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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] die gantze Welt in GOtt/ und GOtt in der
Welt/ ja wie die Seele in dem Theile befind-
lich/ alles ihm/ und er allem gegenwärtig/ sei-
nem Leibe nach nirgends an-seinem unbegreiff-
lichen Wesen nach nirgends abwesend/ und um
ihn etlicher massen zu erkennen/ nicht nur die
Welt sein Buch/ die Sonne sein Spiegel/ der
Mensch sein Ebenbild; sondern auch unwie-
dersprechlich sey: daß keine Ameiße oder Schne-
cke auf der Erde krieche/ welche nicht eben so
wol als der ungeheure Wall fisch/ kein Ysop
an der Wand wachse/ der nicht so wie die Ce-
der/ ja keine verächtliche Fledermauß und kein
Käfer herum schwerme/ der nichts minder/ als
Strauße und Paradieß - Vögel ein solches
Bild sey/ darinnen man ein gewisses Kennzei-
chen/ und gleichsam im Staube die Fußstapf-
fen eines obersten Herrschers und Erhalters
zwar nicht in seinem Verstande begrieffe; aber
doch durch Verwunderung/ welche all ein der
Mäß-Stab aller unbegreiflicher Dinge ist/
wahrnähme. Ja die täglich abwechselnde
Finsternüs sey ein helles Licht und Merck-
mahl des zwar unsichtbaren/ aber sich in
Geschöpffen/ und so gar an Spinnen-Weben
und Schnecken-Häusern offenbarenden Got-
tes; welcher erstern Gewebe so künstlich ist:
daß die Natur denen Spinnen hierzu sechs biß
acht Augen hat geben müssen; die letzteren aber
eine solche Baukunst in sich haben: daß sie aller
Werckmeister Erfind- und Abtheilungen über-
treffen. Die Raupen wären ein Wunderwerck
der Augen/ die Bienen des Geschmacks/ die
Nachtigal des Gehöres/ Ambra des Geru-
ches/ die Spinne des Fühlens/ die Ameiße der
Klugheit; alle aber Beweißthümer einer un-
begreiflichen Gottheit. Also hätte ihm Hera-
clitus gantz falsch eingebildet/ daß sich Gott mit
Fleiß zu verstecken suchte. Wie denn er in sich
selbst seine unausmäßliche Wohnung/ und we-
der den Himmel zu seinem Stule/ noch die Er-
de zu seinem Fußschemmel gedürfft; sondern
[Spaltenumbruch] die Welt alleine zu seinem Erkäntnüße geschaf-
fen/ hier zu aber nichts/ als den Saamen seines
einigen Befehl-Wortes gebraucht/ und unter
so unzehlbar-wiedrigen Dingen eine wunder-
würdige Ubereinstimmung gemacht hätte: daß
die Welt die vollkommenste Harffe genennt zu
werden verdiente. Seine Ewigkeit bildete er
in denen irrdischen Gewächsen für; welche un-
beschadet ihrer Vergängligkeit/ den noch durch
derselben Fortpflantzung sich verewigten. Sei-
ne Grösse durch das kleinste Gesäme/ in dem
in einer einigen Eichel das gantze Wesen einer
Eiche/ einer Himmel-hohen Ceder/ in einem
kaum sichtbaren Körnlein/ die Krafft des süssen
Weinstocks/ und in einem schlechten Kerne die
Pracht der Granatäpffel-Bäume/ derer Blü-
te niemahls ohne Purper/ die Frucht nie mahls
ohne Krone wäre; in einer ungestalten Zwie-
bel die alle andere Schönheit beschämenden
Blumen/ für denen alle Farben und Mahl-
wercke erblasten/ ungeachtet sie verbor gen
steckten/ ihrer Feuchtigkeit halber in einem Ta-
ge zugleich neugebohrne Kinder und alte Wei-
ber wären. Die unaufhörliche Bewegung der
Gestirne stellte seine niemahls ruhende Wür-
ckung; des Meeres vergebliche Bemühung
sich über seine Gräntzen zu ergiessen/ seine all-
mächtige Herrschafft; welcher auch die tauben
Wellen/ und die blinden Winde gehorsamen
müssen; Die Sonne seine unerschöpfliche Frey-
gebigkeit durch die Abwechselung der Jahres-
Zeiten/ des Tages und der Nacht/ als der zwey
so ungleichen Zwillinge der Zeit das Reichthum
seiner wolthätigen Güte; Das allen Dingen/
ja denen wächsernen Bienhäusern zugeeigne-
te und wolanständige Maaß seine überschweng-
liche Weißheit/ allen/ welche nur nicht blind
zu seyn sich bemühen/ für Augen; als welche an
der Runde eines Apffels und Auges keine ge-
ringere Kunst/ als an der eben so gedrechselten
Welt und Sonne; an der ordentlichen Ab-
theil- und unvergleichlichen Färbung der Mu-

scheln/
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] die gantze Welt in GOtt/ und GOtt in der
