Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
zu einer willigen Handlangerin an; und daßsie/ was die Barden dem Feldherrn zu Liebe singen würden; sie alsbald an die Herrmanns- Seule einetzen wolte. Die Barden ins ge- sampt ließen ihnen diese annehmliche Ver- mittelung gefallen/ und fieng der Elteste unter ihnen an nachfolgende Reimen zu singen; wel- che auf der Kunst Verordnung die Riesen zu- gleich an die eine Taffel des die Herrmanns- Seule haltenden Fusses eingruben: Gleicht nicht Andromede/ bestürtztes Deutschland/ dir? Hat nicht der Eltern Schuld dir Fessel angeschraubet? Zwar ist kein Wallfisch dar/ dem man dich würffe für/ Doch liefert man dich Rom/ das alle Freyheit raubet/ Der Wölfin/ welcher sich gleicht kein gefräßig Thier. Hätt'stu wol/ Vaterland/ für wenig Zeit geglaubet/ Als du in Dienstbarkeit vergiengest neben mir/ Dir würde frey zu gehn so zeitlich seyn erlaubet? Schreib deinem Herrmann dis/ dem neuen Perseus zu/ Der deine Ketten bricht/ das grimme Thier verschret/ Ja der sich gar vermählt. Thußneldens Beyspiel lehret Dich aber/ was nunmehr sey nöthig: daß man thu. Sie opffert ihm sein Hertz für die Erlösungs-Güte. So zünd' auch du ihm an ein danckbares Gemüthe. Die sämptlichen Barden löseten ihren Soll dieser weiß' und harte Marmelstein Das Ebenbild des grossen Herrmanns seyn? Der von so zarter Lieb' und hertzlichem Erbarmen/ Das er für's Vaterland stets trägt/ Und von den Feinden die er schlägt/ Hat ein Wachs-weiches Hertz/ und von Blut fette Armen? Jedoch er und Thußnelde scheinen Gleichwol zu gleichen diesen Steinen. Denn beyder Treue kommt an Farbe/ beyder Hertze An Härte weissem Marmel bey. Heg't jene keinen Fleck/ so weicht dis keinem Schmertze; Daß er und sie ein Bild/ ja dieses Bildes sey. Die Riesen waren mit Einetzung dieser Der Helden Geist ist Stahl/ ihr Hertz aus Diamant/ Wenn es mit Mänuern kampfft; alleine Wachs/ bey Frauen. Denn Adler lieben zwar nur Adler/ Pfane Pfauen/ Doch Alexandern zwingt der geilen Thais Brand/ Die Spindel Omphalens entweiht Alcidens Hand/ Achilles/ wenn er lieb't/ kriegt für dem Krieg' ein Grauen/ Anton stirbt als ein Weib in einer Mobrin Klauen/ Ja auch der Götter Lieb' ist Wahnwitz anverwand. Fürst Herrmann aber liebt mit grosser Tapfferkeit; Denn er vermählet ihm Minerven mit Thußnelden/ Sie ihr den Hercules mit Deutschlands grossem Helden; Und zwischen beyden ist kanm einig Unterscheid. Man weiß nicht/ wer sey Mars/ wenn sie die Waffen üben; Nicht/ wer die Liebe sey/ wenn sie einander lieben. Dieser Vorgesang/ und die noch übrige Die Marmel bilden sonst die Leiber nur allein; Der aber zeichnet nicht nur Herrmanns schön Gesichte/ Er ist ein recht Entwurff der seltzamen Geschichte; Denn wie Feil'/ Hammer/ Art/ macht herrlich diesen Stein/ So scheinet Haß und Neid der Werckzeug auch zu seyn/ Der Herrmanns Thun betheilt mit einem schönen Lichte. Des Unglücks Bley-Hand legt zur Tugend mehr Gewichte/ Und die Verleumbdung giebt der Unschuld hellern Schein. Was aber ist's: daß man in Marmel Helden etzet? Weil Hercules den Fuß auf Neid und Sterne setzet/ Kan Herrmanns Seule nicht auf Erden bleiben stehn. Jedoch sie stehet schon im Himmel reiner Hertzen. Der Neid selbst opffert ihr/ die Mißgunst brennt ihr Kertzen/ Ja das Verhängnüs wil sie über sich erhöhn. Die Barden hätten mit ihrem Singen/ und Der
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
