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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Nachdem aber die Sonne sie mit unverwende-
ten Augen fort für fort ansahe/ und dardurch
seine Zuneigung mehr/ als niemals blicken ließ/
musten sie sich auch nur gegen diesem Welt-Ge-
stirne zu geziemender Ehrerbietung bequämen;
und also die schönsten aus denen ihnen zugeeigne-
ten Sternen (wie denn ieder eines oder des an-
dern Jrr-Sternes Eigenschafft zugethan ist)
zu einem Krantze erkiesen; welchen sie der Ro-
sen-Königin aufsetzten/ gleich als wenn der Him-
mel durch diesen Danck erwiedern müste: daß
selbter vorher eine nicht schlechte Zierrath von
Ariadnens Krantze erlanget hat. Dieses aber
war noch nicht genung. Denn die Sonne selbst
erklärte sie an statt ihrer Mutter der Erde für den
achten Jrr-Stern/ und die andern sechs musten
sie in einem annehmlichen Reyen für ihre Schwe-
ster annehmen. Worzu die Sonne ihre Leyer
rührte/ die anmuthigen Lüfte/ und der West-
Wind aber folgende Reymen sangen:

O Liebe! die du auf Damast
Und Perlen stets geruhet hast/
Weist du: daß du auf Stein gelegen/ und an Ketten?
Die Ros' ist Perl und Purper gleich/
Doch keine Seide nicht so weich;
So lasse dir hinfort doch nur auf Rosen betten.
Du güldner Himmels-Garten du/
Schleuß dein saphieren Fenster zu/
Daß dich der Erden-Ball mit Rosen nicht beschämet/
Wo nicht; so ändere dein Haus/
Treib alle deine Sternen aus:
Daß statt der Sternen es mit Rosen sey besämet.
Läßt doch der Sonne güldner Schein/
Die schöne Daphne/ Daphne seyn/
Sie lächst/ wie Phaeton/ für zweyfach-heissen Flammen.
Wo nun das Untertheil der Welt
Die Rose nur vor sich behält/
Schmeltzt Ros' und Stern/ die Erd' und's Himmelreich zusammen.

Die Rose aber leitete diesen Tantz nach und
nach biß zu dem Bilde der Fürstin Thußnelde;
welche sie mit tiefferer Demuth/ als vorhin die
Sonne/ verehrete/ ihren sternenen Siegskrantz
vom Haupte nam/ und mit denen andern sie
umbkreissenden Sternen zu singen anfieng:

[Spaltenumbruch]
Nicht glaube: daß mein Königs-Krantz
Ver[d]üst're deinen Himmels-Glantz/
O Sonne der Natur/ der Rosen Königs-Blume[!]
Denn ich weiß wohl: daß dir gehört/
Wormit mich Erd' und Himmel ehrt;
Des Schattens Preiß gereicht dem Lichte ja zu Ruhme.
An dir/ Thußnelde/ lebt kein Glied/
Was nicht den Blumen ähnlich sieht/
Die Lilge gleicht der Brust/ der Hyacinth den Augen/
Der Hals sticht die Narcissen hin/
Der Athem tödtet den Jasmin/
Und aus den Haaren wolln die Bienen Honig saugen.
Zwar alles diß sicht mich nicht an;
Weil keine sich mir gleichen kan;
Wohl aber: daß man auch von dir kan Rosen lesen.
Ja meines Blumwercks Eitelkeit
Weicht deinen edlen Rosen weit/
Weil meine bald vergehn/ und deine nicht verwesen.
Auf deiner Wangen Wiege sind
Die Rosen ein noch saugend Kind/
Und auf den Brüsten stehn wie Knospen sie zu schauen;
Worvon der Kelch zwar ist durchritzt/
Die Blätter aber zugespitzt/
Wie/ wenn die Morgen-Röth' auf sie läst Perlen thauen.
Nehmt aber aller Sterne Glut/
Der Rosen Kern/ der Muscheln Blut/
Jhr werdet gleich wohl nichts den Lippen gleiches färben.
Denn auf dem Munde gläntzt allein
Der Rosen voller Mittags-Schein/
Die auf der Brust nur blühn/ auf andern Gliedern storben.

