Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] Moses gezielet hätte/ als er den Huren-Kin-
dern und Verschnittenen/ als derer Andacht
aus kein em hertzlichen Triebe entspringet/ und
derer Gebet nichts männliches in sich hat/ den
Eintritt in das Heiligthum verboten. Denn
ihr gleißnerischer Gottesdienst wäre schlimmer
als Zenons gäntzliche Verachtung der Götter/
und als die Boßheit des Spötters Diogenes;
welcher Dianen einen Floch opfferte; weil er
ein Gottesdienst seyn wolte/ und doch keiner
wäre; so wie die Affen und Meer-Katzen deß-
halben so abscheulich und lächerlich aussähen/
weil sie Menschen ähnlich schienen/ und doch
nichts menschliches an sich hätten. Daher
brächten die/ welche aus Furcht für dem Scharf-
richter Weyrauch auffs Altar streuten/ GOtt
an statt süssen Geruchs einen abscheulichen Ge-
stanck. Jhre Frömmigkeit gleichte den Schwan-
Federn/ welche das schwartze Fleisch dieses Vo-
gels versteckten/ deßwegen ihn auch kein Volck
iemahls seinen Göttern zu opffern gewürdigt
hat. Pythagoras/ den der Fluß Caucasus sei-
ner Weißheit halber gegrüst haben soll/ als er
darüber gesetzt/ hätte deßhalben der Warheit
des Glaubens/ und der Reinigkeit des Gottes-
dienstes zu untersuchen/ und darüber zu streiten
freygelassen. Denn ein blinder Gehorsam wä-
re ein Werck unvernünfftiger Thiere; die in
den tieffen Brunnen der Ungewißheit versänck-
te Warheit aber zu erforschen/ und die Prüfun-
gen der Meynungen ein Thun der Menschen.
Uber diß hielten einige dafür: daß man zum
Geheimnüße der Gottheit nicht durch einen
Weg kommen könte; oder auch die unterschie-
denen Meynungen endlich im Zwecke wie die
unterschiedenen Striche in dem Mittel eines
Kreyßes zusammen kämen. Es sey vernünff-
tiger der Gewissens-Freyheit etwas durch die
Finger sehen/ und die Hitze etlicher Glieder
verrauchen lassen/ als durch allzustarcke Artz-
neyen alle schädliche Feuchtigkeiten des gantzen
Leibes rege machen. Die Grichen und Römer
[Spaltenumbruch] schmückten mit Persischen und Serischen Tep-
pichten ihre Tempel aus; die Deutschen rau-
cherten mit dem Weyrauche der Araber auf ih-
ren Opffer-Tischen sonder Verunehrung ihres
gantz andern Gottesdienstes. Warum solte
man denn alle etwas anders glaubende Men-
schen aus unserm Lande und Heiligthümern
verstossen? Jnsonderheit kützelte bey den Druy-
den der so hoch geschätzte Adel die Ohren der
Fürsten; für welchen hingegen der Abbruch und
die Umschränckung ihrer Gewalt fürsichtig
verhölet ward/ mit scheinbarer Fürbildung: daß
wenn das Volck durch unterschiedene Glauben
zerspaltet würde/ hätte ihr Haupt gut machen/
und ein Fürst die beste Gelegenheit den Mei-
ster zu spielen. Weßwegen die Egyptischen
Könige die Geheimnüße ihres Glaubens dem
Volcke mit Fleiß verborgen/ und ieden was ihn
gut deuchtete zu glauben freygelassen hätten/
wormit sie so viel weniger sich wieder ihr Haupt
vereinbaren könten. Endlich wüsten die Für-
sten ihren Unterthanen nichts so schweres auff
die Achsel zu bürden; welches sie nicht bey Frey-
