Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Neuntes Buch [Spaltenumbruch]
wären; welche mit so schändlichemUndancke des umbs gantze Vaterland so hoch - verdienten Heldens Ehren - Maale vertilgen wolte? Der Elteste unter den Barden antwortete: Sie wären nichts minder Freunde der Helden/ als Feinde der Vergessenheit/ ja eines ihrer für- nehmsten Absehen/ wohl - verdienter Leu- te Gedächtnüß mit der Ewigkeit zu ver- mählen; und den Schimmel der Jahre von allem ruhmwürdigen abzuwischen. Wie die Natur bey der Trophonischen Höle neben dem Brunn der Vergessenheit das Gedächtnüß-Quell gesetzt hätte/ dessen getrunckenes Wasser de- nen alles wieder indenck machte/ was sie durch jenes aus der Acht gelassen hätten; also hätte das sorgfältige Gedächtnüß sie und ihres gleichen der Tugend zum besten verordnet: daß sie der Nachwelt unversehrt ver- wahren solten/ was die Zeit nicht nur aus dem Gesichte/ sondern auch aus dem Andencken der Welt zu rauben bemühet wäre. Da aber ja sie nicht allemal der Eitelkeit auf den Hals zu treten vermöchten; bliebe es doch allemal darbey: daß ein Ding erstlich sein Ansehn/ hernach sein Wesen/ und zum letzten allererst den Nahmen und den Ruhm/ als den von ihren Blättern triessenden Balsam verlie- re. Jn Erwegung dessen König Archelaus denen Tichtern unter dem Nahmen der Mu- sen Schau- und Kampf-Spiele zugeeignet; der grosse Alexander auch selbte feyerlich begangen/ und des Homerus Getichte in dem edelsten Schatz-Kästlein des Darius verwahrt hätte. Deutschland versetzte: Jhre Anstalt wäre seinen Reden nicht gemäß; nachdem sie an die Gedächtnüß-Seule die Hand anleg- ten/ ehe Zeit und Zufall den geringsten Staub daran zu versehren gemeynt wäre; da doch Herrmann nicht nur eine Seule auff Erden; sondern so gar Ehren-Maale im Himmel verdiente. Der Barde begegnete Deutsch- [Spaltenumbruch] lande hierauf: Das letztere nehmen wir mit beyden Händen an; das erstere aber verwerffen wir als ein zu unwürdiges Denckmal; da ein schlechter Stein/ den der Regen abwäscht/ die Lufft abnützt/ und die Feile zermalmet/ der Nachdruck eines so grossen Fürsten seyn soll. Die Natur meynte sich hierdurch gerühret zu seyn; gleich als wenn ihr wie für Zeiten zu Athen dem Phidias/ welcher Minervens Bild nicht aus Helffenbein/ sondern Mar- mel gemacht/ fürgerückt würde/ samb sie allzu schlechten Talg hierzu hergegeben hätte. Dahero sie den Barden anfiel: Sie hätte so viel Wunder und Geheimnüsse in die Steine/ als in Ertzt gesämt; welches vom Roste gefressen/ von der Flamme verschmeltzt/ und nichts minder als jene von der Ver- gängligkeit verzehret würde. Ja sie hätte in Marmel und Agath mehrmals mit ei- gener Hand ausgewürckt; was die Kunst ihr allererst im Ertzte nachmachen müssen. Auf dem Lande Paris wäre in einem Marmel-Bruche ein von sich selbst gewach- ser Silen/ und Lorber-Baum/ auf Chio eines Wald-Gottes-Kopf/ bey Syracuse Fische ausgegraben worden. Jn des Pyr- rhus Edelgesteine wären Apollo mit den neun Musen; in vielen andern Gestirne/ Ge- bürge/ Landschafften/ und allerhand Thiere als ihr eigenes Gemächte zu sehen. Bey so gestalten Sachen wären die Steine/ als die Wunder-Taffeln der Natur/ als zu geringschätzig nicht zu verwerffen. Uber diß käme kein Nach - Bild dem wahren Bilde gleich/ wenn der Zeug gleich noch so gut wäre. Der Monde das Ebenbild der Sonne wäre viel geringer. Hätten doch die Götter sich vergnügt: daß anfangs ihre Bilder aus Thone gebacken/ aus Eichen/ Zedern/ und wenns aufs höchste kommen/ aus Zypressen/ oder Zitron-Holtze wären geschnützt/ und
Neuntes Buch [Spaltenumbruch]
