Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Bey so gestalten Sachen ward ich/ fuhr die im
Nahmen der Fürstin Tirchanis redende Asbla-
ste fort/ als eine Königin daselbst wie ein Wun-
derwerck angenommen. August selbst zohe mir
entgegen/ verehrte mich als eine Halb-Göttin/
vergrösserte mir zu Liebe die Einkommen der
Vestalischen Jungfrauen/ versetzte diesen Got-
tesdienst aus dem alten schlechten nach der Ge-
stalt der Erd-Kugel rundgebauten Tempel des
Numa/ in sein eigenes darzu eingeweihetes
Hauß/ zierte es mit Marmel/ Gold und Edel-
gesteinen aus/ verstattete ihnen/ wie vogtbaren
Haußmüttern im siebenden Jahre ihres Alters
schon einen letzten Willen zu machen/ eignete
selbten die Freyheiten zu/ welche die haben/ die
drey Kinder gebohren/ ja er gelobte unter sei-
nen Basen die erste die beste/ die das hierzu er-
forderte Alter erreichen würde/ in eben diß Hei-
ligthum zu wiedmen. Jch fand mich eine ziem-
liche Zeit darinnen überaus vergnügt/ und in ei-
ner erwünschten Gemüths-Ruh. Nach dem
aber meine Schwestern mir die rechten Heim-
ligkeiten ihres Gottesdienstes entdeckten; ward
ich gewahr: daß auch die Cimbrischen Jung-
frauen von der Reinigkeit unsers Vaterlandes
weit abgewiechen/ und ihr Glaube mit denen
Griechischen Getichten/ mit denen Persischen
und Römischen Aberglauben vermischt war; in
dem sie wieder unsere/ und ihre alte Gewonheit
ein Bild der Vesta/ welches in der lincken Hand
eine Fackel/ in der rechten eine Opffer-Schüs-
sel hielt/ und vor sich eine Drommel stehen hat-
te/ auf das Altar gesetzt hatten; und solches nicht
etwan als ein Bild der Göttlichen Eigenschaff-
ten/ sondern als einen wesentlichen GOtt ver-
ehrten; ja aus iedem Geschöpffe schier einen ab-
sondern GOtt machten. Weil nun diß den
ersten Grund-Stein des Cimbrischen Glau-
bens/ nehmlich die Einigkeit Gottes über einen
Hauffen zu werffen schien/ und mir über diß ein-
fiel: daß die keuschen Frauen/ welche schon ein-
mahl geheyrathet hatten/ wieder die Gewonheit
[Spaltenumbruch] der Cimbern und Griechen zu Bedienung der
Vesta unfähig seyn solten; hingegen sie nach
dreyßig-jähriger Bedienung der Vesta sich des
geweiheten Lebens gar entbrechen möchten; ü-
brigens aber die heiligen Jungfrauen bey allzu
zartem/ und ihre Fähigkeit zu prüfen nicht fä-
higem Alter (in dem keine unter sechs noch über
zehen Jahr ihres Alters dazu kam) erkieset/ und
nicht nur/ wenn sie kranck wurden/ sich aus dem
Heiligthume begeben/ sondern auch/ ausser ih-
rem Beschluß/ mit beyderley Geschlechte Ge-
meinschafft haben/ ja denen Fechtern und
Schauspielern zusehen; die Männer auch zwar
darinnen nicht übernachten/ aber täglich aus-
und eingehen dorfften/ also ihre Keuschheit und
Reinigkeit mehrmahls nicht wenig befleckt
ward/ und als ein unnützer Aberglaube übrig
blieb: daß sie nur schneeweiße Kleider tragen/
sich alles Blumwercks und Balsams enteussern/
ihnen auch die Haare abschneiden lassen musten.