Bey dem Schlusse hoben die sechs tantzenden
Jrrsternen die Rose empor; welche den ihr vor-
her gewiedmeten Sternen-Krantz dem Bilde
Thußneldens aufsetzte. Worüber auf allen
Seiten des Schau-Platzes sich ein so durch drin-
gendes Freuden-Gethöne erhob: daß der Erd-
bodem bebete/ und kein Ohr mehr sein Ampt
verrichten konte. Hier über endigte sich nun
auch dieser Tag; aber nicht seine Freude; weil
die vom Hertzog Jubil diesen Abend überkom-
mene Bewirthung/ darbey er den gantzen Hof
auf Jndianisch bedienen ließ/ sich biß nach Mit-
ternacht erstreckte.

Alle Fürstliche Personen sassen noch über der
Taffel beysammen; als zwölff schneeweisse
Mägdchen mit weissen Wachs-Fackeln in den

Spei-
Erster Theil. P p p p p p p p

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Nachdem aber die Sonne ſie mit unverwende-
ten Augen fort fuͤr fort anſahe/ und dardurch
ſeine Zuneigung mehr/ als niemals blicken ließ/
muſten ſie ſich auch nuꝛ gegen dieſem Welt-Ge-
ſtirne zu geziemender Ehrerbietung bequaͤmen;
und alſo die ſchoͤnſten aus denẽ ihnen zugeeigne-
ten Sternen (wie denn ieder eines oder des an-
dern Jrr-Sternes Eigenſchafft zugethan iſt)
zu einem Krantze erkieſen; welchen ſie der Ro-
ſen-Koͤnigin aufſetzten/ gleich als wenn der Him-
mel durch dieſen Danck erwiedern muͤſte: daß
ſelbter vorher eine nicht ſchlechte Zierrath von
Ariadnens Krantze erlanget hat. Dieſes aber
war noch nicht genung. Denn die Sonne ſelbſt
erklaͤrte ſie an ſtatt ihreꝛ Mutteꝛ der Erde fuͤr den
achten Jrr-Stern/ und die andern ſechs muſten
ſie in einem annehmlichẽ Reyen fuͤr ihre Schwe-
ſter annehmen. Worzu die Sonne ihre Leyer
ruͤhrte/ die anmuthigen Luͤfte/ und der Weſt-
Wind aber folgende Reymen ſangen:

O Liebe! die du auf Damaſt
Und Perlen ſtets geruhet haſt/
Weiſt du: daß du auf Stein gelegen/ und an Ketten?
Die Roſ’ iſt Perl und Purper gleich/
Doch keine Seide nicht ſo weich;
So laſſe dir hinfort doch nur auf Roſen betten.
Du guͤldner Himmels-Garten du/
Schleuß dein ſaphieren Fenſter zu/
Daß dich der Erden-Ball mit Roſen nicht beſchaͤmet/
Wo nicht; ſo aͤndere dein Haus/
Treib alle deine Sternen aus:
Daß ſtatt der Sternen es mit Roſen ſey beſaͤmet.
Laͤßt doch der Sonne guͤldner Schein/
Die ſchoͤne Daphne/ Daphne ſeyn/
Sie laͤchſt/ wie Phaeton/ fuͤr zweyfach-heiſſen Flammen.
Wo nun das Untertheil der Welt
Die Roſe nur vor ſich behaͤlt/
Schmeltzt Roſ’ und Stern/ die Erd’ und’s Himmelreich zuſam̃en.

Die Roſe aber leitete dieſen Tantz nach und
nach biß zu dem Bilde der Fuͤrſtin Thußnelde;
welche ſie mit tiefferer Demuth/ als vorhin die
Sonne/ verehrete/ ihren ſternenen Siegskrantz
vom Haupte nam/ und mit denen andern ſie
umbkreiſſenden Sternen zu ſingen anfieng:

