Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] frey ihr eusserstes thun/ solches zu verwehren.
Marbod wolte zwar in die Verunehrung dieses
Heiligthums nicht stimmen; weil die Entwei-
hung des fremden/ ja auch so gar des gantz fal-
schen Gottesdienstes/ als welcher ja besser/ als
gar keiner wäre/ mehrmahls von Gott schreck-
lich wäre bestrafft worden; so ließ er doch allent-
halben die Bauern des Landes feste machen/ vor-
gebende diesen an der Weichsel gelegenen Heyn
mit Strumpff und Stiel auszurotten; derer
aber ein gutes Theil wieder mit Fleiß entkom-
men: wormit diß Vorhaben allenthalben ruch-
bar würde. Es ist unglaublich/ wie diß Geschrey
so geschwinde alle Wüsteneyen durchdrungen/
und wie es die Lygier so geschwinde nach Car-
rodun gezogen. Unter allen diesen verbitterten
Völckern waren am grausamsten die Arier an-
zusehen/ derer Augen für Rache glüheten/ die
Riesen-Leiber mit abscheulichen Merckmahlen
blutig bezeichnet/ und alle mit kohlschwartzen
Schilden versehen waren. Sie erkieseten zu ih-
rem Angrieffe ihrer Gewonheit nach die trau-
rige Nacht/ und begleiteten ihn mit einem er-
bärmlichen Geheule. Wiewol nun Marbod
sein Heer auffs vortheilhaffteste gestellt; ein ge-
übtes Kriegs-Heer an Kriegs-Wissenschaft und
den Waffen ja vom Orte/ der Lufft und dem
aufgehenden Mohnden für den Lygiern einen
grossen Vortheil hatte; so begonte doch unter-
schiedene mahl seine Schlacht-Ordnung zu
wancken. Denn die Lygier kämpfften mehr/ als
menschlich/ und gichtiger/ als wilde oder gifftige
Thiere; lehrten also den Marbod: daß wie der
beleidigte Gottesdienst die grimmigften Ge-
müths-Entschlüssungen nach sich zeucht; die
Verzweifelung auch die feigesten behertzt macht;
also der gröste Fehler/ und die ärgste Gefahr sey
im ersten einem Volcke ans Hertze greiffen; und
mit einem verzweiffelten Feinde treffen. Das
Morden und Blutstürtzen war so grausam; das
Geheule der Streitenden/ und das Winseln der
Sterbenden so erbärmlich: daß der Monde sich
anfangs gantz blutroth färbte; gleich als selbter
[Spaltenumbruch] zugleich von so viel verspritztem Blute befleckt
würde/ hernach aber sich mit einer dicken Wol-
cken verhüllte/ gleichsam seine Augen für so viel
traurigen Todesverstellungen zu verschlüssen/
theils für so viel Wehklagen seine mitleidende
Ohren zu verstopffen. König Marbod selbst ge-
rieth zwischen einen Hauffen rasender Arier;
welche zwölff seiner um sich habender Marck-
männischer Ritter in Stücken hieben; und wäre
es um ihn gethan gewest; wenn nicht Vannius/
Thurn und Posadof ein Burischer Ritter mit
etlichen Reisigen ihm zu Hülffe kommen wären;
und dem zu Fusse fechtenden Marbod wieder zu
Pferde geholffen; ja Vannius/ weil ihm der
Schild zerspalten war/ mit seinem Arme/ einen
auf den Marbod von dem Fürsten der schwar-
tzen Arier/ Siebenhertz genennt/ geführten hefti-
gen Streich aufgefangen hätte; worüber Van-
nius denn selbst ohnmächtig zu Bodem sanck.
