Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
ein künstlicher Spring-Brunn aus Corinthi-schem Ertzt und Marmel; in welchem die vom verliebten Fluße Alfeus verfolgte Diana sich und ihre Gespielen mit Kothe bekleibet; und al- so ihm entrinnet. Die Speisen waren eitel Wildpret; und von so vieler Art: daß es schien: es hätte das gantze Römische Reich alle Sel- tzamkeiten seiner Wälder und Gebürge dahin versammlet; und in denen Schau-Essen wa- ren nicht nur alle nur ersinnliche Thiere/ son- dern alle Geschichte/ die man von der Diana oder berühmten Jägern erzehlet/ abgebildet. Nach der Taffel führte Julia ihre Gäste mit- ten in den Forst; da sie/ nach dem die Jäger al- ter Gewonheit nach die falsche Diana um Er- laubnüs zu jagen angeflehet/ und den ersten ge- hetzten Hasen/ entweder weil ihr Fleisch schön machen/ oder sie für andern Thieren ein groß Hertze haben sollen/ der Liebe zu opffern fort- geschickt hatten/ zum ersten in einer umgarn- ten Stallung mehr/ als tausend Hasen/ wor- von aber die jungen alsbald abgesondert/ und der Diana zu Liebe loß gelassen wurden; theils die Hunde erwürgen/ theils ihre Gäste mit Pfeilen erlegen ließ. Hierauff kamen in die Stallung dreyhundert Füchse; welche von de- nen Jägern eine gute Zeit in die Lufft geprellt/ und hernach allererst zu tode gehetzt wurden. Diesen folgten hundert Wölffe; welche mit so vielen Hunden einen blutigen Zweykampff hielten. Zweyhundert Rehe/ die alle von der Götter Pfeilen fielen; ferner/ hundert wilde Schweine; die von grossen Britannischen und Thracischen Hunden erlegt wurden. Endlich traten in die Stallung funffzig Hirsche mit grossen Geweihen/ derer keines unter dreyzehn Enden hatte; wovon die meisten gleicher Ge- stalt der Zuschauer Pfeile fälleten/ etliche aber dennoch über die höchsten Garne setzten. Nach dieser Erlustigung führte Julia die Versam- lung in den nahe dabey gelegenen Thier-Gar- ten; in welchen der Kayser alles dieses Wild [Spaltenumbruch] aus Africa und Hispanien hatte bringen lassen. Da denn in einem gemauerten Kampff-Platze anfangs drey Luchse gegen drey Tiger; zuletzt ein wilder Ochse gegen einen Löwen kämpffen; die Uberwinder aber gleichwol mit Pfeilen getöd- tet wurden. Endlich verlohr sich Julia von der Gesellschafft/ und ließ den Mercur ihre Gäste in ein lustiges Thal leiten; da sie denn auf ei- nem mit fruchtbaren Bäumen überschatteten Felsen die Julia mit zwölff andern Frauenzim- mern in Gestalt der badenden Diana finger- nackt antraffen. Kurtz darauf hörten sie ein Ge- thöne der Jäger - Hörner/ und Gebelle der Hunde. Worauff sich denn ein wolausgeputzter Jäger sehen ließ/ und biß an diß Bad eine Hin- din verfolgte. So bald aber Julia und ihre Gespielen ihn mit ihrem Wasser bespritzten/ kriegte dieser ar mselige Acteon zu aller Zuschau- er Erstaunung grosse Geweihe auff den Kopff. Worauff ihn seine eigene Hunde anfielen und in Stücke zerrissen. Niemand wuste zu sa- gen/ wie es zugieng; und ich selbst als eine Zu- schauerin weiß nicht zu errathen: Ob es Ver- blendung oder