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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] Dienstbarkeit eine Tugend/ ihr Geschlechte
niemahls zu herrschen gewohnet/ derer aus Kö-
niglichem Uhrsprunge zur Herrschafft gelan-
gender Leute Eigenschafft aber wäre/ in der
Bothmäßigkeit keine Maaß halten/ und ihrer
Hoffart kein Ziel stecken. Auch müste man
sich nicht Asblastens angenommene Tugenden
irre machen lassen. Denn die Laster wären
niemahls gefährlicher/ als in diesem Kleide;
und wie es schwer wäre der Männer Gemüther
zu ergründen; also hielte er es für Unmöglig-
keit die weiblichen ausnehmen. Dieser schlaue
und scheinbare Vorwand schaffte nicht nur eine
grosse Verbitterung bey den alten Feinden der
Cherusker/ sondern auch eine nicht geringe Ab-
neigung bey ihren Bundsgenossen; zumahl der
Hermundurer Hertzog Briton seine Tochter an
Segimern zu vermählen vergebens sich ver-
spitzt/ der Catten Hertzog Arabar aber die Hey-
rath mit der Alemännischen Fürstin Vocione
als ein dienliches Band des allgemeinen Frie-
den in Deutschland vorgeschlagen hatte. Ja
in denen Cheruskischen Ohren selbst gewan die-
ser Vorschlag einen so süssen Klang: daß sie dem
Fürsten Segimer anmutheten/ entweder die
ohne diß unfruchtbare Asblaste gar zu verstos-
sen/ oder/ Vermöge der denen Fürsten in
Deutschland vor Alters her zukommender
Freyheit noch eine Gemahlin zu erkiesen. Her-
tzog Segimer nahm diese Meynung übel auff;
sahe die sich hiervon nur etwas aufzuwerffen er-
kühnenden sauer an; und hielt ihnen ein: Für-
sten hätten wol Macht ihren Unterthanen/ ob
und wen sie heyrathen solten/ Gesetze vorzu-
schreiben/ damit nicht des Vaterlandes Güter
in die Fremde kämen/ oder verdächtige Aus-
länder einnisteten; diese aber könten die Ehen
der Fürsten eben so wenig ohne Unvernunfft/
als die Sternseher die Vereinbarungen der
Gestirne tadeln. Gleichwol verbarg er dieses
Unvergnügen des Volckes für seiner so hertz-
lich geliebten Asblasten auffs möglichste: Allei-
[Spaltenumbruch] ne es ist kein Ritz so enge/ durch welchen nicht
die Heucheley den Fürsten die verborgensten
Heimligkeiten zustecken könne. Wiewol all-
hier das Mitleiden einer an dem Cheruskischen
Hofe lebender Dulgibinischen Fürstin diese be-
kümmerte Zeitung Asblasten am ersten zubrach-
te/ wormit sie durch ihre Klugheit dieser Gefahr
so viel leichter/ und ehe das Ubel mehr Wurtzel
faste/ vorbeugen könte. Als nun ein und an-
dere Frauen-Zimmer nach und nach eben diß
erwehnten/ Hertzog Segimer aber hiervon ge-
gen sie das geringste nicht mercken ließ; verfiel
ihr heimlicher Kummer in einen empfindlichen
Argwohn: daß er unter der Hand mit der nicht
nur schönen/ sondern auch überaus reichen und
verständigen Fürstin Vocione eine Heyrath
abhandeln liesse/ und daß man ihr erst nach ge-
schlossener und unhintertreiblicher Sache hier-
von Meldung thun/ um ihr auff einen Schlag
alle Wiedersprechung abzuschneiden. Es ist
noch zur Zeit ungewiß: ob die übermäßige Be-
