Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665.

Bild:
<< vorherige Seite
255.Wer hier nicht naschen wil/ muß ein entseelter Stein/
Nicht Agrippinens Kind/ nicht ihr Geblütte seyn
Komm/ Mutter/ labe mich mit deinen Mund-Corallen/
Wo mein verlibter Geist nicht sol in Ohnmacht fallen!
Jch brenn'/ ihr Brüst'/ ich brenn'/ itzt hab ich erst ge-
schmeck't:
260.Daß in dem Schneegebirg' ein feurig Etna steck't.
Mein Licht/ so lasse nun mit kühlen Anmuths-Wel-
len
Dis Alabaster-Meer sich gegen mir aufschwellen/
Darinnen sich der Brand der Seele leschen kan;
Entblöß'

Acte. Agrippina. Nero. Ani-
cetus.
Acte.

Ach Fürst! es spinn't sich ärgster Aufruhr
an!
265.
Agrip. Wer heißt unangesag't dich in das Zimmer drin-
gen?
Acte. Die schreckliche Gefahr/ die ich euch zu muß brin-
gen.
Nero. Was für Gefahr? Acte. Das Heer der Leibwach
ist entpör't/
Und geh't| mit Meyneyd umb. Nero. Warumb? Hastu
gehör't
Des Lasters Uhrsprung? Acte. Ja. Es meint: Daß A-
grippine
270.Mit ihrem Sohne zu beflecken sich erkühne.
Hierdurch erlasse sie der Himmel ihrer Pflicht.
Agrip, Woher rühr't solch Verdacht?
Act. Zwar eigen
weiß ich's nicht;
Doch muthmaß' ich: Es sey der Zunder dieser Flammen:
Daß beyd' im Schlaffgemach' alleine sind beysammen.
275.
Anic. Ach Fürst! ach Käyserin! sie und auch er erbleich't/
Wo sie nicht Angesicht's aus dem Gemache weich't.
Agrip. Darf Agrippine nun auch nicht den Sohn mehr
schauen?
Anic.
255.Wer hier nicht naſchen wil/ muß ein entſeelter Stein/
Nicht Agrippinens Kind/ nicht ihr Gebluͤtte ſeyn
Komm/ Mutter/ labe mich mit deinen Mund-Corallen/
Wo mein verlibter Geiſt nicht ſol in Ohnmacht fallen!
Jch brenn’/ ihr Bruͤſt’/ ich brenn’/ itzt hab ich erſt ge-
ſchmeck’t:
260.Daß in dem Schneegebirg’ ein feurig Etna ſteck’t.
Mein Licht/ ſo laſſe nun mit kuͤhlen Anmuths-Wel-
len
Dis Alabaſter-Meer ſich gegen mir aufſchwellen/
Darinnen ſich der Brand der Seele leſchen kan;
Entbloͤß’

Acte. Agrippina. Nero. Ani-
cetus.
Acte.

