Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665.

Bild:
<< vorherige Seite
Otho. Wie mag ihr solch Verdacht umbnebeln das Ge-
sichte?
Agrip. Sag't/ was sie wichtiges beim Käyser sonft ver-
richte?
Otho. Gesätz't/ er küsse sie. Ein Kuß mach't keinen Fleck.
Octav. Des Küssens Pfeile ziel'n auff einen fernern Zweck.
335.
Otho. Von keuschen Seelen wird kein ferner Wunsch ver-
gnüget.
Agrip. Ein Weib bleib't keusch/ biß sie zur Untreu Anlaß
krieget/
Otho. Jst diß der Weiber Ruhm? Wer wil euch ferner
trau'n?
Octav. Candaulens Frau blieb keusch/ biß daß er sie ließ
schau'n.
Otho. Was nütz't ein Schatz/ den man Niemanden darf
entdecken
340.
Agrip. Der klärste Spigel krig't von geilen Augen Fle-
cken.
Otho. Der Sternen Glantz bleib't rein/ sih't sie gleich al-
le Welt.
Octav. Gläubt: Daß nichts Jrrdisches des Himmels Far-
ben hällt.
Otho. Was ist der Perlen-Schnee in Schnecken-Mu-
schein nütze?
Agrip. Kein Eßig fälsch't sie nicht im Mütterlichen Sitze.
345.
Otho. Wer wil sein Weib allzeit in's Zimmer schlüssen
ein?
Octav. Man mache sie nur nicht bey Fürsten zu gemein.
Otho. Es bringet Ehr und Ruhm bey Fürsten seyn gese-
hen.
Agrip. Wer hoch geseh'n seyn wil/ muß lassen viel gesche-
hen.
Otho. Des Ehstands heilig's Band beschütz't sie für Ge-
fahr.
350.
Octav. Schützt die Chryseis doch nicht Jnfel/ nicht
Altar.
Otho. Poppeens Tugend kan nicht ausser Schrancken ge-
hen.
Agrip.
Otho. Wie mag ihr ſolch Verdacht umbnebeln das Ge-
ſichte?
Agrip. Sag’t/ was ſie wichtiges beim Kaͤyſer ſonft ver-
richte?
Otho. Geſaͤtz’t/ er kuͤſſe ſie. Ein Kuß mach’t keinen Fleck.
Octav. Des Kuͤſſens Pfeile ziel’n auff einen fernern Zweck.
335.
Otho. Von keuſchen Seelen wird kein ferner Wunſch ver-
gnuͤget.
Agrip. Ein Weib bleib’t keuſch/ biß ſie zur Untreu Anlaß
krieget/
Otho. Jſt diß der Weiber Ruhm? Wer wil euch ferner
trau’n?
Octav. Candaulens Frau blieb keuſch/ biß daß er ſie ließ
ſchau’n.
Otho. Was nuͤtz’t ein Schatz/ den man Niemanden darf
entdecken
340.
Agrip. Der klaͤrſte Spigel krig’t von geilen Augen Fle-
cken.
Otho. Der Sternen Glantz bleib’t rein/ ſih’t ſie gleich al-
le Welt.
Octav. Glaͤubt: Daß nichts Jrꝛdiſches des Him̃els Far-
ben haͤllt.
Otho. Was iſt der Perlen-Schnee in Schnecken-Mu-
ſchein nuͤtze?
Agrip. Kein Eßig faͤlſch’t ſie nicht im Muͤtterlichen Sitze.
345.
Otho. Wer wil ſein Weib allzeit in’s Zimmer ſchluͤſſen
ein?
Octav. Man mache ſie nur nicht bey Fuͤrſten zu gemein.
Otho. Es bringet Ehr und Ruhm bey Fuͤrſten ſeyn geſe-
hen.
Agrip. Wer hoch geſeh’n ſeyn wil/ muß laſſen viel geſche-
hen.
Otho. Des Ehſtands heilig’s Band beſchuͤtz’t ſie fuͤr Ge-
fahr.
350.
Octav. Schuͤtzt die Chryſeis doch nicht Jnfel/ nicht
Altar.
Otho. Poppeens Tugend kan nicht auſſer Schrancken ge-
hen.
