Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Wordurch sie selbst der Natur Gewalt anthä-
ten; welche darumb so viel mehr des weiblichen
Geschlechtes liesse geboren werden: daß ein
Mann sich mit mehrern betheilen könte. Viel-
leicht aber wären diß nur Gesetze für den Pöfel/
nicht für Fürsten. Diesen Unterschied hätten
die zwey Käyser zu Rom gehalten; indem Ju-
lius aller Weiber Mann gewest wäre; August
aber ihm so gar eines andern schwangeres Weib
geheyrathet hätte. Jnsonderheit aber ver-
möchte die Schönheit des Mohrischen Frauen-
zimmers alle Gesetze aufzulösen/ und durch ihre
Kohlen die kältesten Seelen anzuzünden. Dan-
nenhero hätte Antonius gegen der braunen
Cleopatra/ und Julius gegen der schwartzen
Tochter des Königs Bogudes alle weisse Wei-
ber zu Rom verschmähet. Uber diß stünde ei-
nem so streitbaren Fürsten nicht an iemanden
anders/ als die fürtrefflichste Heldin zu lieben.
Ein Ninus könte nur eine Semiramis umb-
armen; kein Adler aber gatte sich mit einer Tau-
be. Aus eben dieser Ursache hätte der Libysche
König Antäus seine behertzte Tochter Alceis/
Danaus alle seine funfzig/ Oenomaus seine ei-
nige Tochter Hippodamia/ Pisander seine
Schwester als einen Preiß dem tapfersten Hel-
den aufgesetzt. Also würde nun auch Hertzog
Herrmanns Braut Schande halber mit ihr
umb den Fürsten Herrmann kämpfen/ oder sich
ihres Anspruchs an ihn/ wo nicht gar verzeihen/
doch mit ihr seine Liebe theilen müssen. Mit
diesen Worten warff sie den Granat-Apfel und
die Kästen-Nuß/ jenes als ein Friedens-/ diß
als ein Krieges-Zeichen auf die Taffel; mit der
Erinnerung: daß die/ welche hierbey einigen
Zuspruch hätte/ eines/ oder das andere erkiesen
solte. Worauf Thußnelde zum letztern grieff/
die Mohrin aber dreuenden Abschied nam.

Folgenden Tag ward bey noch währender
Finsternüß der Schau-Platz schon wieder an-
gefüllet; wiewohl der in einen silbernen Rock
gekleidete Monde auf einem helffenbeinernen
[Spaltenumbruch] Wagen/ welcher von einem weissen und einem
schwartzen Pferde gezogen ward/ erschien/ und
theils mit seinem auf dem Haupte brennenden
Horne/ theils mit einem feurigen Spiegel den
Schau-Platz so sehr erhellete; daß es schien:
es hätten die Thessalischen Zauber-Weiber
durch diesen Wunder-Spiegel den Monden
vom Himmel auf die Erde gezogen; zumal
dieser fort für fort umb den gantzen Schau-
Platz herumb kreissete. Jhm folgete auf einem
vergüldeten Wagen in Gestalt einer ansehnlichen
Königin Deutschland. Diesen zohen vier
schneeweisse Pferde. Jhre gelben Haare wa-
ren hinten in einen Knoten zusammen gebun-
den/ und das Haupt mit einem Lorber-Krantze
bedecket. Zu ihren Füssen lagen zerbrochene
Fessel und Ketten. Sie begleiteten zwölff mit
Schilff und Mooß bekleidete Flüsse; welche
umb sie herumb mitten in dem Schau-Platze
stehen blieben. Bald darauf erschien die Na-
tur auf einem Wagen; welcher ein vollkomme-
nes Ey dieses aber die Welt abbildete. Denn
wie die Natur an sich selbst nichts anders/ als die
Werckmeisterin Gottes ist/ also ist die Welt sein
Schatten. Den Wagen zohen ein weisser und
ein falber Hirsch/ als zwey Bilder der flüchtigen/
und in Tag und Nacht getheilten Zeit. Die
Natur saß auf einem grün-geblümten Stule.
