Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Achtes Buch [Spaltenumbruch]
Fürsten ansahen/ als er diese Würde fürlängstin der Hoffnung verschlungen hatte. Sinte- mahl bereit in seiner Kindheit ihm vom Stern- seher Scribonius gewahrsagt worden war: Er solte herrschen/ wiewol ohne Königliche Zier- rathen. Gleicher Gestalt hatte ihn dessen der Sternseher Thrasyllus versichert; welcher so gar von dem ihn aus Rhodus abzuholen kom- mendem/ aber noch entferntem Schiffe zu sagen gewust hatte: daß es ihm fröliche Zeitung bräch- te. Dannenher weder auff seiner noch auf der Römer Seiten nichts/ was zu Vermehrung seiner Hoheit einigerley Weise dienen konte/ unterlassen; und er solchem nach als ein neu- aufgehendes Gestirne/ ja mehr als ein halber Kayser von iederman angebetet ward. Zu des Tiberius Hasse gegen den Fürsten ge/
Achtes Buch [Spaltenumbruch]
Fuͤrſten anſahen/ als er dieſe Wuͤrde fuͤrlaͤngſtin der Hoffnung verſchlungen hatte. Sinte- mahl bereit in ſeiner Kindheit ihm vom Stern- ſeher Scribonius gewahrſagt worden war: Er ſolte herrſchen/ wiewol ohne Koͤnigliche Zier- rathen. Gleicher Geſtalt hatte ihn deſſen der Sternſeher Thraſyllus verſichert; welcher ſo gar von dem ihn aus Rhodus abzuholen kom- mendem/ aber noch entferntem Schiffe zu ſagen gewuſt hatte: daß es ihm froͤliche Zeitung braͤch- te. Dannenher weder auff ſeiner noch auf der Roͤmer Seiten nichts/ was zu Vermehrung ſeiner Hoheit einigerley Weiſe dienen konte/ unterlaſſen; und er ſolchem nach als ein neu- aufgehendes Geſtirne/ ja mehr als ein halber Kayſer von iederman angebetet ward. Zu des Tiberius Haſſe gegen den Fuͤrſten ge/
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Achtes Buch
Fuͤrſten anſahen/ als er dieſe Wuͤrde fuͤrlaͤngſt
in der Hoffnung verſchlungen hatte. Sinte-
mahl bereit in ſeiner Kindheit ihm vom Stern-
ſeher Scribonius gewahrſagt worden war: Er
ſolte herrſchen/ wiewol ohne Koͤnigliche Zier-
rathen. Gleicher Geſtalt hatte ihn deſſen der
Sternſeher Thraſyllus verſichert; welcher ſo
gar von dem ihn aus Rhodus abzuholen kom-
mendem/ aber noch entferntem Schiffe zu ſagen
gewuſt hatte: daß es ihm froͤliche Zeitung braͤch-
te. Dannenher weder auff ſeiner noch auf der
Roͤmer Seiten nichts/ was zu Vermehrung
ſeiner Hoheit einigerley Weiſe dienen konte/
unterlaſſen; und er ſolchem nach als ein neu-
aufgehendes Geſtirne/ ja mehr als ein halber
Kayſer von iederman angebetet ward.
Zu des Tiberius Haſſe gegen den Fuͤrſten
Herrmann kam zuletzt auch die Eyverſucht; ei-
ne Unholdin/ welche Laub und Graß zu ver-
ſengen; die heilſamſten Kraͤuter zu ver gifften;
und wie der Neid bey fremdem Feuer zu erfrie-
ren/ alſo dieſe bey fremdem Schnee zu ſchwitzen
gewohnt iſt. Denn es war ein aus dem Che-
ruskiſchen Gebluͤte entſproſſener Fuͤrſt in
Deutſchland der Chaßuarier und Dulgibiner
Hertzog Nahmens Segeſthes; ein Herr fuͤr-
treflicher Geſtalt/ groſſen Gemuͤthes/ und
hauptſaͤchlichen Verſtandes. Weßwegen er
nicht nur von dem Feldherrn Segimer zum
Groß-Stadthalter uͤber die Quaden; ſondern
auch in den Kriegen mit den Catten und Roͤ-
mern mehrmals zum Feldhauptmann beſtellet
worden war; und nicht geringe Merckmaale
ſeiner Klugheit und Tapfferkeit erwieſen; ja
nach dem Hertzog Segimer in dem vom Mar-
bod nicht bemeiſterten Deutſchlande das groͤſte
Anſehen hatte. Dieſer hatte zu ſeiner erſten
Gemahlin des Cimbriſchen Koͤnigs Frotho
Tochter; mit welcher er zwey Kinder/ nemlich
den Fuͤrſten Siegesmund/ und die wunderſchoͤ-
ne Thußnelda/ von welcher Vollkommenheiten
ich nichts weiter erzehlen darff/ erzeuget hatte.
So lange dieſe Ehe tauerte/ war weder Un-
gluͤck noch die groſſen Verſprechungen der Roͤ-
mer maͤchtig Segeſthens Gemuͤthe eines Na-
gels breit von der Liebe ſeines Vaterlandes ab-
wendig zu machen/ zu einem unvergeßlichen
Merckmahle: daß der Wanckelmuth ſo wenig
des weiblichen Geſchlechtes/ als die Beſtaͤndig-
keit des maͤnnlichen Eigenthum ſey. Als es aber
in Deutſchland theils wegen der vom Koͤnige
Marbod; theils von den Roͤmern erhobener
Kriege ſo ſehr durch einander gieng/ und Fuͤrſt
Segeſthes zu Verhuͤtung des euſſerſten Unter-
gangs der zwiſchen dem Rheine und der Elbe
gelegenen/ und gleichſam von einem Oſt- und
Weſt-Winde zugleich beſtuͤrmten Laͤnder mit
dem Roͤmiſchen Land-Vogte Sentius Satur-
ninus eine Zuſammenkunfft beliebte; dieſer a-
ber jenen mit den allererſiñlichſien Hoͤfligkeiten
unterhielt/ und inſonderheit ihn durch ſeine drey
uͤberaus ſchoͤnen Toͤchter auff alle Weiſe bedie-
nen ließ; verliebte ſich Hertzog Segeſthes in die
Mitlere derogeſtalt: daß er beym Saturnin
um ſie warb; und noch fuͤr ſeinem Abſchiede ſelb-
te ihm vermaͤhlen ließ. Dieſer neue Brand
erſtockte in Segeſthens Hertze ſchier alle Liebe
des Vaterlandes; und ward er durch ſeine Ge-
mahlin Sentia nichts weniger aus einem
Deutſchen in einen Roͤmer; als Antonius durch
Cleopatren aus einem Roͤmer in einen Egypti-
er verwandelt. Der Kayſer/ um ſich dieſes
Vortheils zu bedienen/ nahm Sentien fuͤr ſei-
ne Tochter an; beſchenckte ſie mit einem anſehn-
lichen Braut-Schatze; ließ ihn durch den Sa-
turnin in ſeinen beyden Hertzogthuͤmern der
Chaßuarier und Dulgibiner befeſtigen/ und
der dem Cheruskiſchen Hauſe zukommenden/
beym Fuͤrſten Segimer aber durch ſo viel Un-
gluͤcks-Faͤlle nicht wenig verfallenen Feld-
Hauptmannſchafft nebſt mehr andern guͤldenen
Bergen verſichern. Maſſen denn auch dem
Sentius Saturninus nicht ſo wol wegen eini-
ger groſſen uͤber die Deutſchen erlangten Sie-
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