Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Neuntes Buch
[Spaltenumbruch] Steinen der Egyptier/ als den Büchern der
ersten Welt/ aufgeschrieben stehet/ nur Hülsen
sind gegen dem/ was die Alironischen Frauen
in denen bürckenen Rinden aufgezeichnet bey
sich verwahren/ und von einer Jüdin bekommen
haben. Welche Geheimnüsse zu entdecken so
gefährlich ist: daß Theopompus wahnsinnig/
Theodectes blind worden; als er sie in Grie-
chi cher Sprache Frembden kund zu machen
sich erkühnet. Was der künfftigen Dinge
Vorbewust anreichet/ weiß ich zwar wol: daß
einige selbten als einen bloßen Traum der
Thoren/ oder als einen Betrug der Arglistigen
schlechter dings verwerffen. Jch habe zu Rom
auch gehört: daß Cato sich verwundert habe:
wie zwey Wahrsager einander ohne Lachen auf
der Straße begegnen könten; weil beyde wol
verstünden; wie ihr gantzes Ampt nichts an-
ders wäre/ als die gantze Welt zu Narren ha-
ben. Jch vertheidige auch nicht die Telchinen
auf Rhodus; welchen ihre redende Marmel-
Bilder weissagten; die Dactyler auf Creta/
welche aus Schmiedung des Eisens künfftig
Ding zu wissen vermeinten/ noch die Thuscani-
schen Vogel-Aufseher/ die aus frembder Leber
mehr/ als aus eigenem Gehirne verstehen wol-
ten. Wer wolte aber glauben: daß die Na-
tur so viel Thiere mit der Wissenschafft künffti-
gen Gewitters/ bevorstehender Todes- und an-
derer Zufälle begabt/ den Menschen aber nur
dis/ was ihm für den Füssen liegt/ wissen zu
lassen gewürdigt haben solte? Zwar ist aller-
dings irrig: daß einige die traurigen Feuch-
tigkeiten/ andere die von der Sonne aus der
Erde gezogene Dünste/ ihrer viel eine feste
Einbildung/ oder das Eingeben der Geister
zur Mutter der Wahrsagungen machen; und
ich halte bey unsern Deutschen ebenfals für
eine zauberische Bländung/ wenn ein ungeheu-
res Gespenste durch einen Löwen-Adler- und
Nacht-Eulen-Kopff wahrsagte; als wenn
[Spaltenumbruch] anderwerts ein aus Ertzt gegossenes Bild auf
alle Fragen be cheidentlich geantwortet hätte.
Alleine es hätte der Mensch in sich Funcken ei-
nes himmlischen Wesens/ von welchen nicht zu
verwundern ist: daß derselben weise Anweh-
rung ihm auch ein Licht der künfftigen Zeit an-
stecken kan; nach dem Steine und Kräuter we-
gen des Einflusses aus den Sternen in sich
auch so seltzame Würckungen haben. Wie-
wol der wahre Ursprung dieser Wissenschafft
in der Einflößung des Verhängnüsses so
wie des Thaues in dem fruchtbaren Kreisse des
Monden steckt; und nicht jedermann sich die-
ser Gabe fähig machen kan; also die Alten gar
tiefsinnig geurtheilet haben: daß die Wissen-
schafft künfftiger Dinge nur eine Eigenschafft
der Weisen/ und eine königliche Verrichtung
sey. Wie unwürdig ich nun mich hierzu be-
kenne; so hat doch der barmhertzige Erbarmer
dieses allen mich so ferne damit betheilet: daß
ich nicht nur der Deutschen herrlichen Sieg
gegen die Römer; sondern auch die Vermäh-
lung meines Sohnes mit der vollkommensten
Fürstin der Welt für geraumer Zeit vorgese-
hen; und meinen Gespielen eröfnet habe.
