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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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[Spaltenumbruch] te ein so erqvickender Thau über den gantzen
Tempel herab/ gleich als die Morgenländer
darzu allen ihren Ambra und Balsam verlie-
hen hätten. Alle Anwesende und selbst Riame
und Olorene hielten dieses für ein absonderes
Wunderwerck/ und/ nach dem der Aberglaube
die Menschen alles zu überreden mächtig ist/
liessen sie sich bedeuchten/ als wenn die anwesen-
de Gottheit ihre Gemüther gleichsam durch ei-
ne Magnetische Krafft zu einer Zuneigung ge-
gen Klodomirn und Astinaben züge. Hier-
mit fiel Rhemetalces ein: Wie aber? war denn
dieser wohlriechende Thau kein Wunderwerck
des Esculapius? Malovend antwortete/ das
leichtgläubige Frauenzimmer hielt es freylich
dafür/ ungeachtet die Deutschen sonst des Escu-
lapius kaum für einen Halb-Gott erkennen.
Jch bilde mir aber ein/ es sey allhier nichts min-
der mit Künsten zugegangen als es in den Egy-
ptischen Tempeln geschiehet/ allwo/ wenn das
Feuer auf dem Altare angezündet wird/ die
vielbrüstige Mutter der Götter häuffig Milch
in einen Marmelnen Kessel spritzet/ und zu Sai
Jsis und Osiris Milch und Wein rinnen las-
sen/ oder auch/ wenn in dem Lybischen am Croco-
dilen-Ufer gebauten Tempel des Esculapius ei-
ner hinein trat/ und nur die ertztenen Räder an-
rührte/ selbter alsofort mit Weyhwasser bespritzt
ward. Rhemetalces begegnete ihm: Solten
die klugen Egyptier wol so alber gewesen seyn/
daß sie ihnen einen blauen Dunst für die Augen
machen lassen? Sicherlich/ versetzte Malovend/
sind dieses alles Kunst-Streiche der verschlage-
nen Priester gewest/ welche hierdurch den ein-
fältigen Pöfel nach ihrem Willen geleitet/ sich
zu Halb-Göttern/ Egypten aber zum Eben-
bilde des Himmels und zu einem Tempel der
Welt gemacht. Nach dem Käyser Augustus
alldort ihren abergläubischen Gottesdienst ab-
geschafft/ habe ich mir selbst in den Altären die
heimlichen Röhren und Werckzeuge weisen las-
[Spaltenumbruch] sen/ welche von der Hitze des anzündeten Feuers/
oder durch einen andern Trieb die verborgene
Feuchtigkeit auszuschütten sind gereget worden.
Dem sey aber/ wie ihm wolle/ so gebrauchte sich
Marcomir allhier des Aberglaubens gegen
Riamen und Olorenen/ ihnen die Liebe zu beneh-
men und sie wieder verliebt zu machen. Zeno
konte sich des Lachens nicht enthalten/ und fing
an: Jch weiß wol/ daß die Staats-Klugen ihre
Herschsucht mit dem Mantel der Gottesfurcht
verhüllen/ und durch Aberglauben das Volck
ihnen verbindlich machen. Jch erinnere mich/
daß Numa durch die ertichteten Gespräche mit
seiner Egeria/ Scipio mit seinen Träumen in
dem Hause des Capitolinischen Jupiters/ Sulla
mit dem für getragenen Bildnüsse des Apollo/
Sertorius mit den Warsagungen seiner weis-
sen Hinde/ Minos mit denen vom Jupiter ihm
eröfneten Gesetzen/ Pisistratus mit seiner ver-
mummten Minerva ihre Herrschafft befestigt/
daß die Spartaner ihre Regiersucht und den
Krieg wider Athen/ Philippus den Uberfall der
Phocenser mit ihrem Kirchenraube beschönet/ ja
daß auch der Britannische König Dinafer alle
seine Begierden mit der Andacht bekleidet; Daß
man aber den Aberglauben zum Werckzeuge
der Liebe gebrauchthabe/ erinnere ich mich nicht.
Jn allewege/ sagte Rhemetalces. Nectabis ü-
berredete des grossen Philippus Gemahlin O-
lympias/ es würde sie der Hammonische Jupi-
ter schwängern/ und sie von ihm einen Sohn/ der
die gantze Welt beherrschen solte/ gebähren;
brachte es auch durch abergläubische Bethö-
rung oder zauberische Verblendung zu wege/
daß sie diesen Betrüger oftmahls in Gestalt
einer Schlangen/ und in Einbildung eines
göttlichen Beyschlaffs umhalsete. Ja ich hal-
te dafür/ daß so wohl des Scipio als des Au-
gustus Mutter von der Olympias eben die-
sen Fürwand ihre frembde Buhlerey zu ver-
blümen gelernt/ und nebst ihren Männern

auch

Anderes Buch
[Spaltenumbruch] te ein ſo erqvickender Thau uͤber den gantzen
Tempel herab/ gleich als die Morgenlaͤnder
darzu allen ihren Ambra und Balſam verlie-
hen haͤtten. Alle Anweſende und ſelbſt Riame
und Olorene hielten dieſes fuͤr ein abſonderes
Wunderwerck/ und/ nach dem der Aberglaube
die Menſchen alles zu uͤberreden maͤchtig iſt/
lieſſen ſie ſich bedeuchten/ als wenn die anweſen-
de Gottheit ihre Gemuͤther gleichſam durch ei-
ne Magnetiſche Krafft zu einer Zuneigung ge-
gen Klodomirn und Aſtinaben zuͤge. Hier-
mit fiel Rhemetalces ein: Wie aber? war denn
dieſer wohlriechende Thau kein Wunderwerck
des Eſculapius? Malovend antwortete/ das
leichtglaͤubige Frauenzimmer hielt es freylich
dafuͤr/ ungeachtet die Deutſchen ſonſt des Eſcu-
lapius kaum fuͤr einen Halb-Gott erkennen.