[Spaltenumbruch]
Nicht glaube: daß mein Koͤnigs-Krantz
Ver[d]uͤſt’re deinen Himmels-Glantz/
O Sonne der Natur/ der Roſen Koͤnigs-Blume[!]
Denn ich weiß wohl: daß dir gehoͤrt/
Wormit mich Erd’ und Himmel ehrt;
Des Schattens Preiß gereicht dem Lichte ja zu Ruhme.
An dir/ Thußnelde/ lebt kein Glied/
Was nicht den Blumen aͤhnlich ſieht/
Die Lilge gleicht der Bruſt/ der Hyacinth den Augen/
Der Hals ſticht die Narciſſen hin/
Der Athem toͤdtet den Jaſmin/
Und aus den Haaren wolln die Bienen Honig ſaugen.
Zwar alles diß ſicht mich nicht an;
Weil keine ſich mir gleichen kan;
Wohl aber: daß man auch von dir kan Roſen leſen.
Ja meines Blumwercks Eitelkeit
Weicht deinen edlen Roſen weit/
Weil meine bald vergehn/ und deine nicht verweſen.
Auf deiner Wangen Wiege ſind
Die Roſen ein noch ſaugend Kind/
Und auf den Bruͤſten ſtehn wie Knoſpen ſie zu ſchauen;
Worvon der Kelch zwar iſt durchritzt/
Die Blaͤtter aber zugeſpitzt/
Wie/ wenn die Morgen-Roͤth’ auf ſie laͤſt Perlen thauen.
Nehmt aber aller Sterne Glut/
Der Roſen Kern/ der Muſcheln Blut/
Jhr werdet gleich wohl nichts den Lippen gleiches faͤrben.
Denn auf dem Munde glaͤntzt allein
Der Roſen voller Mittags-Schein/
Die auf der Bruſt nur bluͤhn/ auf andern Gliedern ſtorben.

Bey dem Schluſſe hoben die ſechs tantzenden
Jrrſternen die Roſe empor; welche den ihr vor-
her gewiedmeten Sternen-Krantz dem Bilde
Thußneldens aufſetzte. Woruͤber auf allen
Seiten des Schau-Platzes ſich ein ſo durch drin-
gendes Freuden-Gethoͤne erhob: daß der Erd-
bodem bebete/ und kein Ohr mehr ſein Ampt
verrichten konte. Hier uͤber endigte ſich nun
auch dieſer Tag; aber nicht ſeine Freude; weil
die vom Hertzog Jubil dieſen Abend uͤberkom-
mene Bewirthung/ darbey er den gantzen Hof
auf Jndianiſch bedienen ließ/ ſich biß nach Mit-
ternacht erſtreckte.

Alle Fuͤrſtliche Perſonen ſaſſen noch uͤber der
Taffel beyſammen; als zwoͤlff ſchneeweiſſe
Maͤgdchen mit weiſſen Wachs-Fackeln in den

