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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Buchstaben hatten. An denen vier Ecken des
Gerüstes thaten sich des Ganges/ Jndus/ und
zweyer anderer Flüsse Bilder herfür; welche
nebst Regung zweyer absonderer Säitenspiele
zum Preisse der Perlen und der Liebe folgende
Reimen sangen:

Wenn der Gestirne Krafft/
Der besten Kräuter Safft/
Der Sonn' ihr Oel/ der Glantz der Edelsteine/
Der Berge Marck/ des Balsams Eigenschafft/
Des Monden Thau/ der Glantz von Helffenbeine/
Der Blumen Geist/ des Meeres Reichthum sich
Vereinbart gleich in einen Kreiß/
Behältst du/ Perle/ doch den Preiß/
Es reicht kein Schatz des Himmels nicht an dich!
Mäßt der Natur nicht bey:
Daß sie zu sparsam sey/
Weil keine Muschel Zwillinge gebieret.
Ein edles Kind ist schätzbarer als drey.
Und dieses/ was die Purper-Schnecken zieret/
Jst zwar ein Schatz/ doch nur ein Tropfen Blut.
Ja aus der Perlen Rundt' erhellt:
Es habe Himmel/ Meer und Welt
Jn einer Perl umbschräncket all ihr Gut.
Die Liebe mag allein
Der Perle Nachbild seyn.
Denn man schätzt sie im Himmel und auf Erden,
Die Schö[n]heit pregt in sie ihr Bildnüs ein.
Sie läßt in sich auch nur ein Kind jung werden;
Und schöpfft keinmal an Nehen-Sonnen Lust.
Kurtz wie die euserliche Welt
Die Perle für ihr Kleinod hält/
So ist die Lieb' auch's Kleinod in der Brust.

Zu diesem Singen und Säitenspielen heg-
ten die zwölf Liebes-Götter einen annehmlichen
Tantz mit künstlichen Abwechselungen. Bey
dem Schlusse eines jeden Satzes sätzten ihrer
sechs auf einer Seite in einem halben Kreisse
mit ihren an denen Schilden stehenden Buch-
staben das Wort: Jndien; auf der andern
Seite das Wort: Perlen zusammen.

Bey dessen Schlusse kam in den Schran-
cken ein ander Elefant; dessen Rücken mit ei-
nem Silberstücke bedeckt/ und mit einer Mu-
schel bethürmt war; darinnen die Göttin The-
[Spaltenumbruch] tys oder das Meer saß; und zwölf in Silber-
schupfichte Röcke nach Art der Syrenen geklei-
deten Wasser-Nymphen sie rings umbher be-
gleiteten. Diese rührten alle grosse mit Säi-
ten bezogene Muscheln; worvon der Elefant
mit seiner Thetys zu tantzen/ und gegen dem
weissen die Knie zu beugen anfieng; endlich auch
auf dem einen grossen Seile hinauf und wieder
zurück tantzte. Diese Wasser-Göttinnen lö-
seten die vier Flüsse mit ihren Sälten spielen ab/
worüber jene einen zierlichen Tantz anfiengen/
in dem die Thetys mit ihrem Elefanten wun-
derwürdige Wendungen fürstellte/ und zugleich
in ihrer Muschel folgende Reimen darzu sang:

Kommt! kräntzet mit Corall mein Haar/
Schmückt Hals und Brust mit perlenen Geschmeiden;
Die Hand mit Palmen/ und den Leib mit Seiden;
Gewehrt mir Weyrauch aufs Altar;
Nach dem das Meer allein ist herrlich/ reich und groß/
Ja Feuer/ Erd und Lufft gestehn:
Es sey in ihnen nichts so schön/
Als Perl' und Liebe sind die Töchter meiner Schoß.
Die beyd' in mir zwar haben ihre Wiege
Doch auf der Erd'/ im Himme! ihre Siege.