zu einer willigen Handlangerin an; und daßſie/ was die Barden dem Feldherrn zu Liebe ſingen wuͤrden; ſie alsbald an die Herrmanns- Seule einetzen wolte. Die Barden ins ge- ſampt ließen ihnen dieſe annehmliche Ver- mittelung gefallen/ und fieng der Elteſte unter ihnen an nachfolgende Reimen zu ſingen; wel- che auf der Kunſt Verordnung die Rieſen zu- gleich an die eine Taffel des die Herrmanns- Seule haltenden Fuſſes eingruben: Gleicht nicht Andromede/ beſtuͤrtztes Deutſchland/ dir? Hat nicht der Eltern Schuld dir Feſſel angeſchraubet? Zwar iſt kein Wallfiſch dar/ dem man dich wuͤrffe fuͤr/ Doch liefert man dich Rom/ das alle Freyheit raubet/ Der Woͤlfin/ welcher ſich gleicht kein gefraͤßig Thier. Haͤtt’ſtu wol/ Vaterland/ fuͤr wenig Zeit geglaubet/ Als du in Dienſtbarkeit vergiengeſt neben mir/ Dir wuͤrde frey zu gehn ſo zeitlich ſeyn erlaubet? Schreib deinem Herrmann dis/ dem neuen Perſeus zu/ Der deine Ketten bricht/ das grimme Thier verſchret/ Ja der ſich gar vermaͤhlt. Thußneldens Beyſpiel lehret Dich aber/ was nunmehr ſey noͤthig: daß man thu. Sie opffert ihm ſein Hertz fuͤr die Erloͤſungs-Guͤte. So zuͤnd’ auch du ihm an ein danckbares Gemuͤthe. Die ſaͤmptlichen Barden loͤſeten ihren Soll dieſer weiß’ und harte Marmelſtein Das Ebenbild des groſſen Herrmanns ſeyn? Der von ſo zarter Lieb’ und hertzlichem Erbarmen/ Das er fuͤr’s Vaterland ſtets traͤgt/ Und von den Feinden die er ſchlaͤgt/ Hat ein Wachs-weiches Hertz/ und von Blut fette Armen? Jedoch er und Thußnelde ſcheinen Gleichwol zu gleichen dieſen Steinen. Denn beyder Treue kommt an Farbe/ beyder Hertze An Haͤrte weiſſem Marmel bey. Heg’t jene keinen Fleck/ ſo weicht dis keinem Schmertze; Daß er und ſie ein Bild/ ja dieſes Bildes ſey. Die Rieſen waren mit Einetzung dieſer Der Helden Geiſt iſt Stahl/ ihr Hertz aus Diamant/ Wenn es mit Maͤnuern kampfft; alleine Wachs/ bey Frauen. Denn Adler lieben zwar nur Adler/ Pfane Pfauen/ Doch Alexandern zwingt der geilen Thais Brand/ Die Spindel Omphalens entweiht Alcidens Hand/ Achilles/ wenn er lieb’t/ kriegt fuͤr dem Krieg’ ein Grauen/ Anton ſtirbt als ein Weib in einer Mobrin Klauen/ Ja auch der Goͤtter Lieb’ iſt Wahnwitz anverwand. Fuͤrſt Herrmann aber liebt mit groſſer Tapfferkeit; Denn er vermaͤhlet ihm Minerven mit Thußnelden/ Sie ihr den Hercules mit Deutſchlands groſſem Helden; Und zwiſchen beyden iſt kanm einig Unterſcheid. Man weiß nicht/ wer ſey Mars/ wenn ſie die Waffen uͤben; Nicht/ wer die Liebe ſey/ wenn ſie einander lieben. Dieſer Vorgeſang/ und die noch uͤbrige Die Marmel bilden ſonſt die Leiber nur allein; Der aber zeichnet nicht nur Herrmanns ſchoͤn Geſichte/ Er iſt ein recht Entwurff der ſeltzamen Geſchichte; Denn wie Feil’/ Hammer/ Art/ macht herrlich dieſen Stein/ So ſcheinet Haß und Neid der Werckzeug auch zu ſeyn/ Der Herrmanns Thun betheilt mit einem ſchoͤnen Lichte. Des Ungluͤcks Bley-Hand legt zur Tugend mehr Gewichte/ Und die Verleumbdung giebt der Unſchuld hellern Schein. Was aber iſt’s: daß man in Marmel Helden etzet? Weil Hercules den Fuß auf Neid und Sterne ſetzet/ Kan Herrmanns Seule nicht auf Erden bleiben ſtehn. Jedoch ſie ſtehet ſchon im Himmel reiner Hertzen. Der Neid ſelbſt opffert ihr/ die Mißgunſt brennt ihr Kertzen/ Ja das Verhaͤngnuͤs wil ſie uͤber ſich erhoͤhn. Die Barden haͤtten mit ihrem Singen/ und Der
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Arminius und Thußnelda.
zu einer willigen Handlangerin an; und daß
ſie/ was die Barden dem Feldherrn zu Liebe
ſingen wuͤrden; ſie alsbald an die Herrmanns-
Seule einetzen wolte. Die Barden ins ge-
ſampt ließen ihnen dieſe annehmliche Ver-
mittelung gefallen/ und fieng der Elteſte unter
ihnen an nachfolgende Reimen zu ſingen; wel-
che auf der Kunſt Verordnung die Rieſen zu-
gleich an die eine Taffel des die Herrmanns-
Seule haltenden Fuſſes eingruben:
Gleicht nicht Andromede/ beſtuͤrtztes Deutſchland/ dir?
Hat nicht der Eltern Schuld dir Feſſel angeſchraubet?
Zwar iſt kein Wallfiſch dar/ dem man dich wuͤrffe fuͤr/
Doch liefert man dich Rom/ das alle Freyheit raubet/
Der Woͤlfin/ welcher ſich gleicht kein gefraͤßig Thier.
