Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ren; aus welchem sie ohne Enderung ihrer har-
ten Erklärung nicht ohne Spott zu kommen be-
dräuet ward. Er hatte diesen Kreiß aber noch
nicht halb vollendet; als eine Natter unverse-
hens empor sprang/ und den König in die Hand
stach: daß er darüber den Degen fallen ließ.
Thußnelde/ welche wol wuste: daß aus der Noth
eine Tugend/ und aus einem blossen Zufalle ein
Bewehrung seiner Meinung/ oder gar ein
Wunderwerck zu machen die gröste Klugheit
wäre; machte ihr diese Begebnüs also fort nü-
tze/ und fieng an: Siehestu wol/ Marbod; daß
die Götter das ihnen angethane Unrecht selbst
rächen; wenn Menschen solches nicht thun wol-
len oder können. Weil aber Marbod hierüber
nicht nur erstummete/ sondern als wenn er von
der Hand GOttes gerühret wäre/ erstarrete;
war Thußnelde um ihres Beleidigers Gene-
sung bekümmert. Wie sie denn ein denen Nat-
tern schier gleich gebildetes Kraut abropffte/ sol-
ches mit einem Steine zerklitschte/ und dem
Marbod aufband; weil sie von der Artzney zwar
keine eigentliche/ iedoch so viel Wissenschafft
hatte: daß die Natur unterschiedenen Kräutern
eusserliche Merckmaale/ worzu sie dienende
Artzneyen sind/ eingepreget/ und deßwegen das
für die Schlangen-Bisse dienende Schlangen-
Kraut/ den Schlangen die dem Miltze heilsame
Kapern gleich gebildet; und das dem brennen-
den Krebse abhelffende Erd-Beeren-Kraut mit
einem absondern Feuer und Röthe bezeichnet
habe. Marbod ließ diese Verbindung zwar ge-
schehen/ seine zitter nden Glieder aber waren
mit Schrecken/ und sein Antlitz mit Schamrö-
the angefüllet; welche Farbe hier nicht die frohe
Morgenröthe der aufgehenden/ sondern die
traurige Abendröthe der verfallenen Tugend-
Sonne war; daher er auch sonder Abschied und
Verlierung einigen Wortes sich zu Pferdesetz-
te/ und spornstr eichs in das dickste Gepüsche
verbarg; gleich als wenn er noch von tausend
Nattern verfolgt würde. Denn die Furcht hat
[Spaltenumbruch] das gröste Leibzeichen unter allen Gemüthsre-
gungen; sie ist zwar die glaub haffteste/ aber auch
die schlimmste Rathgeberin ihres Gemüthes/ und
die ärgste Verbländerin der Augen; Denn sie
siehet/ was gar nicht ist; sie machet aus nichts et-
was/ und aus einer Ameiße einen Krocodil. Der
Fürstin Thußnelde hingegen war ein grosser
Stein vom Hertzen geweltzet. Denn weil sie
Marbods plötzliche Veränderung für eine
Würckung des Aberglaubens hielt/ nichts aber
mehr/ als dieser/ die Gemüther der Menschen
umkehren kan; glaubte sie: daß Marbods so lich-
ten Loh brennende Liebe schon wieder zu Wasser
worden wäre. Weßwegen sie sich noch einmal aus
dem frischen Quell er quickte/ und sonder einiges
Bedencken wieder zu der Cattischen Hertzogin
zu kehren gedachte. Sie ritt einen kurtzen Weg
durchs Gehöltze/ als sie auf eine gedrückte
Strasse gerieth/ und bald darauf ein Geräusche
gegen ihr ankommender Reuterey vernahm;
welcher sie auszuweichen nicht für nöthig achte-
te/ weil sie die Ankommenden für Marbods Jä-
