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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] das Recht und die Gesetze allezeit dem verwil-
ligten Gehorsame mit eingedrungen/ und die
Gewalt zwischen dem Volcke und dem Für-
sten gleichsam wechselweise eingetheilet/ also ein
böser Fürst nichts minder/ als ein schädlicher
Vormünde seines Amptes zu entsetzen wäre.
Ja die Völcker/ welche ihrer Herrscher Lastern
selbst fahrläßig den Zügel schüssen liessen/ und
durch die Finger sähen/ machten sich derselben
theilhafftig; und hätten mehrmahls die Gött-
liche Rache für ihre Fürsten empfinden müssen.
Zu dem änderten sich mehrmahls die Beschaf-
fenheiten der Menschen; und die/ welchen eine
natürliche Dienstbarkeit angeboren gewest/
zeugten mehrmahls freye Gemüther. Solten
diese darum in der Knechtschafft ihrer Eltern
verschmachten? oder sich einen Menschen im
ewigen Kercker halten lassen/ dem GOtt und
die Natur selbst die Fessel abgenommen hätte?
diese zeigte den Menschen selbst eine Richtschnur
in dem Gestirne/ derer zwey höchste Fürsten/
nehmlich die Sonne von dem weit niedrigern
Mohnden/ dieser aber von der untersten Erde
verfinstert würden. Nach diesem himmlischen
Beyspiele hätten alle Völcker wieder ihre un-
tüchtigen Häupter den Kopff empor gehoben/
und ihnen das Licht/ wenn sie selbtes zur Einä-
scherung ihrer Länder mißbrauchen wollen/
ausgelescht. Ungeachtet die Persen ihre Kö-
nige gleichsam als Götter anbeteten; hätten sie
doch den Smerdes vom Stule gestossen/ und
den unglücklichen Xerxes hingerichtet. Die
Mohren machten zwischen GOtt und ihrem
Könige schier keinen Unterscheid; Gleichwol
müste er auf des Priesters Befehl ihm selbst das
Licht ausblasen. Die Argiver hätten über O-
resten ein ordentlich Blut-Gerichte gehegt;
Thrasybulens Bildnüß wäre in dem Tempel/
und des Brutus auffs Rath-Hauß gesetzt wor-
den; weil jener sein Vaterland von dem grau-
samsten Critias/ dieser vom hoffärtigen Tarquin
errettet hätte. Eben diesen Preiß würden alle
[Spaltenumbruch] Richter über den Britton bey der Nach-Welt
verdienen; wenn gleich die gegenwärtige ihnen
für erlangte Freyheit keinen Danck wissen sol-
te. Der Burier Gesandte versetzte: Wenn
ein Volck einmahl ein Haupt erkiesete/ hätte
selbtes sich nichts minder/ als ein Knecht/ der
sich in die Dienstbarkeit verkaufft/ aller Frey-
heit enteussert; und stünde ihm nichts weniger
zu/ als seines Herrn Für nehmen zu untersu-
chen. Eines Ehweibes Willkühr wäre es zwar
anfangs einen Mann zu erwehlen/ hernach aber
der Nothwendigkeit ihm zu gehorsamen. Zu
dem wäre Britton vom Volcke nicht erkieset/
sondern durch Erbrecht zu der Herrschafft kom-
men. Es lieffe wieder sich selbst: daß das Volck
ein Herr seines Herren seyn solte. Alle Herr-
schafften hätten nicht allein ihr Absehen auf den
Nutzen des Volckes/ sondern zugleich/ oder
auch zuweilen nur auf des Fürsten. Das er-
stere geschehe mit Rechte/ wenn ein schwaches
Volck eines mächtigen Fürsten Schutz erweh-
let; das letztere/ wenn er durch rechtmäßigen
Krieg es ihm unterworffen. Vormünde wä-
ren zwar auch nicht zum eigen-sondern zu ihrer
Mündlein Nutz bestellt; Gleichwol hätten jene
nur diesen/ diese aber jenen nichts zu befehlen;
weniger sie abzusetzen/ sondern nur ein höherer/
welchen ein Fürst nicht hätte. Kein so grimmi-
ger Wütterich hätte auch noch gelebt; weniger
hätte Britton es angezielt das Volck gäntzlich
aus zutilgen; und auf solchen Fall stünde diesem
doch besser ein Schild/ als das Rach-Schwerdt
an. Denn Fürsten hätten ihre Unschuld nur
gegen dem Himmel zu verantworten. Uber das
Volck wäre die Obrigkeit; über die Obrigkeit
der Fürst/ über Fürsten GOtt allein Richter;
ohne dessen Wahl keiner den Stul beträte. Kein
Volck besudelte durch Gehorsam sich mit seines
Königes Lastern/ wenn selbter sich nur nicht
zum Werckzeuge brauchen liesse; der aber greif-
fe GOtt in Richter-Stab/ der über die Götter
dieser Welt ihm eine Botmäßigkeit zueignete.

