kronen; alſo
wird auff die Toͤchter ſo wohl/ als ihre Bruͤder
das hohe Gebluͤte und der Adel fortgepflantzet.
Und alle Helden der Welt haben noch unter den

Hertzen
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/254>, abgerufen am 22.11.2024.