Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661.CLEOPATRA. Wi alle Glider sich in Perlen-Schnee verstellen.Schau/ wi di Brüste sich vom schnellen Athem schwellen| 435.Di Libe schärfft hier selbst di Waffen süsser Pein; Libt uns der Keiser nicht/ so muß er Kisel sein. Er säufzet/ er erblast! was gilt's? ich werd' es inne: Es liget Livie dem Keiser in dem Sinne. Mein Licht/ er gläube fest: daß Liben Anmuth' gibt/ 440.Doch schmeck't ihr Zucker nur der/ der den Wechsel libt. Der Rose Gold vertreibt di Tulpen und Narzissen; Selbst Titan pflegt bald den/ bald jenen Stern zu küssen/ Und Phoebe gläntzt bald rund/ bald legts' ihr Hörner bei/ Daß nicht ihr eiufach Licht des Himmels Eckel set. 445.Sih't er an Livien di Muschel-Töchter prangen: Uns ist di Morgen-röth'm Antlitz aufgegangen. Di Bräune des Rubins sticht blasse Perlen weg. Jch zweifle nicht: August erzielt den rechten Zweck. August. Welch Stein sol hier nicht Wachs/ welch Eiß nicht Schwefel werden? 450.Der Schönheit starck Magnet; der Lib-reitz der Gebehrden/ Zeucht zu Cleopatren den folgenden August. Cleop. Gebrauche dich/ mein Fürst/ der kräftgen Jahre Lust/ Di Zeit fleucht als ein Pfeil; di Wollust als ein Schatten. Ein Hertze/ das nicht wil der Libe Platz gestatten/ 455.Jst ein umbwölckter Stern/ ein Demant in der Flutt/ Ein Purpern Rosen-Haupt/ das zwar di Knosp' austhut/ Doch ungenützt in Staub der Blätter Gold läßt fallen. Was nützen ungepflückt dem Schaume di Corallen? Hingegen kan ein Held wol mehr vergnüget sein? 460.Wenn er di süsse Frucht des Siges erndtet ein/ Auf einer zarthen Schooß/ und di halb-todten Glider/ Erquickt durch süssen Thau belibter Küsse wider. August. Du Venus unser Zeit/ du Sonne diser Welt/ Di mein verliebter Geist für seinen Abgott hält/ 465.August ergibt sich dir/ er lägt di Lorber-Kräntze/ Für deinen Myrten ab. Wi weit der Erden Gräntzt/ Des
CLEOPATRA. Wi alle Glider ſich in Perlen-Schnee verſtellen.Schau/ wi di Bruͤſte ſich vom ſchnellen Athem ſchwellen| 435.Di Libe ſchaͤrfft hier ſelbſt di Waffen ſuͤſſer Pein; Libt uns der Keiſer nicht/ ſo muß er Kiſel ſein. Er ſaͤufzet/ er erblaſt! was gilt’s? ich werd’ es inne: Es liget Livie dem Keiſer in dem Sinne. Mein Licht/ er glaͤube feſt: daß Liben Anmuth’ gibt/ 440.Doch ſchmeck’t ihr Zucker nur der/ der den Wechſel libt. Der Roſe Gold vertreibt di Tulpen und Narziſſen; Selbſt Titan pflegt bald den/ bald jenen Stern zu kuͤſſen/ Und Phœbe glaͤntzt bald rund/ bald legtſ’ ihr Hoͤrner bei/ Daß nicht ihr eiufach Licht des Himmels Eckel ſet. 445.Sih’t er an Livien di Muſchel-Toͤchter prangen: Uns iſt di Morgen-roͤth’m Antlitz aufgegangen. Di Braͤune des Rubins ſticht blaſſe Perlen weg. Jch zweifle nicht: Auguſt erzielt den rechten Zweck. Auguſt. Welch Stein ſol hier nicht Wachs/ welch Eiß nicht Schwefel werden? 450.Der Schoͤnheit ſtarck Magnet; der Lib-reitz der Gebehrden/ Zeucht zu Cleopatren den folgenden Auguſt. Cleop. Gebrauche dich/ mein Fuͤrſt/ der kraͤftgen Jahre Luſt/ Di Zeit fleucht als ein Pfeil; di Wolluſt als ein Schatten. Ein Hertze/ das nicht wil der Libe Platz geſtatten/ 455.Jſt ein umbwoͤlckter Stern/ ein Demant in der Flutt/ Ein Purpern Roſen-Haupt/ das zwar di Knoſp’ auſthut/ Doch ungenuͤtzt in Staub der Blaͤtter Gold laͤßt fallen. Was nuͤtzen ungepfluͤckt dem Schaume di Corallen? Hingegen kan ein Held wol mehr vergnuͤget ſein? 460.Wenn er di ſuͤſſe Frucht des Siges erndtet ein/ Auf einer zarthen Schooß/ und di halb-todten Glider/ Erquickt durch ſuͤſſen Thau belibter Kuͤſſe wider. Auguſt. Du Venus unſer Zeit/ du Sonne diſer Welt/ Di mein verliebter Geiſt fuͤr ſeinen Abgott haͤlt/ 465.Auguſt ergibt ſich dir/ er laͤgt di Lorber-Kraͤntze/ Fuͤr deinen Myrten ab. Wi weit der Erden Graͤntzt/ Des