Nach diesem vollendeten Tantze kam ein an-
der mit grünem Silberstücke bedeckter Elefant
in den Schrancken. Auf dem Rücken saß un-
ter einer Fichten-Laube die gethürmte Cybele/
oder die Erde. Umb sie herum giengen zwölf
junge Verschnittene/ derer sechs/ Körbe mit
Blumen/ die andern mit Früchten trugen.
Bey einem anmuthigen Flöten-Gethöne/
machte die Erde dem Meer nachfolgender
Weise die Geburt der Perlen streitig:

Wenn die Natur das Wasser nicht
Durch's Röhr der Berg'/ und meiner Adern triebe/
Wenn nicht mein Geist ins Meeres-Fluthen bliebe/
So wär' es Schaum/ dem Seel' und Krafft gebricht.
Das Auge sieht's/ es fühlt es jede Hand:
Daß Perl' und Muschel zwar die Nässe liebe;
Doch beyder Talg ist ein geleutert Sand.
Der Schnecke Fleisch/ das Erd' ist/ und von Erden/
Emofängt die Perl'/ ist ihre Mutter-Schooß.
Und was dort wächst/ Corall/ Ambr'/ Agstein/ Mooß/
Das muß gesäugt aus meinen Wurtzeln werden.
Cybele

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Buchſtaben hatten. An denen vier Ecken des
Geruͤſtes thaten ſich des Ganges/ Jndus/ und
zweyer anderer Fluͤſſe Bilder herfuͤr; welche
nebſt Regung zweyer abſonderer Saͤitenſpiele
zum Preiſſe der Perlen und der Liebe folgende
Reimen ſangen:

Wenn der Geſtirne Krafft/
Der beſten Kraͤuter Safft/
Der Sonn’ ihr Oel/ der Glantz der Edelſteine/
Der Berge Marck/ des Balſams Eigenſchafft/
Des Monden Thau/ der Glantz von Helffenbeine/
Der Blumen Geiſt/ des Meeres Reichthum ſich
Vereinbart gleich in einen Kreiß/
Behaͤltſt du/ Perle/ doch den Preiß/
Es reicht kein Schatz des Himmels nicht an dich!
Maͤßt der Natur nicht bey:
Daß ſie zu ſparſam ſey/
Weil keine Muſchel Zwillinge gebieret.
Ein edles Kind iſt ſchaͤtzbarer als drey.
Und dieſes/ was die Purper-Schnecken zieret/
Jſt zwar ein Schatz/ doch nur ein Tropfen Blut.
Ja aus der Perlen Rundt’ erhellt:
Es habe Himmel/ Meer und Welt
Jn einer Perl umbſchraͤncket all ihr Gut.
Die Liebe mag allein
Der Perle Nachbild ſeyn.
Denn man ſchaͤtzt ſie im Himmel und auf Erden,
Die Schoͤ[n]heit pregt in ſie ihr Bildnuͤs ein.
Sie laͤßt in ſich auch nur ein Kind jung werden;
Und ſchoͤpfft keinmal an Nehen-Sonnen Luſt.
Kurtz wie die euſerliche Welt
Die Perle fuͤr ihr Kleinod haͤlt/
So iſt die Lieb’ auch’s Kleinod in der Bruſt.

Zu dieſem Singen und Saͤitenſpielen heg-
ten die zwoͤlf Liebes-Goͤtter einen annehmlichen
Tantz mit kuͤnſtlichen Abwechſelungen. Bey
dem Schluſſe eines jeden Satzes ſaͤtzten ihrer
ſechs auf einer Seite in einem halben Kreiſſe
mit ihren an denen Schilden ſtehenden Buch-
ſtaben das Wort: Jndien; auf der andern
Seite das Wort: Perlen zuſammen.

Bey deſſen Schluſſe kam in den Schran-
cken ein ander Elefant; deſſen Ruͤcken mit ei-
nem Silberſtuͤcke bedeckt/ und mit einer Mu-
ſchel bethuͤrmt war; darinnen die Goͤttin The-
[Spaltenumbruch] tys oder das Meer ſaß; und zwoͤlf in Silber-
ſchupfichte Roͤcke nach Art der Syrenen geklei-
deten Waſſer-Nymphen ſie rings umbher be-
gleiteten. Dieſe ruͤhrten alle groſſe mit Saͤi-
ten bezogene Muſcheln; worvon der Elefant
mit ſeiner Thetys zu tantzen/ und gegen dem
weiſſen die Knie zu beugen anfieng; endlich auch
auf dem einen groſſen Seile hinauf und wieder
zuruͤck tantzte. Dieſe Waſſer-Goͤttinnen loͤ-
ſeten die vier Fluͤſſe mit ihren Saͤlten ſpielen ab/
woruͤber jene einen zierlichen Tantz anfiengen/
in dem die Thetys mit ihrem Elefanten wun-
derwuͤrdige Wendungen fuͤrſtellte/ und zugleich
in ihrer Muſchel folgende Reimen darzu ſang:

Kommt! kraͤntzet mit Corall mein Haar/
Schmuͤckt Hals und Bruſt mit perlenen Geſchmeiden;
Die Hand mit Palmen/ und den Leib mit Seiden;
Gewehrt mir Weyrauch aufs Altar;
Nach dem das Meer allein iſt herrlich/ reich und groß/
Ja Feuer/ Erd und Lufft geſtehn:
Es ſey in ihnen nichts ſo ſchoͤn/
Als Perl’ und Liebe ſind die Toͤchter meiner Schoß.
Die beyd’ in mir zwar haben ihre Wiege
Doch auf der Erd’/ im Himme! ihre Siege.

Nach dieſem vollendeten Tantze kam ein an-
der mit gruͤnem Silberſtuͤcke bedeckter Elefant
in den Schrancken. Auf dem Ruͤcken ſaß un-
ter einer Fichten-Laube die gethuͤrmte Cybele/
oder die Erde. Umb ſie herum giengen zwoͤlf
junge Verſchnittene/ derer ſechs/ Koͤrbe mit
Blumen/ die andern mit Fruͤchten trugen.
Bey einem anmuthigen Floͤten-Gethoͤne/
machte die Erde dem Meer nachfolgender
Weiſe die Geburt der Perlen ſtreitig:

Wenn die Natur das Waſſer nicht
Durch’s Roͤhr der Berg’/ und meiner Adern triebe/
Wenn nicht mein Geiſt ins Meeres-Fluthen bliebe/
So waͤr’ es Schaum/ dem Seel’ und Krafft gebricht.
Das Auge ſieht’s/ es fuͤhlt es jede Hand:
Daß Perl’ und Muſchel zwar die Naͤſſe liebe;
Doch beyder Talg iſt ein geleutert Sand.
Der Schnecke Fleiſch/ das Erd’ iſt/ und von Erden/
Emofaͤngt die Perl’/ iſt ihre Mutter-Schooß.
Und was dort waͤchſt/ Corall/ Ambr’/ Agſtein/ Mooß/
Das muß geſaͤugt aus meinen Wurtzeln werden.
Cybele
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[1375[1377]/1443] Arminius und Thußnelda. Buchſtaben hatten. An denen vier Ecken des Geruͤſtes thaten ſich des Ganges/ Jndus/ und zweyer anderer Fluͤſſe Bilder herfuͤr; welche nebſt Regung zweyer abſonderer Saͤitenſpiele zum Preiſſe der Perlen und der Liebe folgende Reimen ſangen: Wenn der Geſtirne Krafft/ Der beſten Kraͤuter Safft/ Der Sonn’ ihr Oel/ der Glantz der Edelſteine/ Der Berge Marck/ des Balſams Eigenſchafft/ Des Monden Thau/ der Glantz von Helffenbeine/ Der Blumen Geiſt/ des Meeres Reichthum ſich Vereinbart gleich in einen Kreiß/ Behaͤltſt du/ Perle/ doch den Preiß/ Es reicht kein Schatz des Himmels nicht an dich! Maͤßt der Natur nicht bey: Daß ſie zu ſparſam ſey/ Weil keine Muſchel Zwillinge gebieret. Ein edles Kind iſt ſchaͤtzbarer als drey. Und dieſes/ was die Purper-Schnecken zieret/ Jſt zwar ein Schatz/ doch nur ein Tropfen Blut. Ja aus der Perlen Rundt’ erhellt: Es habe Himmel/ Meer und Welt Jn einer Perl umbſchraͤncket all ihr Gut. Die Liebe mag allein Der Perle Nachbild ſeyn. Denn man ſchaͤtzt ſie im Himmel und auf Erden, Die Schoͤnheit pregt in ſie ihr Bildnuͤs ein. Sie laͤßt in ſich auch nur ein Kind jung werden; Und ſchoͤpfft keinmal an Nehen-Sonnen Luſt. Kurtz wie die euſerliche Welt Die Perle fuͤr ihr Kleinod haͤlt/ So iſt die Lieb’ auch’s