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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] nung dennoch zu behaupten. Terentia drang
alsobald darauff selbte nicht zu verschweigen.
Worauff Fürst Herrmann anfieng: Wenn
Terentiens Lippen nicht von Honig trieffen;
würden die in dem Munde des beredten Me-
cenas wohnenden Musen darauff nicht ihre an-
nehmliche Sättigung finden. Weil nun Te-
rentia ihm so bald nichts entgegen zu setzen wu-
ste; fragte Livia nach dem Grunde ihres em-
pfangenen Urtheils. Herrmann begegnete
ihr: Selbter stünde auff denen ihr nechsthin
von dem Römischen Rathe auffgesetzten Por-
phyr- und Alabaster-Seulen geschrieben. Nach
deme ihr aber Livia solchen fremde machte; fuhr
er fort: Sind denn die Brüste einer so frucht-
baren Mutter/ welcher zwey Söhne ihr das
Recht dreyer Kinder zueigneten/ nicht denen-
selben vorzuziehen/ die mit Noth ein einiges
Kind zu säugen gehabt? So wol Livia/ als
Terentia waren mit dieser Auslegung ver-
gnügt/ und alle Anwesenden musten nichts min-
der die Vorsicht dieses jungen Herrn nieman-
den zu beleidigen/ als seine scharffsinnige Aus-
windung aus dem ihm gestellten Garne rüh-
men. Die freudige Julia versuchte an ihm
noch alleine ihr Heil; und fragte: was denn
Herrmann ihrer Gestalt für einen Mangel
auszustellen wüste? worauff Fürst Herrmann
augenblicks antwortete: Jhren Augen. Ju-
lia/ welche mit ihren kohlschwartzen Augen
gleichsam zwey lebhaffte Sternen beschämte;
versetzte: worinnen denn ihr Gebrechen be-
stünde? welcher Herrmann alsofort begegnete:
weil sie um die von ihnen getödtete Seelen sich
hätten müssen in die Trauer kleiden. Julia
erlangte hiermit ihre vollkommene Abferti-
gung; Terentia aber hatte inzwischen auf ei-
nen Einwurff gedacht; und fieng gegen den
Herrmann an: Jhre Brüste wären darum:
daß sie nur ein Kind gestillet hätten/ so wenig
verächtlich/ als die Perlen-Muscheln; welche
[Spaltenumbruch] sich auch nur einer eintzelen Geburt rühmen
könten; Nichts minder gienge der Purper-
Schnecke an ihrer Köstligkeit nichts ab; ob
ihre Fruchtbarkeit gleich nur in einem Tropf-
fen bestünde. Fürst Herrmann versetzte: der
Uberfluß thäte zwar wol der Seltzamkeit; wor-
an sich die Mißgünstigen vergnügten/ nicht a-
ber der Köstligkeit/ welche nichts minder schön/
als nutzbar wäre/ Abbruch; sonst würde Teren-
tia die gütige Natur schelten/ und die Muscheln
ihrer schönen Augen; in welchen die Wehmuth
so viel hundert Thränen - Perlen zeigte/ ihre
lebhafften Brüste/ welche über und über mit
Perlen beschüttet wären; ihre Blut-rothen
Lippen/ welche von dem überflüßigen Purper
gleichsam auffspringen wolten/ verächtlich
halten müssen. Terentia ward hierüber stumm/
und alles Römische Frauen-Zimmer über die-
sem jungen Fürsten nichts minder verwun-
dernd/ als vergnügt; sonderlich/ weil sie die
Höfligkeit und Scharffsinnigkeit nur für eine
Geburt der Stadt Rom hielten; und in Ge-
dancken waren: daß selbte so wenig das Alpen-
Gebürge/ als der Fenix die sändichten Wüste-
neyen Arabiens überflügen könten. Jnson-
derheit warff Terentia auff diesen Fürsten ein
Auge; und sie empfand in ihrem Hertzen an-
fangs eine gewisse Ergetzligkeit/ wenn sie ihn
nur zu Gesichte bekam; hernach ein Verlan-
gen seinen Ritter-Spielen und Kriegs Ubun-
gen zuzuschauen/ noch mehr aber in seiner Ge-
sellschafft zu seyn/ und sich mit ihm in Gesprä-
che einzulassen; insonderheit als August im
Lugdunischen Gallien war. Hierdurch kam er
auch beym Mecenas in verträuliche Kundschaft;
dessen Hauß ohne diß ein Auffenthalt aller für-
treflichen Köpfe/ nichts minder/ als sein Leben
ein Beyspiel der menschlichen Vergnügung
war. Bey dem Fürsten Herrmann aber unter-
nahm er sich gar einer sorgfältigen Unterwei-
sung; und/ wormit er ihm/ als einem Fürsten

die
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] nung dennoch zu behaupten. Terentia drang
alſobald darauff ſelbte nicht zu verſchweigen.