ger hielt. Sie ward aber kurtz darauf/ iedoch
so spar: daß sie nicht mehr ausweichen konte/ der
Römischen Tracht gewahr; mit welcher die mei-
sten bekleidet waren. Nach dem sie iedoch auch
Deutsche darunter erblickte/ und in Marbods
Gebiete sich von den Römern keiner Gewalt-
That versah/ ritte sie getrost auff sie zu. Sie
war etwan drey Schritte von ihnen entfernet;
als der im ersten Gliede zwischen zweyen Rö-
mern reitende Deutsche sie mit diesen barten
Worten anfuhr; Finde ich dich in dieser Wü-
steney/ du Ungehorsame? Fasset alsofort die
Boßhaffte: daß sie ihrem Vater nicht mehr
entfliehen könne. Diese Worte waren Thuß-
nelden kein so harter Donnerschlag/ als das
zornige Antlitz ihres ergrimmten Vaters;
als aus welchem sie alsofort den Sege-
sthes erkennte. Sintemahl dieser in Ge-
sandtschafft des Kaysers Augustus nebst
dem Cajus Silus/ welcher in Ober-

Deutsch-
Y y y y y y y 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ren; aus welchem ſie ohne Enderung ihrer har-
ten Erklaͤrung nicht ohne Spott zu kom̃en be-
draͤuet ward. Er hatte dieſen Kreiß aber noch
nicht halb vollendet; als eine Natter unverſe-
hens empor ſprang/ und den Koͤnig in die Hand
ſtach: daß er daruͤber den Degen fallen ließ.
Thußnelde/ welche wol wuſte: daß aus der Noth
eine Tugend/ und aus einem bloſſen Zufalle ein
Bewehrung ſeiner Meinung/ oder gar ein
Wunderwerck zu machen die groͤſte Klugheit
waͤre; machte ihr dieſe Begebnuͤs alſo fort nuͤ-
tze/ und fieng an: Sieheſtu wol/ Marbod; daß
die Goͤtter das ihnen angethane Unrecht ſelbſt
raͤchen; wenn Menſchen ſolches nicht thun wol-
len oder koͤnnen. Weil aber Marbod hieruͤber
nicht nur erſtummete/ ſondern als wenn er von
der Hand GOttes geruͤhret waͤre/ erſtarrete;
war Thußnelde um ihres Beleidigers Gene-
ſung bekuͤmmert. Wie ſie denn ein denen Nat-
tern ſchier gleich gebildetes Kraut abropffte/ ſol-
ches mit einem Steine zerklitſchte/ und dem
Marbod aufband; weil ſie von der Artzney zwar
keine eigentliche/ iedoch ſo viel Wiſſenſchafft
hatte: daß die Natur unterſchiedenen Kraͤutern
euſſerliche Merckmaale/ worzu ſie dienende
Artzneyen ſind/ eingepreget/ und deßwegen das
fuͤr die Schlangen-Biſſe dienende Schlangen-
Kraut/ den Schlangen die dem Miltze heilſame
Kapern gleich gebildet; und das dem brennen-
den Krebſe abhelffende Erd-Beeren-Kraut mit
einem abſondern Feuer und Roͤthe bezeichnet
habe. Marbod ließ dieſe Verbindung zwar ge-
ſchehen/ ſeine zitter nden Glieder aber waren
mit Schrecken/ und ſein Antlitz mit Schamroͤ-
the angefuͤllet; welche Farbe hier nicht die frohe
Morgenroͤthe der aufgehenden/ ſondern die
traurige Abendroͤthe der verfallenen Tugend-
Sonne war; daher er auch ſonder Abſchied und
Verlierung einigen Wortes ſich zu Pferdeſetz-
te/ und ſpornſtr eichs in das dickſte Gepuͤſche
verbarg; gleich als wenn er noch von tauſend
Nattern verfolgt wuͤrde. Denn die Furcht hat
[Spaltenumbruch] das groͤſte Leibzeichen unter allen Gemuͤthsre-
gungen; ſie iſt zwar die glaub haffteſte/ aber auch