Hiermit zohe sie eine ertztene Taffel ziemlicher
Größe unter ihrem Gewand herfür; in wel-
che so wolihre itzt erwähnte/ als bereit für einem
Jahre in dem Alironischen Heiligthume ent-
deckte Wahrsagung/ als auch/ wie Hertzog
Herrmann noch viel gefährliche Kriege/ Thuß-
nelde mit ihrem Sohne/ den sie nach neun
Monden gebähren würde/ die Gefangenschafft
der Römer zuüberstehen; jedoch alle ihre Ve-
trübnüsse einen gewünschten Ausschlag zu er-
warten hätten/ tief eingeetzt stand. Diese
Taffel übergab sie Thußnelden/ und zugleich
ein versiegeltes Buch/ mit der Versicherung:
daß alle ihre künfftige Zufälle darinnen haar-
klein verzeichnet wären. Dieses solte sie zu
ihrem Gedächtnüsse aufheben; jedoch solches

nirgends/

Neuntes Buch
[Spaltenumbruch] Steinen der Egyptier/ als den Buͤchern der
erſten Welt/ aufgeſchrieben ſtehet/ nur Huͤlſen
ſind gegen dem/ was die Alironiſchen Frauen
in denen buͤrckenen Rinden aufgezeichnet bey
ſich verwahren/ und von einer Juͤdin bekommen
haben. Welche Geheimnuͤſſe zu entdecken ſo
gefaͤhrlich iſt: daß Theopompus wahnſinnig/
Theodectes blind worden; als er ſie in Grie-
chi cher Sprache Frembden kund zu machen
ſich erkuͤhnet. Was der kuͤnfftigen Dinge
Vorbewuſt anreichet/ weiß ich zwar wol: daß
einige ſelbten als einen bloßen Traum der
Thoren/ oder als einen Betrug der Argliſtigen
ſchlechter dings verwerffen. Jch habe zu Rom
auch gehoͤrt: daß Cato ſich verwundert habe:
wie zwey Wahrſager einander ohne Lachen auf
der Straße begegnen koͤnten; weil beyde wol
verſtuͤnden; wie ihr gantzes Ampt nichts an-
ders waͤre/ als die gantze Welt zu Narren ha-
ben. Jch vertheidige auch nicht die Telchinen
auf Rhodus; welchen ihre redende Marmel-
Bilder weiſſagten; die Dactyler auf Creta/
welche aus Schmiedung des Eiſens kuͤnfftig
Ding zu wiſſen vermeinten/ noch die Thuſcani-
ſchen Vogel-Aufſeher/ die aus frembder Leber
mehr/ als aus eigenem Gehirne verſtehen wol-
ten. Wer wolte aber glauben: daß die Na-
tur ſo viel Thiere mit der Wiſſenſchafft kuͤnffti-
gen Gewitters/ bevorſtehender Todes- und an-
derer Zufaͤlle begabt/ den Menſchen aber nur
dis/ was ihm fuͤr den Fuͤſſen liegt/ wiſſen zu
laſſen gewuͤrdigt haben ſolte? Zwar iſt aller-
dings irrig: daß einige die traurigen Feuch-
tigkeiten/ andere die von der Sonne aus der
Erde gezogene Duͤnſte/ ihrer viel eine feſte
Einbildung/ oder das Eingeben der Geiſter
zur Mutter der Wahrſagungen machen; und
ich halte bey unſern Deutſchen ebenfals fuͤr
eine zauberiſche Blaͤndung/ wenn ein ungeheu-
res Geſpenſte durch einen Loͤwen-Adler- und
Nacht-Eulen-Kopff wahrſagte; als wenn
[Spaltenumbruch] anderwerts ein aus Ertzt gegoſſenes Bild auf
alle Fragen be cheidentlich geantwortet haͤtte.