waͤren; welche mit ſo ſchaͤndlichemUndancke des umbs gantze Vaterland ſo hoch - verdienten Heldens Ehren - Maale vertilgen wolte? Der Elteſte unter den Barden antwortete: Sie waͤren nichts minder Freunde der Helden/ als Feinde der Vergeſſenheit/ ja eines ihrer fuͤr- nehmſten Abſehen/ wohl - verdienter Leu- te Gedaͤchtnuͤß mit der Ewigkeit zu ver- maͤhlẽ; und den Schimmel der Jahre von allem ruhmwuͤrdigen abzuwiſchen. Wie die Natur bey der Trophoniſchen Hoͤle neben dem Brunn der Vergeſſenheit das Gedaͤchtnuͤß-Quell geſetzt haͤtte/ deſſen getrunckenes Waſſer de- nen alles wieder indenck machte/ was ſie durch jenes aus der Acht gelaſſen haͤtten; alſo haͤtte das ſorgfaͤltige Gedaͤchtnuͤß ſie und ihres gleichen der Tugend zum beſten verordnet: daß ſie der Nachwelt unverſehrt ver- wahren ſolten/ was die Zeit nicht nur aus dem Geſichte/ ſondern auch aus dem Andencken der Welt zu rauben bemuͤhet waͤre. Da aber ja ſie nicht allemal der Eitelkeit auf den Hals zu treten vermoͤchten; bliebe es doch allemal darbey: daß ein Ding erſtlich ſein Anſehn/ hernach ſein Weſen/ und zum letzten allererſt den Nahmen und den Ruhm/ als den von ihren Blaͤttern trieſſenden Balſam verlie- re. Jn Erwegung deſſen Koͤnig Archelaus denen Tichtern unter dem Nahmen der Mu- ſen Schau- und Kampf-Spiele zugeeignet; der groſſe Alexander auch ſelbte feyerlich begangen/ und des Homerus Getichte in dem edelſten Schatz-Kaͤſtlein des Darius verwahrt haͤtte. Deutſchland verſetzte: Jhre Anſtalt waͤre ſeinen Reden nicht gemaͤß; nachdem ſie an die Gedaͤchtnuͤß-Seule die Hand anleg- ten/ ehe Zeit und Zufall den geringſten Staub daran zu verſehren gemeynt waͤre; da doch Herrmann nicht nur eine Seule auff Erden; ſondern ſo gar Ehren-Maale im Himmel verdiente. Der Barde begegnete Deutſch- [Spaltenumbruch] lande hierauf: Das letztere nehmen wir mit beyden Haͤnden an; das erſtere aber verwerffen wir als ein zu unwuͤrdiges Denckmal; da ein ſchlechter Stein/ den der Regen abwaͤſcht/ die Lufft abnuͤtzt/ und die Feile zermalmet/ der Nachdruck eines ſo groſſen Fuͤrſten ſeyn ſoll. Die Natur meynte ſich hierdurch geruͤhret zu ſeyn; gleich als wenn ihr wie fuͤr Zeiten zu Athen dem Phidias/ welcher Minervens Bild nicht aus Helffenbein/ ſondern Mar- mel gemacht/ fuͤrgeruͤckt wuͤrde/ ſamb ſie allzu ſchlechten Talg hierzu hergegeben haͤtte. Dahero ſie den Barden anfiel: Sie haͤtte ſo viel Wunder und Geheimnuͤſſe in die Steine/ als in Ertzt geſaͤmt; welches vom Roſte gefreſſen/ von der Flamme verſchmeltzt/ und nichts minder als jene von der Ver- gaͤngligkeit verzehret wuͤrde. Ja ſie haͤtte in Marmel und Agath mehrmals mit ei- gener Hand ausgewuͤrckt; was die Kunſt ihr allererſt im Ertzte nachmachen muͤſſen. Auf dem Lande Paris waͤre in einem Marmel-Bruche ein von ſich ſelbſt gewach- ſer Silen/ und Lorber-Baum/ auf Chio eines Wald-Gottes-Kopf/ bey Syracuſe Fiſche ausgegraben worden. Jn des Pyr- rhus Edelgeſteine waͤren Apollo mit den neun Muſen; in vielen andern Geſtirne/ Ge- buͤrge/ Landſchafften/ und allerhand Thiere als ihr eigenes Gemaͤchte zu ſehen. Bey ſo geſtalten Sachen waͤren die Steine/ als die Wunder-Taffeln der Natur/ als zu geringſchaͤtzig nicht zu verwerffen. Uber diß kaͤme kein Nach - Bild dem wahren Bilde gleich/ wenn der Zeug gleich noch ſo gut waͤre. Der Monde das Ebenbild der Sonne waͤre viel geringer. Haͤtten doch die Goͤtter ſich vergnuͤgt: daß anfangs ihre Bilder aus Thone gebacken/ aus Eichen/ Zedern/ und wenns aufs hoͤchſte kommen/ aus Zypreſſen/ oder Zitron-Holtze waͤren geſchnuͤtzt/ und
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Neuntes Buch
waͤren; welche mit ſo ſchaͤndlichem