Fürsten

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] das Recht und die Geſetze allezeit dem verwil-
ligten Gehorſame mit eingedrungen/ und die
Gewalt zwiſchen dem Volcke und dem Fuͤr-
ſten gleichſam wechſelweiſe eingetheilet/ alſo ein
boͤſer Fuͤrſt nichts minder/ als ein ſchaͤdlicher
Vormuͤnde ſeines Amptes zu entſetzen waͤre.
Ja die Voͤlcker/ welche ihrer Herꝛſcher Laſtern
ſelbſt fahrlaͤßig den Zuͤgel ſchuͤſſen lieſſen/ und
durch die Finger ſaͤhen/ machten ſich derſelben
theilhafftig; und haͤtten mehrmahls die Goͤtt-
liche Rache fuͤr ihre Fuͤrſten empfinden muͤſſen.
Zu dem aͤnderten ſich mehrmahls die Beſchaf-
fenheiten der Menſchen; und die/ welchen eine
natuͤrliche Dienſtbarkeit angeboren geweſt/
zeugten mehrmahls freye Gemuͤther. Solten
dieſe darum in der Knechtſchafft ihrer Eltern
verſchmachten? oder ſich einen Menſchen im
ewigen Kercker halten laſſen/ dem GOtt und
die Natur ſelbſt die Feſſel abgenommen haͤtte?
dieſe zeigte den Menſchen ſelbſt eine Richtſchnur
in dem Geſtirne/ derer zwey hoͤchſte Fuͤrſten/
nehmlich die Sonne von dem weit niedrigern
Mohnden/ dieſer aber von der unterſten Erde
verfinſtert wuͤrden. Nach dieſem himmliſchen
Beyſpiele haͤtten alle Voͤlcker wieder ihre un-
tuͤchtigen Haͤupter den Kopff empor gehoben/
und ihnen das Licht/ wenn ſie ſelbtes zur Einaͤ-
ſcherung ihrer Laͤnder mißbrauchen wollen/
ausgeleſcht. Ungeachtet die Perſen ihre Koͤ-
nige gleichſam als Goͤtter anbeteten; haͤtten ſie
doch den Smerdes vom Stule geſtoſſen/ und
den ungluͤcklichen Xerxes hingerichtet. Die
Mohren machten zwiſchen GOtt und ihrem
Koͤnige ſchier keinen Unterſcheid; Gleichwol
muͤſte er auf des Prieſters Befehl ihm ſelbſt das
Licht ausblaſen. Die Argiver haͤtten uͤber O-
reſten ein ordentlich Blut-Gerichte gehegt;
Thraſybulens Bildnuͤß waͤre in dem Tempel/
und des Brutus auffs Rath-Hauß geſetzt wor-
den; weil jener ſein Vaterland von dem grau-
ſamſten Critias/ dieſer vom hoffaͤrtigen Tarquin
errettet haͤtte. Eben dieſen Preiß wuͤrden alle
[Spaltenumbruch] Richter uͤber den Britton bey der Nach-Welt
verdienen; wenn gleich die gegenwaͤrtige ihnen
fuͤr erlangte Freyheit keinen Danck wiſſen ſol-
te. Der Burier Geſandte verſetzte: Wenn
ein Volck einmahl ein Haupt erkieſete/ haͤtte
ſelbtes ſich nichts minder/ als ein Knecht/ der
ſich in die Dienſtbarkeit verkaufft/ aller Frey-
heit enteuſſert; und ſtuͤnde ihm nichts weniger
zu/ als ſeines Herꝛn Fuͤr nehmen zu unterſu-
chen. Eines Ehweibes Willkuͤhr waͤre es zwar
anfangs einen Mann zu erwehlen/ hernach abeꝛ
der Nothwendigkeit ihm zu gehorſamen. Zu
dem waͤre Britton vom Volcke nicht erkieſet/
ſondern durch Erbrecht zu der Herꝛſchafft kom-
men. Es lieffe wieder ſich ſelbſt: daß das Volck