Kleinod in der Bruſt. Zu dieſem Singen und Saͤitenſpielen heg- ten die zwoͤlf Liebes-Goͤtter einen annehmlichen Tantz mit kuͤnſtlichen Abwechſelungen. Bey dem Schluſſe eines jeden Satzes ſaͤtzten ihrer ſechs auf einer Seite in einem halben Kreiſſe mit ihren an denen Schilden ſtehenden Buch- ſtaben das Wort: Jndien; auf der andern Seite das Wort: Perlen zuſammen. Bey deſſen Schluſſe kam in den Schran- cken ein ander Elefant; deſſen Ruͤcken mit ei- nem Silberſtuͤcke bedeckt/ und mit einer Mu- ſchel bethuͤrmt war; darinnen die Goͤttin The- tys oder das Meer ſaß; und zwoͤlf in Silber- ſchupfichte Roͤcke nach Art der Syrenen geklei- deten Waſſer-Nymphen ſie rings umbher be- gleiteten. Dieſe ruͤhrten alle groſſe mit Saͤi- ten bezogene Muſcheln; worvon der Elefant mit ſeiner Thetys zu tantzen/ und gegen dem weiſſen die Knie zu beugen anfieng; endlich auch auf dem einen groſſen Seile hinauf und wieder zuruͤck tantzte. Dieſe Waſſer-Goͤttinnen loͤ- ſeten die vier Fluͤſſe mit ihren Saͤlten ſpielen ab/ woruͤber jene einen zierlichen Tantz anfiengen/ in dem die Thetys mit ihrem Elefanten wun- derwuͤrdige Wendungen fuͤrſtellte/ und zugleich in ihrer Muſchel folgende Reimen darzu ſang: Kommt! kraͤntzet mit Corall mein Haar/ Schmuͤckt Hals und Bruſt mit perlenen Geſchmeiden; Die Hand mit Palmen/ und den Leib mit Seiden; Gewehrt mir Weyrauch aufs Altar; Nach dem das Meer allein iſt herrlich/ reich und groß/ Ja Feuer/ Erd und Lufft geſtehn: Es ſey in ihnen nichts ſo ſchoͤn/ Als Perl’ und Liebe ſind die Toͤchter meiner Schoß. Die beyd’ in mir zwar haben ihre Wiege Doch auf der Erd’/ im Himme! ihre Siege. Nach dieſem vollendeten Tantze kam ein an- der mit gruͤnem Silberſtuͤcke bedeckter Elefant in den Schrancken. Auf dem Ruͤcken ſaß un- ter einer Fichten-Laube die gethuͤrmte Cybele/ oder die Erde. Umb ſie herum giengen zwoͤlf junge Verſchnittene/ derer ſechs/ Koͤrbe mit Blumen/ die andern mit Fruͤchten trugen. Bey einem anmuthigen Floͤten-Gethoͤne/ machte die Erde dem Meer nachfolgender Weiſe die Geburt der Perlen ſtreitig: Wenn die Natur das Waſſer nicht Durch’s Roͤhr der Berg’/ und meiner Adern triebe/ Wenn nicht mein Geiſt ins Meeres-Fluthen bliebe/ So waͤr’ es Schaum/ dem Seel’ und Krafft gebricht. Das Auge ſieht’s/ es fuͤhlt es jede Hand: Daß Perl’ und Muſchel zwar die Naͤſſe liebe; Doch beyder Talg iſt ein geleutert Sand. Der Schnecke Fleiſch/ das Erd’ iſt/ und von Erden/ Emofaͤngt die Perl’/ iſt ihre Mutter-Schooß. Und was dort waͤchſt/ Corall/ Ambr’/ Agſtein/ Mooß/ Das muß geſaͤugt aus meinen Wurtzeln werden. Cybele

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1375[1377]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1443>, abgerufen am 23.11.2024.