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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Vorbericht an den Leser.
dem tieffen Alterthum hervor gesucht/ und selbige in eine solche Ordnung zu-
sammen zu bringen sich bemühet/ die dem Leser weder allzutunckel noch ver-
drüßlich fallen möchte. Dabey wolle sich aber der bescheidene Leser nicht be-
frembden lassen: daß Er nicht den Lateinischen Nahmen Arminius behal-
ten/ sondern ihn durchgehends nach der deutschen Sprache Herrmann be-
nennet. Massen er sich dißfals/ wie andere in dessen Benahmung seiner Frey-
heit gebrauchet; weil beyde Nahmen doch einerley sind/ die meisten deutschen
Geschichtschreiber aber seiner unter dem Nahmen Herrmann gedencken.

Sonst hat unser seliger Uhrheber in dieser Geschichte/ wie andere Ge-
lehrten nach dem Triebe seines Gemüths-Geistes dies geschrieben/ worzu er von
Natur so viel Lust/ als wegen seiner Amts-Geschäffte Zeit und Gelegenheit
gehabt. Und wird man Jhm umb so viel desto weniger diese Schreibens-Art
übel deuten können/ weil nicht allein bey andern Völckern/ sondern auch in un-
serm Deutschlande die Edelsten unter den Sterblichen sich dergleichen bedie-
net; ja so gar vor wenig Jahren Durchlauchtige Hände einen höchst-
rühmlichen Anfang darinnen gemacht und genungsam gezeiget: daß wir
nunmehr andern Völckern in der Kunst-Liebe/ wo nicht es zuvor thun/ doch die
Wage halten können; also/ daß wir der ausländischen Ubersetzungen vor itzo
so wenig/ als ihrer deßwegen über uns geführten Höhnerey bedörffen werden.

Vornehmlich aber hat eine hochgedachte Erlauchte Feder/ und zwar
eben in den Cheruskischen Landen/ welche weyland unser Arminius beherr-
schet hat/ zu grosser Vergnügung aller edlen Gemüther/ mit den wichtigsten
Beweiß-Gründen herrlich aus geführet: daß dergleichen Arbut ein Zeitver-
treib des Adels seyn solle/ und demselben insonderheit wol anstehe; in dem der
Mensch vielmehr verpflichtet wäre den Gemüths-als Leibes-Ubungen obzu-
liegen. Welches auch hoffentlich keine vernünfftige Zunge in der Welt wird
wiedersprechen/ noch die geschickteste Feder wiederlegen können. Massen es
doch allzuwahr ist: daß eine gute Feder einen Edelmann nicht minder in der
Hand/ als auf dem Helme zieret. Denn ob zwar der Adel an sich selber ein
schöner Zierrath und helleuchtendes Kleinod des Menschen ist; so wil es doch
aber auch nöthig seyn: daß Er in das seine Gold guter Sitten und Wissen-
schafften versetzet werde; sonst wird er dessen Besitzer eine schlechte Folge des
Ansehens oder Hochachtung geben können. Die Edlen sollen die Eigenschafft
der Adler/ wovon sie nicht ohne Ursach den Nahmen führen/ an sich haben/ und

sich
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Vorbericht an den Leſer.
dem tieffen Alterthum hervor geſucht/ und ſelbige in eine ſolche Ordnung zu-
ſammen zu bringen ſich bemuͤhet/ die dem Leſer weder allzutunckel noch ver-
druͤßlich fallen moͤchte. Dabey wolle ſich aber der beſcheidene Leſer nicht be-
frembden laſſen: daß Er nicht den Lateiniſchen Nahmen Arminius behal-
ten/ ſondern ihn durchgehends nach der deutſchen Sprache Herrmann be-
nennet. Maſſen er ſich dißfals/ wie andere in deſſen Benahmung ſeiner Frey-
heit gebrauchet; weil beyde Nahmen doch einerley ſind/ die meiſten deutſchen
Geſchichtſchreiber aber ſeiner unter dem Nahmen Herrmann gedencken.

Sonſt hat unſer ſeliger Uhrheber in dieſer Geſchichte/ wie andere Ge-
lehrten nach dem Triebe ſeines Gemuͤths-Geiſtes dies geſchrieben/ worzu er von
Natur ſo viel Luſt/ als wegen ſeiner Amts-Geſchaͤffte Zeit und Gelegenheit
gehabt. Und wird man Jhm umb ſo viel deſto weniger dieſe Schreibens-Art
uͤbel deuten koͤnnen/ weil nicht allein bey andern Voͤlckern/ ſondern auch in un-
ſerm Deutſchlande die Edelſten unter den Sterblichen ſich dergleichen bedie-
net; ja ſo gar vor wenig Jahren Durchlauchtige Haͤnde einen hoͤchſt-
ruͤhmlichen Anfang darinnen gemacht und genungſam gezeiget: daß wir
nunmehr andern Voͤlckern in der Kunſt-Liebe/ wo nicht es zuvor thun/ doch die
Wage halten koͤnnen; alſo/ daß wir der auslaͤndiſchen Uberſetzungen vor itzo
ſo wenig/ als ihrer deßwegen uͤber uns gefuͤhrten Hoͤhnerey bedoͤrffen werden.

Vornehmlich aber hat eine hochgedachte Erlauchte Feder/ und zwar
eben in den Cheruskiſchen Landen/ welche weyland unſer Arminius beherꝛ-
ſchet hat/ zu groſſer Vergnuͤgung aller edlen Gemuͤther/ mit den wichtigſten
Beweiß-Gruͤnden herrlich aus gefuͤhret: daß dergleichen Arbut ein Zeitver-
treib des Adels ſeyn ſolle/ und demſelben inſonderheit wol anſtehe; in dem der
Menſch vielmehr verpflichtet waͤre den Gemuͤths-als Leibes-Ubungen obzu-
liegen. Welches auch hoffentlich keine vernuͤnfftige Zunge in der Welt wird
wiederſprechen/ noch die geſchickteſte Feder wiederlegen koͤnnen. Maſſen es
doch allzuwahr iſt: daß eine gute Feder einen Edelmann nicht minder in der
Hand/ als auf dem Helme zieret. Denn ob zwar der Adel an ſich ſelber ein
ſchoͤner Zierrath und helleuchtendes Kleinod des Menſchen iſt; ſo wil es doch
aber auch noͤthig ſeyn: daß Er in das ſeine Gold guter Sitten und Wiſſen-
ſchafften verſetzet werde; ſonſt wird er deſſen Beſitzer eine ſchlechte Folge des
Anſehens oder Hochachtung geben koͤnnen. Die Edlen ſollen die Eigenſchafft
der Adler/ wovon ſie nicht ohne Urſach den Nahmen fuͤhren/ an ſich haben/ und

ſich
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/21>, abgerufen am 28.03.2024.