gierde Asblastens ihren Eh-Herrn auch mit ih-
rer eussersten Seelen-Kränckung zu vergnü-
gen/ oder die unrechte Tochter der Liebe/ nem-
lich die Eyversucht sie eine seltzame Entschlüs-
sung zu fassen bewegt habe. Denn als Segimer
von dem Feldherrn seinem Vater mit etlichen
tausend Edelleuten gegen die Alemannische
Gräntzen wieder den besorgten Einbruch ge-
schickt ward/ bildete ihr Asblaste ein: es wäre
unter diesen Schalen viel ein ander Kern/
nehmlich die gäntzliche Vollziehung einer neu-
en Heyrath mit Vocionen verborgen. Daher
machte sie sich in männlicher Tracht mit zwey-
en ihrer getreuesten und lebhafftesten aus Par-
then gebrachten Jungfrauen heimlich aus dem
Staube. Der Feldherr Aembrich ließ ihr ver-
gebens auff allen Strassen nachsetzen/ weil ei-
ne ihrer Jungfrauen unter vorgewendeter Un-
päßligkeit ihre Entrinnung drey Tage verhö-
lete; der zurückkommende Segimer aber/ wel-
cher etliche Bojische Oerter wieder erobert/ und

den

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] Dienſtbarkeit eine Tugend/ ihr Geſchlechte
niemahls zu herꝛſchen gewohnet/ derer aus Koͤ-
niglichem Uhrſprunge zur Herꝛſchafft gelan-
gender Leute Eigenſchafft aber waͤre/ in der
Bothmaͤßigkeit keine Maaß halten/ und ihrer
Hoffart kein Ziel ſtecken. Auch muͤſte man
ſich nicht Asblaſtens angenommene Tugenden
irre machen laſſen. Denn die Laſter waͤren
niemahls gefaͤhrlicher/ als in dieſem Kleide;
und wie es ſchwer waͤre der Maͤnner Gemuͤtheꝛ
zu ergruͤnden; alſo hielte er es fuͤr Unmoͤglig-
keit die weiblichen ausnehmen. Dieſer ſchlaue
und ſcheinbare Vorwand ſchaffte nicht nur eine
groſſe Verbitterung bey den alten Feinden der
Cherusker/ ſondern auch eine nicht geringe Ab-
neigung bey ihren Bundsgenoſſen; zumahl der
Hermundurer Hertzog Briton ſeine Tochter an
Segimern zu vermaͤhlen vergebens ſich ver-
ſpitzt/ der Catten Hertzog Arabar aber die Hey-
rath mit der Alemaͤnniſchen Fuͤrſtin Vocione
als ein dienliches Band des allgemeinen Frie-
den in Deutſchland vorgeſchlagen hatte. Ja
in denen Cheruskiſchen Ohren ſelbſt gewan die-
ſer Vorſchlag einen ſo ſuͤſſen Klang: daß ſie dem
Fuͤrſten Segimer anmutheten/ entweder die
ohne diß unfruchtbare Asblaſte gar zu verſtoſ-
ſen/ oder/ Vermoͤge der denen Fuͤrſten in
Deutſchland vor Alters her zukommender
Freyheit noch eine Gemahlin zu erkieſen. Her-
tzog Segimer nahm dieſe Meynung uͤbel auff;
ſahe die ſich hiervon nur etwas aufzuwerffen er-
kuͤhnenden ſauer an; und hielt ihnen ein: Fuͤr-
ſten haͤtten wol Macht ihren Unterthanen/ ob
und wen ſie heyrathen ſolten/ Geſetze vorzu-
ſchreiben/ damit nicht des Vaterlandes Guͤter
in die Fremde kaͤmen/ oder verdaͤchtige Aus-
laͤnder einniſteten; dieſe aber koͤnten die Ehen
der Fuͤrſten eben ſo wenig ohne Unvernunfft/
als die Sternſeher die Vereinbarungen der
Geſtirne tadeln. Gleichwol verbarg er dieſes
Unvergnuͤgen des Volckes fuͤr ſeiner ſo hertz-
lich geliebten Asblaſten auffs moͤglichſte: Allei-
[Spaltenumbruch] ne es iſt kein Ritz ſo enge/ durch welchen nicht