Zauberey gewesen sey. Wiewol nun diese Tage August die Fürstin Asblaste auffs freundlichste unterhielt; also: daß Teren- tia gegen sie eiffersüchtig zu werden begonte; blieb er doch iederzeit in den Schrancken einer solchen Bescheidenheit: daß Asblaste nunmehr durch die einmahl geschehene hefftige Beweh- rung ihrer Keuschheit Augustens unziemliche Begierden überwunden/ und sich in völlige Sicherheit gesetzt zu haben vermeinte. Weß- wegen sie mit desto wenigern Sorgen sich den zwölfften Tag mit denen andern Göttern zu dem Vorwerge des Saturn verfügte; als bey dessen gramhafftigen Eigenschafft sie so viel we- niger Liebes-Versuchungen vermuthete; der Kayser auch auff des Römischen Rathes be- wegliche Bitte den folgenden Tag nach Rom auffbrechen wolte. Der sonst dem sanersehenden Saturn ziem- lich
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
ein kuͤnſtlicher Spring-Brunn aus Corinthi-ſchem Ertzt und Marmel; in welchem die vom verliebten Fluße Alfeus verfolgte Diana ſich und ihre Geſpielen mit Kothe bekleibet; und al- ſo ihm entrinnet. Die Speiſen waren eitel Wildpret; und von ſo vieler Art: daß es ſchien: es haͤtte das gantze Roͤmiſche Reich alle Sel- tzamkeiten ſeiner Waͤlder und Gebuͤrge dahin verſammlet; und in denen Schau-Eſſen wa- ren nicht nur alle nur erſinnliche Thiere/ ſon- dern alle Geſchichte/ die man von der Diana oder beruͤhmten Jaͤgern erzehlet/ abgebildet. Nach der Taffel fuͤhrte Julia ihre Gaͤſte mit- ten in den Forſt; da ſie/ nach dem die Jaͤger al- ter Gewonheit nach die falſche Diana um Er- laubnuͤs zu jagen angeflehet/ und den erſten ge- hetzten Haſen/ entweder weil ihr Fleiſch ſchoͤn machen/ oder ſie fuͤr andern Thieren ein groß Hertze haben ſollen/ der Liebe zu opffern fort- geſchickt hatten/ zum erſten in einer umgarn- ten Stallung mehr/ als tauſend Haſen/ wor- von aber die jungen alsbald abgeſondert/ und der Diana zu Liebe loß gelaſſen wurden; theils die Hunde erwuͤrgen/ theils ihre Gaͤſte mit Pfeilen erlegen ließ. Hierauff kamen in die Stallung dreyhundert Fuͤchſe; welche von de- nen Jaͤgern eine gute Zeit in die Lufft geprellt/ und hernach allererſt zu tode gehetzt wurden. Dieſen folgten hundert Woͤlffe; welche mit ſo vielen Hunden einen blutigen Zweykampff hielten. Zweyhundert Rehe/ die alle von der Goͤtter Pfeilen fielen; ferner/ hundert wilde Schweine; die von groſſen Britanniſchen und Thraciſchen Hunden erlegt wurden. Endlich traten in die Stallung funffzig Hirſche mit groſſen Geweihen/ derer keines unter dreyzehn Enden hatte; wovon die meiſten gleicher Ge- ſtalt der Zuſchauer Pfeile faͤlleten/ etliche aber dennoch uͤber die hoͤchſten Garne ſetzten. Nach dieſer Erluſtigung fuͤhrte Julia die Verſam- lung in den nahe dabey gelegenen Thier-Gar- ten; in welchen der Kayſer alles dieſes Wild [Spaltenumbruch] aus Africa und Hiſpanien hatte bringen laſſen. Da denn in einem gemauerten Kampff-Platze anfangs drey Luchſe gegẽ drey Tiger; zuletzt ein wilder Ochſe gegen einen Loͤwen kaͤmpffen; die Uberwinder aber gleichwol mit Pfeilen