lassung ihres Gewissens gedultig ertragen wür-
den. Die fürnehmste Ursache aber dieser Rath-
geber war das Absehen auf ihr eigenes Aufneh-
men/ welches die/ so von ihres Fürsten Glücke
rathschlagen/ selten außer Augen setzen. Denn
nach dem sie die Druyden von dem andächtigen
Volcke mit dem Kerne der fruchtbarsten Güter
überschütten/ sie als Ausleger des Göttlichen
Willens in den Rath-Stuben der Könige den
Obersitz nehmen/ den Pöfel selbte halb-göttlich
verehren/ und ihre Geschlechter auf die höchsten
Staffeln der Ehren empor klimmen sahen/ ga-
ben die edelsten Gallier/ und also hernach auch
die Deutschen/ insonderheit derer Vermögen
entweder durch Unfälle/ oder durch Zerthei-
lung in viel Kinder vermindert ward/ und zu
Erhaltung des Geschlechtes nicht auskomment-
lich war/ ihre geschicksten Söhne anfangs in
ihre Lehre/ hernach in ihre Gemeinschafft/ des-

sen

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] Moſes gezielet haͤtte/ als er den Huren-Kin-
dern und Verſchnittenen/ als derer Andacht
aus kein em hertzlichen Triebe entſpringet/ und
derer Gebet nichts maͤnnliches in ſich hat/ den
Eintritt in das Heiligthum verboten. Denn
ihr gleißneriſcher Gottesdienſt waͤre ſchlimmer
als Zenons gaͤntzliche Verachtung der Goͤtter/
und als die Boßheit des Spoͤtters Diogenes;
welcher Dianen einen Floch opfferte; weil er
ein Gottesdienſt ſeyn wolte/ und doch keiner
waͤre; ſo wie die Affen und Meer-Katzen deß-
halben ſo abſcheulich und laͤcherlich ausſaͤhen/
weil ſie Menſchen aͤhnlich ſchienen/ und doch
nichts menſchliches an ſich haͤtten. Daher
braͤchten die/ welche aus Furcht fuͤr dem Scharf-
richter Weyrauch auffs Altar ſtreuten/ GOtt
an ſtatt ſuͤſſen Geruchs einen abſcheulichen Ge-
ſtanck. Jhre Froͤm̃igkeit gleichte den Schwan-
Federn/ welche das ſchwartze Fleiſch dieſes Vo-
gels verſteckten/ deßwegen ihn auch kein Volck
iemahls ſeinen Goͤttern zu opffern gewuͤrdigt
hat. Pythagoras/ den der Fluß Caucaſus ſei-
ner Weißheit halber gegruͤſt haben ſoll/ als er
daruͤber geſetzt/ haͤtte deßhalben der Warheit
des Glaubens/ und der Reinigkeit des Gottes-
dienſtes zu unterſuchen/ und daruͤber zu ſtreiten
freygelaſſen. Denn ein blinder Gehorſam waͤ-
re ein Werck unvernuͤnfftiger Thiere; die in
den tieffen Brunnen der Ungewißheit verſaͤnck-
te Warheit aber zu erforſchen/ und die Pruͤfun-
gen der Meynungen ein Thun der Menſchen.
Uber diß hielten einige dafuͤr: daß man zum
Geheimnuͤße der Gottheit nicht durch einen
Weg kommen koͤnte; oder auch die unterſchie-
denen Meynungen endlich im Zwecke wie die
unterſchiedenen Striche in dem Mittel eines
Kreyßes zuſammen kaͤmen. Es ſey vernuͤnff-
tiger der Gewiſſens-Freyheit etwas durch die
Finger ſehen/ und die Hitze etlicher Glieder
verrauchen laſſen/ als durch allzuſtarcke Artz-
neyen alle ſchaͤdliche Feuchtigkeiten des gantzen
Leibes rege machen. Die Grichen und Roͤmer
[Spaltenumbruch] ſchmuͤckten mit Perſiſchen und Seriſchen Tep-
pichten ihre Tempel aus; die Deutſchen rau-
cherten mit dem Weyrauche der Araber auf ih-