Alleine es haͤtte der Menſch in ſich Funcken ei-
nes himmliſchen Weſens/ von welchen nicht zu
verwundern iſt: daß derſelben weiſe Anweh-
rung ihm auch ein Licht der kuͤnfftigen Zeit an-
ſtecken kan; nach dem Steine und Kraͤuter we-
gen des Einfluſſes aus den Sternen in ſich
auch ſo ſeltzame Wuͤrckungen haben. Wie-
wol der wahre Urſprung dieſer Wiſſenſchafft
in der Einfloͤßung des Verhaͤngnuͤſſes ſo
wie des Thaues in dem fruchtbaren Kreiſſe des
Monden ſteckt; und nicht jedermann ſich die-
ſer Gabe faͤhig machen kan; alſo die Alten gar
tiefſinnig geurtheilet haben: daß die Wiſſen-
ſchafft kuͤnfftiger Dinge nur eine Eigenſchafft
der Weiſen/ und eine koͤnigliche Verrichtung
ſey. Wie unwuͤrdig ich nun mich hierzu be-
kenne; ſo hat doch der barmhertzige Erbarmer
dieſes allen mich ſo ferne damit betheilet: daß
ich nicht nur der Deutſchen herrlichen Sieg
gegen die Roͤmer; ſondern auch die Vermaͤh-
lung meines Sohnes mit der vollkommenſten
Fuͤrſtin der Welt fuͤr geraumer Zeit vorgeſe-
hen; und meinen Geſpielen eroͤfnet habe.
Hiermit zohe ſie eine ertztene Taffel ziemlicher
Groͤße unter ihrem Gewand herfuͤr; in wel-
che ſo wolihre itzt erwaͤhnte/ als bereit fuͤr einem
Jahre in dem Alironiſchen Heiligthume ent-
deckte Wahrſagung/ als auch/ wie Hertzog
Herrmann noch viel gefaͤhꝛliche Kriege/ Thuß-
nelde mit ihrem Sohne/ den ſie nach neun
Monden gebaͤhren wuͤrde/ die Gefangenſchafft
der Roͤmer zuuͤberſtehen; jedoch alle ihre Ve-
truͤbnuͤſſe einen gewuͤnſchten Ausſchlag zu er-
warten haͤtten/ tief eingeetzt ſtand. Dieſe
Taffel uͤbergab ſie Thußnelden/ und zugleich
ein verſiegeltes Buch/ mit der Verſicherung:
daß alle ihre kuͤnfftige Zufaͤlle darinnen haar-
klein verzeichnet waͤren. Dieſes ſolte ſie zu
ihrem Gedaͤchtnuͤſſe aufheben; jedoch ſolches

nirgends/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1420" n="1352[1354]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Neuntes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
Steinen der Egyptier/ als den Bu&#x0364;chern der<lb/>
er&#x017F;ten Welt/ aufge&#x017F;chrieben &#x017F;tehet/ nur Hu&#x0364;l&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ind gegen dem/ was die Alironi&#x017F;chen Frauen<lb/>
in denen bu&#x0364;rckenen Rinden aufgezeichnet bey<lb/>
&#x017F;ich verwahren/ und von einer Ju&#x0364;din bekommen<lb/>
haben. Welche Geheimnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e zu entdecken &#x017F;o<lb/>
gefa&#x0364;hrlich i&#x017F;t: daß Theopompus wahn&#x017F;innig/<lb/>
Theodectes blind worden; als er &#x017F;ie in Grie-<lb/>
chi cher Sprache Frembden kund zu machen<lb/>
&#x017F;ich erku&#x0364;hnet. Was der ku&#x0364;nfftigen Dinge<lb/>
Vorbewu&#x017F;t anreichet/ weiß ich zwar wol: daß<lb/>
einige &#x017F;elbten als einen bloßen Traum der<lb/>
Thoren/ oder als einen Betrug der Argli&#x017F;tigen<lb/>
&#x017F;chlechter dings verwerffen. Jch habe zu Rom<lb/>