Endlich entsetzte ihn völlig Kunrad ein Fürst der
Marsinger mit fünff hundert Edelleuten; dar-
unter einer dem Fürsten Siebenhertz anfangs
seine Bären-Haut mit einem grossen gelben
Horne vom Kopfe rieß; hernach ihm selbten gar
zerspaltete; weßwegen ihm König Marbod das
gelbe Horn nicht nur zu seinem Schilde/ son-
dern auch zu seinem Geschlechts-Nahmen zu
führen verlieh. Ein ander Marsinger begegne-
te dem herzudringenden Fürsten der Naharva-
ler dergestalt: daß er ihm mit seinem über den
Kopff abhängenden Bären-Tatzen den halben
Schild abhieb; hernach ihm einen Pfeil recht
durch den Mund zum Nacken heraus schoß;
welchem Marbod die Bären-Klauen im Schil-
de zu führen/ und den Nahmen Pfeil gab. Hier-
über begonte es zu tagen/ und die Sterne zu er-
blassen; zugleich auch der Vortheil der Lygier zu
verschwinden/ und der Marckmänner zuzu-
nehmen; Gleich als wenn das Göttliche Ver-
hängnüs diesen Völckern den Tag/ jenen die
Nacht zum Obsiege eingetheilt hätte. Den Ly-
giern war mit Hinfallung ihres Fürsten/ und
Zertrennung der Arier auch guten Theils das

Hertze
E e e e e e e 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] frey ihr euſſerſtes thun/ ſolches zu verwehren.
Marbod wolte zwar in die Verunehrung dieſes
Heiligthums nicht ſtimmen; weil die Entwei-
hung des fremden/ ja auch ſo gar des gantz fal-
ſchen Gottesdienſtes/ als welcher ja beſſer/ als
gar keiner waͤre/ mehrmahls von Gott ſchreck-
lich waͤre beſtrafft worden; ſo ließ er doch allent-
halben die Bauern des Landes feſte machen/ vor-
gebende dieſen an der Weichſel gelegenen Heyn
mit Strumpff und Stiel auszurotten; derer
aber ein gutes Theil wieder mit Fleiß entkom-
men: wormit diß Vorhaben allenthalben ruch-
bar wuͤrde. Es iſt unglaublich/ wie diß Geſchrey
ſo geſchwinde alle Wuͤſteneyen durchdrungen/
und wie es die Lygier ſo geſchwinde nach Car-
rodun gezogen. Unter allen dieſen verbitterten
Voͤlckern waren am grauſamſten die Arier an-
zuſehen/ derer Augen fuͤr Rache gluͤheten/ die
Rieſen-Leiber mit abſcheulichen Merckmahlen
blutig bezeichnet/ und alle mit kohlſchwartzen
Schilden verſehen waren. Sie erkieſeten zu ih-
rem Angrieffe ihrer Gewonheit nach die trau-
rige Nacht/ und begleiteten ihn mit einem er-
baͤrmlichen Geheule. Wiewol nun Marbod
ſein Heer auffs vortheilhaffteſte geſtellt; ein ge-
uͤbtes Kriegs-Heer an Kriegs-Wiſſenſchaft und
den Waffen ja vom Orte/ der Lufft und dem
aufgehenden Mohnden fuͤr den Lygiern einen
groſſen Vortheil hatte; ſo begonte doch unter-
ſchiedene mahl ſeine Schlacht-Ordnung zu
wancken. Denn die Lygier kaͤmpfften mehr/ als
menſchlich/ und gichtiger/ als wilde oder gifftige
Thiere; lehrten alſo den Marbod: daß wie der
beleidigte Gottesdienſt die grimmigften Ge-
muͤths-Entſchluͤſſungen nach ſich zeucht; die
Verzweifelung auch die feigeſten behertzt macht;
alſo der groͤſte Fehler/ und die aͤrgſte Gefahr ſey
im erſten einem Volcke ans Hertze greiffen; und
mit einem verzweiffelten Feinde treffen. Das
Morden und Blutſtuͤrtzen war ſo grauſam; das
Geheule der Streitenden/ und das Winſeln der
Sterbenden ſo erbaͤrmlich: daß der Monde ſich
anfangs gantz blutroth faͤrbte; gleich als ſelbter
[Spaltenumbruch] zugleich von ſo viel verſpritztem Blute befleckt
wuͤrde/ hernach aber ſich mit einer dicken Wol-
cken verhuͤllte/ gleichſam ſeine Augen fuͤr ſo viel
traurigen Todesverſtellungen zu verſchluͤſſen/
theils fuͤr ſo viel Wehklagen ſeine mitleidende
Ohren zu verſtopffen. Koͤnig Marbod ſelbſt ge-
rieth zwiſchen einen Hauffen raſender Arier;
welche zwoͤlff ſeiner um ſich habender Marck-
maͤñiſcher Ritter in Stuͤcken hieben; und waͤre
es um ihn gethan geweſt; wenn nicht Vannius/
Thurn und Poſadof ein Buriſcher Ritter mit
etlichen Reiſigen ihm zu Huͤlffe kommen waͤren;
und dem zu Fuſſe fechtenden Marbod wieder zu
Pferde geholffen; ja Vannius/ weil ihm der
Schild zerſpalten war/ mit ſeinem Arme/ einen
auf den Marbod von dem Fuͤrſten der ſchwar-
tzen Arier/ Siebenhertz geneñt/ gefuͤhrten hefti-
gen Streich aufgefangen haͤtte; woruͤber Van-
nius denn ſelbſt ohnmaͤchtig zu Bodem ſanck.