ren Opffer-Tiſchen ſonder Verunehrung ihres
gantz andern Gottesdienſtes. Warum ſolte
man denn alle etwas anders glaubende Men-
ſchen aus unſerm Lande und Heiligthuͤmern
verſtoſſen? Jnſonderheit kuͤtzelte bey den Druy-
den der ſo hoch geſchaͤtzte Adel die Ohren der
Fuͤrſten; fuͤr welchen hingegen der Abbruch und
die Umſchraͤnckung ihrer Gewalt fuͤrſichtig
verhoͤlet ward/ mit ſcheinbarer Fuͤrbildung: daß
wenn das Volck durch unterſchiedene Glauben
zerſpaltet wuͤrde/ haͤtte ihr Haupt gut machen/
und ein Fuͤrſt die beſte Gelegenheit den Mei-
ſter zu ſpielen. Weßwegen die Egyptiſchen
Koͤnige die Geheimnuͤße ihres Glaubens dem
Volcke mit Fleiß verborgen/ und ieden was ihn
gut deuchtete zu glauben freygelaſſen haͤtten/
wormit ſie ſo viel weniger ſich wieder ihr Haupt
vereinbaren koͤnten. Endlich wuͤſten die Fuͤr-
ſten ihren Unterthanen nichts ſo ſchweres auff
die Achſel zu buͤrden; welches ſie nicht bey Frey-
laſſung ihres Gewiſſens gedultig ertragen wuͤr-
den. Die fuͤrnehmſte Urſache aber dieſer Rath-
geber war das Abſehen auf ihr eigenes Aufneh-
men/ welches die/ ſo von ihres Fuͤrſten Gluͤcke
rathſchlagen/ ſelten außer Augen ſetzen. Denn
nach dem ſie die Druyden von dem andaͤchtigen
Volcke mit dem Kerne der fruchtbarſten Guͤter
uͤberſchuͤtten/ ſie als Ausleger des Goͤttlichen
Willens in den Rath-Stuben der Koͤnige den
Oberſitz nehmen/ den Poͤfel ſelbte halb-goͤttlich
verehren/ und ihre Geſchlechter auf die hoͤchſten
Staffeln der Ehren empor klimmen ſahen/ ga-
ben die edelſten Gallier/ und alſo hernach auch
die Deutſchen/ inſonderheit derer Vermoͤgen
entweder durch Unfaͤlle/ oder durch Zerthei-
lung in viel Kinder vermindert ward/ und zu
Erhaltung des Geſchlechtes nicht auskom̃ent-
lich war/ ihre geſchickſten Soͤhne anfangs in
ihre Lehre/ hernach in ihre Gemeinſchafft/ deſ-

ſen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1040" n="976[978]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebendes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
Mo&#x017F;es gezielet ha&#x0364;tte/ als er den Huren-Kin-<lb/>
dern und Ver&#x017F;chnittenen/ als derer Andacht<lb/>
aus kein em hertzlichen Triebe ent&#x017F;pringet/ und<lb/>
derer Gebet nichts ma&#x0364;nnliches in &#x017F;ich hat/ den<lb/>
Eintritt in das Heiligthum verboten. Denn<lb/>
ihr gleißneri&#x017F;cher Gottesdien&#x017F;t wa&#x0364;re &#x017F;chlimmer<lb/>
als Zenons ga&#x0364;ntzliche Verachtung der Go&#x0364;tter/<lb/>
und als die Boßheit des Spo&#x0364;tters Diogenes;<lb/>
welcher Dianen einen Floch opfferte; weil er<lb/>
ein Gottesdien&#x017F;t &#x017F;eyn wolte/ und doch keiner<lb/>
wa&#x0364;re; &#x017F;o wie die Affen und Meer-Katzen deß-<lb/>
halben &#x017F;o ab&#x017F;cheulich und la&#x0364;cherlich aus&#x017F;a&#x0364;hen/<lb/>
weil &#x017F;ie Men&#x017F;chen a&#x0364;hnlich &#x017F;chienen/ und doch<lb/>
nichts men&#x017F;chliches an &#x017F;ich ha&#x0364;tten. Daher<lb/>
bra&#x0364;chten die/ welche aus Furcht fu&#x0364;r dem Scharf-<lb/>
richter Weyrauch auffs Altar &#x017F;treuten/ GOtt<lb/>
