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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] sich dieses Dings ängstig an/ ließ Otacillen als-
bald in das Neben-Gemach tragen; und ver-
fügte: daß die Aertzte ihr möglichst beyspringen
solten; wiewol wegen besorglicher Gifft-Zei-
chen ihrem eigenen Ehmanne sie zu beschauen
nicht erlaubt; sondern sie noch selbigen Abend
von einem vertrauten Weibe in die Todten-
Tracht gekleidet/ und den dritten Tag verbren-
net/ die Aertzte aber/ die sie gleich nicht gesehen
hatten/ gezwungen wurden/ zu bestätigen: daß
sie am Schlage gestorben wäre. Der bey so viel
Boßheit abgehärtete Tiberius veränderte hier-
über weder Antlitz noch Gebehrden. Denn die
Laster kamen ihm damahls nach vollbrachter
That nicht grösser/ als vorher für. Hertzog
Herrmann/ ob er wol aus Thußneldens Schrei-
ben ihm die Rechnung machte: daß dieser auff
seinen Hals angezielte Streich auff einen frem-
den Nacken abgeglitten wäre/ hielt doch für das
beste Mittel solchen Nachstellungen zu entkom-
men/ wenn er keinen Argwohn von sich blicken
ließe. Daher/ als alle andere ihrer Bezeugung
halber bekümmert waren/ unterhielt er den Ti-
berius mit gantz unnachdencklichen Gesprä-
chen. Weil aber Tiberius in allen Dingen/
fürnehmlich aber in kühnen Unterfangungen
für nöthig hielt das Eisen zu schmieden/ weil es
noch warm war; liebkosete er diesem in seinen
Gedancken schon tausend mahl ermordeten
Fürsten so sehr/ als iemahls; wiewol er auf wie-
derholete Warnigung Thuß neldens auff für-
sichtiger Hute stand; ja als endlich Thußnelde
aus besorgter Gefahr dem Hertzog Herrmann
des Tiberius Heyraths-Werbung zu seiner
höchsten Bestürtzung eröffnete/ und er ihrer ihm
unauffhörlich anliegender Bitte sich von Rom
in Sicherheit zu begeben Folge zu leisten be-
schloß; bezeugte er gleichwol gegen dem Tibe-
rius eine ungemeine Verträuligkeit; um seine
Entfernung so viel sicher er einzurichten; such-
te ihn also öffterer/ als vormahls heim; worüber
er zum andern mahl in Lebens-Gefahr verfiel.
Denn es hatte Tiberius eine vom Tacfarinas
[Spaltenumbruch] aus Numidien ihm geschickte und gekirrte
Schlange gleichsam zu seinem Schoß-Kinde
oder Spiel-Vogel/ die mit ihm aus einer
Schüssel aß/ in einem Bette lag; und auch
Fremden sonder die geringste Beschädigung sich
um den Hals und andere Glieder wand; also:
daß Hertzog Herrmann auch mehrmahls mit
diesem so wol gewöhnten Thiere Kurtzweil ge-
trieben hatte. Eine in Wahrheit ungemeine
Gemeinschafft! nicht so wol wegen des zwischen
Menschen und Schlangen befindlichen Unter-
schieds; als weil Tiberius ein viel gifftiger Her-
tze/ als dieser Wurm Zähne hatte. Wie nun
Hertzog Herrmann auff sein Ansuchen von der
Rennebahn mit dem Tiberius nach Hause ritt/
um etliche neuangekommene Africanische Pferde
zu beschauen; hatte Tiberius bestellt ihm anzu-
deuten: daß iemand wegen des Kaysers mit ihm
reden wolte; also er den Fürsten Herrmann al-
leine im Zimmer/ die Thiere eines Neben-Ge-