getoͤd- tet wurden. Endlich verlohr ſich Julia von der Geſellſchafft/ und ließ den Mercur ihre Gaͤſte in ein luſtiges Thal leiten; da ſie denn auf ei- nem mit fruchtbaren Baͤumen uͤberſchatteten Felſen die Julia mit zwoͤlff andern Frauenzim- mern in Geſtalt der badenden Diana finger- nackt antraffen. Kurtz darauf hoͤrten ſie ein Ge- thoͤne der Jaͤger - Hoͤrner/ und Gebelle der Hunde. Worauff ſich denn ein wolausgeputzter Jaͤger ſehen ließ/ und biß an diß Bad eine Hin- din verfolgte. So bald aber Julia und ihre Geſpielen ihn mit ihrem Waſſer beſpritzten/ kriegte dieſer ar mſelige Acteon zu aller Zuſchau- er Erſtaunung groſſe Geweihe auff den Kopff. Worauff ihn ſeine eigene Hunde anfielen und in Stuͤcke zerriſſen. Niemand wuſte zu ſa- gen/ wie es zugieng; und ich ſelbſt als eine Zu- ſchauerin weiß nicht zu errathen: Ob es Ver- blendung oder Zauberey geweſen ſey. Wiewol nun dieſe Tage Auguſt die Fuͤrſtin Asblaſte auffs freundlichſte unterhielt; alſo: daß Teren- tia gegen ſie eifferſuͤchtig zu werden begonte; blieb er doch iederzeit in den Schrancken einer ſolchen Beſcheidenheit: daß Asblaſte nunmehr durch die einmahl geſchehene hefftige Beweh- rung ihrer Keuſchheit Auguſtens unziemliche Begierden uͤberwunden/ und ſich in voͤllige Sicherheit geſetzt zu haben vermeinte. Weß- wegen ſie mit deſto wenigern Sorgen ſich den zwoͤlfften Tag mit denen andern Goͤttern zu dem Vorwerge des Saturn verfuͤgte; als bey deſſen gramhafftigen Eigenſchafft ſie ſo viel we- niger Liebes-Verſuchungen vermuthete; der Kayſer auch auff des Roͤmiſchen Rathes be- wegliche Bitte den folgenden Tag nach Rom auffbrechen wolte. Der ſonſt dem ſanerſehenden Saturn ziem- lich
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Arminius und Thußnelda.
ein kuͤnſtlicher Spring-Brunn aus Corinthi-
ſchem Ertzt und Marmel; in welchem die vom
verliebten Fluße Alfeus verfolgte Diana ſich
und ihre Geſpielen mit Kothe bekleibet; und al-
ſo ihm entrinnet. Die Speiſen waren eitel
Wildpret; und von ſo vieler Art: daß es ſchien:
es haͤtte das gantze Roͤmiſche Reich alle Sel-
tzamkeiten ſeiner Waͤlder und Gebuͤrge dahin
verſammlet; und in denen Schau-Eſſen wa-
ren nicht nur alle nur erſinnliche Thiere/ ſon-
dern alle Geſchichte/ die man von der Diana
oder beruͤhmten Jaͤgern erzehlet/ abgebildet.
Nach der Taffel fuͤhrte Julia ihre Gaͤſte mit-
ten in den Forſt; da ſie/ nach dem die Jaͤger al-
ter Gewonheit nach die falſche Diana um Er-
laubnuͤs zu jagen angeflehet/ und den erſten ge-
hetzten Haſen/ entweder weil ihr Fleiſch ſchoͤn
machen/ oder ſie fuͤr andern Thieren ein groß
Hertze haben ſollen/ der Liebe zu opffern fort-
geſchickt hatten/ zum erſten in einer umgarn-
ten Stallung mehr/ als tauſend Haſen/ wor-
von aber die jungen alsbald abgeſondert/ und
der Diana zu Liebe loß gelaſſen wurden; theils
die Hunde erwuͤrgen/ theils ihre Gaͤſte mit
Pfeilen erlegen ließ. Hierauff kamen in die
Stallung dreyhundert Fuͤchſe; welche von de-
nen Jaͤgern eine gute Zeit in die Lufft geprellt/
und hernach allererſt zu tode gehetzt wurden.
