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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Neuntes Buch
[Spaltenumbruch] Steinen der Egyptier/ als den Büchern der
ersten Welt/ aufgeschrieben stehet/ nur Hülsen
sind gegen dem/ was die Alironischen Frauen
in denen bürckenen Rinden aufgezeichnet bey
sich verwahren/ und von einer Jüdin bekommen
haben. Welche Geheimnüsse zu entdecken so
gefährlich ist: daß Theopompus wahnsinnig/
Theodectes blind worden; als er sie in Grie-
chi cher Sprache Frembden kund zu machen
sich erkühnet. Was der künfftigen Dinge
Vorbewust anreichet/ weiß ich zwar wol: daß
einige selbten als einen bloßen Traum der
Thoren/ oder als einen Betrug der Arglistigen
schlechter dings verwerffen. Jch habe zu Rom
auch gehört: daß Cato sich verwundert habe:
wie zwey Wahrsager einander ohne Lachen auf
der Straße begegnen könten; weil beyde wol
verstünden; wie ihr gantzes Ampt nichts an-
ders wäre/ als die gantze Welt zu Narren ha-
ben. Jch vertheidige auch nicht die Telchinen
auf Rhodus; welchen ihre redende Marmel-
Bilder weissagten; die Dactyler auf Creta/
welche aus Schmiedung des Eisens künfftig
Ding zu wissen vermeinten/ noch die Thuscani-
schen Vogel-Aufseher/ die aus frembder Leber
mehr/ als aus eigenem Gehirne verstehen wol-
ten. Wer wolte aber glauben: daß die Na-
tur so viel Thiere mit der Wissenschafft künffti-
gen Gewitters/ bevorstehender Todes- und an-
derer Zufälle begabt/ den Menschen aber nur
dis/ was ihm für den Füssen liegt/ wissen zu
lassen gewürdigt haben solte? Zwar ist aller-
dings irrig: daß einige die traurigen Feuch-
tigkeiten/ andere die von der Sonne aus der
Erde gezogene Dünste/ ihrer viel eine feste
Einbildung/ oder das Eingeben der Geister
zur Mutter der Wahrsagungen machen; und
ich halte bey unsern Deutschen ebenfals für
eine zauberische Bländung/ wenn ein ungeheu-
res Gespenste durch einen Löwen-Adler- und
Nacht-Eulen-Kopff wahrsagte; als wenn
[Spaltenumbruch] anderwerts ein aus Ertzt gegossenes Bild auf
alle Fragen be cheidentlich geantwortet hätte.
Alleine es hätte der Mensch in sich Funcken ei-
nes himmlischen Wesens/ von welchen nicht zu
verwundern ist: daß derselben weise Anweh-
rung ihm auch ein Licht der künfftigen Zeit an-
stecken kan; nach dem Steine und Kräuter we-
gen des Einflusses aus den Sternen in sich
auch so seltzame Würckungen haben. Wie-
wol der wahre Ursprung dieser Wissenschafft
in der Einflößung des Verhängnüsses so
wie des Thaues in dem fruchtbaren Kreisse des
Monden steckt; und nicht jedermann sich die-
ser Gabe fähig machen kan; also die Alten gar
tiefsinnig geurtheilet haben: daß die Wissen-
schafft künfftiger Dinge nur eine Eigenschafft
der Weisen/ und eine königliche Verrichtung
sey. Wie unwürdig ich nun mich hierzu be-
kenne; so hat doch der barmhertzige Erbarmer
dieses allen mich so ferne damit betheilet: daß
ich nicht nur der Deutschen herrlichen Sieg
gegen die Römer; sondern auch die Vermäh-
lung meines Sohnes mit der vollkommensten
Fürstin der Welt für geraumer Zeit vorgese-
hen; und meinen Gespielen eröfnet habe.
