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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch]

Der gantze Schau-Platz ward durch diß
Singen gleichsam in unbewegliche Steine ver-
wandelt. Jnsonderheit standen die Cyclopen/
als wenn sie wie Atlas zu Bergen werden wol-
ten. Nach dem Beschlusse ihres Wort-Strei-
tes löseten sie die drey Holdinnen mit ihren Sei-
ten-Spielen ab; nach welchen die 5. Sinnen ei-
nen Tantz hegten/ die Cyclopen mit einer nach
den Seiten-Spielen geschehenden Bewegung
sich ihrer Last für der Herrmanns-Seule ent-
bürdeten; die Liebes-Götter aber ihre Preiße
für der Liebes-Göttin niederlegten. Hernach
aber mischten sich die 5. Cyclopen und die 15.
Liebes-Götter in den Tantz der 5. Sinnen;
darinnen sie ein zierliches Gefechte mit Pfeilen
und andern Gewehren fürstellten. Zu iedem
Sinne schlugen sich ein Cyclope und drey Lie-
bes-Götter; und traffen nebst ihnen in fünff
Hauffen/ und zwar jene mit grossen Hämmern/
diese mit Blumen-Peitschen auf einander.
Bald verwandelte sich auch der Tantz in ein
Ringen/ bald in ein Ball-Spiel/ bald in ein
Wette-Lauffen. Zuletzt theilte die Liebes-
Göttin einem Cyclopen/ der in den Hammer-
Schlägen das Beste gethan hatte/ eine Scha-
le mit Weine/ einem im Ringen sich wohl hal-
tenden Liebes-Gotte ein alabastern Gefässe mit
Oele/ darmit sich die Ringer einzusalben pfleg-
ten; dem besten Ballen-Spieler einen gülde-
nen Apfel/ dem geschwindesten Läuffer ein paar
güldene Schuch-Monden; dem Fühlen ein
güldenes Hertze aus. Sintemal das Hertz/
als der Brunn der Wärmde/ auch der Ursprung
aller Sinnen ist. Hierauf fuhr die Liebe in
Begleitung ihres gantzen Aufzuges in einem
Kreisse sanfft umb die Herrmanns-Seule her-
umb; und sang in die Seiten-Spiele der Hol-
dinnen die vier zum neuen Kampfe fertigen vier
Hauffen des gewaffneten Frauenzimmers fol-
gender Gestalt an:

Welch Jrrwisch falscher Liebes-Brunst
Verleitet euch/ ihr Töchter der Natur?
[Spaltenumbruch] Der Eiversucht verbländend Dunst

Verführt euch auf der Zwytracht arge Spur.
Nicht meine süsse Glut/ nicht mein unschuldig Trieb
Macht: daß ihr allzumal habt einen Fürsten lieb.
Zwar Herrmanns Tugend ist wohl werth:
Daß iede Frau in ihn verliebet sey.
Wer aber fremdes Gut begehrt/
Reißt der Natur und Liebe Band entzwey.
Und diese legt sich selbst mit dem Verhängnüß ein/
Die für Thußnelden sich muht Herrmanns Braut zu seyn.
Die Lilgen-Brust/ der Rosen-Mund/
Der Haare Gold/ der Angen schön Saphier/
Sind Schalen/ nicht der Schönheit Grund
Sind Wunder/ doch nur's schlechste Theil an ihr.
Denn Schönheit macht sie zwar zur irrd'schen Königin/
Die Tugend aber setzt sie zu den Göttern hin.
Wo euer Eiversucht und Leid
Sich aber nicht läßt ohne Kampf abkühln;
So wißt ihr: daß der Liebe Streit
Jn Lust besteh und frohen Kurtzweil-Spieln.
Jn diesen laßt euch sehn/ und thut's Thußnelden gleich/
So wird ein Herrmann auch vermähiet werden euch.