auch geho&#x0364;rt: daß Cato &#x017F;ich verwundert habe:<lb/>
wie zwey Wahr&#x017F;ager einander ohne Lachen auf<lb/>
der Straße begegnen ko&#x0364;nten; weil beyde wol<lb/>
ver&#x017F;tu&#x0364;nden; wie ihr gantzes Ampt nichts an-<lb/>
ders wa&#x0364;re/ als die gantze Welt zu Narren ha-<lb/>
ben. Jch vertheidige auch nicht die Telchinen<lb/>
auf Rhodus; welchen ihre redende Marmel-<lb/>
Bilder wei&#x017F;&#x017F;agten; die Dactyler auf Creta/<lb/>
welche aus Schmiedung des Ei&#x017F;ens ku&#x0364;nfftig<lb/>
Ding zu wi&#x017F;&#x017F;en vermeinten/ noch die Thu&#x017F;cani-<lb/>
&#x017F;chen Vogel-Auf&#x017F;eher/ die aus frembder Leber<lb/>
mehr/ als aus eigenem Gehirne ver&#x017F;tehen wol-<lb/>
ten. Wer wolte aber glauben: daß die Na-<lb/>
tur &#x017F;o viel Thiere mit der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft ku&#x0364;nffti-<lb/>
gen Gewitters/ bevor&#x017F;tehender Todes- und an-<lb/>
derer Zufa&#x0364;lle begabt/ den Men&#x017F;chen aber nur<lb/>
dis/ was ihm fu&#x0364;r den Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en liegt/ wi&#x017F;&#x017F;en zu<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en gewu&#x0364;rdigt haben &#x017F;olte? Zwar i&#x017F;t aller-<lb/>
dings irrig: daß einige die traurigen Feuch-<lb/>
tigkeiten/ andere die von der Sonne aus der<lb/>
Erde gezogene Du&#x0364;n&#x017F;te/ ihrer viel eine fe&#x017F;te<lb/>
Einbildung/ oder das Eingeben der Gei&#x017F;ter<lb/>
zur Mutter der Wahr&#x017F;agungen machen; und<lb/>
ich halte bey un&#x017F;ern Deut&#x017F;chen ebenfals fu&#x0364;r<lb/>
eine zauberi&#x017F;che Bla&#x0364;ndung/ wenn ein ungeheu-<lb/>
res Ge&#x017F;pen&#x017F;te durch einen Lo&#x0364;wen-Adler- und<lb/>
Nacht-Eulen-Kopff wahr&#x017F;agte; als wenn<lb/><cb/>
anderwerts ein aus Ertzt gego&#x017F;&#x017F;enes Bild auf<lb/>
alle Fragen be cheidentlich geantwortet ha&#x0364;tte.<lb/>
Alleine es ha&#x0364;tte der Men&#x017F;ch in &#x017F;ich Funcken ei-<lb/>
nes himmli&#x017F;chen We&#x017F;ens/ von welchen nicht zu<lb/>
verwundern i&#x017F;t: daß der&#x017F;elben wei&#x017F;e Anweh-<lb/>
rung ihm auch ein Licht der ku&#x0364;nfftigen Zeit an-<lb/>
&#x017F;tecken kan; nach dem Steine und Kra&#x0364;uter we-<lb/>
gen des Einflu&#x017F;&#x017F;es aus den Sternen in &#x017F;ich<lb/>
auch &#x017F;o &#x017F;eltzame Wu&#x0364;rckungen haben. Wie-<lb/>
wol der wahre Ur&#x017F;prung die&#x017F;er Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft<lb/>
in der Einflo&#x0364;ßung des Verha&#x0364;ngnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;es &#x017F;o<lb/>
wie des Thaues in dem fruchtbaren Krei&#x017F;&#x017F;e des<lb/>
Monden &#x017F;teckt; und nicht jedermann &#x017F;ich die-<lb/>
&#x017F;er Gabe fa&#x0364;hig machen kan; al&#x017F;o die Alten gar<lb/>
tief&#x017F;innig geurtheilet haben: daß die Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chafft ku&#x0364;nfftiger Dinge nur eine Eigen&#x017F;chafft<lb/>