die ſchlim̃ſte Rathgeberin ihres Gemuͤthes/ und
die aͤrgſte Verblaͤnderin der Augen; Denn ſie
ſiehet/ was gar nicht iſt; ſie machet aus nichts et-
was/ und aus einer Ameiße einen Krocodil. Der
Fuͤrſtin Thußnelde hingegen war ein groſſer
Stein vom Hertzen geweltzet. Denn weil ſie
Marbods ploͤtzliche Veraͤnderung fuͤr eine
Wuͤrckung des Aberglaubens hielt/ nichts aber
mehr/ als dieſer/ die Gemuͤther der Menſchen
umkehren kan; glaubte ſie: daß Marbods ſo lich-
ten Loh brennende Liebe ſchon wieder zu Waſſer
wordẽ waͤre. Weßwegẽ ſie ſich noch einmal aus
dem friſchen Quell er quickte/ und ſonder einiges
Bedencken wieder zu der Cattiſchen Hertzogin
zu kehren gedachte. Sie ritt einen kurtzen Weg
durchs Gehoͤltze/ als ſie auf eine gedruͤckte
Straſſe gerieth/ und bald darauf ein Geraͤuſche
gegen ihr ankommender Reuterey vernahm;
welcher ſie auszuweichen nicht fuͤr noͤthig achte-
te/ weil ſie die Ankommenden fuͤr Marbods Jaͤ-
ger hielt. Sie ward aber kurtz darauf/ iedoch
ſo ſpar: daß ſie nicht mehr ausweichen konte/ der
Roͤmiſchen Tracht gewahr; mit welcher die mei-
ſten bekleidet waren. Nach dem ſie iedoch auch
Deutſche darunter erblickte/ und in Marbods
Gebiete ſich von den Roͤmern keiner Gewalt-
That verſah/ ritte ſie getroſt auff ſie zu. Sie
war etwan drey Schritte von ihnen entfernet;
als der im erſten Gliede zwiſchen zweyen Roͤ-
mern reitende Deutſche ſie mit dieſen barten
Worten anfuhr; Finde ich dich in dieſer Wuͤ-
ſteney/ du Ungehorſame? Faſſet alſofort die
Boßhaffte: daß ſie ihrem Vater nicht mehr
entfliehen koͤnne. Dieſe Worte waren Thuß-
nelden kein ſo harter Donnerſchlag/ als das
zornige Antlitz ihres ergrimmten Vaters;
als aus welchem ſie alſofort den Sege-
ſthes erkennte. Sintemahl dieſer in Ge-
ſandtſchafft des Kayſers Auguſtus nebſt
dem Cajus Silus/ welcher in Ober-

Deutſch-
Y y y y y y y 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1343" n="1277[1279]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
ren; aus welchem &#x017F;ie ohne Enderung ihrer har-<lb/>
ten Erkla&#x0364;rung nicht ohne Spott zu kom&#x0303;en be-<lb/>
dra&#x0364;uet ward. Er hatte die&#x017F;en Kreiß aber noch<lb/>
nicht halb vollendet; als eine Natter unver&#x017F;e-<lb/>
hens empor &#x017F;prang/ und den Ko&#x0364;nig in die Hand<lb/>
&#x017F;tach: daß er daru&#x0364;ber den Degen fallen ließ.<lb/>
Thußnelde/ welche wol wu&#x017F;te: daß aus der Noth<lb/>
eine Tugend/ und aus einem blo&#x017F;&#x017F;en Zufalle ein<lb/>
Bewehrung &#x017F;einer Meinung/ oder gar ein<lb/>
Wunderwerck zu machen die gro&#x0364;&#x017F;te Klugheit<lb/>
wa&#x0364;re; machte ihr die&#x017F;e Begebnu&#x0364;s al&#x017F;o fort nu&#x0364;-<lb/>
tze/ und fieng an: Siehe&#x017F;tu wol/ Marbod; daß<lb/>
die Go&#x0364;tter das ihnen angethane Unrecht &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
ra&#x0364;chen; wenn Men&#x017F;chen &#x017F;olches nicht thun wol-<lb/>
len oder ko&#x0364;nnen. Weil aber Marbod hieru&#x0364;ber<lb/>