Auf dem Haupte hatte sie einen Sternen-
Krantz/ ein Himmel-blaues Ober-Kleid und
einen Meer-grünen Rock an; in der Hand
eine grüne Rutte an statt des Königs-Stabes.
Jhr Busem war gantz bloß; weil diese gütige
Mutter die Weißheit durch den beweglichsten
Liebreitz locket ihre Schönheit und Schätze zu
erforschen und zu genüssen. Aus der einen
helffenbeinernen Brust sprützte sie gleichsam als
aus einem unerschöpflichen Liebes-Brunnen
Milch/ aus der andern Oel; die Füsse aber
troffen vom Wasser/ alles als ein gütigstes Ge-
schencke der von ihr ernähreten Welt. Auf
dem einen Rade des Wagens stand das Feuer/

auf
P p p p p p p p 2

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Wordurch ſie ſelbſt der Natur Gewalt anthaͤ-
ten; welche darumb ſo viel mehr des weiblichen
Geſchlechtes lieſſe geboren werden: daß ein
Mann ſich mit mehrern betheilen koͤnte. Viel-
leicht aber waͤren diß nur Geſetze fuͤr den Poͤfel/
nicht fuͤr Fuͤrſten. Dieſen Unterſchied haͤtten
die zwey Kaͤyſer zu Rom gehalten; indem Ju-
lius aller Weiber Mann geweſt waͤre; Auguſt
aber ihm ſo gar eines andern ſchwangeres Weib
geheyrathet haͤtte. Jnſonderheit aber ver-
moͤchte die Schoͤnheit des Mohriſchen Frauen-
zimmers alle Geſetze aufzuloͤſen/ und durch ihre
Kohlen die kaͤlteſten Seelen anzuzuͤnden. Dan-
nenhero haͤtte Antonius gegen der braunen
Cleopatra/ und Julius gegen der ſchwartzen
Tochter des Koͤnigs Bogudes alle weiſſe Wei-
ber zu Rom verſchmaͤhet. Uber diß ſtuͤnde ei-
nem ſo ſtreitbaren Fuͤrſten nicht an iemanden
anders/ als die fuͤrtrefflichſte Heldin zu lieben.
Ein Ninus koͤnte nur eine Semiramis umb-
armen; kein Adler aber gatte ſich mit einer Tau-
be. Aus eben dieſer Urſache haͤtte der Libyſche
Koͤnig Antaͤus ſeine behertzte Tochter Alceis/
Danaus alle ſeine funfzig/ Oenomaus ſeine ei-
nige Tochter Hippodamia/ Piſander ſeine
Schweſter als einen Preiß dem tapferſten Hel-
den aufgeſetzt. Alſo wuͤrde nun auch Hertzog
Herrmanns Braut Schande halber mit ihr
umb den Fuͤrſten Herrmann kaͤmpfen/ oder ſich
ihres Anſpruchs an ihn/ wo nicht gar verzeihen/
doch mit ihr ſeine Liebe theilen muͤſſen. Mit
dieſen Worten warff ſie den Granat-Apfel und
die Kaͤſten-Nuß/ jenes als ein Friedens-/ diß
als ein Krieges-Zeichen auf die Taffel; mit der
Erinnerung: daß die/ welche hierbey einigen
Zuſpruch haͤtte/ eines/ oder das andere erkieſen
ſolte. Worauf Thußnelde zum letztern grieff/
die Mohrin aber dreuenden Abſchied nam.