Diesemnach fieng ich an unser Priesterin über
ein- und anderm meine Bedencken zu eröff-
nen/ und aus denen ältesten Büchern meinen
Gegen-Satz zu behaupten. Welches eine Wei-
le zwar zwischen uns verborgen blieb; aber die
von meinen Meynungen ziemlich eingenom-
mene Priesterin verschnaptesich gegen der Rö-
mischen Auffseherin Occia; welche dieses dem
Kayser/ als zugleich oberstem Priester nicht ver-
schweigen dorffte. Dieses bewegte ihn: daß er
alsbald/ ausser wenigen Sibyllinischen Bü-
chern/ alle andere/ und zwar derer über zwey-
tausend zu aller unser empfindlichem Leidwesen
öffentlich verbrennen/ jene aber noch darzu in
zwey güldene Schachteln verschlüssen/ und in
den Fuß des Palatinischen Apollo verstecken
ließ. Wiewol nun die Römische Priesterin
Occia dieses darmit abzulehnen meinte: daß ein
kluger Fürst die Glaubens-Zwistigkeiten in der
ersten Blüte dämpffen müste; weil hierinnen
die Neuigkeit nichts minder die Gemüther/ als
ein neuer Stern die Augen an sich lockte/ aber

auch
F f f f f f f f 2

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Bey ſo geſtalten Sachen ward ich/ fuhr die im
Nahmen der Fuͤrſtin Tirchanis redende Asbla-
ſte fort/ als eine Koͤnigin daſelbſt wie ein Wun-
derwerck angenommen. Auguſt ſelbſt zohe mir
entgegen/ verehrte mich als eine Halb-Goͤttin/
vergroͤſſerte mir zu Liebe die Einkommen der
Veſtaliſchen Jungfrauen/ verſetzte dieſen Got-
tesdienſt aus dem alten ſchlechten nach der Ge-
ſtalt der Erd-Kugel rundgebauten Tempel des
Numa/ in ſein eigenes darzu eingeweihetes
Hauß/ zierte es mit Marmel/ Gold und Edel-
geſteinen aus/ verſtattete ihnen/ wie vogtbaren
Haußmuͤttern im ſiebenden Jahre ihres Alters
ſchon einen letzten Willen zu machen/ eignete
ſelbten die Freyheiten zu/ welche die haben/ die
drey Kinder gebohren/ ja er gelobte unter ſei-
nen Baſen die erſte die beſte/ die das hierzu er-
forderte Alter erreichen wuͤrde/ in eben diß Hei-
ligthum zu wiedmen. Jch fand mich eine ziem-
liche Zeit darinnen uͤberaus vergnuͤgt/ und in ei-
ner erwuͤnſchten Gemuͤths-Ruh. Nach dem
aber meine Schweſtern mir die rechten Heim-
ligkeiten ihres Gottesdienſtes entdeckten; ward
ich gewahr: daß auch die Cimbriſchen Jung-
frauen von der Reinigkeit unſers Vaterlandes
weit abgewiechen/ und ihr Glaube mit denen
Griechiſchen Getichten/ mit denen Perſiſchen
und Roͤmiſchen Aberglauben vermiſcht war; in
dem ſie wieder unſere/ und ihre alte Gewonheit
ein Bild der Veſta/ welches in der lincken Hand
eine Fackel/ in der rechten eine Opffer-Schuͤſ-
ſel hielt/ und vor ſich eine Drommel ſtehen hat-
te/ auf das Altar geſetzt hatten; und ſolches nicht
etwan als ein Bild der Goͤttlichen Eigenſchaff-
ten/ ſondern als einen weſentlichen GOtt ver-
ehrten; ja aus iedem Geſchoͤpffe ſchier einen ab-
ſondern GOtt machten. Weil nun diß den
erſten Grund-Stein des Cimbriſchen Glau-
bens/ nehmlich die Einigkeit Gottes uͤber einen
Hauffen zu werffen ſchien/ und miꝛ uͤber diß ein-
fiel: daß die keuſchen Frauen/ welche ſchon ein-
mahl geheyrathet hatten/ wieder die Gewonheit
[Spaltenumbruch] der Cimbern und Griechen zu Bedienung der
Veſta unfaͤhig ſeyn ſolten; hingegen ſie nach
dreyßig-jaͤhriger Bedienung der Veſta ſich des
geweiheten Lebens gar entbrechen moͤchten; uͤ-
brigens aber die heiligen Jungfrauen bey allzu
zartem/ und ihre Faͤhigkeit zu pruͤfen nicht faͤ-
higem Alter (in dem keine unter ſechs noch uͤber
zehen Jahr ihres Alters dazu kam) erkieſet/ und
nicht nur/ wenn ſie kranck wurden/ ſich aus dem
Heiligthume begeben/ ſondern auch/ auſſer ih-
rem Beſchluß/ mit beyderley Geſchlechte Ge-
meinſchafft haben/ ja denen Fechtern und
Schauſpielern zuſehen; die Maͤnner auch zwar
darinnen nicht uͤbernachten/ aber taͤglich aus-
und eingehen dorfften/ alſo ihre Keuſchheit und
Reinigkeit mehrmahls nicht wenig befleckt
ward/ und als ein unnuͤtzer Aberglaube uͤbrig
blieb: daß ſie nur ſchneeweiße Kleider tragen/
ſich alles Blumwercks und Balſams enteuſſern/
ihnen auch die Haare abſchneiden laſſen muſten.