nicht nur er&#x017F;tummete/ &#x017F;ondern als wenn er von<lb/>
der Hand GOttes geru&#x0364;hret wa&#x0364;re/ er&#x017F;tarrete;<lb/>
war Thußnelde um ihres Beleidigers Gene-<lb/>
&#x017F;ung beku&#x0364;mmert. Wie &#x017F;ie denn ein denen Nat-<lb/>
tern &#x017F;chier gleich gebildetes Kraut abropffte/ &#x017F;ol-<lb/>
ches mit einem Steine zerklit&#x017F;chte/ und dem<lb/>
Marbod aufband; weil &#x017F;ie von der Artzney zwar<lb/>
keine eigentliche/ iedoch &#x017F;o viel Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft<lb/>
hatte: daß die Natur unter&#x017F;chiedenen Kra&#x0364;utern<lb/>
eu&#x017F;&#x017F;erliche Merckmaale/ worzu &#x017F;ie dienende<lb/>
Artzneyen &#x017F;ind/ eingepreget/ und deßwegen das<lb/>
fu&#x0364;r die Schlangen-Bi&#x017F;&#x017F;e dienende Schlangen-<lb/>
Kraut/ den Schlangen die dem Miltze heil&#x017F;ame<lb/>
Kapern gleich gebildet; und das dem brennen-<lb/>
den Kreb&#x017F;e abhelffende Erd-Beeren-Kraut mit<lb/>
einem ab&#x017F;ondern Feuer und Ro&#x0364;the bezeichnet<lb/>
habe. Marbod ließ die&#x017F;e Verbindung zwar ge-<lb/>
&#x017F;chehen/ &#x017F;eine zitter nden Glieder aber waren<lb/>
mit Schrecken/ und &#x017F;ein Antlitz mit Schamro&#x0364;-<lb/>
the angefu&#x0364;llet; welche Farbe hier nicht die frohe<lb/>
Morgenro&#x0364;the der aufgehenden/ &#x017F;ondern die<lb/>
traurige Abendro&#x0364;the der verfallenen Tugend-<lb/>
Sonne war; daher er auch &#x017F;onder Ab&#x017F;chied und<lb/>
Verlierung einigen Wortes &#x017F;ich zu Pferde&#x017F;etz-<lb/>
te/ und &#x017F;porn&#x017F;tr eichs in das dick&#x017F;te Gepu&#x0364;&#x017F;che<lb/>
verbarg; gleich als wenn er noch von tau&#x017F;end<lb/>
Nattern verfolgt wu&#x0364;rde. Denn die Furcht hat<lb/><cb/>
das gro&#x0364;&#x017F;te Leibzeichen unter allen Gemu&#x0364;thsre-<lb/>
gungen; &#x017F;ie i&#x017F;t zwar die glaub haffte&#x017F;te/ aber auch<lb/>
die &#x017F;chlim&#x0303;&#x017F;te Rathgeberin ihres Gemu&#x0364;thes/ und<lb/>
die a&#x0364;rg&#x017F;te Verbla&#x0364;nderin der Augen; Denn &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;iehet/ was gar nicht i&#x017F;t; &#x017F;ie machet aus nichts et-<lb/>
was/ und aus einer Ameiße einen Krocodil. Der<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;tin Thußnelde hingegen war ein gro&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Stein vom Hertzen geweltzet. Denn weil &#x017F;ie<lb/>
Marbods plo&#x0364;tzliche Vera&#x0364;nderung fu&#x0364;r eine<lb/>
Wu&#x0364;rckung des Aberglaubens hielt/ nichts aber<lb/>
mehr/ als die&#x017F;er/ die Gemu&#x0364;ther der Men&#x017F;chen<lb/>
umkehren kan; glaubte &#x017F;ie: daß Marbods &#x017F;o lich-<lb/>
ten Loh brennende Liebe &#x017F;chon wieder zu Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
worde&#x0303; wa&#x0364;re. Weßwege&#x0303; &#x017F;ie &#x017F;ich noch einmal aus<lb/>
dem fri&#x017F;chen Quell er quickte/ und &#x017F;onder einiges<lb/>
Bedencken wieder zu der Catti&#x017F;chen Hertzogin<lb/>
zu kehren gedachte. Sie ritt einen kurtzen Weg<lb/>