an &#x017F;tatt &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Geruchs einen ab&#x017F;cheulichen Ge-<lb/>
&#x017F;tanck. Jhre Fro&#x0364;m&#x0303;igkeit gleichte den Schwan-<lb/>
Federn/ welche das &#x017F;chwartze Flei&#x017F;ch die&#x017F;es Vo-<lb/>
gels ver&#x017F;teckten/ deßwegen ihn auch kein Volck<lb/>
iemahls &#x017F;einen Go&#x0364;ttern zu opffern gewu&#x0364;rdigt<lb/>
hat. Pythagoras/ den der Fluß Cauca&#x017F;us &#x017F;ei-<lb/>
ner Weißheit halber gegru&#x0364;&#x017F;t haben &#x017F;oll/ als er<lb/>
daru&#x0364;ber ge&#x017F;etzt/ ha&#x0364;tte deßhalben der Warheit<lb/>
des Glaubens/ und der Reinigkeit des Gottes-<lb/>
dien&#x017F;tes zu unter&#x017F;uchen/ und daru&#x0364;ber zu &#x017F;treiten<lb/>
freygela&#x017F;&#x017F;en. Denn ein blinder Gehor&#x017F;am wa&#x0364;-<lb/>
re ein Werck unvernu&#x0364;nfftiger Thiere; die in<lb/>
den tieffen Brunnen der Ungewißheit ver&#x017F;a&#x0364;nck-<lb/>
te Warheit aber zu erfor&#x017F;chen/ und die Pru&#x0364;fun-<lb/>
gen der Meynungen ein Thun der Men&#x017F;chen.<lb/>
Uber diß hielten einige dafu&#x0364;r: daß man zum<lb/>
Geheimnu&#x0364;ße der Gottheit nicht durch einen<lb/>
Weg kommen ko&#x0364;nte; oder auch die unter&#x017F;chie-<lb/>
denen Meynungen endlich im Zwecke wie die<lb/>
unter&#x017F;chiedenen Striche in dem Mittel eines<lb/>
Kreyßes zu&#x017F;ammen ka&#x0364;men. Es &#x017F;ey vernu&#x0364;nff-<lb/>
tiger der Gewi&#x017F;&#x017F;ens-Freyheit etwas durch die<lb/>
Finger &#x017F;ehen/ und die Hitze etlicher Glieder<lb/>
verrauchen la&#x017F;&#x017F;en/ als durch allzu&#x017F;tarcke Artz-<lb/>
neyen alle &#x017F;cha&#x0364;dliche Feuchtigkeiten des gantzen<lb/>
Leibes rege machen. Die Grichen und Ro&#x0364;mer<lb/><cb/>
&#x017F;chmu&#x0364;ckten mit Per&#x017F;i&#x017F;chen und Seri&#x017F;chen Tep-<lb/>
pichten ihre Tempel aus; die Deut&#x017F;chen rau-<lb/>
cherten mit dem Weyrauche der Araber auf ih-<lb/>
ren Opffer-Ti&#x017F;chen &#x017F;onder Verunehrung ihres<lb/>
gantz andern Gottesdien&#x017F;tes. Warum &#x017F;olte<lb/>
man denn alle etwas anders glaubende Men-<lb/>
&#x017F;chen aus un&#x017F;erm Lande und Heiligthu&#x0364;mern<lb/>
ver&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en? Jn&#x017F;onderheit ku&#x0364;tzelte bey den Druy-<lb/>
den der &#x017F;o hoch ge&#x017F;cha&#x0364;tzte Adel die Ohren der<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten; fu&#x0364;r welchen hingegen der Abbruch und<lb/>
die Um&#x017F;chra&#x0364;nckung ihrer Gewalt fu&#x0364;r&#x017F;ichtig<lb/>
verho&#x0364;let ward/ mit &#x017F;cheinbarer Fu&#x0364;rbildung: daß<lb/>
wenn das Volck durch unter&#x017F;chiedene Glauben<lb/>
zer&#x017F;paltet wu&#x0364;rde/ ha&#x0364;tte ihr Haupt gut machen/<lb/>
und ein Fu&#x0364;r&#x017F;t die be&#x017F;te Gelegenheit den Mei-<lb/>
&#x017F;ter zu &#x017F;pielen. Weßwegen die Egypti&#x017F;chen<lb/>
Ko&#x0364;nige die Geheimnu&#x0364;ße ihres Glaubens dem<lb/>
Volcke mit Fleiß verborgen/ und ieden was ihn<lb/>