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#CLE"> <p><pb facs="#f0112"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CLEOPATRA.</hi></hi></fw><lb/> Wi alle Glider ſich in Perlen-Schnee verſtellen.<lb/> Schau/ wi di Bruͤſte ſich vom ſchnellen Athem ſchwellen|<lb/><note place="left">435.</note>Di Libe ſchaͤrfft hier ſelbſt di Waffen ſuͤſſer Pein;<lb/> Libt uns der Keiſer nicht/ ſo muß er Kiſel ſein.<lb/> Er ſaͤufzet/ er erblaſt! was gilt’s? ich werd’ es inne:<lb/> Es liget Livie dem Keiſer in dem Sinne.<lb/> Mein Licht/ er glaͤube feſt: daß Liben Anmuth’ gibt/<lb/><note place="left">440.</note>Doch ſchmeck’t ihr Zucker nur der/ der den Wechſel libt.<lb/> Der Roſe Gold vertreibt di Tulpen und Narziſſen;<lb/> Selbſt Titan pflegt bald den/ bald jenen Stern zu kuͤſſen/<lb/><hi rendition="#fr">U</hi>nd Phœbe glaͤntzt bald rund/ bald legtſ’ ihr Hoͤrner bei/<lb/> Daß nicht ihr eiufach Licht des Himmels Eckel ſet.<lb/><note place="left">445.</note>Sih’t er an Livien di Muſchel-Toͤchter prangen:<lb/><hi rendition="#fr">U</hi>ns iſt di Morgen-roͤth’m Antlitz aufgegangen.<lb/> Di Braͤune des Rubins ſticht blaſſe Perlen weg.<lb/> Jch zweifle nicht: Auguſt erzielt den rechten Zweck.</p> </sp><lb/> <sp who="#AUG"> <speaker> <hi rendition="#aq">Auguſt.</hi> </speaker> <p>Welch Stein ſol hier nicht Wachs/ welch Eiß nicht<lb/><hi rendition="#et">Schwefel werden?</hi><lb/><note place="left">450.</note>Der Schoͤnheit ſtarck Magnet; der Lib-reitz der Gebehrden/<lb/> Zeucht zu Cleopatren den folgenden Auguſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#CLE"> <speaker> <hi rendition="#aq">Cleop.</hi> </speaker> <p>Gebrauche dich/ mein Fuͤrſt/ der kraͤftgen Jahre Luſt/<lb/> Di Zeit fleucht als ein Pfeil; di Wolluſt als ein Schatten.<lb/> Ein Hertze/ das nicht wil der Libe Platz geſtatten/<lb/><note place="left">455.</note>Jſt ein umbwoͤlckter Stern/ ein Demant in der Flutt/<lb/> Ein Purpern Roſen-Haupt/ das zwar di Knoſp’ auſthut/<lb/> Doch ungenuͤtzt in Staub der Blaͤtter Gold laͤßt fallen.<lb/> Was nuͤtzen ungepfluͤckt dem Schaume di Corallen?<lb/> Hingegen kan ein Held wol mehr vergnuͤget ſein?<lb/><note place="left">460.</note>Wenn er di ſuͤſſe Frucht des Siges erndtet ein/<lb/> Auf einer zarthen Schooß/ und di halb-todten Glider/<lb/> Erquickt durch ſuͤſſen Thau belibter Kuͤſſe wider.</p> </sp><lb/> <sp who="#AUG"> <speaker> <hi rendition="#aq">Auguſt.</hi> </speaker> <p>Du Venus unſer Zeit/ du Sonne diſer Welt/<lb/> Di mein verliebter Geiſt fuͤr ſeinen Abgott haͤlt/<lb/><note place="left">465.</note>Auguſt ergibt ſich dir/ er laͤgt di Lorber-Kraͤntze/<lb/> Fuͤr deinen Myrten ab. Wi weit der Erden Graͤntzt/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Des</fw><lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [0112]
CLEOPATRA.