Jch bilde mir aber ein/ es ſey allhier nichts min-
der mit Kuͤnſten zugegangen als es in den Egy-
ptiſchen Tempeln geſchiehet/ allwo/ wenn das
Feuer auf dem Altare angezuͤndet wird/ die
vielbruͤſtige Mutter der Goͤtter haͤuffig Milch
in einen Marmelnen Keſſel ſpritzet/ und zu Sai
Jſis und Oſiris Milch und Wein rinnen laſ-
ſen/ oder auch/ wenn in dem Lybiſchen am Croco-
dilen-Ufer gebauten Tempel des Eſculapius ei-
ner hinein trat/ und nur die ertztenen Raͤder an-
ruͤhrte/ ſelbter alſofort mit Weyhwaſſer beſpritzt
ward. Rhemetalces begegnete ihm: Solten
die klugen Egyptier wol ſo alber geweſen ſeyn/
daß ſie ihnen einen blauen Dunſt fuͤr die Augen
machen laſſen? Sicherlich/ verſetzte Malovend/
ſind dieſes alles Kunſt-Streiche der verſchlage-
nen Prieſter geweſt/ welche hierdurch den ein-
faͤltigen Poͤfel nach ihrem Willen geleitet/ ſich
zu Halb-Goͤttern/ Egypten aber zum Eben-
bilde des Himmels und zu einem Tempel der
Welt gemacht. Nach dem Kaͤyſer Auguſtus
alldort ihren aberglaͤubiſchen Gottesdienſt ab-
geſchafft/ habe ich mir ſelbſt in den Altaͤren die
heimlichen Roͤhren und Werckzeuge weiſen laſ-
[Spaltenumbruch] ſen/ welche von der Hitze des anzuͤndeten Feuers/
oder durch einen andern Trieb die verborgene
Feuchtigkeit auszuſchuͤtten ſind gereget worden.
Dem ſey aber/ wie ihm wolle/ ſo gebrauchte ſich
Marcomir allhier des Aberglaubens gegen
Riamen und Olorenen/ ihnen die Liebe zu beneh-
men und ſie wieder verliebt zu machen. Zeno
konte ſich des Lachens nicht enthalten/ und fing
an: Jch weiß wol/ daß die Staats-Klugen ihre
Herſchſucht mit dem Mantel der Gottesfurcht
verhuͤllen/ und durch Aberglauben das Volck
ihnen verbindlich machen. Jch erinnere mich/
daß Numa durch die ertichteten Geſpraͤche mit
ſeiner Egeria/ Scipio mit ſeinen Traͤumen in
dem Hauſe des Capitoliniſchen Jupiters/ Sulla
mit dem fuͤr getragenen Bildnuͤſſe des Apollo/
Sertorius mit den Warſagungen ſeiner weiſ-
ſen Hinde/ Minos mit denen vom Jupiter ihm
eroͤfneten Geſetzen/ Piſiſtratus mit ſeiner ver-
mummten Minerva ihre Herrſchafft befeſtigt/
daß die Spartaner ihre Regierſucht und den
Krieg wider Athen/ Philippus den Uberfall der
Phocenſer mit ihrem Kirchenraube beſchoͤnet/ ja
daß auch der Britanniſche Koͤnig Dinafer alle
ſeine Begierden mit der Andacht bekleidet; Daß
man aber den Aberglauben zum Werckzeuge
der Liebe gebrauchthabe/ erinnere ich mich nicht.
Jn allewege/ ſagte Rhemetalces. Nectabis uͤ-
berredete des groſſen Philippus Gemahlin O-
lympias/ es wuͤrde ſie der Hammoniſche Jupi-
ter ſchwaͤngern/ und ſie von ihm einen Sohn/ der
die gantze Welt beherrſchen ſolte/ gebaͤhren;
brachte es auch durch aberglaͤubiſche Bethoͤ-
rung oder zauberiſche Verblendung zu wege/
daß ſie dieſen Betruͤger oftmahls in Geſtalt
einer Schlangen/ und in Einbildung eines
goͤttlichen Beyſchlaffs umhalſete. Ja ich hal-
te dafuͤr/ daß ſo wohl des Scipio als des Au-
guſtus Mutter von der Olympias eben die-
ſen Fuͤrwand ihre frembde Buhlerey zu ver-
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/216>, abgerufen am 26.11.2024.