Dieſemnach fieng ich an unſer Prieſterin uͤber
ein- und anderm meine Bedencken zu eroͤff-
nen/ und aus denen aͤlteſten Buͤchern meinen
Gegen-Satz zu behaupten. Welches eine Wei-
le zwar zwiſchen uns verborgen blieb; aber die
von meinen Meynungen ziemlich eingenom-
mene Prieſterin verſchnapteſich gegen der Roͤ-
miſchen Auffſeherin Occia; welche dieſes dem
Kayſer/ als zugleich oberſtem Prieſter nicht ver-
ſchweigen dorffte. Dieſes bewegte ihn: daß er
alsbald/ auſſer wenigen Sibylliniſchen Buͤ-
chern/ alle andere/ und zwar derer uͤber zwey-
tauſend zu aller unſer empfindlichem Leidweſen
oͤffentlich verbrennen/ jene aber noch darzu in
zwey guͤldene Schachteln verſchluͤſſen/ und in
den Fuß des Palatiniſchen Apollo verſtecken
ließ. Wiewol nun die Roͤmiſche Prieſterin
Occia dieſes darmit abzulehnen meinte: daß ein
kluger Fuͤrſt die Glaubens-Zwiſtigkeiten in der
erſten Bluͤte daͤmpffen muͤſte; weil hierinnen
die Neuigkeit nichts minder die Gemuͤther/ als
ein neuer Stern die Augen an ſich lockte/ aber

auch
F f f f f f f f 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1399" n="1331[1333]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
Bey &#x017F;o ge&#x017F;talten Sachen ward ich/ fuhr die im<lb/>
Nahmen der Fu&#x0364;r&#x017F;tin Tirchanis redende Asbla-<lb/>
&#x017F;te fort/ als eine Ko&#x0364;nigin da&#x017F;elb&#x017F;t wie ein Wun-<lb/>
derwerck angenommen. Augu&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t zohe mir<lb/>
entgegen/ verehrte mich als eine Halb-Go&#x0364;ttin/<lb/>
vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erte mir zu Liebe die Einkommen der<lb/>
Ve&#x017F;tali&#x017F;chen Jungfrauen/ ver&#x017F;etzte die&#x017F;en Got-<lb/>
tesdien&#x017F;t aus dem alten &#x017F;chlechten nach der Ge-<lb/>
&#x017F;talt der Erd-Kugel rundgebauten Tempel des<lb/>
Numa/ in &#x017F;ein eigenes darzu eingeweihetes<lb/>
Hauß/ zierte es mit Marmel/ Gold und Edel-<lb/>
ge&#x017F;teinen aus/ ver&#x017F;tattete ihnen/ wie vogtbaren<lb/>
Haußmu&#x0364;ttern im &#x017F;iebenden Jahre ihres Alters<lb/>
&#x017F;chon einen letzten Willen zu machen/ eignete<lb/>
&#x017F;elbten die Freyheiten zu/ welche die haben/ die<lb/>
drey Kinder gebohren/ ja er gelobte unter &#x017F;ei-<lb/>
nen Ba&#x017F;en die er&#x017F;te die be&#x017F;te/ die das hierzu er-<lb/>
forderte Alter erreichen wu&#x0364;rde/ in eben diß Hei-<lb/>
ligthum zu wiedmen. Jch fand mich eine ziem-<lb/>
liche Zeit darinnen u&#x0364;beraus vergnu&#x0364;gt/ und in ei-<lb/>
ner erwu&#x0364;n&#x017F;chten Gemu&#x0364;ths-Ruh. Nach dem<lb/>
aber meine Schwe&#x017F;tern mir die rechten Heim-<lb/>
ligkeiten ihres Gottesdien&#x017F;tes entdeckten; ward<lb/>
ich gewahr: daß auch die Cimbri&#x017F;chen Jung-<lb/>
frauen von der Reinigkeit un&#x017F;ers Vaterlandes<lb/>