Nach diesem Gesange gab die Liebes-Göt-
tin dem Vulcan einen Winck/ worauf er durch
seine Cyclopen bey dem Bilde Hertzog Herr-
manns zwey ertztene oben zugespitzte/ darunter
aber ein rundtes Loch habende Seulen aufrich-
teten; denen Liebes-Göttern aber einen sie-
benfachen mit denen Merckmalen der Jrr-
Sterne bezeichneten/ mit einem silbernen Ha-
cken an eine purperfarbene Schnure gehenck-
ten Ring/ dergleichen der weise Jndianer Jar-
cha zum ersten künstlich gemacht/ denen sieben
Göttern gewiedmet/ und durch Krafft solcher
Ringe sein Leben auf hundert und dreissig Jahr
erstreckt haben soll. Mit diesen kletterten sie
an denen aufgerichteten Seulen hinauf/ und
knüpften die Schnure mit iedem Ende an eine
Seule an. Die Cyclopen trugen an dem
Eingang der gegen die zwey Seulen gemachten
Renne-Bahn eine grosse Menge messingener
Kugeln/ und rundter in der Mitte löchrichter
Ertzt-Platten. Wormit auch dieses Frauen-
zimmer so vielmehr diese Kampf-Art zu belieben
aufgemuntert werden möchte/ namen die

Cyclo-
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch]

Der gantze Schau-Platz ward durch diß
Singen gleichſam in unbewegliche Steine ver-
wandelt. Jnſonderheit ſtanden die Cyclopen/
als wenn ſie wie Atlas zu Bergen werden wol-
ten. Nach dem Beſchluſſe ihres Wort-Strei-
tes loͤſeten ſie die drey Holdinnen mit ihꝛen Sei-
ten-Spielen ab; nach welchen die 5. Sinnen ei-
nen Tantz hegten/ die Cyclopen mit einer nach
den Seiten-Spielen geſchehenden Bewegung
ſich ihrer Laſt fuͤr der Herrmanns-Seule ent-
buͤrdeten; die Liebes-Goͤtter aber ihre Preiße
fuͤr der Liebes-Goͤttin niederlegten. Hernach
aber miſchten ſich die 5. Cyclopen und die 15.
Liebes-Goͤtter in den Tantz der 5. Sinnen;
darinnen ſie ein zierliches Gefechte mit Pfeilen
und andern Gewehren fuͤrſtellten. Zu iedem
Sinne ſchlugen ſich ein Cyclope und drey Lie-
bes-Goͤtter; und traffen nebſt ihnen in fuͤnff
Hauffen/ und zwar jene mit groſſen Haͤmmern/
dieſe mit Blumen-Peitſchen auf einander.
Bald verwandelte ſich auch der Tantz in ein
Ringen/ bald in ein Ball-Spiel/ bald in ein
Wette-Lauffen. Zuletzt theilte die Liebes-
Goͤttin einem Cyclopen/ der in den Hammer-
Schlaͤgen das Beſte gethan hatte/ eine Scha-
le mit Weine/ einem im Ringen ſich wohl hal-
tenden Liebes-Gotte ein alabaſtern Gefaͤſſe mit
Oele/ darmit ſich die Ringer einzuſalben pfleg-
ten; dem beſten Ballen-Spieler einen guͤlde-
nen Apfel/ dem geſchwindeſten Laͤuffer ein paar
guͤldene Schuch-Monden; dem Fuͤhlen ein
guͤldenes Hertze aus. Sintemal das Hertz/
als der Brunn der Waͤrmde/ auch der Urſprung
aller Sinnen iſt. Hierauf fuhr die Liebe in
Begleitung ihres gantzen Aufzuges in einem
Kreiſſe ſanfft umb die Herrmanns-Seule her-
umb; und ſang in die Seiten-Spiele der Hol-
dinnen die vier zum neuen Kampfe fertigen vier
Hauffen des gewaffneten Frauenzimmers fol-
gender Geſtalt an:

Welch Jrrwiſch falſcher Liebes-Brunſt
Verleitet euch/ ihr Toͤchter der Natur?
[Spaltenumbruch] Der Eiverſucht verblaͤndend Dunſt