Welt/ ja wie die Seele in dem Theile befind-
lich/ alles ihm/ und er allem gegenwaͤrtig/ ſei-
nem Leibe nach nirgends an-ſeinem unbegreiff-
lichen Weſen nach nirgends abweſend/ und um
ihn etlicher maſſen zu erkennen/ nicht nur die
Welt ſein Buch/ die Sonne ſein Spiegel/ der
Menſch ſein Ebenbild; ſondern auch unwie-
derſprechlich ſey: daß keine Ameiße oder Schne-
cke auf der Erde krieche/ welche nicht eben ſo
wol als der ungeheure Wall fiſch/ kein Yſop
an der Wand wachſe/ der nicht ſo wie die Ce-
der/ ja keine veraͤchtliche Fledermauß und kein
Kaͤfer herum ſchwerme/ der nichts minder/ als
Strauße und Paradieß - Voͤgel ein ſolches
Bild ſey/ darinnen man ein gewiſſes Kennzei-
chen/ und gleichſam im Staube die Fußſtapf-
fen eines oberſten Herꝛſchers und Erhalters
zwar nicht in ſeinem Verſtande begrieffe; aber
doch durch Verwunderung/ welche all ein der
Maͤß-Stab aller unbegreiflicher Dinge iſt/
wahrnaͤhme. Ja die taͤglich abwechſelnde
Finſternuͤs ſey ein helles Licht und Merck-
mahl des zwar unſichtbaren/ aber ſich in
Geſchoͤpffen/ und ſo gar an Spinnen-Weben
und Schnecken-Haͤuſern offenbarenden Got-
tes; welcher erſtern Gewebe ſo kuͤnſtlich iſt:
daß die Natur denen Spinnen hierzu ſechs biß
acht Augen hat geben muͤſſen; die letzteren aber
eine ſolche Baukunſt in ſich haben: daß ſie aller
Werckmeiſter Erfind- und Abtheilungen uͤber-
treffen. Die Raupen waͤren ein Wunderwerck
der Augen/ die Bienen des Geſchmacks/ die
Nachtigal des Gehoͤres/ Ambra des Geru-
ches/ die Spinne des Fuͤhlens/ die Ameiße der
Klugheit; alle aber Beweißthuͤmer einer un-
begreiflichen Gottheit. Alſo haͤtte ihm Hera-
clitus gantz falſch eingebildet/ daß ſich Gott mit
Fleiß zu verſtecken ſuchte. Wie denn er in ſich
ſelbſt ſeine unausmaͤßliche Wohnung/ und we-
der den Himmel zu ſeinem Stule/ noch die Er-
de zu ſeinem Fußſchemmel geduͤrfft; ſondern
[Spaltenumbruch] die Welt alleine zu ſeinem Erkaͤntnuͤße geſchaf-
fen/ hier zu aber nichts/ als den Saamen ſeines
einigen Befehl-Wortes gebraucht/ und unter
ſo unzehlbar-wiedrigen Dingen eine wunder-
wuͤrdige Ubereinſtimmung gemacht haͤtte: daß
die Welt die vollkommenſte Harffe genennt zu
werden verdiente. Seine Ewigkeit bildete er
in denen irrdiſchen Gewaͤchſen fuͤr; welche un-
beſchadet ihrer Vergaͤngligkeit/ den noch durch
derſelben Fortpflantzung ſich verewigten. Sei-
ne Groͤſſe durch das kleinſte Geſaͤme/ in dem
in einer einigen Eichel das gantze Weſen einer
Eiche/ einer Himmel-hohen Ceder/ in einem
kaum ſichtbaren Koͤrnlein/ die Krafft des ſuͤſſen
Weinſtocks/ und in einem ſchlechten Kerne die
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te niemahls ohne Purper/ die Frucht nie mahls
ohne Krone waͤre; in einer ungeſtalten Zwie-
bel die alle andere Schoͤnheit beſchaͤmenden
Blumen/ fuͤr denen alle Farben und Mahl-
wercke erblaſten/ ungeachtet ſie verbor gen
ſteckten/ ihrer Feuchtigkeit halber in einem Ta-
ge zugleich neugebohrne Kinder und alte Wei-
ber waͤren. Die unaufhoͤrliche Bewegung der
Geſtirne ſtellte ſeine niemahls ruhende Wuͤr-
ckung; des Meeres vergebliche Bemuͤhung
ſich uͤber ſeine Graͤntzen zu ergieſſen/ ſeine all-
maͤchtige Herꝛſchafft; welcher auch die tauben
Wellen/ und die blinden Winde gehorſamen
muͤſſen; Die Sonne ſeine unerſchoͤpfliche Frey-
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Zeiten/ des Tages und der Nacht/ als der zwey
ſo ungleichen Zwillinge der Zeit das Reichthum
ſeiner wolthaͤtigen Guͤte; Das allen Dingen/
ja denen waͤchſernen Bienhaͤuſern zugeeigne-
te und wolanſtaͤndige Maaß ſeine uͤberſchweng-
liche Weißheit/ allen/ welche nur nicht blind
zu ſeyn ſich bemuͤhen/ fuͤr Augen; als welche an
der Runde eines Apffels und Auges keine ge-
ringere Kunſt/ als an der eben ſo gedrechſelten
Welt und Sonne; an der ordentlichen Ab-
theil- und unvergleichlichen Faͤrbung der Mu-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1339[1341]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1407>, abgerufen am 23.11.2024.