Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
einem ansehnlichen und tapffern Marckmän-nischen Soldaten/ so hefftig in den Nacken ver- wundet: daß er von häuffiger Verblutung kaum die Kräfften auff dem Pferde zu bleiben/ und sich gegen die ihn anfallenden zu beschirmen be- hielt. Wenig Cherusker waren auch/ die nicht drey oder mehr Wunden bekommen hatten; Bodendorff/ Bardeleben/ Meysenburg/ Spie- gel/ Kampen/ Mingerode/ Heym/ Reden/ Bu- ren/ Bodenhausen/ Zwydorn/ Hermßdorff/ und über sechzig andere hatten schon auch ihren Helden-Geist/ wiewol nach Aufopfferung wol siebenmahl so vieler Feinde aus geblasen. Die übrigen Cherusker waren so im Gedrange: daß sie schienen verlohren zu seyn; als dem Grafen von Lingen Gnesebeck mit fünffhundert Che- ruskern zu Hülffe/ wie auch ein ander unbe- kandter Ritter mit tausend Hermundurern an den Meyn-Furth kam/ und dem Ritter Stern- berg in Rücken gieng; also dem in der eusser- sten Noth steckenden Herrmann auf der einen Seite Lufft machte. Wenige Zeit darnach schwemmeten andere fünffhundert Cherusker oberhalb/ und so viel Hermundurer unterhalb über den Meyn/ wormit sich das Blat an allen Orten wendete/ indem nicht nur der rings her- um besetzte Malzan erlöset/ die Caßuarier auch in die Flucht getrieben; sondern die Marck- männer von dem Hertzog Herrmann/ dem Füh- rer der Hermundurer/ und dem Grafen von Lingen an dem Flusse in die Mitte eingeschlos- sen/ und biß auf wenig sich in das Gebürge Flüchtende und dreyhundert Gefangene nie- dergemacht wurden. Als nun alles vorbey/ Hertzog Herrmann aber/ ob ihm diese Hülffe vom Himmel gefallen wäre/ bekümmert war/ sonderlich/ weil die Hermundurer ja des Kö- nigs Marbod Unterthanen waren/ kam ihr Führer/ nahm den Helm mit sonderbarer Ehr- erbietung gegen den Cheruskischen Hertzog vom Haupte; welchen er denn für den vertrie- benen Fürsten der Hermundurer Jubil erkenn- [Spaltenumbruch] te/ und als seinen vertrauten Freund und Noth- helffer vertraulich umarmte; wordurch ihm denn ein genungsames Licht aufgesteckt ward. Sin- temahl ihm gar wol bewust war: daß dieser vom Marbod seines Landes entsetzte Fürst/ bey der zwischen den Marckmännern und Römern sich entspinnender Zwietracht/ zwey tausend ver- triebene Hermundurer/ nebst tausend freywil- ligen Cheruskern zusammen gezogen/ und dem Tiberius wieder den Marbod beyzustehen sich biß an die Donau gezogen hatten. Worauf nun- mehr Jubil erzehlte: daß als er nach dem zwi- schen dem Tiberius und Marbod gemachten Vergleiche seinen Weg wieder in Nieder- Deutschland hätte nehmen wollen; er nicht nur diesen Tag das Glücke gehabt gegen den Her- tzog Herrmann die unvergeltbare Wolthat sei- ner Aufnehmung/ nach dem sonst die Unglück- seligen keine Freunde oder Bekandten zu haben pflegten/ durch einen geringen Beystand zu vergelten; sondern auch seinem Tod - Feinde sein werthestes Kleinod abzunehmen/ und