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Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665.

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Anic. Jhr Schauen zeuch't nach sich bey Hofe Mißver-
trauen.
Agrip. Wer gib't dem Hofe Macht zu urtheil'n/ was ge-
scheh'n.
280.
Anic. Man muß bei'm Aufruhr oft was durch die Finger
seh'n.
Nero. Frau Mutter/ sie entweich' umb den Verdacht zu
stillen/
Agrip. Jch wil des Käysers Heiß unweigerlich erfüllen.
Jedoch/ heiß't man uns gleich itzt aus dem Zimmer geh'n/
So bleib't im Hertzen doch des Käysers Bildnüs steh'n.
285.
Acte. Jch muß den Argwohn geh'n der Wache zu beneh-
men/
Eh als diß Unkraut sich noch weiter aus mag sämen.
Nero. Paris. Anicetus.
Paris Jch sorge grosser Fürst/ er wird zu letzte fühl'n
Mit was für Nattern wir in unserm Busem spiel'n.
Gar recht! ein Jäger pfleg't nicht anders auf zustellen/
290.Wenn er ein flüchtig Reh wil in die Garne fällen.
Wohin renn't Agrippin'/ umb sich nur zu erhöh'n?
Der Käyser kan uns nicht Gewissenbaft umb-steh'n.
Daß ihr hat Unzucht soll'n zu Ehren-flügeln dienen.
Mein Fürst! Es ist gethan; im Fall er Agrippinen
295.Drey Tage leben läß't/ die sich nicht selbst mehr kenn't
Für rasender Begierd? Allein' ihr Hertze brenn't
So sehr von Libe nicht/ als sie von Rache glühet;
Dardurch sie sich den Thronan sich zu zih'n bemühet/
Den Zepter aber dir zu winden aus der Hand/
300.Und solte gleich sie selbst durch ihren Ehren-Brand
Jn Asche seyn verkehr't. Denn die Begierde düncket
Die Flutt/ in welcher nur ihr Todes-Feind ertrincket/
Ein süsser Thau zu seyn/ wenn schon sie selbst zugleich
Mit in den Abgrund fäll't. Sie libet Kron und Reich/
305.Nicht aber/ Käyser/ dich. Jhr Liebreitz ist nur Rache.
Sie such't nur: Daß sie dich der Welt gehässig mache/
Und
D 5
Anic. Jhr Schauen zeuch’t nach ſich bey Hofe Mißver-
trauen.
Agrip. Wer gib’t dem Hofe Macht zu urtheil’n/ was ge-
ſcheh’n.
280.
Anic. Man muß bei’m Aufruhr oft was durch die Finger
ſeh’n.
Nero. Frau Mutter/ ſie entweich’ umb den Verdacht zu
ſtillen/
Agrip. Jch wil des Kaͤyſers Heiß unweigerlich erfuͤllen.
Jedoch/ heiß’t man uns gleich itzt aus dem Zimmer geh’n/
So bleib’t im Hertzen doch des Kaͤyſers Bildnuͤs ſteh’n.
285.
Acte. Jch muß den Argwohn geh’n der Wache zu beneh-
men/
Eh als diß Unkraut ſich noch weiter aus mag ſaͤmen.
Nero. Paris. Anicetus.
Paris Jch ſorge groſſer Fuͤrſt/ er wird zu letzte fuͤhl’n
Mit was fuͤr Nattern wir in unſerm Buſem ſpiel’n.
Gar recht! ein Jaͤger pfleg’t nicht anders auf zuſtellen/
290.Wenn er ein fluͤchtig Reh wil in die Garne faͤllen.
Wohin renn’t Agrippin’/ umb ſich nur zu erhoͤh’n?
Der Kaͤyſer kan uns nicht Gewiſſenbaft umb-ſteh’n.
Daß ihr hat Unzucht ſoll’n zu Ehren-fluͤgeln dienen.
Mein Fuͤrſt! Es iſt gethan; im Fall er Agrippinen
295.Drey Tage leben laͤß’t/ die ſich nicht ſelbſt mehr kenn’t
Fuͤr raſender Begierd? Allein’ ihr Hertze brenn’t
So ſehr von Libe nicht/ als ſie von Rache gluͤhet;
Dardurch ſie ſich den Thronan ſich zu zih’n bemuͤhet/
Den Zepter aber dir zu winden aus der Hand/
300.Und ſolte gleich ſie ſelbſt durch ihren Ehren-Brand
Jn Aſche ſeyn verkehr’t. Denn die Begierde duͤncket
Die Flutt/ in welcher nur ihr Todes-Feind ertrincket/
Ein ſuͤſſer Thau zu ſeyn/ wenn ſchon ſie ſelbſt zugleich
Mit in den Abgrund faͤll’t. Sie libet Kron und Reich/
305.Nicht aber/ Kaͤyſer/ dich. Jhr Liebreitz iſt nur Rache.
Sie ſuch’t nur: Daß ſie dich der Welt gehaͤſſig mache/
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D 5
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[57./0075] Anic. Jhr Schauen zeuch’t nach ſich bey Hofe Mißver- trauen. Agrip. Wer gib’t dem Hofe Macht zu urtheil’n/ was ge- ſcheh’n. Anic. Man muß bei’m Aufruhr oft was durch die Finger ſeh’n. Nero. Frau Mutter/ ſie entweich’ umb den Verdacht zu ſtillen/ Agrip. Jch wil des Kaͤyſers Heiß unweigerlich erfuͤllen. Jedoch/ heiß’t man uns gleich itzt aus dem Zimmer geh’n/ So bleib’t im Hertzen doch des Kaͤyſers Bildnuͤs ſteh’n. Acte. Jch muß den Argwohn geh’n der Wache zu beneh- men/ Eh als diß Unkraut ſich noch weiter aus mag ſaͤmen. Nero. Paris. Anicetus. Paris Jch ſorge groſſer Fuͤrſt/ er wird zu letzte fuͤhl’n Mit was fuͤr Nattern wir in unſerm Buſem ſpiel’n. Gar recht! ein Jaͤger pfleg’t nicht anders auf zuſtellen/ Wenn er ein fluͤchtig Reh wil in die Garne faͤllen. Wohin renn’t Agrippin’/ umb ſich nur zu erhoͤh’n? Der Kaͤyſer kan uns nicht Gewiſſenbaft umb-ſteh’n. Daß ihr hat Unzucht ſoll’n zu Ehren-fluͤgeln dienen. Mein Fuͤrſt! Es iſt gethan; im Fall er Agrippinen Drey Tage leben laͤß’t/ die ſich nicht ſelbſt mehr kenn’t Fuͤr raſender Begierd? Allein’ ihr Hertze brenn’t So ſehr von Libe nicht/ als ſie von Rache gluͤhet; Dardurch ſie ſich den Thronan ſich zu zih’n bemuͤhet/ Den Zepter aber dir zu winden aus der Hand/ Und ſolte gleich ſie ſelbſt durch ihren Ehren-Brand Jn Aſche ſeyn verkehr’t. Denn die Begierde duͤncket Die Flutt/ in welcher nur ihr Todes-Feind ertrincket/ Ein ſuͤſſer Thau zu ſeyn/ wenn ſchon ſie ſelbſt zugleich Mit in den Abgrund faͤll’t. Sie libet Kron und Reich/ Nicht aber/ Kaͤyſer/ dich. Jhr Liebreitz iſt nur Rache. Sie ſuch’t nur: Daß ſie dich der Welt gehaͤſſig mache/ Und D 5

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665, S. 57.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665/75>, abgerufen am 01.05.2024.