weit abgewiechen/ und ihr Glaube mit denen<lb/>
Griechi&#x017F;chen Getichten/ mit denen Per&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
und Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Aberglauben vermi&#x017F;cht war; in<lb/>
dem &#x017F;ie wieder un&#x017F;ere/ und ihre alte Gewonheit<lb/>
ein Bild der Ve&#x017F;ta/ welches in der lincken Hand<lb/>
eine Fackel/ in der rechten eine Opffer-Schu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;el hielt/ und vor &#x017F;ich eine Drommel &#x017F;tehen hat-<lb/>
te/ auf das Altar ge&#x017F;etzt hatten; und &#x017F;olches nicht<lb/>
etwan als ein Bild der Go&#x0364;ttlichen Eigen&#x017F;chaff-<lb/>
ten/ &#x017F;ondern als einen we&#x017F;entlichen GOtt ver-<lb/>
ehrten; ja aus iedem Ge&#x017F;cho&#x0364;pffe &#x017F;chier einen ab-<lb/>
&#x017F;ondern GOtt machten. Weil nun diß den<lb/>
er&#x017F;ten Grund-Stein des Cimbri&#x017F;chen Glau-<lb/>
bens/ nehmlich die Einigkeit Gottes u&#x0364;ber einen<lb/>
Hauffen zu werffen &#x017F;chien/ und mi&#xA75B; u&#x0364;ber diß ein-<lb/>
fiel: daß die keu&#x017F;chen Frauen/ welche &#x017F;chon ein-<lb/>
mahl geheyrathet hatten/ wieder die Gewonheit<lb/><cb/>
der Cimbern und Griechen zu Bedienung der<lb/>
Ve&#x017F;ta unfa&#x0364;hig &#x017F;eyn &#x017F;olten; hingegen &#x017F;ie nach<lb/>
dreyßig-ja&#x0364;hriger Bedienung der Ve&#x017F;ta &#x017F;ich des<lb/>
geweiheten Lebens gar entbrechen mo&#x0364;chten; u&#x0364;-<lb/>
brigens aber die heiligen Jungfrauen bey allzu<lb/>
zartem/ und ihre Fa&#x0364;higkeit zu pru&#x0364;fen nicht fa&#x0364;-<lb/>
higem Alter (in dem keine unter &#x017F;echs noch u&#x0364;ber<lb/>
zehen Jahr ihres Alters dazu kam) erkie&#x017F;et/ und<lb/>
nicht nur/ wenn &#x017F;ie kranck wurden/ &#x017F;ich aus dem<lb/>
Heiligthume begeben/ &#x017F;ondern auch/ au&#x017F;&#x017F;er ih-<lb/>
rem Be&#x017F;chluß/ mit beyderley Ge&#x017F;chlechte Ge-<lb/>
mein&#x017F;chafft haben/ ja denen Fechtern und<lb/>
Schau&#x017F;pielern zu&#x017F;ehen; die Ma&#x0364;nner auch zwar<lb/>
darinnen nicht u&#x0364;bernachten/ aber ta&#x0364;glich aus-<lb/>
und eingehen dorfften/ al&#x017F;o ihre Keu&#x017F;chheit und<lb/>
Reinigkeit mehrmahls nicht wenig befleckt<lb/>
ward/ und als ein unnu&#x0364;tzer Aberglaube u&#x0364;brig<lb/>
blieb: daß &#x017F;ie nur &#x017F;chneeweiße Kleider tragen/<lb/>
&#x017F;ich alles Blumwercks und Bal&#x017F;ams enteu&#x017F;&#x017F;ern/<lb/>
ihnen auch die Haare ab&#x017F;chneiden la&#x017F;&#x017F;en mu&#x017F;ten.<lb/>
Die&#x017F;emnach fieng ich an un&#x017F;er Prie&#x017F;terin u&#x0364;ber<lb/>
ein- und anderm meine Bedencken zu ero&#x0364;ff-<lb/>
nen/ und aus denen a&#x0364;lte&#x017F;ten Bu&#x0364;chern meinen<lb/>
Gegen-Satz zu behaupten. Welches eine Wei-<lb/>