Wi alle Glider ſich in Perlen-Schnee verſtellen.
Schau/ wi di Bruͤſte ſich vom ſchnellen Athem ſchwellen|
Di Libe ſchaͤrfft hier ſelbſt di Waffen ſuͤſſer Pein;
Libt uns der Keiſer nicht/ ſo muß er Kiſel ſein.
Er ſaͤufzet/ er erblaſt! was gilt’s? ich werd’ es inne:
Es liget Livie dem Keiſer in dem Sinne.
Mein Licht/ er glaͤube feſt: daß Liben Anmuth’ gibt/
Doch ſchmeck’t ihr Zucker nur der/ der den Wechſel libt.
Der Roſe Gold vertreibt di Tulpen und Narziſſen;
Selbſt Titan pflegt bald den/ bald jenen Stern zu kuͤſſen/
Und Phœbe glaͤntzt bald rund/ bald legtſ’ ihr Hoͤrner bei/
Daß nicht ihr eiufach Licht des Himmels Eckel ſet.
Sih’t er an Livien di Muſchel-Toͤchter prangen:
Uns iſt di Morgen-roͤth’m Antlitz aufgegangen.
Di Braͤune des Rubins ſticht blaſſe Perlen weg.
Jch zweifle nicht: Auguſt erzielt den rechten Zweck.
Auguſt. Welch Stein ſol hier nicht Wachs/ welch Eiß nicht
Schwefel werden?
Der Schoͤnheit ſtarck Magnet; der Lib-reitz der Gebehrden/
Zeucht zu Cleopatren den folgenden Auguſt.
Cleop. Gebrauche dich/ mein Fuͤrſt/ der kraͤftgen Jahre Luſt/
Di Zeit fleucht als ein Pfeil; di Wolluſt als ein Schatten.
Ein Hertze/ das nicht wil der Libe Platz geſtatten/
Jſt ein umbwoͤlckter Stern/ ein Demant in der Flutt/
Ein Purpern Roſen-Haupt/ das zwar di Knoſp’ auſthut/
Doch ungenuͤtzt in Staub der Blaͤtter Gold laͤßt fallen.
Was nuͤtzen ungepfluͤckt dem Schaume di Corallen?
Hingegen kan ein Held wol mehr vergnuͤget ſein?
Wenn er di ſuͤſſe Frucht des Siges erndtet ein/
Auf einer zarthen Schooß/ und di halb-todten Glider/
Erquickt durch ſuͤſſen Thau belibter Kuͤſſe wider.
Auguſt. Du Venus unſer Zeit/ du Sonne diſer Welt/
Di mein verliebter Geiſt fuͤr ſeinen Abgott haͤlt/
Auguſt ergibt ſich dir/ er laͤgt di Lorber-Kraͤntze/
Fuͤr deinen Myrten ab. Wi weit der Erden Graͤntzt/
Des
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |