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Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661.

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CLEOPATRA.
285.Jedoch wo segeln wir? sol Glück' und Zeit verrauchen?
Ein kluger Booßmann muß deß Wetters sich gebrauchen.
Anton ist zwar nunmehr durch unser Hold besig't/
Und durch der Schönheit-Reitz als schlaffend eingewigt.
Kan aber nicht ein West auch bald ein Sturmwind werden?
290.Ein flatternd Hertze gleicht mit Wanckel-muth den Pferden/
Di ein geschwancker Zaum bald recht-bald linckwerts lenckt.
Der für zwei Stunden ihm di Ehr-sucht eingesenckt/
Kan/ eh' Aurora wird di braunen Wellen küssen/
Jhm größre Fantasy in sein Gebirne gissen.
295.Di Natter/ di man gleich mit süsser Milch zeicht groß/
Behält man dennoch nicht rechtsicher in der Schooß.
Man muß den giftgen Fleck von den Verleumbdungs-Pfeilen/
Di Wunden des Verdacht's mit solchen Salben heilen:
Daß keine Narbe man/ kein Merckmal man nicht schaut.
300.Denn/ dem ist nicht zu trau'n/ der gleichfals uns nicht traut.
Gunst/ Libe/ Freundschafft gleicht sich zarten Berg-Kristallen/
Di keine Kunst ergäntzt/ sind einmal sie zerfallen:
Stillt auch Versöhnung gleich zu weilen Wund und Blutt/
Sie bricht erhitzter auf und schärffet Gall' und Glutt/
305.Di in dem Hertzen kocht. Man trockne Sumpf und Lachen/
Ein linder Regen wird sie wider wäßricht machen.
Zu dem/ was ist uns nicht umb Kron und Zepter feil?
Du must/ Cleopatra/ begehrstu Hülff und Heil
Ans' Keisers Gnaden-Port dein strandend Schiff anlenden:
310.Und haben wir nicht schon des Keisers Hand in Händen?
Dis Sigel/ diese Schrifft muß unser Leit-Stern sein.
Anton/ durch deinen Todt fahrn wir in Hafen ein.
Wie aber werden wir das Steuer-Ruder lencken?
Geheimes Gifft und Dolch in seine Brust zu sencken/
315.Führt bösen Klang nach sich/ und siht gefährlich aus.
Uns fällt was bessers ein zuretten unser Haus/
Und Ptolomaeus Stul. Anton ist itzt im Liben
Bis auf den höchsten Punct der blinden Brunst getriben/
Di ihn nach unserm Wunsch gar unschwer stürtzen kan
320.Auf den Verzweiflungs-Fels: wir woll'n uns stellen an:
Als
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CLEOPATRA.
285.Jedoch wo ſegeln wir? ſol Gluͤck’ und Zeit verrauchen?
Ein kluger Booßmann muß deß Wetters ſich gebrauchen.
Anton iſt zwar nunmehr durch unſer Hold beſig’t/
Und durch der Schoͤnheit-Reitz als ſchlaffend eingewigt.
Kan aber nicht ein Weſt auch bald ein Sturmwind werden?
290.Ein flatternd Hertze gleicht mit Wanckel-muth den Pferden/
Di ein geſchwancker Zaum bald recht-bald linckwerts lenckt.
Der fuͤr zwei Stunden ihm di Ehr-ſucht eingeſenckt/
Kan/ eh’ Aurora wird di braunen Wellen kuͤſſen/
Jhm groͤßre Fantaſy in ſein Gebirne giſſen.
295.Di Natter/ di man gleich mit ſuͤſſer Milch zeicht groß/
Behaͤlt man dennoch nicht rechtſicher in der Schooß.
Man muß den giftgen Fleck von den Verleumbdungs-Pfeilen/
Di Wunden des Verdacht’s mit ſolchen Salben heilen:
Daß keine Narbe man/ kein Merckmal man nicht ſchaut.
300.Denn/ dem iſt nicht zu trau’n/ der gleichfals uns nicht traut.
Gunſt/ Libe/ Freundſchafft gleicht ſich zarten Berg-Kriſtallen/
Di keine Kunſt ergaͤntzt/ ſind einmal ſie zerfallen:
Stillt auch Verſoͤhnung gleich zu weilen Wund und Blutt/
Sie bricht erhitzter auf und ſchaͤrffet Gall’ und Glutt/
305.Di in dem Hertzen kocht. Man trockne Sumpf und Lachen/
Ein linder Regen wird ſie wider waͤßricht machen.
Zu dem/ was iſt uns nicht umb Kron und Zepter feil?
Du muſt/ Cleopatra/ begehrſtu Huͤlff und Heil
Ans’ Keiſers Gnaden-Port dein ſtrandend Schiff anlenden:
310.Und haben wir nicht ſchon des Keiſers Hand in Haͤnden?
Dis Sigel/ dieſe Schrifft muß unſer Leit-Stern ſein.
Anton/ durch deinen Todt fahrn wir in Hafen ein.
Wie aber werden wir das Steuer-Ruder lencken?
Geheimes Gifft und Dolch in ſeine Bruſt zu ſencken/
315.Fuͤhrt boͤſen Klang nach ſich/ und ſiht gefaͤhrlich aus.
Uns faͤllt was beſſers ein zuretten unſer Haus/
Und Ptolomæus Stul. Anton iſt itzt im Liben
Bis auf den hoͤchſten Punct der blinden Brunſt getriben/
Di ihn nach unſerm Wunſch gar unſchwer ſtuͤrtzen kan
320.Auf den Verzweiflungs-Fels: wir woll’n uns ſtellen an:
Als
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_cleopatra_1661/67>, abgerufen am 02.05.2024.