die Heucheley den Fuͤrſten die verborgenſten
Heimligkeiten zuſtecken koͤnne. Wiewol all-
hier das Mitleiden einer an dem Cheruskiſchen
Hofe lebender Dulgibiniſchen Fuͤrſtin dieſe be-
kuͤm̃erte Zeitung Asblaſten am erſten zubrach-
te/ wormit ſie durch ihre Klugheit dieſer Gefahr
ſo viel leichter/ und ehe das Ubel mehr Wurtzel
faſte/ vorbeugen koͤnte. Als nun ein und an-
dere Frauen-Zimmer nach und nach eben diß
erwehnten/ Hertzog Segimer aber hiervon ge-
gen ſie das geringſte nicht mercken ließ; verfiel
ihr heimlicher Kummer in einen empfindlichen
Argwohn: daß er unter der Hand mit der nicht
nur ſchoͤnen/ ſondern auch uͤberaus reichen und
verſtaͤndigen Fuͤrſtin Vocione eine Heyrath
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ſchloſſener und unhintertreiblicher Sache hier-
von Meldung thun/ um ihr auff einen Schlag
alle Wiederſprechung abzuſchneiden. Es iſt
noch zur Zeit ungewiß: ob die uͤbermaͤßige Be-
gierde Asblaſtens ihren Eh-Herꝛn auch mit ih-
rer euſſerſten Seelen-Kraͤnckung zu vergnuͤ-
gen/ oder die unrechte Tochter der Liebe/ nem-
lich die Eyverſucht ſie eine ſeltzame Entſchluͤſ-
ſung zu faſſen bewegt habe. Denn als Segimer
von dem Feldherꝛn ſeinem Vater mit etlichen
tauſend Edelleuten gegen die Alemanniſche
Graͤntzen wieder den beſorgten Einbruch ge-
ſchickt ward/ bildete ihr Asblaſte ein: es waͤre
unter dieſen Schalen viel ein ander Kern/
nehmlich die gaͤntzliche Vollziehung einer neu-
en Heyrath mit Vocionen verborgen. Daher
machte ſie ſich in maͤnnlicher Tracht mit zwey-
en ihrer getreueſten und lebhaffteſten aus Par-
then gebrachten Jungfrauen heimlich aus dem
Staube. Der Feldherꝛ Aembrich ließ ihr ver-
gebens auff allen Straſſen nachſetzen/ weil ei-
ne ihrer Jungfrauen unter vorgewendeter Un-
paͤßligkeit ihre Entrinnung drey Tage verhoͤ-
lete; der zuruͤckkommende Segimer aber/ wel-
cher etliche Bojiſche Oerter wieder erobert/ und

den
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[1040[1042]/1104] Siebendes Buch Dienſtbarkeit eine Tugend/ ihr Geſchlechte niemahls zu herꝛſchen gewohnet/ derer aus Koͤ- niglichem Uhrſprunge zur Herꝛſchafft gelan- gender Leute Eigenſchafft aber waͤre/ in der Bothmaͤßigkeit keine Maaß halten/ und ihrer Hoffart kein Ziel ſtecken. Auch muͤſte man ſich nicht Asblaſtens angenommene Tugenden irre machen laſſen. Denn die Laſter waͤren niemahls gefaͤhrlicher/ als in dieſem Kleide; und wie es ſchwer waͤre der Maͤnner Gemuͤtheꝛ zu ergruͤnden; alſo hielte er es fuͤr Unmoͤglig- keit die weiblichen ausnehmen. Dieſer ſchlaue und ſcheinbare Vorwand ſchaffte nicht nur eine groſſe Verbitterung bey den alten Feinden der Cherusker/ ſondern auch eine nicht geringe Ab- neigung bey ihren Bundsgenoſſen; zumahl der Hermundurer Hertzog Briton ſeine Tochter an Segimern zu vermaͤhlen vergebens ſich ver- ſpitzt/ der Catten Hertzog Arabar aber die Hey- rath mit der Alemaͤnniſchen Fuͤrſtin Vocione als ein dienliches Band des allgemeinen Frie- den in Deutſchland vorgeſchlagen hatte. Ja in denen Cheruskiſchen