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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] die übrigen Aduatiker leicht übermanneten und
zurück in die Stadt trieben. Nach dem nun
Hertzog Huglet nebst dem Ritter Wachten-
danck und Kulenburg zu der Römer höchsten
Verwunderung kaum drey Schritte von Cä-
sars eigenem Zelte zwischen erlegten Feinden
tod gefunden wurden/ und die in der Stadt oh-
ne ein Oberhaupt in zwistige Meynungen ver-
fielen/ die verbitterten Römer aber auf allen
Seiten zu Sturme lieffen/ erbrachen sie endlich
den dritten Tag ein Thor/ und hieben alle ge-
waffnete zu Bodem. Die unbewehrten aber
wurden alle mit Weib und Kindern bey aufge-
steckter Lantze dem/ der das höchste Gebot thät/
verkaufft.

Ob nun wol diese Niederlage in Gallien ein
solches Schrecken verursachte: daß die an der
eussersten West-Spitze am Britannischen Mee-
re gelegenen Gallier dem Publius Craßus
Geißel einliefferten/ zohen doch die Moriner/
Menapier und Bataver eine solche Kriegs-
Macht an der Schelde zusammen Cäsarn den
Kopff zu bieten: daß er sich an selbte zu reiben
Bedencken trug; sondern sein Heer in Gallien
hin und wieder vertheilte.

Als Cäsar derogestalt in Gallien den Meister
spielte/ verkehrte sich das Spiel in Deutschland
gantz und gar. Der Feldherr Aembrich mein-
te nun nicht alle in alle seine Feinde gedämpft
zu haben; also: daß wieder ihn niemand den
Kopff empor zu heben sich unterwünden/ oder
mächtig genung seyn würde; sonderlich: weil
er mit den mächtigen Römern ein festes Bünd-
nüß gemacht/ ja so gar seinen sechzehnjährigen
Sohn Segimer mit tausend Edelleuten ihnen
im Kriege zu dienen/ oder vielmehr ihre Kriegs-
Wissenschafft zu erlernen zugeschickt hatte.
Weil es nun schwerer ist/ der Glückseligkeit
mäßig zu gebrauchen/ als selbter gar entbehren
können/ entschloß er sich nunmehr die Druyden
in alle vorhin besessene Eichwälder einzusetzen/
und durch gewaffnete Hand solches in gantz
[Spaltenumbruch] Deutschland zu vollstrecken. Allein wie nich-
tig und eitel ist die Rechnung/ in der man die
Ziffern der Göttlichen Versehung aussen läst!
Weil nun die Barden und Eubagen diß für den
Anfang ihrer angezielten gäntzlichen Ausrot-
tung anzohen; des Gottesdiensts Ancker aber
niemahls gerühret werden kan: daß sie nicht das
Schiff einer gantzen Herrschafft erschüttere;
machte gantz Deutschland hierzu grosse Augen.
Jnsonderheit beschwerte sich der um die Cherus-
ker so wol verdiente Hermundurer Hertzog
Briton: daß der Feldherr Aembrich ihm hier-
durch ans Hertz grieffe. Wie er aber diesen
Schluß einmahl nicht abbitten konte; sondern
Aembrich mit einem mächtigen Heere über die
Saale/ und Terbal mit einem andern bey de-
nen Varinen und Eudosen einbrach; Grieff
Briton und Siegbrand/ der Longobarden Fürst/
nicht allein zu den Waffen/ sondern Gotart der
Svioner König wolte diese Gelegenheit nicht
versäumen sich an Hertzog Aembrichen zu rä-
chen; weil dieser den Estiern wieder ihn anseh-
liche Hülffe geschickt/ Terbal seine Gesandten
von der Friedens-Handlung mit dem Könige
Friedlev abgewiesen/ ja seine Bluts-Freunde
der Variner und Eudoser nichts minder/ als
Arabarn aus Deutschland vertrieben hatte. Er
kam also mit einem ansehnlichen Heere bey de-
nen Swardonen an/ schlug die Cherusker aus
dem der Hertha gewiedmeten Eylande/ und
dem gantzen Gebiete der Variner/ Eudoser
und Cavionen. Sintemahl sie durch Gotarts
erstern hertzhafften Anfall/ oder vielmehr durch
eine ihnen von Gott eingejagte Furcht deroge-
stalt erschreckt wurden: daß ihrer Kleinmuth
keine Festung sicher zu hoffen schien. Weil nun
auch König Gotart sein Kriegsvolck ohne einige
Beschwerde der Einwohner unterhielt; welche
die Cherusker vorher schier biß auffs Marck
aus gemergelt hatten/ gewann er die Gewogen-
heit des Volckes/ und damit so viel Werck zeu-
ge seiner Siege/ als Menschen. Die Fürsten

der
Erster Theil. M m m m m m

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] die uͤbrigen Aduatiker leicht uͤbermanneten und
zuruͤck in die Stadt trieben. Nach dem nun
Hertzog Huglet nebſt dem Ritter Wachten-
danck und Kulenburg zu der Roͤmer hoͤchſten
Verwunderung kaum drey Schritte von Caͤ-
ſars eigenem Zelte zwiſchen erlegten Feinden
tod gefunden wurden/ und die in der Stadt oh-
ne ein Oberhaupt in zwiſtige Meynungen ver-
fielen/ die verbitterten Roͤmer aber auf allen
Seiten zu Sturme lieffen/ erbrachen ſie endlich
den dritten Tag ein Thor/ und hieben alle ge-
waffnete zu Bodem. Die unbewehrten aber
wurden alle mit Weib und Kindern bey aufge-
ſteckter Lantze dem/ der das hoͤchſte Gebot thaͤt/
verkaufft.