Dieſen folgten hundert Woͤlffe; welche mit ſo
vielen Hunden einen blutigen Zweykampff
hielten. Zweyhundert Rehe/ die alle von der
Goͤtter Pfeilen fielen; ferner/ hundert wilde
Schweine; die von groſſen Britanniſchen und
Thraciſchen Hunden erlegt wurden. Endlich
traten in die Stallung funffzig Hirſche mit
groſſen Geweihen/ derer keines unter dreyzehn
Enden hatte; wovon die meiſten gleicher Ge-
ſtalt der Zuſchauer Pfeile faͤlleten/ etliche aber
dennoch uͤber die hoͤchſten Garne ſetzten. Nach
dieſer Erluſtigung fuͤhrte Julia die Verſam-
lung in den nahe dabey gelegenen Thier-Gar-
ten; in welchen der Kayſer alles dieſes Wild
aus Africa und Hiſpanien hatte bringen laſſen.
Da denn in einem gemauerten Kampff-Platze
anfangs drey Luchſe gegẽ drey Tiger; zuletzt ein
wilder Ochſe gegen einen Loͤwen kaͤmpffen; die
Uberwinder aber gleichwol mit Pfeilen getoͤd-
tet wurden. Endlich verlohr ſich Julia von der
Geſellſchafft/ und ließ den Mercur ihre Gaͤſte
in ein luſtiges Thal leiten; da ſie denn auf ei-
nem mit fruchtbaren Baͤumen uͤberſchatteten
Felſen die Julia mit zwoͤlff andern Frauenzim-
mern in Geſtalt der badenden Diana finger-
nackt antraffen. Kurtz darauf hoͤrten ſie ein Ge-
thoͤne der Jaͤger - Hoͤrner/ und Gebelle der
Hunde. Worauff ſich denn ein wolausgeputzter
Jaͤger ſehen ließ/ und biß an diß Bad eine Hin-
din verfolgte. So bald aber Julia und ihre
Geſpielen ihn mit ihrem Waſſer beſpritzten/
kriegte dieſer ar mſelige Acteon zu aller Zuſchau-
er Erſtaunung groſſe Geweihe auff den Kopff.
Worauff ihn ſeine eigene Hunde anfielen und
in Stuͤcke zerriſſen. Niemand wuſte zu ſa-
gen/ wie es zugieng; und ich ſelbſt als eine Zu-
ſchauerin weiß nicht zu errathen: Ob es Ver-
blendung oder Zauberey geweſen ſey. Wiewol
nun dieſe Tage Auguſt die Fuͤrſtin Asblaſte
auffs freundlichſte unterhielt; alſo: daß Teren-
tia gegen ſie eifferſuͤchtig zu werden begonte;
blieb er doch iederzeit in den Schrancken einer
ſolchen Beſcheidenheit: daß Asblaſte nunmehr
durch die einmahl geſchehene hefftige Beweh-
rung ihrer Keuſchheit Auguſtens unziemliche
Begierden uͤberwunden/ und ſich in voͤllige
Sicherheit geſetzt zu haben vermeinte. Weß-
wegen ſie mit deſto wenigern Sorgen ſich den
zwoͤlfften Tag mit denen andern Goͤttern zu
dem Vorwerge des Saturn verfuͤgte; als bey
deſſen gramhafftigen Eigenſchafft ſie ſo viel we-
niger Liebes-Verſuchungen vermuthete; der
Kayſer auch auff des Roͤmiſchen Rathes be-
wegliche Bitte den folgenden Tag nach Rom
auffbrechen wolte.
Der ſonſt dem ſanerſehenden Saturn ziem-
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1207[1209]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1273>, abgerufen am 17.07.2024. |