Ohren ſelbſt gewan die- ſer Vorſchlag einen ſo ſuͤſſen Klang: daß ſie dem Fuͤrſten Segimer anmutheten/ entweder die ohne diß unfruchtbare Asblaſte gar zu verſtoſ- ſen/ oder/ Vermoͤge der denen Fuͤrſten in Deutſchland vor Alters her zukommender Freyheit noch eine Gemahlin zu erkieſen. Her- tzog Segimer nahm dieſe Meynung uͤbel auff; ſahe die ſich hiervon nur etwas aufzuwerffen er- kuͤhnenden ſauer an; und hielt ihnen ein: Fuͤr- ſten haͤtten wol Macht ihren Unterthanen/ ob und wen ſie heyrathen ſolten/ Geſetze vorzu- ſchreiben/ damit nicht des Vaterlandes Guͤter in die Fremde kaͤmen/ oder verdaͤchtige Aus- laͤnder einniſteten; dieſe aber koͤnten die Ehen der Fuͤrſten eben ſo wenig ohne Unvernunfft/ als die Sternſeher die Vereinbarungen der Geſtirne tadeln. Gleichwol verbarg er dieſes Unvergnuͤgen des Volckes fuͤr ſeiner ſo hertz- lich geliebten Asblaſten auffs moͤglichſte: Allei- ne es iſt kein Ritz ſo enge/ durch welchen nicht die Heucheley den Fuͤrſten die verborgenſten Heimligkeiten zuſtecken koͤnne. Wiewol all- hier das Mitleiden einer an dem Cheruskiſchen Hofe lebender Dulgibiniſchen Fuͤrſtin dieſe be- kuͤm̃erte Zeitung Asblaſten am erſten zubrach- te/ wormit ſie durch ihre Klugheit dieſer Gefahr ſo viel leichter/ und ehe das Ubel mehr Wurtzel faſte/ vorbeugen koͤnte. Als nun ein und an- dere Frauen-Zimmer nach und nach eben diß erwehnten/ Hertzog Segimer aber hiervon ge- gen ſie das geringſte nicht mercken ließ; verfiel ihr heimlicher Kummer in einen empfindlichen Argwohn: daß er unter der Hand mit der nicht nur ſchoͤnen/ ſondern auch uͤberaus reichen und verſtaͤndigen Fuͤrſtin Vocione eine Heyrath abhandeln lieſſe/ und daß man ihr erſt nach ge- ſchloſſener und unhintertreiblicher Sache hier- von Meldung thun/ um ihr auff einen Schlag alle Wiederſprechung abzuſchneiden. Es iſt noch zur Zeit ungewiß: ob die uͤbermaͤßige Be- gierde Asblaſtens ihren Eh-Herꝛn auch mit ih- rer euſſerſten Seelen-Kraͤnckung zu vergnuͤ- gen/ oder die unrechte Tochter der Liebe/ nem- lich die Eyverſucht ſie eine ſeltzame Entſchluͤſ- ſung zu faſſen bewegt habe. Denn als Segimer von dem Feldherꝛn ſeinem Vater mit etlichen tauſend Edelleuten gegen die Alemanniſche Graͤntzen wieder den beſorgten Einbruch ge- ſchickt ward/ bildete ihr Asblaſte ein: es waͤre unter dieſen Schalen viel ein ander Kern/ nehmlich die gaͤntzliche Vollziehung einer neu- en Heyrath mit Vocionen verborgen. Daher machte ſie ſich in maͤnnlicher Tracht mit zwey- en ihrer getreueſten und lebhaffteſten aus Par- then gebrachten Jungfrauen heimlich aus dem Staube. Der Feldherꝛ Aembrich ließ ihr ver- gebens auff allen Straſſen nachſetzen/ weil ei- ne ihrer Jungfrauen unter vorgewendeter Un- paͤßligkeit ihre Entrinnung drey Tage verhoͤ- lete; der zuruͤckkommende Segimer aber/ wel- cher etliche Bojiſche Oerter wieder erobert/ und den

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1040[1042]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1104>, abgerufen am 19.05.2024.