Endlich entſetzte ihn voͤllig Kunrad ein Fuͤrſt der
Marſinger mit fuͤnff hundert Edelleuten; dar-
unter einer dem Fuͤrſten Siebenhertz anfangs
ſeine Baͤren-Haut mit einem groſſen gelben
Horne vom Kopfe rieß; hernach ihm ſelbten gar
zerſpaltete; weßwegen ihm Koͤnig Marbod das
gelbe Horn nicht nur zu ſeinem Schilde/ ſon-
dern auch zu ſeinem Geſchlechts-Nahmen zu
fuͤhren verlieh. Ein ander Marſinger begegne-
te dem herzudringenden Fuͤrſten der Naharva-
ler dergeſtalt: daß er ihm mit ſeinem uͤber den
Kopff abhaͤngenden Baͤren-Tatzen den halben
Schild abhieb; hernach ihm einen Pfeil recht
durch den Mund zum Nacken heraus ſchoß;
welchem Marbod die Baͤren-Klauen im Schil-
de zu fuͤhren/ und den Nahmen Pfeil gab. Hier-
uͤber begonte es zu tagen/ und die Sterne zu er-
blaſſen; zugleich auch der Vortheil der Lygier zu
verſchwinden/ und der Marckmaͤnner zuzu-
nehmen; Gleich als wenn das Goͤttliche Ver-
haͤngnuͤs dieſen Voͤlckern den Tag/ jenen die
Nacht zum Obſiege eingetheilt haͤtte. Den Ly-
giern war mit Hinfallung ihres Fuͤrſten/ und
Zertrennung der Arier auch guten Theils das

Hertze
E e e e e e e 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1205" n="1141[1143]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
frey ihr eu&#x017F;&#x017F;er&#x017F;tes thun/ &#x017F;olches zu verwehren.<lb/>
Marbod wolte zwar in die Verunehrung die&#x017F;es<lb/>
Heiligthums nicht &#x017F;timmen; weil die Entwei-<lb/>
hung des fremden/ ja auch &#x017F;o gar des gantz fal-<lb/>
&#x017F;chen Gottesdien&#x017F;tes/ als welcher ja be&#x017F;&#x017F;er/ als<lb/>
gar keiner wa&#x0364;re/ mehrmahls von Gott &#x017F;chreck-<lb/>
lich wa&#x0364;re be&#x017F;trafft worden; &#x017F;o ließ er doch allent-<lb/>
halben die Bauern des Landes fe&#x017F;te machen/ vor-<lb/>
gebende die&#x017F;en an der Weich&#x017F;el gelegenen Heyn<lb/>
mit Strumpff und Stiel auszurotten; derer<lb/>
aber ein gutes Theil wieder mit Fleiß entkom-<lb/>
men: wormit diß Vorhaben allenthalben ruch-<lb/>
bar wu&#x0364;rde. Es i&#x017F;t unglaublich/ wie diß Ge&#x017F;chrey<lb/>
&#x017F;o ge&#x017F;chwinde alle Wu&#x0364;&#x017F;teneyen durchdrungen/<lb/>
und wie es die Lygier &#x017F;o ge&#x017F;chwinde nach Car-<lb/>
rodun gezogen. Unter allen die&#x017F;en verbitterten<lb/>
Vo&#x0364;lckern waren am grau&#x017F;am&#x017F;ten die Arier an-<lb/>
zu&#x017F;ehen/ derer Augen fu&#x0364;r Rache glu&#x0364;heten/ die<lb/>
Rie&#x017F;en-Leiber mit ab&#x017F;cheulichen Merckmahlen<lb/>
blutig bezeichnet/ und alle mit kohl&#x017F;chwartzen<lb/>
Schilden ver&#x017F;ehen waren. Sie erkie&#x017F;eten zu ih-<lb/>
rem Angrieffe ihrer Gewonheit nach die trau-<lb/>
rige Nacht/ und begleiteten ihn mit einem er-<lb/>
ba&#x0364;rmlichen Geheule. Wiewol nun Marbod<lb/>
&#x017F;ein Heer auffs vortheilhaffte&#x017F;te ge&#x017F;tellt; ein ge-<lb/>
