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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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[Spaltenumbruch] seinen Gebietern als den Feldherrn Aembrich
zu seinem Herrn/ sondern beyde zu seines glei-
chen haben wolte. Uber diß empfand er: daß
nach Gotarts Tode/ welcher allein eine einige
Tochter in seiner Herrschafft hinterlassen hatte;
nicht ihm/ sondern einem Svionischen Edel-
manne Rixeston die oberste Kriegs-Verwal-
tung anvertraut ward. Denn Fürsten vertra-
gen neben sich so ungerne niedrige Gefärthen/
als das Auge der Welt neblichte Neben-Son-
nen. Dieser Gelegenheit bediente sich der
Feldherr Aembrich zu seinem ansehnlichen
Vortheil/ bot dem Hertzoge Briton anständige
Friedens-Vorschläge an; wol wissende: daß
seine Versöhnung ihm leicht vieler andern
deutschen Fürsten Gemüther gewinnen würde.
Er hätte auch unschwer seinen Zweck erreicht;
wenn nicht sein Feldhauptmann Terbal aus
Beysorge: daß der Feldherr ihn zum andern
mahl seiner Würde entsetzen/ und seinen eige-
nen aus Persien ruhmwürdigst zurückgekom-
menen Sohn Segimern darzu erheben wür-
de/ mit seinen Feinden in ein heimliches Ver-
ständniß getreten/ und seine Verrätherey mit
der Liebe des Vaterlandes/ welchem der Feld-
herr die Fessel eusserster Dienstbarkeit anzule-
gen im Schilde führte/ verdecket/ also den auff
Aembrichs Seite schon geneigten Fürsten der
Hermundurer irre gemacht hätte. Wie nun
Terbal mit dem Könige Ariovist schon zum
Schlusse eines heimlichen Bündnüßes kom-
men war; unterstand er sich die Gemüther der
andern Cheruskischen Kriegs-Obersten theils
durch Wolthaten ihrem Herrn abzustehlen;
theils durch Fürstellung seiner zweyten Abdan-
ckung gegen sich zum Mitleiden zu bewegen;
oder vielmehr ihnen fürzubilden: daß sie für ih-
re treue Dienste von einem undanckbaren Für-
sten keinen bessern Lohn/ von dem tapffern Kö-
nige Ariovist aber als einem/ der die Tugend
höher zu schätzen wüste/ zuerwarten/ auf des
Feldherrn Untergang aber eine bessere Herr-
[Spaltenumbruch] schafft des Vaterlandes und ihre eigene Wol-
farth zu ergründen hätten. Also fänget niemand
an seinen Fürsten vorsetzlich zu beleidigen: daß
er hernach darmit aufhören wolle; und weder
Ehrsucht nach Rache wissen in ihrem Begin-
nen Maaß zu halten. Terbal wuste seinem
Meyneyde eine solche Farbe anzustreichen: daß
er nicht nur die gemeinen Knechte/ welche zwar
anfangs wie das Meer unbeweglich sind/ her-
nach aber/ wenn der Wind sie einmahl erreget
hat/ auch/ wenn dieser sich schon leget/ nicht auf-
hören zu schäumen; sondern auch etliche der
Kriegs-Obersten bländete. Denn/ weil die Ehr-
süchtigen bey verwirrtem Zustande Würden
zu erlangen ihnen einbilden/ die sie ihrer Ver-
dienste halber bey ruhigem zu überkommen ih-
nen selbst nicht getrauen; die Eitelen aber sich
nicht so wol über einem abgesehenen Preiße der
auf ihre Hörner genommenen Gefahr/ als ü-
ber der Gefahr sich selbst erfreuen/ oder dem ge-
genwärtigen Gewissen das künfftige ungewisse
vorziehen; so fällt es einem verschlagenen Auf-
wiegler nicht schwer anfangs die boßhafften/
hernach die leichtsinnigen zu gewinnen/ und
endlich auch die wenigen Klugen an das allge-
meine Seil zu bringen. Gegen diese letztere
bediente er sich sonderlich des Vorwands: daß
die eingeführte Würde der Feldherrschafft mit
der Deutschen Freyheit sich nicht allerdings
vertrüge; welche dadurch verewigt würde/ wenn
alle Fürsten einander die Wage hielten; selbi-
gen Augenblick aber Schiffbruch lidte/ wenn
einer auch nur eine Staffel die andern überstie-
ge. Gleichwol aber nahm die Treue und Klug-
heit etlicher Cheruskischen Feld-Obersten Ter-
bals Boßheit zeitlich wahr/ welche dem Feld-
herrn die grosse Gefahr eilends entdeckten; und
sich zu Werckzeugen selbter zu begegnen willig
anerboten/ inzwischen aber theils Terbals An-
muthungen ausdrücklich beypflichteten/ wormit
sie seine Geheimnüsse nicht nur besser ausforsch-
ten/ sondern auch durch den Beytrag ihrer