durchs Geho&#x0364;ltze/ als &#x017F;ie auf eine gedru&#x0364;ckte<lb/>
Stra&#x017F;&#x017F;e gerieth/ und bald darauf ein Gera&#x0364;u&#x017F;che<lb/>
gegen ihr ankommender Reuterey vernahm;<lb/>
welcher &#x017F;ie auszuweichen nicht fu&#x0364;r no&#x0364;thig achte-<lb/>
te/ weil &#x017F;ie die Ankommenden fu&#x0364;r Marbods Ja&#x0364;-<lb/>
ger hielt. Sie ward aber kurtz darauf/ iedoch<lb/>
&#x017F;o &#x017F;par: daß &#x017F;ie nicht mehr ausweichen konte/ der<lb/>
Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Tracht gewahr; mit welcher die mei-<lb/>
&#x017F;ten bekleidet waren. Nach dem &#x017F;ie iedoch auch<lb/>
Deut&#x017F;che darunter erblickte/ und in Marbods<lb/>
Gebiete &#x017F;ich von den Ro&#x0364;mern keiner Gewalt-<lb/>
That ver&#x017F;ah/ ritte &#x017F;ie getro&#x017F;t auff &#x017F;ie zu. Sie<lb/>
war etwan drey Schritte von ihnen entfernet;<lb/>
als der im er&#x017F;ten Gliede zwi&#x017F;chen zweyen Ro&#x0364;-<lb/>
mern reitende Deut&#x017F;che &#x017F;ie mit die&#x017F;en barten<lb/>
Worten anfuhr; Finde ich dich in die&#x017F;er Wu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;teney/ du Ungehor&#x017F;ame? Fa&#x017F;&#x017F;et al&#x017F;ofort die<lb/>
Boßhaffte: daß &#x017F;ie ihrem Vater nicht mehr<lb/>
entfliehen ko&#x0364;nne. Die&#x017F;e Worte waren Thuß-<lb/>
nelden kein &#x017F;o harter Donner&#x017F;chlag/ als das<lb/>
zornige Antlitz ihres ergrimmten Vaters;<lb/>
als aus welchem &#x017F;ie al&#x017F;ofort den Sege-<lb/>
&#x017F;thes erkennte. Sintemahl die&#x017F;er in Ge-<lb/>
&#x017F;andt&#x017F;chafft des Kay&#x017F;ers Augu&#x017F;tus neb&#x017F;t<lb/>
dem Cajus Silus/ welcher in Ober-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y y y y y y y 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Deut&#x017F;ch-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1277[1279]/1343] Arminius und Thußnelda. ren; aus welchem ſie ohne Enderung ihrer har- ten Erklaͤrung nicht ohne Spott zu kom̃en be- draͤuet ward. Er hatte dieſen Kreiß aber noch nicht halb vollendet; als eine Natter unverſe- hens empor ſprang/ und den Koͤnig in die Hand ſtach: daß er daruͤber den Degen fallen ließ. Thußnelde/ welche wol wuſte: daß aus der Noth eine Tugend/ und aus einem bloſſen Zufalle ein Bewehrung ſeiner Meinung/ oder gar ein Wunderwerck zu machen die groͤſte Klugheit waͤre; machte ihr dieſe Begebnuͤs alſo fort nuͤ- tze/ und fieng an: Sieheſtu wol/ Marbod; daß die Goͤtter das ihnen angethane Unrecht ſelbſt raͤchen; wenn Menſchen ſolches nicht thun wol- len oder koͤnnen. Weil aber Marbod hieruͤber nicht nur erſtummete/ ſondern als wenn er von der Hand GOttes geruͤhret waͤre/ erſtarrete; war Thußnelde um ihres Beleidigers Gene- ſung bekuͤmmert. Wie ſie denn ein denen Nat- tern ſchier gleich gebildetes Kraut abropffte/ ſol- ches mit einem Steine zerklitſchte/ und dem Marbod aufband; weil ſie von der Artzney zwar keine eigentliche/ iedoch ſo viel Wiſſenſchafft hatte: daß die