u&#x0364;btes Kriegs-Heer an Kriegs-Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft und<lb/>
den Waffen ja vom Orte/ der Lufft und dem<lb/>
aufgehenden Mohnden fu&#x0364;r den Lygiern einen<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Vortheil hatte; &#x017F;o begonte doch unter-<lb/>
&#x017F;chiedene mahl &#x017F;eine Schlacht-Ordnung zu<lb/>
wancken. Denn die Lygier ka&#x0364;mpfften mehr/ als<lb/>
men&#x017F;chlich/ und gichtiger/ als wilde oder gifftige<lb/>
Thiere; lehrten al&#x017F;o den Marbod: daß wie der<lb/>
beleidigte Gottesdien&#x017F;t die grimmigften Ge-<lb/>
mu&#x0364;ths-Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ungen nach &#x017F;ich zeucht; die<lb/>
Verzweifelung auch die feige&#x017F;ten behertzt macht;<lb/>
al&#x017F;o der gro&#x0364;&#x017F;te Fehler/ und die a&#x0364;rg&#x017F;te Gefahr &#x017F;ey<lb/>
im er&#x017F;ten einem Volcke ans Hertze greiffen; und<lb/>
mit einem verzweiffelten Feinde treffen. Das<lb/>
Morden und Blut&#x017F;tu&#x0364;rtzen war &#x017F;o grau&#x017F;am; das<lb/>
Geheule der Streitenden/ und das Win&#x017F;eln der<lb/>
Sterbenden &#x017F;o erba&#x0364;rmlich: daß der Monde &#x017F;ich<lb/>
anfangs gantz blutroth fa&#x0364;rbte; gleich als &#x017F;elbter<lb/><cb/>
zugleich von &#x017F;o viel ver&#x017F;pritztem Blute befleckt<lb/>
wu&#x0364;rde/ hernach aber &#x017F;ich mit einer dicken Wol-<lb/>
cken verhu&#x0364;llte/ gleich&#x017F;am &#x017F;eine Augen fu&#x0364;r &#x017F;o viel<lb/>
traurigen Todesver&#x017F;tellungen zu ver&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
theils fu&#x0364;r &#x017F;o viel Wehklagen &#x017F;eine mitleidende<lb/>
Ohren zu ver&#x017F;topffen. Ko&#x0364;nig Marbod &#x017F;elb&#x017F;t ge-<lb/>
rieth zwi&#x017F;chen einen Hauffen ra&#x017F;ender Arier;<lb/>
welche zwo&#x0364;lff &#x017F;einer um &#x017F;ich habender Marck-<lb/>
ma&#x0364;n&#x0303;i&#x017F;cher Ritter in Stu&#x0364;cken hieben; und wa&#x0364;re<lb/>
es um ihn gethan gewe&#x017F;t; wenn nicht Vannius/<lb/>
Thurn und Po&#x017F;adof ein Buri&#x017F;cher Ritter mit<lb/>
etlichen Rei&#x017F;igen ihm zu Hu&#x0364;lffe kommen wa&#x0364;ren;<lb/>
und dem zu Fu&#x017F;&#x017F;e fechtenden Marbod wieder zu<lb/>
Pferde geholffen; ja Vannius/ weil ihm der<lb/>
Schild zer&#x017F;palten war/ mit &#x017F;einem Arme/ einen<lb/>
auf den Marbod von dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten der &#x017F;chwar-<lb/>
tzen Arier/ Siebenhertz genen&#x0303;t/ gefu&#x0364;hrten hefti-<lb/>
gen Streich aufgefangen ha&#x0364;tte; woru&#x0364;ber Van-<lb/>
nius denn &#x017F;elb&#x017F;t ohnma&#x0364;chtig zu Bodem &#x017F;anck.<lb/>
Endlich ent&#x017F;etzte ihn vo&#x0364;llig Kunrad ein Fu&#x0364;r&#x017F;t der<lb/>
Mar&#x017F;inger mit fu&#x0364;nff hundert Edelleuten; dar-<lb/>
unter einer dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten Siebenhertz anfangs<lb/>