Rath-

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] ſeinen Gebietern als den Feldherrn Aembrich
zu ſeinem Herrn/ ſondern beyde zu ſeines glei-
chen haben wolte. Uber diß empfand er: daß
nach Gotarts Tode/ welcher allein eine einige
Tochter in ſeiner Herꝛſchafft hinterlaſſen hatte;
nicht ihm/ ſondern einem Svioniſchen Edel-
manne Rixeſton die oberſte Kriegs-Verwal-
tung anvertraut ward. Denn Fuͤrſten vertra-
gen neben ſich ſo ungerne niedrige Gefaͤrthen/
als das Auge der Welt neblichte Neben-Son-
nen. Dieſer Gelegenheit bediente ſich der
Feldherꝛ Aembrich zu ſeinem anſehnlichen
Vortheil/ bot dem Hertzoge Briton anſtaͤndige
Friedens-Vorſchlaͤge an; wol wiſſende: daß
ſeine Verſoͤhnung ihm leicht vieler andern
deutſchen Fuͤrſten Gemuͤther gewiñen wuͤrde.
Er haͤtte auch unſchwer ſeinen Zweck erreicht;
wenn nicht ſein Feldhauptmann Terbal aus
Beyſorge: daß der Feldherr ihn zum andern
mahl ſeiner Wuͤrde entſetzen/ und ſeinen eige-
nen aus Perſien ruhmwuͤrdigſt zuruͤckgekom-
menen Sohn Segimern darzu erheben wuͤr-
de/ mit ſeinen Feinden in ein heimliches Ver-
ſtaͤndniß getreten/ und ſeine Verraͤtherey mit
der Liebe des Vaterlandes/ welchem der Feld-
herꝛ die Feſſel euſſerſter Dienſtbarkeit anzule-
gen im Schilde fuͤhrte/ verdecket/ alſo den auff
Aembrichs Seite ſchon geneigten Fuͤrſten der
Hermundurer irre gemacht haͤtte. Wie nun
Terbal mit dem Koͤnige Arioviſt ſchon zum
Schluſſe eines heimlichen Buͤndnuͤßes kom-
men war; unterſtand er ſich die Gemuͤther der
andern Cheruskiſchen Kriegs-Oberſten theils
durch Wolthaten ihrem Herꝛn abzuſtehlen;
theils durch Fuͤrſtellung ſeiner zweyten Abdan-
ckung gegen ſich zum Mitleiden zu bewegen;
oder vielmehr ihnen fuͤrzubilden: daß ſie fuͤr ih-
re treue Dienſte von einem undanckbaren Fuͤr-
ſten keinen beſſern Lohn/ von dem tapffern Koͤ-
nige Arioviſt aber als einem/ der die Tugend
hoͤher zu ſchaͤtzen wuͤſte/ zuerwarten/ auf des
Feldherꝛn Untergang aber eine beſſere Herꝛ-
[Spaltenumbruch] ſchafft des Vaterlandes und ihre eigene Wol-
farth zu ergruͤnden haͤtten. Alſo faͤnget niemand
an ſeinen Fuͤrſten vorſetzlich zu beleidigen: daß
er hernach darmit aufhoͤren wolle; und weder
Ehrſucht nach Rache wiſſen in ihrem Begin-
nen Maaß zu halten. Terbal wuſte ſeinem
Meyneyde eine ſolche Farbe anzuſtreichen: daß
er nicht nur die gemeinen Knechte/ welche zwar
anfangs wie das Meer unbeweglich ſind/ her-
nach aber/ wenn der Wind ſie einmahl erreget
hat/ auch/ wenn dieſer ſich ſchon leget/ nicht auf-
hoͤren zu ſchaͤumen; ſondern auch etliche der
Kriegs-Obeꝛſten blaͤndete. Denn/ weil die Ehr-
ſuͤchtigen bey verwirrtem Zuſtande Wuͤrden
zu erlangen ihnen einbilden/ die ſie ihrer Ver-
dienſte halber bey ruhigem zu uͤberkommen ih-
nen ſelbſt nicht getrauen; die Eitelen aber ſich
nicht ſo wol uͤber einem abgeſehenen Preiße der
auf ihre Hoͤrner genommenen Gefahr/ als uͤ-
ber der Gefahr ſich ſelbſt erfreuen/ oder dem ge-
genwaͤrtigen Gewiſſen das kuͤnfftige ungewiſſe
vorziehen; ſo faͤllt es einem verſchlagenen Auf-
wiegler nicht ſchwer anfangs die boßhafften/
hernach die leichtſinnigen zu gewinnen/ und
endlich auch die wenigen Klugen an das allge-
meine Seil zu bringen. Gegen dieſe letztere
bediente er ſich ſonderlich des Vorwands: daß
die eingefuͤhrte Wuͤrde der Feldherꝛſchafft mit
der Deutſchen Freyheit ſich nicht allerdings
vertruͤge; welche dadurch verewigt wuͤrde/ wenn
alle Fuͤrſten einander die Wage hielten; ſelbi-
gen Augenblick aber Schiffbruch lidte/ wenn
einer auch nur eine Staffel die andern uͤberſtie-
ge. Gleichwol aber nahm die Treue und Klug-
heit etlicher Cheruskiſchen Feld-Oberſten Ter-
bals Boßheit zeitlich wahr/ welche dem Feld-
herꝛn die groſſe Gefahr eilends entdeckten; und
ſich zu Werckzeugen ſelbter zu begegnen willig
anerboten/ inzwiſchen aber theils Terbals An-
muthungen ausdꝛuͤcklich beypflichteten/ wormit
ſie ſeine Geheimnuͤſſe nicht nur beſſer ausforſch-
ten/ ſondern auch durch den Beytrag ihrer

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1020[1022]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1084>, abgerufen am 03.07.2024.