der Wei&#x017F;en/ und eine ko&#x0364;nigliche Verrichtung<lb/>
&#x017F;ey. Wie unwu&#x0364;rdig ich nun mich hierzu be-<lb/>
kenne; &#x017F;o hat doch der barmhertzige Erbarmer<lb/>
die&#x017F;es allen mich &#x017F;o ferne damit betheilet: daß<lb/>
ich nicht nur der Deut&#x017F;chen herrlichen Sieg<lb/>
gegen die Ro&#x0364;mer; &#x017F;ondern auch die Verma&#x0364;h-<lb/>
lung meines Sohnes mit der vollkommen&#x017F;ten<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;tin der Welt fu&#x0364;r geraumer Zeit vorge&#x017F;e-<lb/>
hen; und meinen Ge&#x017F;pielen ero&#x0364;fnet habe.<lb/>
Hiermit zohe &#x017F;ie eine ertztene Taffel ziemlicher<lb/>
Gro&#x0364;ße unter ihrem Gewand herfu&#x0364;r; in wel-<lb/>
che &#x017F;o wolihre itzt erwa&#x0364;hnte/ als bereit fu&#x0364;r einem<lb/>
Jahre in dem Alironi&#x017F;chen Heiligthume ent-<lb/>
deckte Wahr&#x017F;agung/ als auch/ wie Hertzog<lb/>
Herrmann noch viel gefa&#x0364;h&#xA75B;liche Kriege/ Thuß-<lb/>
nelde mit ihrem Sohne/ den &#x017F;ie nach neun<lb/>
Monden geba&#x0364;hren wu&#x0364;rde/ die Gefangen&#x017F;chafft<lb/>
der Ro&#x0364;mer zuu&#x0364;ber&#x017F;tehen; jedoch alle ihre Ve-<lb/>
tru&#x0364;bnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e einen gewu&#x0364;n&#x017F;chten Aus&#x017F;chlag zu er-<lb/>
warten ha&#x0364;tten/ tief eingeetzt &#x017F;tand. Die&#x017F;e<lb/>
Taffel u&#x0364;bergab &#x017F;ie Thußnelden/ und zugleich<lb/>
ein ver&#x017F;iegeltes Buch/ mit der Ver&#x017F;icherung:<lb/>
daß alle ihre ku&#x0364;nfftige Zufa&#x0364;lle darinnen haar-<lb/>
klein verzeichnet wa&#x0364;ren. Die&#x017F;es &#x017F;olte &#x017F;ie zu<lb/>
ihrem Geda&#x0364;chtnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e aufheben; jedoch &#x017F;olches<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nirgends/</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1352[1354]/1420] Neuntes Buch Steinen der Egyptier/ als den Buͤchern der erſten Welt/ aufgeſchrieben ſtehet/ nur Huͤlſen ſind gegen dem/ was die Alironiſchen Frauen in denen buͤrckenen Rinden aufgezeichnet bey ſich verwahren/ und von einer Juͤdin bekommen haben. Welche Geheimnuͤſſe zu entdecken ſo gefaͤhrlich iſt: daß Theopompus wahnſinnig/ Theodectes blind worden; als er ſie in Grie- chi cher Sprache Frembden kund zu machen ſich erkuͤhnet. Was der kuͤnfftigen Dinge Vorbewuſt anreichet/ weiß ich zwar wol: daß einige ſelbten als einen bloßen Traum der Thoren/ oder als einen Betrug der Argliſtigen ſchlechter dings verwerffen. Jch habe zu Rom auch gehoͤrt: daß Cato ſich verwundert habe: wie zwey Wahrſager einander ohne Lachen auf der Straße begegnen koͤnten; weil beyde wol verſtuͤnden; wie ihr gantzes Ampt nichts an- ders waͤre/ als die gantze Welt zu Narren ha- ben. Jch vertheidige auch nicht die Telchinen auf Rhodus; welchen ihre redende Marmel- Bilder weiſſagten; die Dactyler auf Creta/ welche