Folgenden Tag ward bey noch waͤhrender
Finſternuͤß der Schau-Platz ſchon wieder an-
gefuͤllet; wiewohl der in einen ſilbernen Rock
gekleidete Monde auf einem helffenbeinernen
[Spaltenumbruch] Wagen/ welcher von einem weiſſen und einem
ſchwartzen Pferde gezogen ward/ erſchien/ und
theils mit ſeinem auf dem Haupte brennenden
Horne/ theils mit einem feurigen Spiegel den
Schau-Platz ſo ſehr erhellete; daß es ſchien:
es haͤtten die Theſſaliſchen Zauber-Weiber
durch dieſen Wunder-Spiegel den Monden
vom Himmel auf die Erde gezogen; zumal
dieſer fort fuͤr fort umb den gantzen Schau-
Platz herumb kreiſſete. Jhm folgete auf einem
verguͤldeten Wagen in Geſtalt einer anſehnlichẽ
Koͤnigin Deutſchland. Dieſen zohen vier
ſchneeweiſſe Pferde. Jhre gelben Haare wa-
ren hinten in einen Knoten zuſammen gebun-
den/ und das Haupt mit einem Lorber-Krantze
bedecket. Zu ihren Fuͤſſen lagen zerbrochene
Feſſel und Ketten. Sie begleiteten zwoͤlff mit
Schilff und Mooß bekleidete Fluͤſſe; welche
umb ſie herumb mitten in dem Schau-Platze
ſtehen blieben. Bald darauf erſchien die Na-
tur auf einem Wagen; welcher ein vollkomme-
nes Ey dieſes aber die Welt abbildete. Denn
wie die Natur an ſich ſelbſt nichts anders/ als die
Werckmeiſterin Gottes iſt/ alſo iſt die Welt ſein
Schatten. Den Wagen zohen ein weiſſer und
ein falber Hirſch/ als zwey Bilder der fluͤchtigen/
und in Tag und Nacht getheilten Zeit. Die
Natur ſaß auf einem gruͤn-gebluͤmten Stule.
Auf dem Haupte hatte ſie einen Sternen-
Krantz/ ein Himmel-blaues Ober-Kleid und
einen Meer-gruͤnen Rock an; in der Hand
eine gruͤne Rutte an ſtatt des Koͤnigs-Stabes.
Jhr Buſem war gantz bloß; weil dieſe guͤtige
Mutter die Weißheit durch den beweglichſten
Liebreitz locket ihre Schoͤnheit und Schaͤtze zu
erforſchen und zu genuͤſſen. Aus der einen
helffenbeinernen Bruſt ſpruͤtzte ſie gleichſam als
aus einem unerſchoͤpflichen Liebes-Brunnen
Milch/ aus der andern Oel; die Fuͤſſe aber
troffen vom Waſſer/ alles als ein guͤtigſtes Ge-
ſchencke der von ihr ernaͤhreten Welt. Auf
dem einen Rade des Wagens ſtand das Feuer/

auf
P p p p p p p p 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1471" n="1403[1405]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
Wordurch &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t der Natur Gewalt antha&#x0364;-<lb/>
ten; welche darumb &#x017F;o viel mehr des weiblichen<lb/>
Ge&#x017F;chlechtes lie&#x017F;&#x017F;e geboren werden: daß ein<lb/>
Mann &#x017F;ich mit mehrern betheilen ko&#x0364;nte. Viel-<lb/>
leicht aber wa&#x0364;ren diß nur Ge&#x017F;etze fu&#x0364;r den Po&#x0364;fel/<lb/>
nicht fu&#x0364;r Fu&#x0364;r&#x017F;ten. Die&#x017F;en Unter&#x017F;chied ha&#x0364;tten<lb/>
die zwey Ka&#x0364;y&#x017F;er zu Rom gehalten; indem Ju-<lb/>
lius aller Weiber Mann gewe&#x017F;t wa&#x0364;re; Augu&#x017F;t<lb/>
aber ihm &#x017F;o gar eines andern &#x017F;chwangeres Weib<lb/>
geheyrathet ha&#x0364;tte. Jn&#x017F;onderheit aber ver-<lb/>
mo&#x0364;chte die Scho&#x0364;nheit des Mohri&#x017F;chen Frauen-<lb/>