Ob nun wol dieſe Niederlage in Gallien ein
ſolches Schrecken verurſachte: daß die an der
euſſerſten Weſt-Spitze am Britañiſchen Mee-
re gelegenen Gallier dem Publius Craßus
Geißel einliefferten/ zohen doch die Moriner/
Menapier und Bataver eine ſolche Kriegs-
Macht an der Schelde zuſammen Caͤſarn den
Kopff zu bieten: daß er ſich an ſelbte zu reiben
Bedencken trug; ſondern ſein Heer in Gallien
hin und wieder vertheilte.

Als Caͤſar derogeſtalt in Gallien den Meiſter
ſpielte/ verkehrte ſich das Spiel in Deutſchland
gantz und gar. Der Feldherꝛ Aembrich mein-
te nun nicht alle in alle ſeine Feinde gedaͤmpft
zu haben; alſo: daß wieder ihn niemand den
Kopff empor zu heben ſich unterwuͤnden/ oder
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er mit den maͤchtigen Roͤmern ein feſtes Buͤnd-
nuͤß gemacht/ ja ſo gar ſeinen ſechzehnjaͤhrigen
Sohn Segimer mit tauſend Edelleuten ihnen
im Kriege zu dienen/ oder vielmehr ihre Kriegs-
Wiſſenſchafft zu erlernen zugeſchickt hatte.
Weil es nun ſchwerer iſt/ der Gluͤckſeligkeit
maͤßig zu gebrauchen/ als ſelbter gar entbehren
koͤnnen/ entſchloß er ſich nunmehr die Druyden
in alle vorhin beſeſſene Eichwaͤlder einzuſetzen/
und durch gewaffnete Hand ſolches in gantz
[Spaltenumbruch] Deutſchland zu vollſtrecken. Allein wie nich-
tig und eitel iſt die Rechnung/ in der man die
Ziffern der Goͤttlichen Verſehung auſſen laͤſt!
Weil nun die Barden und Eubagen diß fuͤr den
Anfang ihrer angezielten gaͤntzlichen Ausrot-
tung anzohen; des Gottesdienſts Ancker aber
niemahls geruͤhret werden kan: daß ſie nicht das
Schiff einer gantzen Herꝛſchafft erſchuͤttere;
machte gantz Deutſchland hierzu groſſe Augen.
Jnſonderheit beſchwerte ſich der um die Cherus-
ker ſo wol verdiente Hermundurer Hertzog
Briton: daß der Feldherꝛ Aembrich ihm hier-
durch ans Hertz grieffe. Wie er aber dieſen
Schluß einmahl nicht abbitten konte; ſondern
Aembrich mit einem maͤchtigen Heere uͤber die
Saale/ und Terbal mit einem andern bey de-
nen Varinen und Eudoſen einbrach; Grieff
Briton uñ Siegbrand/ der Longobaꝛden Fuͤrſt/
nicht allein zu den Waffen/ ſondern Gotart der
Svioner Koͤnig wolte dieſe Gelegenheit nicht
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chen; weil dieſer den Eſtiern wieder ihn anſeh-
liche Huͤlffe geſchickt/ Terbal ſeine Geſandten
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Friedlev abgewieſen/ ja ſeine Bluts-Freunde
der Variner und Eudoſer nichts minder/ als
Arabarn aus Deutſchland vertrieben hatte. Er
kam alſo mit einem anſehnlichen Heere bey de-
nen Swardonen an/ ſchlug die Cherusker aus
dem der Hertha gewiedmeten Eylande/ und
dem gantzen Gebiete der Variner/ Eudoſer
und Cavionen. Sintemahl ſie durch Gotarts
erſtern hertzhafften Anfall/ oder vielmehr durch
eine ihnen von Gott eingejagte Furcht deroge-
ſtalt erſchreckt wurden: daß ihrer Kleinmuth
keine Feſtung ſicher zu hoffen ſchien. Weil nun
auch Koͤnig Gotart ſein Kriegsvolck ohne einige
Beſchwerde der Einwohner unterhielt; welche
die Cherusker vorher ſchier biß auffs Marck
aus gemergelt hatten/ gewann er die Gewogen-
heit des Volckes/ und damit ſo viel Werck zeu-
ge ſeiner Siege/ als Menſchen. Die Fuͤrſten

der
Erſter Theil. M m m m m m
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1009[1011]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1073>, abgerufen am 23.11.2024.