Undancke des umbs gantze Vaterland ſo
hoch - verdienten Heldens Ehren - Maale
vertilgen wolte? Der Elteſte unter den
Barden antwortete: Sie waͤren nichts
minder Freunde der Helden/ als Feinde
der Vergeſſenheit/ ja eines ihrer fuͤr-
nehmſten Abſehen/ wohl - verdienter Leu-
te Gedaͤchtnuͤß mit der Ewigkeit zu ver-
maͤhlẽ; und den Schimmel der Jahre von allem
ruhmwuͤrdigen abzuwiſchen. Wie die Natur
bey der Trophoniſchen Hoͤle neben dem Brunn
der Vergeſſenheit das Gedaͤchtnuͤß-Quell geſetzt
haͤtte/ deſſen getrunckenes Waſſer de-
nen alles wieder indenck machte/ was
ſie durch jenes aus der Acht gelaſſen
haͤtten; alſo haͤtte das ſorgfaͤltige Gedaͤchtnuͤß
ſie und ihres gleichen der Tugend zum beſten
verordnet: daß ſie der Nachwelt unverſehrt ver-
wahren ſolten/ was die Zeit nicht nur aus dem
Geſichte/ ſondern auch aus dem Andencken
der Welt zu rauben bemuͤhet waͤre. Da
aber ja ſie nicht allemal der Eitelkeit auf den
Hals zu treten vermoͤchten; bliebe es doch
allemal darbey: daß ein Ding erſtlich ſein
Anſehn/ hernach ſein Weſen/ und zum letzten
allererſt den Nahmen und den Ruhm/ als den
von ihren Blaͤttern trieſſenden Balſam verlie-
re. Jn Erwegung deſſen Koͤnig Archelaus
denen Tichtern unter dem Nahmen der Mu-
ſen Schau- und Kampf-Spiele zugeeignet;
der groſſe Alexander auch ſelbte feyerlich
begangen/ und des Homerus Getichte in dem
edelſten Schatz-Kaͤſtlein des Darius verwahrt
haͤtte. Deutſchland verſetzte: Jhre Anſtalt
waͤre ſeinen Reden nicht gemaͤß; nachdem ſie
an die Gedaͤchtnuͤß-Seule die Hand anleg-
ten/ ehe Zeit und Zufall den geringſten Staub
daran zu verſehren gemeynt waͤre; da doch
Herrmann nicht nur eine Seule auff Erden;
ſondern ſo gar Ehren-Maale im Himmel
verdiente. Der Barde begegnete Deutſch-
lande hierauf: Das letztere nehmen wir
mit beyden Haͤnden an; das erſtere aber
verwerffen wir als ein zu unwuͤrdiges
Denckmal; da ein ſchlechter Stein/ den
der Regen abwaͤſcht/ die Lufft abnuͤtzt/ und
die Feile zermalmet/ der Nachdruck eines
ſo groſſen Fuͤrſten ſeyn ſoll. Die Natur
meynte ſich hierdurch geruͤhret zu ſeyn;
gleich als wenn ihr wie fuͤr Zeiten zu
Athen dem Phidias/ welcher Minervens
Bild nicht aus Helffenbein/ ſondern Mar-
mel gemacht/ fuͤrgeruͤckt wuͤrde/ ſamb ſie
allzu ſchlechten Talg hierzu hergegeben haͤtte.
Dahero ſie den Barden anfiel: Sie haͤtte ſo viel
Wunder und Geheimnuͤſſe in die Steine/
als in Ertzt geſaͤmt; welches vom Roſte
gefreſſen/ von der Flamme verſchmeltzt/
und nichts minder als jene von der Ver-
gaͤngligkeit verzehret wuͤrde. Ja ſie haͤtte
in Marmel und Agath mehrmals mit ei-
gener Hand ausgewuͤrckt; was die Kunſt
ihr allererſt im Ertzte nachmachen muͤſſen.
Auf dem Lande Paris waͤre in einem
Marmel-Bruche ein von ſich ſelbſt gewach-
ſer Silen/ und Lorber-Baum/ auf Chio
eines Wald-Gottes-Kopf/ bey Syracuſe
Fiſche ausgegraben worden. Jn des Pyr-
rhus Edelgeſteine waͤren Apollo mit den neun
Muſen; in vielen andern Geſtirne/ Ge-
buͤrge/ Landſchafften/ und allerhand Thiere
als ihr eigenes Gemaͤchte zu ſehen. Bey
ſo geſtalten Sachen waͤren die Steine/
als die Wunder-Taffeln der Natur/ als zu
geringſchaͤtzig nicht zu verwerffen. Uber
diß kaͤme kein Nach - Bild dem wahren
Bilde gleich/ wenn der Zeug gleich noch ſo
gut waͤre. Der Monde das Ebenbild der
Sonne waͤre viel geringer. Haͤtten doch die
Goͤtter ſich vergnuͤgt: daß anfangs ihre
Bilder aus Thone gebacken/ aus Eichen/
Zedern/ und wenns aufs hoͤchſte kommen/ aus
Zypreſſen/ oder Zitron-Holtze waͤren geſchnuͤtzt/
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1418[1420]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1486>, abgerufen am 20.07.2024. |