le zwar zwi&#x017F;chen uns verborgen blieb; aber die<lb/>
von meinen Meynungen ziemlich eingenom-<lb/>
mene Prie&#x017F;terin ver&#x017F;chnapte&#x017F;ich gegen der Ro&#x0364;-<lb/>
mi&#x017F;chen Auff&#x017F;eherin Occia; welche die&#x017F;es dem<lb/>
Kay&#x017F;er/ als zugleich ober&#x017F;tem Prie&#x017F;ter nicht ver-<lb/>
&#x017F;chweigen dorffte. Die&#x017F;es bewegte ihn: daß er<lb/>
alsbald/ au&#x017F;&#x017F;er wenigen Sibyllini&#x017F;chen Bu&#x0364;-<lb/>
chern/ alle andere/ und zwar derer u&#x0364;ber zwey-<lb/>
tau&#x017F;end zu aller un&#x017F;er empfindlichem Leidwe&#x017F;en<lb/>
o&#x0364;ffentlich verbrennen/ jene aber noch darzu in<lb/>
zwey gu&#x0364;ldene Schachteln ver&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ und in<lb/>
den Fuß des Palatini&#x017F;chen Apollo ver&#x017F;tecken<lb/>
ließ. Wiewol nun die Ro&#x0364;mi&#x017F;che Prie&#x017F;terin<lb/>
Occia die&#x017F;es darmit abzulehnen meinte: daß ein<lb/>
kluger Fu&#x0364;r&#x017F;t die Glaubens-Zwi&#x017F;tigkeiten in der<lb/>
er&#x017F;ten Blu&#x0364;te da&#x0364;mpffen mu&#x0364;&#x017F;te; weil hierinnen<lb/>
die Neuigkeit nichts minder die Gemu&#x0364;ther/ als<lb/>
ein neuer Stern die Augen an &#x017F;ich lockte/ aber<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F f f f f f f f 2</fw><fw place="bottom" type="catch">auch</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1331[1333]/1399] Arminius und Thußnelda. Bey ſo geſtalten Sachen ward ich/ fuhr die im Nahmen der Fuͤrſtin Tirchanis redende Asbla- ſte fort/ als eine Koͤnigin daſelbſt wie ein Wun- derwerck angenommen. Auguſt ſelbſt zohe mir entgegen/ verehrte mich als eine Halb-Goͤttin/ vergroͤſſerte mir zu Liebe die Einkommen der Veſtaliſchen Jungfrauen/ verſetzte dieſen Got- tesdienſt aus dem alten ſchlechten nach der Ge- ſtalt der Erd-Kugel rundgebauten Tempel des Numa/ in ſein eigenes darzu eingeweihetes Hauß/ zierte es mit Marmel/ Gold und Edel- geſteinen aus/ verſtattete ihnen/ wie vogtbaren Haußmuͤttern im ſiebenden Jahre ihres Alters ſchon einen letzten Willen zu machen/ eignete ſelbten die Freyheiten zu/ welche die haben/ die drey Kinder gebohren/ ja er gelobte unter ſei- nen Baſen die erſte die beſte/ die das hierzu er- forderte Alter erreichen wuͤrde/ in eben diß Hei- ligthum zu wiedmen. Jch fand mich eine ziem- liche Zeit darinnen uͤberaus vergnuͤgt/ und in ei- ner erwuͤnſchten Gemuͤths-Ruh. Nach dem aber meine Schweſtern mir die rechten Heim- ligkeiten ihres Gottesdienſtes entdeckten; ward ich gewahr: daß auch die Cimbriſchen Jung- frauen von der Reinigkeit unſers Vaterlandes weit abgewiechen/ und ihr Glaube mit denen Griechiſchen Getichten/ mit denen Perſiſchen und Roͤmiſchen Aberglauben vermiſcht war; in dem ſie wieder unſere/ und ihre alte Gewonheit