Ach Fuͤrſt! es ſpinn’t ſich aͤrgſter Aufruhr
an!
265.
Agrip. Wer heißt unangeſag’t dich in das Zimmer drin-
gen?
Acte. Die ſchreckliche Gefahr/ die ich euch zu muß brin-
gen.
Nero. Was fuͤr Gefahr? Acte. Das Heer der Leibwach
iſt entpoͤr’t/
Und geh’t| mit Meyneyd umb. Nero. Warumb? Haſtu
gehoͤr’t
Des Laſters Uhrſprung? Acte. Ja. Es meint: Daß A-
grippine
270.Mit ihrem Sohne zu beflecken ſich erkuͤhne.
Hierdurch erlaſſe ſie der Himmel ihrer Pflicht.
Agrip, Woher ruͤhr’t ſolch Verdacht?
Act. Zwar eigen
weiß ich’s nicht;
Doch muthmaß’ ich: Es ſey der Zunder dieſer Flammen:
Daß beyd’ im Schlaffgemach’ alleine ſind beyſammen.
275.
Anic. Ach Fuͤrſt! ach Kaͤyſerin! ſie und auch er erbleich’t/
Wo ſie nicht Angeſicht’s aus dem Gemache weich’t.
Agrip. Darf Agrippine nun auch nicht den Sohn mehr
ſchauen?
Anic.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp>
          <p><pb facs="#f0074" n="56."/><note place="left">255.</note>Wer hier nicht na&#x017F;chen wil/ muß ein ent&#x017F;eelter Stein/<lb/>
Nicht Agrippinens Kind/ nicht ihr Geblu&#x0364;tte &#x017F;eyn<lb/>
Komm/ Mutter/ labe mich mit deinen Mund-Corallen/<lb/>
Wo mein verlibter Gei&#x017F;t nicht &#x017F;ol in Ohnmacht fallen!<lb/>
Jch brenn&#x2019;/ ihr Bru&#x0364;&#x017F;t&#x2019;/ ich brenn&#x2019;/ itzt hab ich er&#x017F;t ge-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chmeck&#x2019;t:</hi><lb/><note place="left">260.</note>Daß in dem Schneegebirg&#x2019; ein feurig Etna &#x017F;teck&#x2019;t.<lb/>
Mein Licht/ &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;e nun mit ku&#x0364;hlen Anmuths-Wel-<lb/><hi rendition="#et">len</hi><lb/>
Dis Alaba&#x017F;ter-Meer &#x017F;ich gegen mir auf&#x017F;chwellen/<lb/>
Darinnen &#x017F;ich der Brand der Seele le&#x017F;chen kan;<lb/>
Entblo&#x0364;ß&#x2019; <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></p>
        </sp><lb/>
        <stage> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq">Acte. Agrippina. Nero. Ani-<lb/>
cetus.</hi> </hi> </stage><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Acte.</hi> </speaker>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Ach Fu&#x0364;r&#x017F;t! es &#x017F;pinn&#x2019;t &#x017F;ich a&#x0364;rg&#x017F;ter Aufruhr<lb/><hi rendition="#et">an!</hi></p>
        </sp><lb/>
        <note place="left">265.</note>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Agrip.</hi> </speaker>
          <p>Wer heißt unange&#x017F;ag&#x2019;t dich in das Zimmer drin-<lb/><hi rendition="#et">gen?</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Acte.</hi> </speaker>
          <p>Die &#x017F;chreckliche Gefahr/ die ich euch zu muß brin-<lb/><hi rendition="#et">gen.</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Nero.</hi> </speaker>
          <p>Was fu&#x0364;r Gefahr? <hi rendition="#aq">Acte.</hi> Das Heer der Leibwach<lb/><hi rendition="#et">i&#x017F;t entpo&#x0364;r&#x2019;t/</hi><lb/>
Und geh&#x2019;t| mit Meyneyd umb. <hi rendition="#aq">Nero.</hi> Warumb? Ha&#x017F;tu<lb/><hi rendition="#et">geho&#x0364;r&#x2019;t</hi><lb/>
Des La&#x017F;ters Uhr&#x017F;prung? <hi rendition="#aq">Acte.</hi> Ja. Es meint: Daß A-<lb/><hi rendition="#et">grippine</hi><lb/><note place="left">270.</note>Mit ihrem Sohne zu beflecken &#x017F;ich erku&#x0364;hne.<lb/>
Hierdurch erla&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ie der Himmel ihrer Pflicht.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Agrip,</hi> </speaker>
          <p>Woher ru&#x0364;hr&#x2019;t &#x017F;olch Verdacht?</p>
        </sp>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Act.</hi> </speaker>
          <p>Zwar eigen<lb/><hi rendition="#et">weiß ich&#x2019;s nicht;</hi><lb/>
Doch muthmaß&#x2019; ich: Es &#x017F;ey der Zunder die&#x017F;er Flammen:<lb/>
Daß beyd&#x2019; im Schlaffgemach&#x2019; alleine &#x017F;ind bey&#x017F;ammen.</p>
        </sp><lb/>
        <note place="left">275.</note>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Anic.</hi> </speaker>
          <p>Ach Fu&#x0364;r&#x017F;t! ach Ka&#x0364;y&#x017F;erin! &#x017F;ie und auch er erbleich&#x2019;t/<lb/>
Wo &#x017F;ie nicht Ange&#x017F;icht&#x2019;s aus dem Gemache weich&#x2019;t.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Agrip.</hi> </speaker>
          <p>Darf Agrippine nun auch nicht den Sohn mehr<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chauen?</hi></p>
        </sp><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Anic.</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56./0074] Wer hier nicht naſchen wil/ muß ein entſeelter Stein/ Nicht Agrippinens Kind/ nicht ihr Gebluͤtte ſeyn Komm/ Mutter/ labe mich mit deinen Mund-Corallen/ Wo mein verlibter Geiſt nicht ſol in Ohnmacht fallen! Jch brenn’/ ihr Bruͤſt’/ ich brenn’/ itzt hab ich erſt ge- ſchmeck’t: Daß in dem Schneegebirg’ ein feurig Etna ſteck’t. Mein Licht/ ſo laſſe nun mit kuͤhlen Anmuths-Wel- len Dis Alabaſter-Meer ſich gegen mir aufſchwellen/ Darinnen ſich der Brand der Seele leſchen kan; Entbloͤß’ Acte. Agrippina. Nero. Ani- cetus. Acte. Ach Fuͤrſt! es ſpinn’t ſich aͤrgſter Aufruhr an! Agrip. Wer heißt unangeſag’t dich in das Zimmer drin- gen? Acte. Die ſchreckliche Gefahr/ die ich euch zu muß brin- gen. Nero. Was fuͤr Gefahr? Acte. Das Heer der Leibwach iſt entpoͤr’t/ Und geh’t| mit Meyneyd umb. Nero. Warumb? Haſtu gehoͤr’t Des Laſters Uhrſprung? Acte. Ja. Es meint: Daß A- grippine Mit ihrem Sohne zu beflecken ſich erkuͤhne. Hierdurch erlaſſe ſie der Himmel ihrer Pflicht. Agrip, Woher ruͤhr’t ſolch Verdacht? Act. Zwar eigen weiß ich’s nicht; Doch muthmaß’ ich: Es ſey der Zunder dieſer Flammen: Daß beyd’ im Schlaffgemach’ alleine ſind beyſammen. Anic. Ach Fuͤrſt! ach Kaͤyſerin! ſie und auch er erbleich’t/ Wo ſie nicht Angeſicht’s aus dem Gemache weich’t. Agrip. Darf Agrippine nun auch nicht den Sohn mehr ſchauen? Anic.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665/74
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665, S. 56.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665/74>, abgerufen am 01.05.2024.