zimmers alle Ge&#x017F;etze aufzulo&#x0364;&#x017F;en/ und durch ihre<lb/>
Kohlen die ka&#x0364;lte&#x017F;ten Seelen anzuzu&#x0364;nden. Dan-<lb/>
nenhero ha&#x0364;tte Antonius gegen der braunen<lb/>
Cleopatra/ und Julius gegen der &#x017F;chwartzen<lb/>
Tochter des Ko&#x0364;nigs Bogudes alle wei&#x017F;&#x017F;e Wei-<lb/>
ber zu Rom ver&#x017F;chma&#x0364;het. Uber diß &#x017F;tu&#x0364;nde ei-<lb/>
nem &#x017F;o &#x017F;treitbaren Fu&#x0364;r&#x017F;ten nicht an iemanden<lb/>
anders/ als die fu&#x0364;rtrefflich&#x017F;te Heldin zu lieben.<lb/>
Ein Ninus ko&#x0364;nte nur eine Semiramis umb-<lb/>
armen; kein Adler aber gatte &#x017F;ich mit einer Tau-<lb/>
be. Aus eben die&#x017F;er Ur&#x017F;ache ha&#x0364;tte der Liby&#x017F;che<lb/>
Ko&#x0364;nig Anta&#x0364;us &#x017F;eine behertzte Tochter Alceis/<lb/>
Danaus alle &#x017F;eine funfzig/ Oenomaus &#x017F;eine ei-<lb/>
nige Tochter Hippodamia/ Pi&#x017F;ander &#x017F;eine<lb/>
Schwe&#x017F;ter als einen Preiß dem tapfer&#x017F;ten Hel-<lb/>
den aufge&#x017F;etzt. Al&#x017F;o wu&#x0364;rde nun auch Hertzog<lb/>
Herrmanns Braut Schande halber mit ihr<lb/>
umb den Fu&#x0364;r&#x017F;ten Herrmann ka&#x0364;mpfen/ oder &#x017F;ich<lb/>
ihres An&#x017F;pruchs an ihn/ wo nicht gar verzeihen/<lb/>
doch mit ihr &#x017F;eine Liebe theilen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Mit<lb/>
die&#x017F;en Worten warff &#x017F;ie den Granat-Apfel und<lb/>
die Ka&#x0364;&#x017F;ten-Nuß/ jenes als ein Friedens-/ diß<lb/>
als ein Krieges-Zeichen auf die Taffel; mit der<lb/>
Erinnerung: daß die/ welche hierbey einigen<lb/>
Zu&#x017F;pruch ha&#x0364;tte/ eines/ oder das andere erkie&#x017F;en<lb/>
&#x017F;olte. Worauf Thußnelde zum letztern grieff/<lb/>
die Mohrin aber dreuenden Ab&#x017F;chied nam.</p><lb/>
          <p>Folgenden Tag ward bey noch wa&#x0364;hrender<lb/>
Fin&#x017F;ternu&#x0364;ß der Schau-Platz &#x017F;chon wieder an-<lb/>
gefu&#x0364;llet; wiewohl der in einen &#x017F;ilbernen Rock<lb/>
gekleidete Monde auf einem helffenbeinernen<lb/><cb/>
Wagen/ welcher von einem wei&#x017F;&#x017F;en und einem<lb/>
&#x017F;chwartzen Pferde gezogen ward/ er&#x017F;chien/ und<lb/>
theils mit &#x017F;einem auf dem Haupte brennenden<lb/>
Horne/ theils mit einem feurigen Spiegel den<lb/>
Schau-Platz &#x017F;o &#x017F;ehr erhellete; daß es &#x017F;chien:<lb/>
es ha&#x0364;tten die The&#x017F;&#x017F;ali&#x017F;chen Zauber-Weiber<lb/>
durch die&#x017F;en Wunder-Spiegel den Monden<lb/>
vom Himmel auf die Erde gezogen; zumal<lb/>
die&#x017F;er fort fu&#x0364;r fort umb den gantzen Schau-<lb/>
Platz herumb krei&#x017F;&#x017F;ete. Jhm folgete auf einem<lb/>
vergu&#x0364;ldeten Wagen in Ge&#x017F;talt einer an&#x017F;ehnliche&#x0303;<lb/>
Ko&#x0364;nigin Deut&#x017F;chland. Die&#x017F;en zohen vier<lb/>
&#x017F;chneewei&#x017F;&#x017F;e Pferde. Jhre gelben Haare wa-<lb/>
ren hinten in einen Knoten zu&#x017F;ammen gebun-<lb/>
den/ und das Haupt mit einem Lorber-Krantze<lb/>
bedecket. Zu ihren Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en lagen zerbrochene<lb/>