ein Herꝛ ſeines Herꝛen ſeyn ſolte. Alle Herꝛ-
ſchafften haͤtten nicht allein ihr Abſehen auf den
Nutzen des Volckes/ ſondern zugleich/ oder
auch zuweilen nur auf des Fuͤrſten. Das er-
ſtere geſchehe mit Rechte/ wenn ein ſchwaches
Volck eines maͤchtigen Fuͤrſten Schutz erweh-
let; das letztere/ wenn er durch rechtmaͤßigen
Krieg es ihm unterworffen. Vormuͤnde waͤ-
ren zwar auch nicht zum eigen-ſondern zu ihrer
Muͤndlein Nutz beſtellt; Gleichwol haͤtten jene
nur dieſen/ dieſe aber jenen nichts zu befehlen;
weniger ſie abzuſetzen/ ſondern nur ein hoͤhereꝛ/
welchen ein Fuͤrſt nicht haͤtte. Kein ſo grimmi-
ger Wuͤtterich haͤtte auch noch gelebt; weniger
haͤtte Britton es angezielt das Volck gaͤntzlich
aus zutilgen; und auf ſolchen Fall ſtuͤnde dieſem
doch beſſer ein Schild/ als das Rach-Schwerdt
an. Denn Fuͤrſten haͤtten ihre Unſchuld nur
gegen dem Himmel zu verantworten. Uber das
Volck waͤre die Obrigkeit; uͤber die Obrigkeit
der Fuͤrſt/ uͤber Fuͤrſten GOtt allein Richter;
ohne deſſen Wahl keiner den Stul betraͤte. Kein
Volck beſudelte durch Gehorſam ſich mit ſeines
Koͤniges Laſtern/ wenn ſelbter ſich nur nicht
zum Werckzeuge brauchen lieſſe; der aber greif-
fe GOtt in Richter-Stab/ der uͤber die Goͤtter
dieſer Welt ihm eine Botmaͤßigkeit zueignete.

Fuͤrſten
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[1082[1084]/1146] Siebendes Buch das Recht und die Geſetze allezeit dem verwil- ligten Gehorſame mit eingedrungen/ und die Gewalt zwiſchen dem Volcke und dem Fuͤr- ſten gleichſam wechſelweiſe eingetheilet/ alſo ein boͤſer Fuͤrſt nichts minder/ als ein ſchaͤdlicher Vormuͤnde ſeines Amptes zu entſetzen waͤre. Ja die Voͤlcker/ welche ihrer Herꝛſcher Laſtern ſelbſt fahrlaͤßig den Zuͤgel ſchuͤſſen lieſſen/ und durch die Finger ſaͤhen/ machten ſich derſelben theilhafftig; und haͤtten mehrmahls die Goͤtt- liche Rache fuͤr ihre Fuͤrſten empfinden muͤſſen. Zu dem aͤnderten ſich mehrmahls die Beſchaf- fenheiten der Menſchen; und die/ welchen eine natuͤrliche Dienſtbarkeit angeboren geweſt/ zeugten mehrmahls freye Gemuͤther. Solten dieſe darum in der Knechtſchafft ihrer Eltern verſchmachten? oder ſich einen Menſchen im ewigen Kercker halten laſſen/ dem GOtt und die Natur ſelbſt die Feſſel abgenommen haͤtte? dieſe zeigte den Menſchen ſelbſt eine Richtſchnur in dem Geſtirne/ derer zwey hoͤchſte Fuͤrſten/ nehmlich die Sonne von dem weit niedrigern Mohnden/ dieſer aber von der unterſten Erde verfinſtert wuͤrden. Nach dieſem himmliſchen Beyſpiele haͤtten alle Voͤlcker wieder ihre un- tuͤchtigen Haͤupter den Kopff empor gehoben/ und ihnen das Licht/ wenn ſie ſelbtes zur Einaͤ- ſcherung ihrer Laͤnder mißbrauchen wollen/ ausgeleſcht. Ungeachtet die Perſen ihre Koͤ- nige