machs aber mit Fleiß offen/ und eine daselbst
verwahrte Schlange heraus ließ; die den auch
bey Ersehung des gifftigen Wurmes gantz siche-
ren Fürsten Herrmann; welcher in Meynung:
es wäre die gekirrte/ ihr noch die Hand reckte/
grimmig anfiel/ und in den Arm bieß. Worüber
er selbte alsofort von sich schleuderte/ und mit dem
Fuße ihr den Kopff zerquetschte: daß sie nach
langer Windung des halb-lebenden Schwan-
tzes todt blieb; Gleich als wenn dieser Held auch
in Erwürgung der Schlangen dem Hercules
gleich werden müste. Hertzog Herrmann aber/
als er seine Wunde aufschwellen sahe/ gieng als-
bald aus dem Zimmer/ und befahl denen Auff-
wärtern alsofort einen Wund-Artzt herbey zu
schaffen. Zu seinem Glücke aber war unter
des Tiberius Knechten ein Marser/ wel-
ches um den Fucinischen See in Jtali-
en wohnende Volck von der Circe Soh-
ne entsprossen seyn/ und eben so wohl/
als die Ophiogenes am Hellespont/ und
die Psyllen in Africa eine Tugend das
Gifft auszusaugen haben soll; Dieser

unwis-
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ſich dieſes Dings aͤngſtig an/ ließ Otacillen als-
bald in das Neben-Gemach tragen; und ver-
fuͤgte: daß die Aertzte ihr moͤglichſt beyſpringen
ſolten; wiewol wegen beſorglicher Gifft-Zei-
chen ihrem eigenen Ehmanne ſie zu beſchauen
nicht erlaubt; ſondern ſie noch ſelbigen Abend
von einem vertrauten Weibe in die Todten-
Tracht gekleidet/ und den dritten Tag verbren-
net/ die Aertzte aber/ die ſie gleich nicht geſehen
hatten/ gezwungen wurden/ zu beſtaͤtigen: daß
ſie am Schlage geſtorben waͤre. Der bey ſo viel
Boßheit abgehaͤrtete Tiberius veraͤnderte hier-
uͤber weder Antlitz noch Gebehrden. Denn die
Laſter kamen ihm damahls nach vollbrachter
That nicht groͤſſer/ als vorher fuͤr. Hertzog
Herrmañ/ ob er wol aus Thußneldens Schrei-
ben ihm die Rechnung machte: daß dieſer auff
ſeinen Hals angezielte Streich auff einen frem-
den Nacken abgeglitten waͤre/ hielt doch fuͤr das
beſte Mittel ſolchen Nachſtellungen zu entkom-
men/ wenn er keinen Argwohn von ſich blicken
ließe. Daher/ als alle andere ihrer Bezeugung
halber bekuͤmmert waren/ unterhielt er den Ti-
berius mit gantz unnachdencklichen Geſpraͤ-
chen. Weil aber Tiberius in allen Dingen/
fuͤrnehmlich aber in kuͤhnen Unterfangungen
fuͤr noͤthig hielt das Eiſen zu ſchmieden/ weil es
noch warm war; liebkoſete er dieſem in ſeinen
Gedancken ſchon tauſend mahl ermordeten
Fuͤrſten ſo ſehr/ als iemahls; wiewol er auf wie-
derholete Warnigung Thuß neldens auff fuͤr-
ſichtiger Hute ſtand; ja als endlich Thußnelde
aus beſorgter Gefahr dem Hertzog Herrmann
des Tiberius Heyraths-Werbung zu ſeiner
hoͤchſten Beſtuͤrtzung eroͤffnete/ und er ihrer ihm
unauffhoͤrlich anliegender Bitte ſich von Rom
in Sicherheit zu begeben Folge zu leiſten be-
ſchloß; bezeugte er gleichwol gegen dem Tibe-
rius eine ungemeine Vertraͤuligkeit; um ſeine
Entfernung ſo viel ſicher er einzurichten; ſuch-
te ihn alſo oͤffterer/ als vormahls heim; woruͤber
er zum andern mahl in Lebens-Gefahr verfiel.