gut deuchtete zu glauben freygela&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tten/<lb/>
wormit &#x017F;ie &#x017F;o viel weniger &#x017F;ich wieder ihr Haupt<lb/>
vereinbaren ko&#x0364;nten. Endlich wu&#x0364;&#x017F;ten die Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten ihren Unterthanen nichts &#x017F;o &#x017F;chweres auff<lb/>
die Ach&#x017F;el zu bu&#x0364;rden; welches &#x017F;ie nicht bey Frey-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;ung ihres Gewi&#x017F;&#x017F;ens gedultig ertragen wu&#x0364;r-<lb/>
den. Die fu&#x0364;rnehm&#x017F;te Ur&#x017F;ache aber die&#x017F;er Rath-<lb/>
geber war das Ab&#x017F;ehen auf ihr eigenes Aufneh-<lb/>
men/ welches die/ &#x017F;o von ihres Fu&#x0364;r&#x017F;ten Glu&#x0364;cke<lb/>
rath&#x017F;chlagen/ &#x017F;elten außer Augen &#x017F;etzen. Denn<lb/>
nach dem &#x017F;ie die Druyden von dem anda&#x0364;chtigen<lb/>
Volcke mit dem Kerne der fruchtbar&#x017F;ten Gu&#x0364;ter<lb/>
u&#x0364;ber&#x017F;chu&#x0364;tten/ &#x017F;ie als Ausleger des Go&#x0364;ttlichen<lb/>
Willens in den Rath-Stuben der Ko&#x0364;nige den<lb/>
Ober&#x017F;itz nehmen/ den Po&#x0364;fel &#x017F;elbte halb-go&#x0364;ttlich<lb/>
verehren/ und ihre Ge&#x017F;chlechter auf die ho&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Staffeln der Ehren empor klimmen &#x017F;ahen/ ga-<lb/>
ben die edel&#x017F;ten Gallier/ und al&#x017F;o hernach auch<lb/>
die Deut&#x017F;chen/ in&#x017F;onderheit derer Vermo&#x0364;gen<lb/>
entweder durch Unfa&#x0364;lle/ oder durch Zerthei-<lb/>
lung in viel Kinder vermindert ward/ und zu<lb/>
Erhaltung des Ge&#x017F;chlechtes nicht auskom&#x0303;ent-<lb/>
lich war/ ihre ge&#x017F;chick&#x017F;ten So&#x0364;hne anfangs in<lb/>
ihre Lehre/ hernach in ihre Gemein&#x017F;chafft/ de&#x017F;-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;en</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[976[978]/1040] Siebendes Buch Moſes gezielet haͤtte/ als er den Huren-Kin- dern und Verſchnittenen/ als derer Andacht aus kein em hertzlichen Triebe entſpringet/ und derer Gebet nichts maͤnnliches in ſich hat/ den Eintritt in das Heiligthum verboten. Denn ihr gleißneriſcher Gottesdienſt waͤre ſchlimmer als Zenons gaͤntzliche Verachtung der Goͤtter/ und als die Boßheit des Spoͤtters Diogenes; welcher Dianen einen Floch opfferte; weil er ein Gottesdienſt ſeyn wolte/ und doch keiner waͤre; ſo wie die Affen und Meer-Katzen deß- halben ſo abſcheulich und laͤcherlich ausſaͤhen/ weil ſie Menſchen aͤhnlich ſchienen/ und doch nichts menſchliches an ſich haͤtten. Daher braͤchten die/ welche aus Furcht fuͤr dem Scharf- richter Weyrauch auffs Altar ſtreuten/ GOtt an ſtatt ſuͤſſen Geruchs einen abſcheulichen Ge- ſtanck. Jhre Froͤm̃igkeit gleichte den Schwan- Federn/ welche das ſchwartze Fleiſch dieſes Vo- gels verſteckten/ deßwegen ihn auch kein Volck iemahls ſeinen Goͤttern zu opffern gewuͤrdigt hat. Pythagoras/ den der Fluß Caucaſus ſei- ner Weißheit halber gegruͤſt haben ſoll/ als er