gleichſam als Goͤtter anbeteten; haͤtten ſie doch den Smerdes vom Stule geſtoſſen/ und den ungluͤcklichen Xerxes hingerichtet. Die Mohren machten zwiſchen GOtt und ihrem Koͤnige ſchier keinen Unterſcheid; Gleichwol muͤſte er auf des Prieſters Befehl ihm ſelbſt das Licht ausblaſen. Die Argiver haͤtten uͤber O- reſten ein ordentlich Blut-Gerichte gehegt; Thraſybulens Bildnuͤß waͤre in dem Tempel/ und des Brutus auffs Rath-Hauß geſetzt wor- den; weil jener ſein Vaterland von dem grau- ſamſten Critias/ dieſer vom hoffaͤrtigen Tarquin errettet haͤtte. Eben dieſen Preiß wuͤrden alle Richter uͤber den Britton bey der Nach-Welt verdienen; wenn gleich die gegenwaͤrtige ihnen fuͤr erlangte Freyheit keinen Danck wiſſen ſol- te. Der Burier Geſandte verſetzte: Wenn ein Volck einmahl ein Haupt erkieſete/ haͤtte ſelbtes ſich nichts minder/ als ein Knecht/ der ſich in die Dienſtbarkeit verkaufft/ aller Frey- heit enteuſſert; und ſtuͤnde ihm nichts weniger zu/ als ſeines Herꝛn Fuͤr nehmen zu unterſu- chen. Eines Ehweibes Willkuͤhr waͤre es zwar anfangs einen Mann zu erwehlen/ hernach abeꝛ der Nothwendigkeit ihm zu gehorſamen. Zu dem waͤre Britton vom Volcke nicht erkieſet/ ſondern durch Erbrecht zu der Herꝛſchafft kom- men. Es lieffe wieder ſich ſelbſt: daß das Volck ein Herꝛ ſeines Herꝛen ſeyn ſolte. Alle Herꝛ- ſchafften haͤtten nicht allein ihr Abſehen auf den Nutzen des Volckes/ ſondern zugleich/ oder auch zuweilen nur auf des Fuͤrſten. Das er- ſtere geſchehe mit Rechte/ wenn ein ſchwaches Volck eines maͤchtigen Fuͤrſten Schutz erweh- let; das letztere/ wenn er durch rechtmaͤßigen Krieg es ihm unterworffen. Vormuͤnde waͤ- ren zwar auch nicht zum eigen-ſondern zu ihrer Muͤndlein Nutz beſtellt; Gleichwol haͤtten jene nur dieſen/ dieſe aber jenen nichts zu befehlen; weniger ſie abzuſetzen/ ſondern nur ein hoͤhereꝛ/ welchen ein Fuͤrſt nicht haͤtte. Kein ſo grimmi- ger Wuͤtterich haͤtte auch noch gelebt; weniger haͤtte Britton es angezielt das Volck gaͤntzlich aus zutilgen; und auf ſolchen Fall ſtuͤnde dieſem doch beſſer ein Schild/ als das Rach-Schwerdt an. Denn Fuͤrſten haͤtten ihre Unſchuld nur gegen dem Himmel zu verantworten. Uber das Volck waͤre die Obrigkeit; uͤber die Obrigkeit der Fuͤrſt/ uͤber Fuͤrſten GOtt allein Richter; ohne deſſen Wahl keiner den Stul betraͤte. Kein Volck beſudelte durch Gehorſam ſich mit ſeines Koͤniges Laſtern/ wenn ſelbter ſich nur nicht zum Werckzeuge brauchen lieſſe; der aber greif- fe GOtt in Richter-Stab/ der uͤber die Goͤtter dieſer Welt ihm eine Botmaͤßigkeit zueignete. Fuͤrſten

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1082[1084]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1146>, abgerufen am 23.11.2024.