aus Schmiedung des Eiſens kuͤnfftig Ding zu wiſſen vermeinten/ noch die Thuſcani- ſchen Vogel-Aufſeher/ die aus frembder Leber mehr/ als aus eigenem Gehirne verſtehen wol- ten. Wer wolte aber glauben: daß die Na- tur ſo viel Thiere mit der Wiſſenſchafft kuͤnffti- gen Gewitters/ bevorſtehender Todes- und an- derer Zufaͤlle begabt/ den Menſchen aber nur dis/ was ihm fuͤr den Fuͤſſen liegt/ wiſſen zu laſſen gewuͤrdigt haben ſolte? Zwar iſt aller- dings irrig: daß einige die traurigen Feuch- tigkeiten/ andere die von der Sonne aus der Erde gezogene Duͤnſte/ ihrer viel eine feſte Einbildung/ oder das Eingeben der Geiſter zur Mutter der Wahrſagungen machen; und ich halte bey unſern Deutſchen ebenfals fuͤr eine zauberiſche Blaͤndung/ wenn ein ungeheu- res Geſpenſte durch einen Loͤwen-Adler- und Nacht-Eulen-Kopff wahrſagte; als wenn anderwerts ein aus Ertzt gegoſſenes Bild auf alle Fragen be cheidentlich geantwortet haͤtte. Alleine es haͤtte der Menſch in ſich Funcken ei- nes himmliſchen Weſens/ von welchen nicht zu verwundern iſt: daß derſelben weiſe Anweh- rung ihm auch ein Licht der kuͤnfftigen Zeit an- ſtecken kan; nach dem Steine und Kraͤuter we- gen des Einfluſſes aus den Sternen in ſich auch ſo ſeltzame Wuͤrckungen haben. Wie- wol der wahre Urſprung dieſer Wiſſenſchafft in der Einfloͤßung des Verhaͤngnuͤſſes ſo wie des Thaues in dem fruchtbaren Kreiſſe des Monden ſteckt; und nicht jedermann ſich die- ſer Gabe faͤhig machen kan; alſo die Alten gar tiefſinnig geurtheilet haben: daß die Wiſſen- ſchafft kuͤnfftiger Dinge nur eine Eigenſchafft der Weiſen/ und eine koͤnigliche Verrichtung ſey. Wie unwuͤrdig ich nun mich hierzu be- kenne; ſo hat doch der barmhertzige Erbarmer dieſes allen mich ſo ferne damit betheilet: daß ich nicht nur der Deutſchen herrlichen Sieg gegen die Roͤmer; ſondern auch die Vermaͤh- lung meines Sohnes mit der vollkommenſten Fuͤrſtin der Welt fuͤr geraumer Zeit vorgeſe- hen; und meinen Geſpielen eroͤfnet habe. Hiermit zohe ſie eine ertztene Taffel ziemlicher Groͤße unter ihrem Gewand herfuͤr; in wel- che ſo wolihre itzt erwaͤhnte/ als bereit fuͤr einem Jahre in dem Alironiſchen Heiligthume ent- deckte Wahrſagung/ als auch/ wie Hertzog Herrmann noch viel gefaͤhꝛliche Kriege/ Thuß- nelde mit ihrem Sohne/ den ſie nach neun Monden gebaͤhren wuͤrde/ die Gefangenſchafft der Roͤmer zuuͤberſtehen; jedoch alle ihre Ve- truͤbnuͤſſe einen gewuͤnſchten Ausſchlag zu er- warten haͤtten/ tief eingeetzt ſtand. Dieſe Taffel uͤbergab ſie Thußnelden/ und zugleich ein verſiegeltes Buch/ mit der Verſicherung: daß alle ihre kuͤnfftige Zufaͤlle darinnen haar- klein verzeichnet waͤren. Dieſes ſolte ſie zu ihrem Gedaͤchtnuͤſſe aufheben; jedoch ſolches nirgends/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1420
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1352[1354]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1420>, abgerufen am 06.05.2024.