Verfuͤhrt euch auf der Zwytracht arge Spur.
Nicht meine ſuͤſſe Glut/ nicht mein unſchuldig Trieb
Macht: daß ihr allzumal habt einen Fuͤrſten lieb.
Zwar Herrmanns Tugend iſt wohl werth:
Daß iede Frau in ihn verliebet ſey.
Wer aber fremdes Gut begehrt/
Reißt der Natur und Liebe Band entzwey.
Und dieſe legt ſich ſelbſt mit dem Verhaͤngnuͤß ein/
Die fuͤr Thußnelden ſich můht Herrmanns Braut zu ſeyn.
Die Lilgen-Bruſt/ der Roſen-Mund/
Der Haare Gold/ der Angen ſchoͤn Saphier/
Sind Schalen/ nicht der Schoͤnheit Grund
Sind Wunder/ doch nur’s ſchlechſte Theil an ihr.
Denn Schoͤnheit macht ſie zwar zur irrd’ſchen Koͤnigin/
Die Tugend aber ſetzt ſie zu den Goͤttern hin.
Wo euer Eiverſucht und Leid
Sich aber nicht laͤßt ohne Kampf abkuͤhln;
So wißt ihr: daß der Liebe Streit
Jn Luſt beſteh und frohen Kurtzweil-Spieln.
Jn dieſen laßt euch ſehn/ und thut’s Thußnelden gleich/
So wird ein Herrmann auch vermaͤhiet werden euch.

Nach dieſem Geſange gab die Liebes-Goͤt-
tin dem Vulcan einen Winck/ worauf er durch
ſeine Cyclopen bey dem Bilde Hertzog Herr-
manns zwey ertztene oben zugeſpitzte/ darunter
aber ein rundtes Loch habende Seulen aufrich-
teten; denen Liebes-Goͤttern aber einen ſie-
benfachen mit denen Merckmalen der Jrr-
Sterne bezeichneten/ mit einem ſilbernen Ha-
cken an eine purperfarbene Schnure gehenck-
ten Ring/ dergleichen der weiſe Jndianer Jar-
cha zum erſten kuͤnſtlich gemacht/ denen ſieben
Goͤttern gewiedmet/ und durch Krafft ſolcher
Ringe ſein Leben auf hundert und dreiſſig Jahr
erſtreckt haben ſoll. Mit dieſen kletterten ſie
an denen aufgerichteten Seulen hinauf/ und
knuͤpften die Schnure mit iedem Ende an eine
Seule an. Die Cyclopen trugen an dem
Eingang der gegen die zwey Seulen gemachten
Renne-Bahn eine groſſe Menge meſſingener
Kugeln/ und rundter in der Mitte loͤchrichter
Ertzt-Platten. Wormit auch dieſes Frauen-
zimmer ſo vielmehr dieſe Kampf-Art zu belieben
aufgemuntert werden moͤchte/ namen die