Fe&#x017F;&#x017F;el und Ketten. Sie begleiteten zwo&#x0364;lff mit<lb/>
Schilff und Mooß bekleidete Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e; welche<lb/>
umb &#x017F;ie herumb mitten in dem Schau-Platze<lb/>
&#x017F;tehen blieben. Bald darauf er&#x017F;chien die Na-<lb/>
tur auf einem Wagen; welcher ein vollkomme-<lb/>
nes Ey die&#x017F;es aber die Welt abbildete. Denn<lb/>
wie die Natur an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t nichts anders/ als die<lb/>
Werckmei&#x017F;terin Gottes i&#x017F;t/ al&#x017F;o i&#x017F;t die Welt &#x017F;ein<lb/>
Schatten. Den Wagen zohen ein wei&#x017F;&#x017F;er und<lb/>
ein falber Hir&#x017F;ch/ als zwey Bilder der flu&#x0364;chtigen/<lb/>
und in Tag und Nacht getheilten Zeit. Die<lb/>
Natur &#x017F;aß auf einem gru&#x0364;n-geblu&#x0364;mten Stule.<lb/>
Auf dem Haupte hatte &#x017F;ie einen Sternen-<lb/>
Krantz/ ein Himmel-blaues Ober-Kleid und<lb/>
einen Meer-gru&#x0364;nen Rock an; in der Hand<lb/>
eine gru&#x0364;ne Rutte an &#x017F;tatt des Ko&#x0364;nigs-Stabes.<lb/>
Jhr Bu&#x017F;em war gantz bloß; weil die&#x017F;e gu&#x0364;tige<lb/>
Mutter die Weißheit durch den beweglich&#x017F;ten<lb/>
Liebreitz locket ihre Scho&#x0364;nheit und Scha&#x0364;tze zu<lb/>
erfor&#x017F;chen und zu genu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Aus der einen<lb/>
helffenbeinernen Bru&#x017F;t &#x017F;pru&#x0364;tzte &#x017F;ie gleich&#x017F;am als<lb/>
aus einem uner&#x017F;cho&#x0364;pflichen Liebes-Brunnen<lb/>
Milch/ aus der andern Oel; die Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e aber<lb/>
troffen vom Wa&#x017F;&#x017F;er/ alles als ein gu&#x0364;tig&#x017F;tes Ge-<lb/>
&#x017F;chencke der von ihr erna&#x0364;hreten Welt. Auf<lb/>
dem einen Rade des Wagens &#x017F;tand das Feuer/<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P p p p p p p p 2</fw><fw place="bottom" type="catch">auf</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1403[1405]/1471] Arminius und Thußnelda. Wordurch ſie ſelbſt der Natur Gewalt anthaͤ- ten; welche darumb ſo viel mehr des weiblichen Geſchlechtes lieſſe geboren werden: daß ein Mann ſich mit mehrern betheilen koͤnte. Viel- leicht aber waͤren diß nur Geſetze fuͤr den Poͤfel/ nicht fuͤr Fuͤrſten. Dieſen Unterſchied haͤtten die zwey Kaͤyſer zu Rom gehalten; indem Ju- lius aller Weiber Mann geweſt waͤre; Auguſt aber ihm ſo gar eines andern ſchwangeres Weib geheyrathet haͤtte. Jnſonderheit aber ver- moͤchte die Schoͤnheit des Mohriſchen Frauen- zimmers alle Geſetze aufzuloͤſen/ und durch ihre Kohlen die kaͤlteſten Seelen anzuzuͤnden. Dan- nenhero haͤtte Antonius gegen der braunen Cleopatra/ und Julius gegen der ſchwartzen Tochter des Koͤnigs Bogudes alle weiſſe Wei- ber zu Rom verſchmaͤhet. Uber diß ſtuͤnde ei- nem ſo ſtreitbaren Fuͤrſten nicht an iemanden anders/ als die fuͤrtrefflichſte Heldin zu lieben. Ein Ninus koͤnte nur eine Semiramis umb- armen; kein Adler aber gatte ſich mit einer Tau- be. Aus eben dieſer