ein Bild der Veſta/ welches in der lincken Hand eine Fackel/ in der rechten eine Opffer-Schuͤſ- ſel hielt/ und vor ſich eine Drommel ſtehen hat- te/ auf das Altar geſetzt hatten; und ſolches nicht etwan als ein Bild der Goͤttlichen Eigenſchaff- ten/ ſondern als einen weſentlichen GOtt ver- ehrten; ja aus iedem Geſchoͤpffe ſchier einen ab- ſondern GOtt machten. Weil nun diß den erſten Grund-Stein des Cimbriſchen Glau- bens/ nehmlich die Einigkeit Gottes uͤber einen Hauffen zu werffen ſchien/ und miꝛ uͤber diß ein- fiel: daß die keuſchen Frauen/ welche ſchon ein- mahl geheyrathet hatten/ wieder die Gewonheit der Cimbern und Griechen zu Bedienung der Veſta unfaͤhig ſeyn ſolten; hingegen ſie nach dreyßig-jaͤhriger Bedienung der Veſta ſich des geweiheten Lebens gar entbrechen moͤchten; uͤ- brigens aber die heiligen Jungfrauen bey allzu zartem/ und ihre Faͤhigkeit zu pruͤfen nicht faͤ- higem Alter (in dem keine unter ſechs noch uͤber zehen Jahr ihres Alters dazu kam) erkieſet/ und nicht nur/ wenn ſie kranck wurden/ ſich aus dem Heiligthume begeben/ ſondern auch/ auſſer ih- rem Beſchluß/ mit beyderley Geſchlechte Ge- meinſchafft haben/ ja denen Fechtern und Schauſpielern zuſehen; die Maͤnner auch zwar darinnen nicht uͤbernachten/ aber taͤglich aus- und eingehen dorfften/ alſo ihre Keuſchheit und Reinigkeit mehrmahls nicht wenig befleckt ward/ und als ein unnuͤtzer Aberglaube uͤbrig blieb: daß ſie nur ſchneeweiße Kleider tragen/ ſich alles Blumwercks und Balſams enteuſſern/ ihnen auch die Haare abſchneiden laſſen muſten. Dieſemnach fieng ich an unſer Prieſterin uͤber ein- und anderm meine Bedencken zu eroͤff- nen/ und aus denen aͤlteſten Buͤchern meinen Gegen-Satz zu behaupten. Welches eine Wei- le zwar zwiſchen uns verborgen blieb; aber die von meinen Meynungen ziemlich eingenom- mene Prieſterin verſchnapteſich gegen der Roͤ- miſchen Auffſeherin Occia; welche dieſes dem Kayſer/ als zugleich oberſtem Prieſter nicht ver- ſchweigen dorffte. Dieſes bewegte ihn: daß er alsbald/ auſſer wenigen Sibylliniſchen Buͤ- chern/ alle andere/ und zwar derer uͤber zwey- tauſend zu aller unſer empfindlichem Leidweſen oͤffentlich verbrennen/ jene aber noch darzu in zwey guͤldene Schachteln verſchluͤſſen/ und in den Fuß des Palatiniſchen Apollo verſtecken ließ. Wiewol nun die Roͤmiſche Prieſterin Occia dieſes darmit abzulehnen meinte: daß ein kluger Fuͤrſt die Glaubens-Zwiſtigkeiten in der erſten Bluͤte daͤmpffen muͤſte; weil hierinnen die Neuigkeit nichts minder die Gemuͤther/ als ein neuer Stern die Augen an ſich lockte/ aber auch F f f f f f f f 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1399
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1331[1333]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1399>, abgerufen am 06.05.2024.