Worauff Fuͤrſt Herrmann anfieng: Wenn
Terentiens Lippen nicht von Honig trieffen;
wuͤrden die in dem Munde des beredten Me-
cenas wohnenden Muſen darauff nicht ihre an-
nehmliche Saͤttigung finden. Weil nun Te-
rentia ihm ſo bald nichts entgegen zu ſetzen wu-
ſte; fragte Livia nach dem Grunde ihres em-
pfangenen Urtheils. Herrmann begegnete
ihr: Selbter ſtuͤnde auff denen ihr nechſthin
von dem Roͤmiſchen Rathe auffgeſetzten Por-
phyr- und Alabaſter-Seulen geſchrieben. Nach
deme ihr aber Livia ſolchen fremde machte; fuhr
er fort: Sind denn die Bruͤſte einer ſo frucht-
baren Mutter/ welcher zwey Soͤhne ihr das
Recht dreyer Kinder zueigneten/ nicht denen-
ſelben vorzuziehen/ die mit Noth ein einiges
Kind zu ſaͤugen gehabt? So wol Livia/ als
Terentia waren mit dieſer Auslegung ver-
gnuͤgt/ und alle Anweſenden muſten nichts min-
der die Vorſicht dieſes jungen Herrn nieman-
den zu beleidigen/ als ſeine ſcharffſinnige Aus-
windung aus dem ihm geſtellten Garne ruͤh-
men. Die freudige Julia verſuchte an ihm
noch alleine ihr Heil; und fragte: was denn
Herrmann ihrer Geſtalt fuͤr einen Mangel
auszuſtellen wuͤſte? worauff Fuͤrſt Herrmann
augenblicks antwortete: Jhren Augen. Ju-
lia/ welche mit ihren kohlſchwartzen Augen
gleichſam zwey lebhaffte Sternen beſchaͤmte;
verſetzte: worinnen denn ihr Gebrechen be-
ſtuͤnde? welcher Herrmann alſofort begegnete:
weil ſie um die von ihnen getoͤdtete Seelen ſich
haͤtten muͤſſen in die Trauer kleiden. Julia
erlangte hiermit ihre vollkommene Abferti-
gung; Terentia aber hatte inzwiſchen auf ei-
nen Einwurff gedacht; und fieng gegen den
Herrmann an: Jhre Bruͤſte waͤren darum:
daß ſie nur ein Kind geſtillet haͤtten/ ſo wenig
veraͤchtlich/ als die Perlen-Muſcheln; welche
[Spaltenumbruch] ſich auch nur einer eintzelen Geburt ruͤhmen
koͤnten; Nichts minder gienge der Purper-
Schnecke an ihrer Koͤſtligkeit nichts ab; ob
ihre Fruchtbarkeit gleich nur in einem Tropf-
fen beſtuͤnde. Fuͤrſt Herrmann verſetzte: der
Uberfluß thaͤte zwar wol der Seltzamkeit; wor-
an ſich die Mißguͤnſtigen vergnuͤgten/ nicht a-
ber der Koͤſtligkeit/ welche nichts minder ſchoͤn/
als nutzbar waͤre/ Abbruch; ſonſt wuͤrde Teren-
tia die guͤtige Natur ſchelten/ und die Muſcheln
ihrer ſchoͤnen Augen; in welchen die Wehmuth
ſo viel hundert Thraͤnen - Perlen zeigte/ ihre
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Perlen beſchuͤttet waͤren; ihre Blut-rothen
Lippen/ welche von dem uͤberfluͤßigen Purper
gleichſam auffſpringen wolten/ veraͤchtlich
halten muͤſſen. Terentia ward hieruͤber ſtumm/
und alles Roͤmiſche Frauen-Zimmer uͤber die-
ſem jungen Fuͤrſten nichts minder verwun-
dernd/ als vergnuͤgt; ſonderlich/ weil ſie die
Hoͤfligkeit und Scharffſinnigkeit nur fuͤr eine
Geburt der Stadt Rom hielten; und in Ge-
dancken waren: daß ſelbte ſo wenig das Alpen-
Gebuͤrge/ als der Fenix die ſaͤndichten Wuͤſte-
neyen Arabiens uͤberfluͤgen koͤnten. Jnſon-
derheit warff Terentia auff dieſen Fuͤrſten ein
Auge; und ſie empfand in ihrem Hertzen an-
fangs eine gewiſſe Ergetzligkeit/ wenn ſie ihn
nur zu Geſichte bekam; hernach ein Verlan-
gen ſeinen Ritter-Spielen und Kriegs Ubun-
gen zuzuſchauen/ noch mehr aber in ſeiner Ge-
ſellſchafft zu ſeyn/ und ſich mit ihm in Geſpraͤ-
che einzulaſſen; inſonderheit als Auguſt im
Lugduniſchen Gallien war. Hierdurch kam er
auch beym Mecenas in veꝛtraͤuliche Kundſchaft;
deſſen Hauß ohne diß ein Auffenthalt aller fuͤr-
treflichen Koͤpfe/ nichts minder/ als ſein Leben
ein Beyſpiel der menſchlichen Vergnuͤgung
war. Bey dem Fuͤrſten Herrmann aber unter-
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die
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1213[1215]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1279>, abgerufen am 18.05.2024.