&#x017F;eine Ba&#x0364;ren-Haut mit einem gro&#x017F;&#x017F;en gelben<lb/>
Horne vom Kopfe rieß; hernach ihm &#x017F;elbten gar<lb/>
zer&#x017F;paltete; weßwegen ihm Ko&#x0364;nig Marbod das<lb/>
gelbe Horn nicht nur zu &#x017F;einem Schilde/ &#x017F;on-<lb/>
dern auch zu &#x017F;einem Ge&#x017F;chlechts-Nahmen zu<lb/>
fu&#x0364;hren verlieh. Ein ander Mar&#x017F;inger begegne-<lb/>
te dem herzudringenden Fu&#x0364;r&#x017F;ten der Naharva-<lb/>
ler derge&#x017F;talt: daß er ihm mit &#x017F;einem u&#x0364;ber den<lb/>
Kopff abha&#x0364;ngenden Ba&#x0364;ren-Tatzen den halben<lb/>
Schild abhieb; hernach ihm einen Pfeil recht<lb/>
durch den Mund zum Nacken heraus &#x017F;choß;<lb/>
welchem Marbod die Ba&#x0364;ren-Klauen im Schil-<lb/>
de zu fu&#x0364;hren/ und den Nahmen Pfeil gab. Hier-<lb/>
u&#x0364;ber begonte es zu tagen/ und die Sterne zu er-<lb/>
bla&#x017F;&#x017F;en; zugleich auch der Vortheil der Lygier zu<lb/>
ver&#x017F;chwinden/ und der Marckma&#x0364;nner zuzu-<lb/>
nehmen; Gleich als wenn das Go&#x0364;ttliche Ver-<lb/>
ha&#x0364;ngnu&#x0364;s die&#x017F;en Vo&#x0364;lckern den Tag/ jenen die<lb/>
Nacht zum Ob&#x017F;iege eingetheilt ha&#x0364;tte. Den Ly-<lb/>
giern war mit Hinfallung ihres Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ und<lb/>
Zertrennung der Arier auch guten Theils das<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E e e e e e e 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Hertze</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1141[1143]/1205] Arminius und Thußnelda. frey ihr euſſerſtes thun/ ſolches zu verwehren. Marbod wolte zwar in die Verunehrung dieſes Heiligthums nicht ſtimmen; weil die Entwei- hung des fremden/ ja auch ſo gar des gantz fal- ſchen Gottesdienſtes/ als welcher ja beſſer/ als gar keiner waͤre/ mehrmahls von Gott ſchreck- lich waͤre beſtrafft worden; ſo ließ er doch allent- halben die Bauern des Landes feſte machen/ vor- gebende dieſen an der Weichſel gelegenen Heyn mit Strumpff und Stiel auszurotten; derer aber ein gutes Theil wieder mit Fleiß entkom- men: wormit diß Vorhaben allenthalben ruch- bar wuͤrde. Es iſt unglaublich/ wie diß Geſchrey ſo geſchwinde alle Wuͤſteneyen durchdrungen/ und wie es die Lygier ſo geſchwinde nach Car- rodun gezogen. Unter allen dieſen verbitterten Voͤlckern waren am grauſamſten die Arier an- zuſehen/ derer Augen fuͤr Rache gluͤheten/ die Rieſen-Leiber mit abſcheulichen Merckmahlen blutig bezeichnet/ und alle mit kohlſchwartzen Schilden verſehen waren. Sie erkieſeten zu ih- rem Angrieffe ihrer Gewonheit nach die trau- rige Nacht/ und begleiteten ihn mit einem er- baͤrmlichen Geheule. Wiewol nun Marbod ſein Heer auffs vortheilhaffteſte geſtellt; ein ge- uͤbtes Kriegs-Heer an Kriegs-Wiſſenſchaft und den Waffen ja vom Orte/ der Lufft und dem aufgehenden Mohnden fuͤr den Lygiern einen groſſen Vortheil hatte; ſo begonte