Spei-
Erſter Theil. P p p p p p p p
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[1401[1403]/1469] Arminius und Thußnelda. Nachdem aber die Sonne ſie mit unverwende- ten Augen fort fuͤr fort anſahe/ und dardurch ſeine Zuneigung mehr/ als niemals blicken ließ/ muſten ſie ſich auch nuꝛ gegen dieſem Welt-Ge- ſtirne zu geziemender Ehrerbietung bequaͤmen; und alſo die ſchoͤnſten aus denẽ ihnen zugeeigne- ten Sternen (wie denn ieder eines oder des an- dern Jrr-Sternes Eigenſchafft zugethan iſt) zu einem Krantze erkieſen; welchen ſie der Ro- ſen-Koͤnigin aufſetzten/ gleich als wenn der Him- mel durch dieſen Danck erwiedern muͤſte: daß ſelbter vorher eine nicht ſchlechte Zierrath von Ariadnens Krantze erlanget hat. Dieſes aber war noch nicht genung. Denn die Sonne ſelbſt erklaͤrte ſie an ſtatt ihreꝛ Mutteꝛ der Erde fuͤr den achten Jrr-Stern/ und die andern ſechs muſten ſie in einem annehmlichẽ Reyen fuͤr ihre Schwe- ſter annehmen. Worzu die Sonne ihre Leyer ruͤhrte/ die anmuthigen Luͤfte/ und der Weſt- Wind aber folgende Reymen ſangen: O Liebe! die du auf Damaſt Und Perlen ſtets geruhet haſt/ Weiſt du: daß du auf Stein gelegen/ und an Ketten? Die Roſ’ iſt Perl und Purper gleich/ Doch keine Seide nicht ſo weich; So laſſe dir hinfort doch nur auf Roſen betten. Du guͤldner Himmels-Garten du/ Schleuß dein ſaphieren Fenſter zu/ Daß dich der Erden-Ball mit Roſen nicht beſchaͤmet/ Wo nicht; ſo aͤndere dein Haus/ Treib alle deine Sternen aus: Daß ſtatt der Sternen es mit Roſen ſey beſaͤmet. Laͤßt doch der Sonne guͤldner Schein/ Die ſchoͤne Daphne/ Daphne ſeyn/ Sie laͤchſt/ wie Phaeton/ fuͤr zweyfach-heiſſen Flammen. Wo nun das Untertheil der Welt Die Roſe nur vor ſich behaͤlt/ Schmeltzt Roſ’ und Stern/ die Erd’ und’s Himmelreich zuſam̃en. Die Roſe aber leitete dieſen Tantz nach und nach biß zu dem Bilde der Fuͤrſtin Thußnelde; welche ſie mit tiefferer Demuth/ als vorhin die Sonne/ verehrete/ ihren ſternenen Siegskrantz vom Haupte nam/ und mit denen andern ſie umbkreiſſenden Sternen zu ſingen anfieng: Nicht glaube: daß mein Koͤnigs-Krantz Verduͤſt’re deinen Himmels-Glantz/ O Sonne der Natur/ der Roſen Koͤnigs-Blume! Denn ich weiß wohl: daß dir gehoͤrt/ Wormit mich Erd’ und Himmel ehrt; Des Schattens Preiß gereicht dem Lichte ja zu Ruhme. An dir/ Thußnelde/ lebt kein Glied/ Was nicht den Blumen aͤhnlich ſieht/ Die Lilge gleicht der Bruſt/ der Hyacinth den Augen/ Der Hals ſticht die Narciſſen hin/ Der Athem toͤdtet den Jaſmin/ Und aus den Haaren wolln die Bienen Honig ſaugen. Zwar alles diß ſicht mich nicht an; Weil keine ſich mir gleichen kan; Wohl aber: daß man auch von dir kan Roſen leſen. Ja meines Blumwercks Eitelkeit Weicht deinen edlen Roſen weit/ Weil meine bald vergehn/ und deine nicht verweſen. Auf deiner Wangen Wiege ſind Die Roſen ein noch ſaugend Kind/ Und auf den Bruͤſten ſtehn wie Knoſpen ſie zu ſchauen; Worvon der Kelch zwar iſt durchritzt/ Die Blaͤtter aber zugeſpitzt/ Wie/ wenn die Morgen-Roͤth’ auf ſie laͤſt Perlen thauen. Nehmt aber aller Sterne Glut/ Der Roſen Kern/ der Muſcheln Blut/ Jhr werdet gleich wohl nichts den Lippen gleiches faͤrben. Denn auf dem Munde glaͤntzt allein Der Roſen voller Mittags-Schein/ Die auf der Bruſt nur bluͤhn/ auf andern Gliedern ſtorben. Bey dem Schluſſe hoben die ſechs tantzenden Jrrſternen die Roſe empor; welche den ihr vor- her gewiedmeten Sternen-Krantz dem Bilde Thußneldens aufſetzte. Woruͤber auf allen Seiten des Schau-Platzes ſich ein ſo durch drin- gendes Freuden-Gethoͤne erhob: daß der Erd- bodem bebete/ und kein Ohr mehr ſein Ampt verrichten konte. Hier uͤber endigte ſich nun auch dieſer Tag; aber nicht ſeine Freude; weil die vom Hertzog Jubil dieſen Abend uͤberkom- mene Bewirthung/ darbey er den gantzen Hof auf Jndianiſch bedienen ließ/ ſich biß nach Mit- ternacht erſtreckte. Alle Fuͤrſtliche Perſonen ſaſſen noch uͤber der Taffel beyſammen; als zwoͤlff ſchneeweiſſe Maͤgdchen mit weiſſen Wachs-Fackeln in den Spei- Erſter Theil. P p p p p p p p

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1401[1403]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1469>, abgerufen am 18.05.2024.