dar- bey ein paar tausend Marckmännern das Licht auszuleschen; welches beydes ihm zu zeigen er den Hertzog Herrmann über den Meyn auff die über und über mit Leichen bedeckte Wallstatt führte/ und daselbst ihm die von tausend Her- mundurern und Cheruskern verwahrte Für- stin Adelgund des Marbods Tochter/ als eine Gefangene zeigte; auch den Ritter Gnesebeck wegen seiner Tapfferkeit rühmete. Hertzog Herrmann/ welcher auff Maltzans Bericht in- zwischen seine Thußnelde wieder aus dem Walde zu suchen Befehl ertheilt hatte/ erzeig- te der Fürstin Adelgund alle Höfligkeit/ und ein Mitleiden über ihrem Unglücke; welches sie nach Vernehmung/ wer er wäre/ mit einer be- sondern Anmuth/ und ohne das geringste Merckmahl einiger Furcht oder Schreckens annahm/ auch auff Befragen ihm Nachricht gab: daß sie Marbod mit drey tausend Marck- männern der Fürstin Thußnelde biß an den Meyn
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
einem anſehnlichen und tapffern Marckmaͤn-niſchen Soldaten/ ſo hefftig in den Nacken ver- wundet: daß er von haͤuffiger Verblutung kaum die Kraͤfften auff dem Pferde zu bleiben/ und ſich gegen die ihn anfallenden zu beſchirmen be- hielt. Wenig Cherusker waren auch/ die nicht drey oder mehr Wunden bekommen hatten; Bodendorff/ Bardeleben/ Meyſenburg/ Spie- gel/ Kampen/ Mingerode/ Heym/ Reden/ Bu- ren/ Bodenhauſen/ Zwydorn/ Hermßdorff/ und uͤber ſechzig andere hatten ſchon auch ihren Helden-Geiſt/ wiewol nach Aufopfferung wol ſiebenmahl ſo vieler Feinde aus geblaſen. Die uͤbrigen Cherusker waren ſo im Gedrange: daß ſie ſchienen verlohren zu ſeyn; als dem Grafen von Lingen Gneſebeck mit fuͤnffhundert Che- ruskern zu Huͤlffe/ wie auch ein ander unbe- kandter Ritter mit tauſend Hermundurern an den Meyn-Furth kam/ und dem Ritter Stern- berg in Ruͤcken gieng; alſo dem in der euſſer- ſten Noth ſteckenden Herrmann auf der einen Seite Lufft machte. Wenige Zeit darnach ſchwemmeten andere fuͤnffhundert Cherusker oberhalb/ und ſo viel Hermundurer unterhalb uͤber den Meyn/ wormit ſich das Blat an allen Orten wendete/ indem nicht nur der rings her- um beſetzte Malzan erloͤſet/ die Caßuarier auch in die Flucht getrieben; ſondern die Marck- maͤnner von dem Hertzog Herrmann/ dem Fuͤh- rer der Hermundurer/ und dem Grafen von Lingen an dem Fluſſe in die Mitte eingeſchloſ- ſen/ und biß auf wenig ſich in das Gebuͤrge Fluͤchtende und dreyhundert Gefangene nie- dergemacht wurden. Als nun alles vorbey/ Hertzog Herrmann aber/ ob ihm dieſe Huͤlffe vom Himmel gefallen waͤre/ bekuͤmmert war/ ſonderlich/ weil die Hermundurer ja des Koͤ- nigs Marbod Unterthanen waren/ kam ihr Fuͤhrer/ nahm den Helm mit ſonderbarer Ehr- erbietung gegen den Cheruskiſchen Hertzog vom Haupte; welchen er denn fuͤr den vertrie- benen Fuͤrſten der Hermundurer Jubil erkenn- [Spaltenumbruch] te/ und als ſeinen vertrauten Freund und Noth- helffer vertraulich