Urſache haͤtte der Libyſche Koͤnig Antaͤus ſeine behertzte Tochter Alceis/ Danaus alle ſeine funfzig/ Oenomaus ſeine ei- nige Tochter Hippodamia/ Piſander ſeine Schweſter als einen Preiß dem tapferſten Hel- den aufgeſetzt. Alſo wuͤrde nun auch Hertzog Herrmanns Braut Schande halber mit ihr umb den Fuͤrſten Herrmann kaͤmpfen/ oder ſich ihres Anſpruchs an ihn/ wo nicht gar verzeihen/ doch mit ihr ſeine Liebe theilen muͤſſen. Mit dieſen Worten warff ſie den Granat-Apfel und die Kaͤſten-Nuß/ jenes als ein Friedens-/ diß als ein Krieges-Zeichen auf die Taffel; mit der Erinnerung: daß die/ welche hierbey einigen Zuſpruch haͤtte/ eines/ oder das andere erkieſen ſolte. Worauf Thußnelde zum letztern grieff/ die Mohrin aber dreuenden Abſchied nam. Folgenden Tag ward bey noch waͤhrender Finſternuͤß der Schau-Platz ſchon wieder an- gefuͤllet; wiewohl der in einen ſilbernen Rock gekleidete Monde auf einem helffenbeinernen Wagen/ welcher von einem weiſſen und einem ſchwartzen Pferde gezogen ward/ erſchien/ und theils mit ſeinem auf dem Haupte brennenden Horne/ theils mit einem feurigen Spiegel den Schau-Platz ſo ſehr erhellete; daß es ſchien: es haͤtten die Theſſaliſchen Zauber-Weiber durch dieſen Wunder-Spiegel den Monden vom Himmel auf die Erde gezogen; zumal dieſer fort fuͤr fort umb den gantzen Schau- Platz herumb kreiſſete. Jhm folgete auf einem verguͤldeten Wagen in Geſtalt einer anſehnlichẽ Koͤnigin Deutſchland. Dieſen zohen vier ſchneeweiſſe Pferde. Jhre gelben Haare wa- ren hinten in einen Knoten zuſammen gebun- den/ und das Haupt mit einem Lorber-Krantze bedecket. Zu ihren Fuͤſſen lagen zerbrochene Feſſel und Ketten. Sie begleiteten zwoͤlff mit Schilff und Mooß bekleidete Fluͤſſe; welche umb ſie herumb mitten in dem Schau-Platze ſtehen blieben. Bald darauf erſchien die Na- tur auf einem Wagen; welcher ein vollkomme- nes Ey dieſes aber die Welt abbildete. Denn wie die Natur an ſich ſelbſt nichts anders/ als die Werckmeiſterin Gottes iſt/ alſo iſt die Welt ſein Schatten. Den Wagen zohen ein weiſſer und ein falber Hirſch/ als zwey Bilder der fluͤchtigen/ und in Tag und Nacht getheilten Zeit. Die Natur ſaß auf einem gruͤn-gebluͤmten Stule. Auf dem Haupte hatte ſie einen Sternen- Krantz/ ein Himmel-blaues Ober-Kleid und einen Meer-gruͤnen Rock an; in der Hand eine gruͤne Rutte an ſtatt des Koͤnigs-Stabes. Jhr Buſem war gantz bloß; weil dieſe guͤtige Mutter die Weißheit durch den beweglichſten Liebreitz locket ihre Schoͤnheit und Schaͤtze zu erforſchen und zu genuͤſſen. Aus der einen helffenbeinernen Bruſt ſpruͤtzte ſie gleichſam als aus einem unerſchoͤpflichen Liebes-Brunnen Milch/ aus der andern Oel; die Fuͤſſe aber troffen vom Waſſer/ alles als ein guͤtigſtes Ge- ſchencke der von ihr ernaͤhreten Welt. Auf dem einen Rade des Wagens ſtand das Feuer/ auf P p p p p p p p 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1471
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1403[1405]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1471>, abgerufen am 27.11.2024.