Hiermit zohe sie eine ertztene Taffel ziemlicher
Größe unter ihrem Gewand herfür; in wel-
che so wolihre itzt erwähnte/ als bereit für einem
Jahre in dem Alironischen Heiligthume ent-
deckte Wahrsagung/ als auch/ wie Hertzog
Herrmann noch viel gefährliche Kriege/ Thuß-
nelde mit ihrem Sohne/ den sie nach neun
Monden gebähren würde/ die Gefangenschafft
der Römer zuüberstehen; jedoch alle ihre Ve-
trübnüsse einen gewünschten Ausschlag zu er-
warten hätten/ tief eingeetzt stand. Diese
Taffel übergab sie Thußnelden/ und zugleich
ein versiegeltes Buch/ mit der Versicherung:
daß alle ihre künfftige Zufälle darinnen haar-
klein verzeichnet wären. Dieses solte sie zu
ihrem Gedächtnüsse aufheben; jedoch solches

nirgends/

Neuntes Buch
[Spaltenumbruch] Steinen der Egyptier/ als den Buͤchern der
erſten Welt/ aufgeſchrieben ſtehet/ nur Huͤlſen
ſind gegen dem/ was die Alironiſchen Frauen
in denen buͤrckenen Rinden aufgezeichnet bey
ſich verwahren/ und von einer Juͤdin bekommen
haben. Welche Geheimnuͤſſe zu entdecken ſo
gefaͤhrlich iſt: daß Theopompus wahnſinnig/
Theodectes blind worden; als er ſie in Grie-
chi cher Sprache Frembden kund zu machen
ſich erkuͤhnet. Was der kuͤnfftigen Dinge
Vorbewuſt anreichet/ weiß ich zwar wol: daß
einige ſelbten als einen bloßen Traum der
Thoren/ oder als einen Betrug der Argliſtigen
ſchlechter dings verwerffen. Jch habe zu Rom
auch gehoͤrt: daß Cato ſich verwundert habe:
wie zwey Wahrſager einander ohne Lachen auf
der Straße begegnen koͤnten; weil beyde wol
verſtuͤnden; wie ihr gantzes Ampt nichts an-
ders waͤre/ als die gantze Welt zu Narren ha-
ben. Jch vertheidige auch nicht die Telchinen
auf Rhodus; welchen ihre redende Marmel-
Bilder weiſſagten; die Dactyler auf Creta/
welche aus Schmiedung des Eiſens kuͤnfftig
Ding zu wiſſen vermeinten/ noch die Thuſcani-
ſchen Vogel-Aufſeher/ die aus frembder Leber
mehr/ als aus eigenem Gehirne verſtehen wol-
ten. Wer wolte aber glauben: daß die Na-
tur ſo viel Thiere mit der Wiſſenſchafft kuͤnffti-
gen Gewitters/ bevorſtehender Todes- und an-
derer Zufaͤlle begabt/ den Menſchen aber nur
dis/ was ihm fuͤr den Fuͤſſen liegt/ wiſſen zu
laſſen gewuͤrdigt haben ſolte? Zwar iſt aller-
dings irrig: daß einige die traurigen Feuch-
tigkeiten/ andere die von der Sonne aus der
Erde gezogene Duͤnſte/ ihrer viel eine feſte
Einbildung/ oder das Eingeben der Geiſter
zur Mutter der Wahrſagungen machen; und
ich halte bey unſern Deutſchen ebenfals fuͤr
eine zauberiſche Blaͤndung/ wenn ein ungeheu-
res Geſpenſte durch einen Loͤwen-Adler- und
Nacht-Eulen-Kopff wahrſagte; als wenn
[Spaltenumbruch] anderwerts ein aus Ertzt gegoſſenes Bild auf
alle Fragen be cheidentlich geantwortet haͤtte.
Alleine es haͤtte der Menſch in ſich Funcken ei-
nes himmliſchen Weſens/ von welchen nicht zu
verwundern iſt: daß derſelben weiſe Anweh-
rung ihm auch ein Licht der kuͤnfftigen Zeit an-
ſtecken kan; nach dem Steine und Kraͤuter we-
gen des Einfluſſes aus den Sternen in ſich
auch ſo ſeltzame Wuͤrckungen haben. Wie-
wol der wahre Urſprung dieſer Wiſſenſchafft
in der Einfloͤßung des Verhaͤngnuͤſſes ſo
wie des Thaues in dem fruchtbaren Kreiſſe des
Monden ſteckt; und nicht jedermann ſich die-
ſer Gabe faͤhig machen kan; alſo die Alten gar
tiefſinnig geurtheilet haben: daß die Wiſſen-
ſchafft kuͤnfftiger Dinge nur eine Eigenſchafft
der Weiſen/ und eine koͤnigliche Verrichtung
ſey. Wie unwuͤrdig ich nun mich hierzu be-
kenne; ſo hat doch der barmhertzige Erbarmer
dieſes allen mich ſo ferne damit betheilet: daß
ich nicht nur der Deutſchen herrlichen Sieg
gegen die Roͤmer; ſondern auch die Vermaͤh-
lung meines Sohnes mit der vollkommenſten
Fuͤrſtin der Welt fuͤr geraumer Zeit vorgeſe-
hen; und meinen Geſpielen eroͤfnet habe.
Hiermit zohe ſie eine ertztene Taffel ziemlicher
Groͤße unter ihrem Gewand herfuͤr; in wel-
che ſo wolihre itzt erwaͤhnte/ als bereit fuͤr einem
Jahre in dem Alironiſchen Heiligthume ent-
deckte Wahrſagung/ als auch/ wie Hertzog
Herrmann noch viel gefaͤhꝛliche Kriege/ Thuß-
nelde mit ihrem Sohne/ den ſie nach neun
Monden gebaͤhren wuͤrde/ die Gefangenſchafft
der Roͤmer zuuͤberſtehen; jedoch alle ihre Ve-
truͤbnuͤſſe einen gewuͤnſchten Ausſchlag zu er-
warten haͤtten/ tief eingeetzt ſtand. Dieſe
Taffel uͤbergab ſie Thußnelden/ und zugleich
ein verſiegeltes Buch/ mit der Verſicherung:
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1352[1354]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1420>, abgerufen am 23.11.2024.