Natur unterſchiedenen Kraͤutern euſſerliche Merckmaale/ worzu ſie dienende Artzneyen ſind/ eingepreget/ und deßwegen das fuͤr die Schlangen-Biſſe dienende Schlangen- Kraut/ den Schlangen die dem Miltze heilſame Kapern gleich gebildet; und das dem brennen- den Krebſe abhelffende Erd-Beeren-Kraut mit einem abſondern Feuer und Roͤthe bezeichnet habe. Marbod ließ dieſe Verbindung zwar ge- ſchehen/ ſeine zitter nden Glieder aber waren mit Schrecken/ und ſein Antlitz mit Schamroͤ- the angefuͤllet; welche Farbe hier nicht die frohe Morgenroͤthe der aufgehenden/ ſondern die traurige Abendroͤthe der verfallenen Tugend- Sonne war; daher er auch ſonder Abſchied und Verlierung einigen Wortes ſich zu Pferdeſetz- te/ und ſpornſtr eichs in das dickſte Gepuͤſche verbarg; gleich als wenn er noch von tauſend Nattern verfolgt wuͤrde. Denn die Furcht hat das groͤſte Leibzeichen unter allen Gemuͤthsre- gungen; ſie iſt zwar die glaub haffteſte/ aber auch die ſchlim̃ſte Rathgeberin ihres Gemuͤthes/ und die aͤrgſte Verblaͤnderin der Augen; Denn ſie ſiehet/ was gar nicht iſt; ſie machet aus nichts et- was/ und aus einer Ameiße einen Krocodil. Der Fuͤrſtin Thußnelde hingegen war ein groſſer Stein vom Hertzen geweltzet. Denn weil ſie Marbods ploͤtzliche Veraͤnderung fuͤr eine Wuͤrckung des Aberglaubens hielt/ nichts aber mehr/ als dieſer/ die Gemuͤther der Menſchen umkehren kan; glaubte ſie: daß Marbods ſo lich- ten Loh brennende Liebe ſchon wieder zu Waſſer wordẽ waͤre. Weßwegẽ ſie ſich noch einmal aus dem friſchen Quell er quickte/ und ſonder einiges Bedencken wieder zu der Cattiſchen Hertzogin zu kehren gedachte. Sie ritt einen kurtzen Weg durchs Gehoͤltze/ als ſie auf eine gedruͤckte Straſſe gerieth/ und bald darauf ein Geraͤuſche gegen ihr ankommender Reuterey vernahm; welcher ſie auszuweichen nicht fuͤr noͤthig achte- te/ weil ſie die Ankommenden fuͤr Marbods Jaͤ- ger hielt. Sie ward aber kurtz darauf/ iedoch ſo ſpar: daß ſie nicht mehr ausweichen konte/ der Roͤmiſchen Tracht gewahr; mit welcher die mei- ſten bekleidet waren. Nach dem ſie iedoch auch Deutſche darunter erblickte/ und in Marbods Gebiete ſich von den Roͤmern keiner Gewalt- That verſah/ ritte ſie getroſt auff ſie zu. Sie war etwan drey Schritte von ihnen entfernet; als der im erſten Gliede zwiſchen zweyen Roͤ- mern reitende Deutſche ſie mit dieſen barten Worten anfuhr; Finde ich dich in dieſer Wuͤ- ſteney/ du Ungehorſame? Faſſet alſofort die Boßhaffte: daß ſie ihrem Vater nicht mehr entfliehen koͤnne. Dieſe Worte waren Thuß- nelden kein ſo harter Donnerſchlag/ als das zornige Antlitz ihres ergrimmten Vaters; als aus welchem ſie alſofort den Sege- ſthes erkennte. Sintemahl dieſer in Ge- ſandtſchafft des Kayſers Auguſtus nebſt dem Cajus Silus/ welcher in Ober- Deutſch- Y y y y y y y 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1343
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1277[1279]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1343>, abgerufen am 23.11.2024.