umarmte; wordurch ihm deñ ein genungſames Licht aufgeſteckt ward. Sin- temahl ihm gar wol bewuſt war: daß dieſer vom Marbod ſeines Landes entſetzte Fuͤrſt/ bey der zwiſchen den Marckmaͤnnern und Roͤmern ſich entſpinnender Zwietracht/ zwey tauſend ver- triebene Hermundurer/ nebſt tauſend freywil- ligen Cheruskern zuſammen gezogen/ und dem Tiberius wieder den Marbod beyzuſtehen ſich biß an die Donau gezogen hatten. Worauf nun- mehr Jubil erzehlte: daß als er nach dem zwi- ſchen dem Tiberius und Marbod gemachten Vergleiche ſeinen Weg wieder in Nieder- Deutſchland haͤtte nehmen wollen; er nicht nur dieſen Tag das Gluͤcke gehabt gegen den Her- tzog Herrmann die unvergeltbare Wolthat ſei- ner Aufnehmung/ nach dem ſonſt die Ungluͤck- ſeligen keine Freunde oder Bekandten zu haben pflegten/ durch einen geringen Beyſtand zu vergelten; ſondern auch ſeinem Tod - Feinde ſein wertheſtes Kleinod abzunehmen/ und dar- bey ein paar tauſend Marckmaͤnnern das Licht auszuleſchen; welches beydes ihm zu zeigen er den Hertzog Herꝛmann uͤber den Meyn auff die uͤber und uͤber mit Leichen bedeckte Wallſtatt fuͤhrte/ und daſelbſt ihm die von tauſend Her- mundurern und Cheruskern verwahrte Fuͤr- ſtin Adelgund des Marbods Tochter/ als eine Gefangene zeigte; auch den Ritter Gneſebeck wegen ſeiner Tapfferkeit ruͤhmete. Hertzog Herrmann/ welcher auff Maltzans Bericht in- zwiſchen ſeine Thußnelde wieder aus dem Walde zu ſuchen Befehl ertheilt hatte/ erzeig- te der Fuͤrſtin Adelgund alle Hoͤfligkeit/ und ein Mitleiden uͤber ihrem Ungluͤcke; welches ſie nach Vernehmung/ wer er waͤre/ mit einer be- ſondern Anmuth/ und ohne das geringſte Merckmahl einiger Furcht oder Schreckens annahm/ auch auff Befragen ihm Nachricht gab: daß ſie Marbod mit drey tauſend Marck- maͤnnern der Fuͤrſtin Thußnelde biß an den Meyn
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Arminius und Thußnelda.
einem anſehnlichen und tapffern Marckmaͤn-
niſchen Soldaten/ ſo hefftig in den Nacken ver-
wundet: daß er von haͤuffiger Verblutung kaum
die Kraͤfften auff dem Pferde zu bleiben/ und
ſich gegen die ihn anfallenden zu beſchirmen be-
hielt. Wenig Cherusker waren auch/ die nicht
drey oder mehr Wunden bekommen hatten;
Bodendorff/ Bardeleben/ Meyſenburg/ Spie-
gel/ Kampen/ Mingerode/ Heym/ Reden/ Bu-
ren/ Bodenhauſen/ Zwydorn/ Hermßdorff/
und uͤber ſechzig andere hatten ſchon auch ihren
Helden-Geiſt/ wiewol nach Aufopfferung wol
ſiebenmahl ſo vieler Feinde aus geblaſen. Die
uͤbrigen Cherusker waren ſo im Gedrange: daß
ſie ſchienen verlohren zu ſeyn; als dem Grafen
von Lingen Gneſebeck mit fuͤnffhundert Che-
ruskern zu Huͤlffe/ wie auch ein ander unbe-
kandter Ritter mit tauſend Hermundurern an
den Meyn-Furth kam/ und dem Ritter Stern-
berg in Ruͤcken gieng; alſo dem in der euſſer-
ſten Noth ſteckenden Herrmann auf der einen
Seite Lufft machte. Wenige Zeit darnach