Cyclo-
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[1413[1415]/1481] Arminius und Thußnelda. Der gantze Schau-Platz ward durch diß Singen gleichſam in unbewegliche Steine ver- wandelt. Jnſonderheit ſtanden die Cyclopen/ als wenn ſie wie Atlas zu Bergen werden wol- ten. Nach dem Beſchluſſe ihres Wort-Strei- tes loͤſeten ſie die drey Holdinnen mit ihꝛen Sei- ten-Spielen ab; nach welchen die 5. Sinnen ei- nen Tantz hegten/ die Cyclopen mit einer nach den Seiten-Spielen geſchehenden Bewegung ſich ihrer Laſt fuͤr der Herrmanns-Seule ent- buͤrdeten; die Liebes-Goͤtter aber ihre Preiße fuͤr der Liebes-Goͤttin niederlegten. Hernach aber miſchten ſich die 5. Cyclopen und die 15. Liebes-Goͤtter in den Tantz der 5. Sinnen; darinnen ſie ein zierliches Gefechte mit Pfeilen und andern Gewehren fuͤrſtellten. Zu iedem Sinne ſchlugen ſich ein Cyclope und drey Lie- bes-Goͤtter; und traffen nebſt ihnen in fuͤnff Hauffen/ und zwar jene mit groſſen Haͤmmern/ dieſe mit Blumen-Peitſchen auf einander. Bald verwandelte ſich auch der Tantz in ein Ringen/ bald in ein Ball-Spiel/ bald in ein Wette-Lauffen. Zuletzt theilte die Liebes- Goͤttin einem Cyclopen/ der in den Hammer- Schlaͤgen das Beſte gethan hatte/ eine Scha- le mit Weine/ einem im Ringen ſich wohl hal- tenden Liebes-Gotte ein alabaſtern Gefaͤſſe mit Oele/ darmit ſich die Ringer einzuſalben pfleg- ten; dem beſten Ballen-Spieler einen guͤlde- nen Apfel/ dem geſchwindeſten Laͤuffer ein paar guͤldene Schuch-Monden; dem Fuͤhlen ein guͤldenes Hertze aus. Sintemal das Hertz/ als der Brunn der Waͤrmde/ auch der Urſprung aller Sinnen iſt. Hierauf fuhr die Liebe in Begleitung ihres gantzen Aufzuges in einem Kreiſſe ſanfft umb die Herrmanns-Seule her- umb; und ſang in die Seiten-Spiele der Hol- dinnen die vier zum neuen Kampfe fertigen vier Hauffen des gewaffneten Frauenzimmers fol- gender Geſtalt an: Welch Jrrwiſch falſcher Liebes-Brunſt Verleitet euch/ ihr Toͤchter der Natur? Der Eiverſucht verblaͤndend Dunſt Verfuͤhrt euch auf der Zwytracht arge Spur. Nicht meine ſuͤſſe Glut/ nicht mein unſchuldig Trieb Macht: daß ihr allzumal habt einen Fuͤrſten lieb. Zwar Herrmanns Tugend iſt wohl werth: Daß iede Frau in ihn verliebet ſey. Wer aber fremdes Gut begehrt/ Reißt der Natur und Liebe Band entzwey. Und dieſe legt ſich ſelbſt mit dem Verhaͤngnuͤß ein/ Die fuͤr Thußnelden ſich můht Herrmanns Braut zu ſeyn. Die Lilgen-Bruſt/ der Roſen-Mund/ Der Haare Gold/ der Angen ſchoͤn Saphier/ Sind Schalen/ nicht der Schoͤnheit Grund Sind Wunder/ doch nur’s ſchlechſte Theil an ihr. Denn Schoͤnheit macht ſie zwar zur irrd’ſchen Koͤnigin/ Die Tugend aber ſetzt ſie zu den Goͤttern hin. Wo euer Eiverſucht und Leid Sich aber nicht laͤßt ohne Kampf abkuͤhln; So wißt ihr: daß der Liebe Streit Jn Luſt beſteh und frohen Kurtzweil-Spieln. Jn dieſen laßt euch ſehn/ und thut’s Thußnelden gleich/ So wird ein Herrmann auch vermaͤhiet werden euch. Nach dieſem Geſange gab die Liebes-Goͤt- tin dem Vulcan einen Winck/ worauf er durch ſeine Cyclopen bey dem Bilde Hertzog Herr- manns zwey ertztene oben zugeſpitzte/ darunter aber ein rundtes Loch habende Seulen aufrich- teten; denen Liebes-Goͤttern aber einen ſie- benfachen mit denen Merckmalen der Jrr- Sterne bezeichneten/ mit einem ſilbernen Ha- cken an eine purperfarbene Schnure gehenck- ten Ring/ dergleichen der weiſe Jndianer Jar- cha zum erſten kuͤnſtlich gemacht/ denen ſieben Goͤttern gewiedmet/ und durch Krafft ſolcher Ringe ſein Leben auf hundert und dreiſſig Jahr erſtreckt haben ſoll. Mit dieſen kletterten ſie an denen aufgerichteten Seulen hinauf/ und knuͤpften die Schnure mit iedem Ende an eine Seule an. Die Cyclopen trugen an dem Eingang der gegen die zwey Seulen gemachten Renne-Bahn eine groſſe Menge meſſingener Kugeln/ und rundter in der Mitte loͤchrichter Ertzt-Platten. Wormit auch dieſes Frauen- zimmer ſo vielmehr dieſe Kampf-Art zu belieben aufgemuntert werden moͤchte/ namen die Cyclo- Q q q q q q q q 3

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1413[1415]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1481>, abgerufen am 21.11.2024.