Denn es hatte Tiberius eine vom Tacfarinas
[Spaltenumbruch] aus Numidien ihm geſchickte und gekirrte
Schlange gleichſam zu ſeinem Schoß-Kinde
oder Spiel-Vogel/ die mit ihm aus einer
Schuͤſſel aß/ in einem Bette lag; und auch
Fremden ſondeꝛ die geringſte Beſchaͤdigung ſich
um den Hals und andere Glieder wand; alſo:
daß Hertzog Herrmann auch mehrmahls mit
dieſem ſo wol gewoͤhnten Thiere Kurtzweil ge-
trieben hatte. Eine in Wahrheit ungemeine
Gemeinſchafft! nicht ſo wol wegen des zwiſchen
Menſchen und Schlangen befindlichen Unter-
ſchieds; als weil Tiberius ein viel gifftiger Her-
tze/ als dieſer Wurm Zaͤhne hatte. Wie nun
Hertzog Herrmann auff ſein Anſuchen von der
Rennebahn mit dem Tiberius nach Hauſe ritt/
um etliche neuangekom̃ene Africaniſche Pferde
zu beſchauen; hatte Tiberius beſtellt ihm anzu-
deuten: daß iemand wegen des Kayſers mit ihm
reden wolte; alſo er den Fuͤrſten Herrmann al-
leine im Zimmer/ die Thiere eines Neben-Ge-
machs aber mit Fleiß offen/ und eine daſelbſt
verwahrte Schlange heraus ließ; die den auch
bey Erſehung des gifftigen Wurmes gantz ſiche-
ren Fuͤrſten Herrmann; welcher in Meynung:
es waͤre die gekirrte/ ihr noch die Hand reckte/
grimmig anfiel/ und in den Arm bieß. Woruͤber
er ſelbte alſofoꝛt von ſich ſchleudeꝛte/ und mit dem
Fuße ihr den Kopff zerquetſchte: daß ſie nach
langer Windung des halb-lebenden Schwan-
tzes todt blieb; Gleich als wenn dieſer Held auch
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gleich werden muͤſte. Hertzog Herrmann aber/
als er ſeine Wunde aufſchwellen ſahe/ gieng als-
bald aus dem Zimmer/ und befahl denen Auff-
waͤrtern alſofort einen Wund-Artzt herbey zu
ſchaffen. Zu ſeinem Gluͤcke aber war unter
des Tiberius Knechten ein Marſer/ wel-
ches um den Fuciniſchen See in Jtali-
en wohnende Volck von der Circe Soh-
ne entſproſſen ſeyn/ und eben ſo wohl/
als die Ophiogenes am Helleſpont/ und
die Pſyllen in Africa eine Tugend das
Gifft auszuſaugen haben ſoll; Dieſer

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[1253[1255]/1319] Arminius und Thußnelda. ſich dieſes Dings aͤngſtig an/ ließ Otacillen als- bald in das Neben-Gemach tragen; und ver- fuͤgte: daß die Aertzte ihr moͤglichſt beyſpringen ſolten; wiewol wegen beſorglicher Gifft-Zei- chen ihrem eigenen Ehmanne ſie zu beſchauen nicht erlaubt; ſondern ſie noch ſelbigen Abend von einem vertrauten Weibe in die Todten- Tracht gekleidet/ und den dritten Tag verbren- net/ die Aertzte aber/ die ſie gleich nicht geſehen hatten/ gezwungen wurden/ zu beſtaͤtigen: daß ſie am Schlage geſtorben waͤre. Der bey ſo viel Boßheit abgehaͤrtete Tiberius veraͤnderte hier- uͤber weder Antlitz noch Gebehrden. Denn die Laſter kamen ihm damahls nach vollbrachter That nicht groͤſſer/ als vorher fuͤr. Hertzog Herrmañ/ ob er wol aus Thußneldens Schrei- ben ihm die Rechnung machte: daß dieſer auff ſeinen Hals angezielte Streich auff einen frem- den Nacken abgeglitten waͤre/ hielt doch fuͤr das beſte Mittel ſolchen Nachſtellungen zu entkom- men/ wenn er keinen Argwohn von ſich blicken ließe. Daher/ als