daruͤber geſetzt/ haͤtte deßhalben der Warheit des Glaubens/ und der Reinigkeit des Gottes- dienſtes zu unterſuchen/ und daruͤber zu ſtreiten freygelaſſen. Denn ein blinder Gehorſam waͤ- re ein Werck unvernuͤnfftiger Thiere; die in den tieffen Brunnen der Ungewißheit verſaͤnck- te Warheit aber zu erforſchen/ und die Pruͤfun- gen der Meynungen ein Thun der Menſchen. Uber diß hielten einige dafuͤr: daß man zum Geheimnuͤße der Gottheit nicht durch einen Weg kommen koͤnte; oder auch die unterſchie- denen Meynungen endlich im Zwecke wie die unterſchiedenen Striche in dem Mittel eines Kreyßes zuſammen kaͤmen. Es ſey vernuͤnff- tiger der Gewiſſens-Freyheit etwas durch die Finger ſehen/ und die Hitze etlicher Glieder verrauchen laſſen/ als durch allzuſtarcke Artz- neyen alle ſchaͤdliche Feuchtigkeiten des gantzen Leibes rege machen. Die Grichen und Roͤmer ſchmuͤckten mit Perſiſchen und Seriſchen Tep- pichten ihre Tempel aus; die Deutſchen rau- cherten mit dem Weyrauche der Araber auf ih- ren Opffer-Tiſchen ſonder Verunehrung ihres gantz andern Gottesdienſtes. Warum ſolte man denn alle etwas anders glaubende Men- ſchen aus unſerm Lande und Heiligthuͤmern verſtoſſen? Jnſonderheit kuͤtzelte bey den Druy- den der ſo hoch geſchaͤtzte Adel die Ohren der Fuͤrſten; fuͤr welchen hingegen der Abbruch und die Umſchraͤnckung ihrer Gewalt fuͤrſichtig verhoͤlet ward/ mit ſcheinbarer Fuͤrbildung: daß wenn das Volck durch unterſchiedene Glauben zerſpaltet wuͤrde/ haͤtte ihr Haupt gut machen/ und ein Fuͤrſt die beſte Gelegenheit den Mei- ſter zu ſpielen. Weßwegen die Egyptiſchen Koͤnige die Geheimnuͤße ihres Glaubens dem Volcke mit Fleiß verborgen/ und ieden was ihn gut deuchtete zu glauben freygelaſſen haͤtten/ wormit ſie ſo viel weniger ſich wieder ihr Haupt vereinbaren koͤnten. Endlich wuͤſten die Fuͤr- ſten ihren Unterthanen nichts ſo ſchweres auff die Achſel zu buͤrden; welches ſie nicht bey Frey- laſſung ihres Gewiſſens gedultig ertragen wuͤr- den. Die fuͤrnehmſte Urſache aber dieſer Rath- geber war das Abſehen auf ihr eigenes Aufneh- men/ welches die/ ſo von ihres Fuͤrſten Gluͤcke rathſchlagen/ ſelten außer Augen ſetzen. Denn nach dem ſie die Druyden von dem andaͤchtigen Volcke mit dem Kerne der fruchtbarſten Guͤter uͤberſchuͤtten/ ſie als Ausleger des Goͤttlichen Willens in den Rath-Stuben der Koͤnige den Oberſitz nehmen/ den Poͤfel ſelbte halb-goͤttlich verehren/ und ihre Geſchlechter auf die hoͤchſten Staffeln der Ehren empor klimmen ſahen/ ga- ben die edelſten Gallier/ und alſo hernach auch die Deutſchen/ inſonderheit derer Vermoͤgen entweder durch Unfaͤlle/ oder durch Zerthei- lung in viel Kinder vermindert ward/ und zu Erhaltung des Geſchlechtes nicht auskom̃ent- lich war/ ihre geſchickſten Soͤhne anfangs in ihre Lehre/ hernach in ihre Gemeinſchafft/ deſ- ſen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1040
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 976[978]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1040>, abgerufen am 17.06.2024.