ſchwemmeten andere fuͤnffhundert Cherusker
oberhalb/ und ſo viel Hermundurer unterhalb
uͤber den Meyn/ wormit ſich das Blat an allen
Orten wendete/ indem nicht nur der rings her-
um beſetzte Malzan erloͤſet/ die Caßuarier auch
in die Flucht getrieben; ſondern die Marck-
maͤnner von dem Hertzog Herrmann/ dem Fuͤh-
rer der Hermundurer/ und dem Grafen von
Lingen an dem Fluſſe in die Mitte eingeſchloſ-
ſen/ und biß auf wenig ſich in das Gebuͤrge
Fluͤchtende und dreyhundert Gefangene nie-
dergemacht wurden. Als nun alles vorbey/
Hertzog Herrmann aber/ ob ihm dieſe Huͤlffe
vom Himmel gefallen waͤre/ bekuͤmmert war/
ſonderlich/ weil die Hermundurer ja des Koͤ-
nigs Marbod Unterthanen waren/ kam ihr
Fuͤhrer/ nahm den Helm mit ſonderbarer Ehr-
erbietung gegen den Cheruskiſchen Hertzog
vom Haupte; welchen er denn fuͤr den vertrie-
benen Fuͤrſten der Hermundurer Jubil erkenn-
te/ und als ſeinen vertrauten Freund und Noth-
helffer vertraulich umarmte; wordurch ihm deñ
ein genungſames Licht aufgeſteckt ward. Sin-
temahl ihm gar wol bewuſt war: daß dieſer vom
Marbod ſeines Landes entſetzte Fuͤrſt/ bey der
zwiſchen den Marckmaͤnnern und Roͤmern ſich
entſpinnender Zwietracht/ zwey tauſend ver-
triebene Hermundurer/ nebſt tauſend freywil-
ligen Cheruskern zuſammen gezogen/ und dem
Tiberius wieder den Marbod beyzuſtehen ſich
biß an die Donau gezogen hatten. Worauf nun-
mehr Jubil erzehlte: daß als er nach dem zwi-
ſchen dem Tiberius und Marbod gemachten
Vergleiche ſeinen Weg wieder in Nieder-
Deutſchland haͤtte nehmen wollen; er nicht nur
dieſen Tag das Gluͤcke gehabt gegen den Her-
tzog Herrmann die unvergeltbare Wolthat ſei-
ner Aufnehmung/ nach dem ſonſt die Ungluͤck-
ſeligen keine Freunde oder Bekandten zu haben
pflegten/ durch einen geringen Beyſtand zu
vergelten; ſondern auch ſeinem Tod - Feinde
ſein wertheſtes Kleinod abzunehmen/ und dar-
bey ein paar tauſend Marckmaͤnnern das Licht
auszuleſchen; welches beydes ihm zu zeigen er
den Hertzog Herꝛmann uͤber den Meyn auff die
uͤber und uͤber mit Leichen bedeckte Wallſtatt
fuͤhrte/ und daſelbſt ihm die von tauſend Her-
mundurern und Cheruskern verwahrte Fuͤr-
ſtin Adelgund des Marbods Tochter/ als eine
Gefangene zeigte; auch den Ritter Gneſebeck
wegen ſeiner Tapfferkeit ruͤhmete. Hertzog
Herrmann/ welcher auff Maltzans Bericht in-
zwiſchen ſeine Thußnelde wieder aus dem
Walde zu ſuchen Befehl ertheilt hatte/ erzeig-
te der Fuͤrſtin Adelgund alle Hoͤfligkeit/ und ein
Mitleiden uͤber ihrem Ungluͤcke; welches ſie
nach Vernehmung/ wer er waͤre/ mit einer be-
ſondern Anmuth/ und ohne das geringſte
Merckmahl einiger Furcht oder Schreckens
annahm/ auch auff Befragen ihm Nachricht
gab: daß ſie Marbod mit drey tauſend Marck-
maͤnnern der Fuͤrſtin Thußnelde biß an den
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1303[1305]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1369>, abgerufen am 17.07.2024. |