doch unter- ſchiedene mahl ſeine Schlacht-Ordnung zu wancken. Denn die Lygier kaͤmpfften mehr/ als menſchlich/ und gichtiger/ als wilde oder gifftige Thiere; lehrten alſo den Marbod: daß wie der beleidigte Gottesdienſt die grimmigften Ge- muͤths-Entſchluͤſſungen nach ſich zeucht; die Verzweifelung auch die feigeſten behertzt macht; alſo der groͤſte Fehler/ und die aͤrgſte Gefahr ſey im erſten einem Volcke ans Hertze greiffen; und mit einem verzweiffelten Feinde treffen. Das Morden und Blutſtuͤrtzen war ſo grauſam; das Geheule der Streitenden/ und das Winſeln der Sterbenden ſo erbaͤrmlich: daß der Monde ſich anfangs gantz blutroth faͤrbte; gleich als ſelbter zugleich von ſo viel verſpritztem Blute befleckt wuͤrde/ hernach aber ſich mit einer dicken Wol- cken verhuͤllte/ gleichſam ſeine Augen fuͤr ſo viel traurigen Todesverſtellungen zu verſchluͤſſen/ theils fuͤr ſo viel Wehklagen ſeine mitleidende Ohren zu verſtopffen. Koͤnig Marbod ſelbſt ge- rieth zwiſchen einen Hauffen raſender Arier; welche zwoͤlff ſeiner um ſich habender Marck- maͤñiſcher Ritter in Stuͤcken hieben; und waͤre es um ihn gethan geweſt; wenn nicht Vannius/ Thurn und Poſadof ein Buriſcher Ritter mit etlichen Reiſigen ihm zu Huͤlffe kommen waͤren; und dem zu Fuſſe fechtenden Marbod wieder zu Pferde geholffen; ja Vannius/ weil ihm der Schild zerſpalten war/ mit ſeinem Arme/ einen auf den Marbod von dem Fuͤrſten der ſchwar- tzen Arier/ Siebenhertz geneñt/ gefuͤhrten hefti- gen Streich aufgefangen haͤtte; woruͤber Van- nius denn ſelbſt ohnmaͤchtig zu Bodem ſanck. Endlich entſetzte ihn voͤllig Kunrad ein Fuͤrſt der Marſinger mit fuͤnff hundert Edelleuten; dar- unter einer dem Fuͤrſten Siebenhertz anfangs ſeine Baͤren-Haut mit einem groſſen gelben Horne vom Kopfe rieß; hernach ihm ſelbten gar zerſpaltete; weßwegen ihm Koͤnig Marbod das gelbe Horn nicht nur zu ſeinem Schilde/ ſon- dern auch zu ſeinem Geſchlechts-Nahmen zu fuͤhren verlieh. Ein ander Marſinger begegne- te dem herzudringenden Fuͤrſten der Naharva- ler dergeſtalt: daß er ihm mit ſeinem uͤber den Kopff abhaͤngenden Baͤren-Tatzen den halben Schild abhieb; hernach ihm einen Pfeil recht durch den Mund zum Nacken heraus ſchoß; welchem Marbod die Baͤren-Klauen im Schil- de zu fuͤhren/ und den Nahmen Pfeil gab. Hier- uͤber begonte es zu tagen/ und die Sterne zu er- blaſſen; zugleich auch der Vortheil der Lygier zu verſchwinden/ und der Marckmaͤnner zuzu- nehmen; Gleich als wenn das Goͤttliche Ver- haͤngnuͤs dieſen Voͤlckern den Tag/ jenen die Nacht zum Obſiege eingetheilt haͤtte. Den Ly- giern war mit Hinfallung ihres Fuͤrſten/ und Zertrennung der Arier auch guten Theils das Hertze E e e e e e e 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1205
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1141[1143]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1205>, abgerufen am 23.11.2024.