alle andere ihrer Bezeugung halber bekuͤmmert waren/ unterhielt er den Ti- berius mit gantz unnachdencklichen Geſpraͤ- chen. Weil aber Tiberius in allen Dingen/ fuͤrnehmlich aber in kuͤhnen Unterfangungen fuͤr noͤthig hielt das Eiſen zu ſchmieden/ weil es noch warm war; liebkoſete er dieſem in ſeinen Gedancken ſchon tauſend mahl ermordeten Fuͤrſten ſo ſehr/ als iemahls; wiewol er auf wie- derholete Warnigung Thuß neldens auff fuͤr- ſichtiger Hute ſtand; ja als endlich Thußnelde aus beſorgter Gefahr dem Hertzog Herrmann des Tiberius Heyraths-Werbung zu ſeiner hoͤchſten Beſtuͤrtzung eroͤffnete/ und er ihrer ihm unauffhoͤrlich anliegender Bitte ſich von Rom in Sicherheit zu begeben Folge zu leiſten be- ſchloß; bezeugte er gleichwol gegen dem Tibe- rius eine ungemeine Vertraͤuligkeit; um ſeine Entfernung ſo viel ſicher er einzurichten; ſuch- te ihn alſo oͤffterer/ als vormahls heim; woruͤber er zum andern mahl in Lebens-Gefahr verfiel. Denn es hatte Tiberius eine vom Tacfarinas aus Numidien ihm geſchickte und gekirrte Schlange gleichſam zu ſeinem Schoß-Kinde oder Spiel-Vogel/ die mit ihm aus einer Schuͤſſel aß/ in einem Bette lag; und auch Fremden ſondeꝛ die geringſte Beſchaͤdigung ſich um den Hals und andere Glieder wand; alſo: daß Hertzog Herrmann auch mehrmahls mit dieſem ſo wol gewoͤhnten Thiere Kurtzweil ge- trieben hatte. Eine in Wahrheit ungemeine Gemeinſchafft! nicht ſo wol wegen des zwiſchen Menſchen und Schlangen befindlichen Unter- ſchieds; als weil Tiberius ein viel gifftiger Her- tze/ als dieſer Wurm Zaͤhne hatte. Wie nun Hertzog Herrmann auff ſein Anſuchen von der Rennebahn mit dem Tiberius nach Hauſe ritt/ um etliche neuangekom̃ene Africaniſche Pferde zu beſchauen; hatte Tiberius beſtellt ihm anzu- deuten: daß iemand wegen des Kayſers mit ihm reden wolte; alſo er den Fuͤrſten Herrmann al- leine im Zimmer/ die Thiere eines Neben-Ge- machs aber mit Fleiß offen/ und eine daſelbſt verwahrte Schlange heraus ließ; die den auch bey Erſehung des gifftigen Wurmes gantz ſiche- ren Fuͤrſten Herrmann; welcher in Meynung: es waͤre die gekirrte/ ihr noch die Hand reckte/ grimmig anfiel/ und in den Arm bieß. Woruͤber er ſelbte alſofoꝛt von ſich ſchleudeꝛte/ und mit dem Fuße ihr den Kopff zerquetſchte: daß ſie nach langer Windung des halb-lebenden Schwan- tzes todt blieb; Gleich als wenn dieſer Held auch in Erwuͤrgung der Schlangen dem Hercules gleich werden muͤſte. Hertzog Herrmann aber/ als er ſeine Wunde aufſchwellen ſahe/ gieng als- bald aus dem Zimmer/ und befahl denen Auff- waͤrtern alſofort einen Wund-Artzt herbey zu ſchaffen. Zu ſeinem Gluͤcke aber war unter des Tiberius Knechten ein Marſer/ wel- ches um den Fuciniſchen See in Jtali- en wohnende Volck von der Circe Soh- ne entſproſſen ſeyn/ und eben ſo wohl/ als die Ophiogenes am Helleſpont/ und die Pſyllen in Africa eine Tugend das Gifft auszuſaugen haben ſoll; Dieſer unwiſ- T t t t t t t 3

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1253[1255]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1319>, abgerufen am 07.05.2024.