Haͤtt’ſtu wol/ Vaterland/ fuͤr wenig Zeit geglaubet/
Als du in Dienſtbarkeit vergiengeſt neben mir/
Dir wuͤrde frey zu gehn ſo zeitlich ſeyn erlaubet?
Schreib deinem Herrmann dis/ dem neuen Perſeus zu/
Der deine Ketten bricht/ das grimme Thier verſchret/
Ja der ſich gar vermaͤhlt. Thußneldens Beyſpiel lehret
Dich aber/ was nunmehr ſey noͤthig: daß man thu.
Sie opffert ihm ſein Hertz fuͤr die Erloͤſungs-Guͤte.
So zuͤnd’ auch du ihm an ein danckbares Gemuͤthe.
Die ſaͤmptlichen Barden loͤſeten ihren
Vorſteher ab/ betaſteten auf allen Seiten die
Herrmanns - Seule/ und ſangen hierzu fol-
gende Worte:
Soll dieſer weiß’ und harte Marmelſtein
Das Ebenbild des groſſen Herrmanns ſeyn?
Der von ſo zarter Lieb’ und hertzlichem Erbarmen/
Das er fuͤr’s Vaterland ſtets traͤgt/
Und von den Feinden die er ſchlaͤgt/
Hat ein Wachs-weiches Hertz/ und von Blut fette Armen?
Jedoch er und Thußnelde ſcheinen
Gleichwol zu gleichen dieſen Steinen.
Denn beyder Treue kommt an Farbe/ beyder Hertze
An Haͤrte weiſſem Marmel bey.
Heg’t jene keinen Fleck/ ſo weicht dis keinem Schmertze;
Daß er und ſie ein Bild/ ja dieſes Bildes ſey.
Die Rieſen waren mit Einetzung dieſer
Lobſpruͤche ſo fertig: daß ſie bey nahe denen
ſingenden Barden zuvor kamen; alſo nach
voꝛigem Schluſſe auf die dritte Seite des mar-
melnen Fuſſes ſich verfuͤgten/ und durch An-
ſetzung des ſtaͤhlernen Grieffels den alten Bar-
den fortzuſingen noͤthigten:
Der Helden Geiſt iſt Stahl/ ihr Hertz aus Diamant/
Wenn es mit Maͤnuern kampfft; alleine Wachs/ bey Frauen.
Denn Adler lieben zwar nur Adler/ Pfane Pfauen/
Doch Alexandern zwingt der geilen Thais Brand/
Die Spindel Omphalens entweiht Alcidens Hand/
Achilles/ wenn er lieb’t/ kriegt fuͤr dem Krieg’ ein Grauen/
Anton ſtirbt als ein Weib in einer Mobrin Klauen/
Ja auch der Goͤtter Lieb’ iſt Wahnwitz anverwand.
Fuͤrſt Herrmann aber liebt mit groſſer Tapfferkeit;
Denn er vermaͤhlet ihm Minerven mit Thußnelden/
Sie ihr den Hercules mit Deutſchlands groſſem Helden;
Und zwiſchen beyden iſt kanm einig Unterſcheid.
Man weiß nicht/ wer ſey Mars/ wenn ſie die Waffen uͤben;
Nicht/ wer die Liebe ſey/ wenn ſie einander lieben.
Dieſer Vorgeſang/ und die noch uͤbrige
leere Taffel an der vierdten Seite verband
die Barden zu folgendem Nachgeſange:
Die Marmel bilden ſonſt die Leiber nur allein;
Der aber zeichnet nicht nur Herrmanns ſchoͤn Geſichte/
Er iſt ein recht Entwurff der ſeltzamen Geſchichte;
Denn wie Feil’/ Hammer/ Art/ macht herrlich dieſen Stein/
So ſcheinet Haß und Neid der Werckzeug auch zu ſeyn/
Der Herrmanns Thun betheilt mit einem ſchoͤnen Lichte.
Des Ungluͤcks Bley-Hand legt zur Tugend mehr Gewichte/
Und die Verleumbdung giebt der Unſchuld hellern Schein.
Was aber iſt’s: daß man in Marmel Helden etzet?
Weil Hercules den Fuß auf Neid und Sterne ſetzet/
Kan Herrmanns Seule nicht auf Erden bleiben ſtehn.
Jedoch ſie ſtehet ſchon im Himmel reiner Hertzen.
Der Neid ſelbſt opffert ihr/ die Mißgunſt brennt ihr Kertzen/
Ja das Verhaͤngnuͤs wil ſie uͤber ſich erhoͤhn.
Die Barden haͤtten mit ihrem Singen/ und
die Rieſen mit ihrem Etzen beſchloſſen; wenn
nicht Deutſchland beyden den gantz blancken
Schild in dem lincken Arme des marmelnen
Herrmanns gewieſen; und beyde ſolchen nicht
leer zu laſſen erinnert haͤtte. Dannenher
denn dieſe nach dem Geſange aller Barden
nachfolgende Worte darein gruben:
Der
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1423[1425]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1491>, abgerufen am 17.02.2025. |