Agrip.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0056" n="38."/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Otho.</hi> </speaker>
          <p>Wie mag ihr &#x017F;olch Verdacht umbnebeln das Ge-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ichte?</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Agrip.</hi> </speaker>
          <p>Sag&#x2019;t/ was &#x017F;ie wichtiges beim Ka&#x0364;y&#x017F;er &#x017F;onft ver-<lb/><hi rendition="#et">richte?</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Otho.</hi> </speaker>
          <p>Ge&#x017F;a&#x0364;tz&#x2019;t/ er ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ie. Ein Kuß mach&#x2019;t keinen Fleck.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Octav.</hi> </speaker>
          <p>Des Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;ens Pfeile ziel&#x2019;n auff einen fernern Zweck.</p>
        </sp><lb/>
        <note place="left">335.</note>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Otho.</hi> </speaker>
          <p>Von keu&#x017F;chen Seelen wird kein ferner Wun&#x017F;ch ver-<lb/><hi rendition="#et">gnu&#x0364;get.</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Agrip.</hi> </speaker>
          <p>Ein Weib bleib&#x2019;t keu&#x017F;ch/ biß &#x017F;ie zur Untreu Anlaß<lb/><hi rendition="#et">krieget/</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Otho.</hi> </speaker>
          <p>J&#x017F;t diß der Weiber Ruhm? Wer wil euch ferner<lb/><hi rendition="#et">trau&#x2019;n?</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Octav.</hi> </speaker>
          <p>Candaulens Frau blieb keu&#x017F;ch/ biß daß er &#x017F;ie ließ<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chau&#x2019;n.</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Otho.</hi> </speaker>
          <p>Was nu&#x0364;tz&#x2019;t ein Schatz/ den man Niemanden darf<lb/><hi rendition="#et">entdecken</hi></p>
        </sp><lb/>
        <note place="left">340.</note>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Agrip.</hi> </speaker>
          <p>Der kla&#x0364;r&#x017F;te Spigel krig&#x2019;t von geilen Augen Fle-<lb/><hi rendition="#et">cken.</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Otho.</hi> </speaker>
          <p>Der Sternen Glantz bleib&#x2019;t rein/ &#x017F;ih&#x2019;t &#x017F;ie gleich al-<lb/><hi rendition="#et">le Welt.</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Octav.</hi> </speaker>
          <p>Gla&#x0364;ubt: Daß nichts Jr&#xA75B;di&#x017F;ches des Him&#x0303;els Far-<lb/><hi rendition="#et">ben ha&#x0364;llt.</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Otho.</hi> </speaker>
          <p>Was i&#x017F;t der Perlen-Schnee in Schnecken-Mu-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chein nu&#x0364;tze?</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Agrip.</hi> </speaker>
          <p>Kein Eßig fa&#x0364;l&#x017F;ch&#x2019;t &#x017F;ie nicht im Mu&#x0364;tterlichen Sitze.</p>
        </sp><lb/>
        <note place="left">345.</note>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Otho.</hi> </speaker>
          <p>Wer wil &#x017F;ein Weib allzeit in&#x2019;s Zimmer &#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/><hi rendition="#et">ein?</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Octav.</hi> </speaker>
          <p>Man mache &#x017F;ie nur nicht bey Fu&#x0364;r&#x017F;ten zu gemein.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Otho.</hi> </speaker>
          <p>Es bringet Ehr und Ruhm bey Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;eyn ge&#x017F;e-<lb/><hi rendition="#et">hen.</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Agrip.</hi> </speaker>
          <p>Wer hoch ge&#x017F;eh&#x2019;n &#x017F;eyn wil/ muß la&#x017F;&#x017F;en viel ge&#x017F;che-<lb/><hi rendition="#et">hen.</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Otho.</hi> </speaker>
          <p>Des Eh&#x017F;tands heilig&#x2019;s Band be&#x017F;chu&#x0364;tz&#x2019;t &#x017F;ie fu&#x0364;r Ge-<lb/><hi rendition="#et">fahr.</hi></p>
        </sp><lb/>
        <note place="left">350.</note>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Octav.</hi> </speaker>
          <p>Schu&#x0364;tzt die Chry&#x017F;eis doch nicht Jnfel/ nicht<lb/><hi rendition="#et">Altar.</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Otho.</hi> </speaker>
          <p>Poppeens Tugend kan nicht au&#x017F;&#x017F;er Schrancken ge-<lb/><hi rendition="#et">hen.</hi></p>
        </sp><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Agrip.</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38./0056] Otho. Wie mag ihr ſolch Verdacht umbnebeln das Ge- ſichte? Agrip. Sag’t/ was ſie wichtiges beim Kaͤyſer ſonft ver- richte? Otho. Geſaͤtz’t/ er kuͤſſe ſie. Ein Kuß mach’t keinen Fleck. Octav. Des Kuͤſſens Pfeile ziel’n auff einen fernern Zweck. Otho. Von keuſchen Seelen wird kein ferner Wunſch ver- gnuͤget. Agrip. Ein Weib bleib’t keuſch/ biß ſie zur Untreu Anlaß krieget/ Otho. Jſt diß der Weiber Ruhm? Wer wil euch ferner trau’n? Octav. Candaulens Frau blieb keuſch/ biß daß er ſie ließ ſchau’n. Otho. Was nuͤtz’t ein Schatz/ den man Niemanden darf entdecken Agrip. Der klaͤrſte Spigel krig’t von geilen Augen Fle- cken. Otho. Der Sternen Glantz bleib’t rein/ ſih’t ſie gleich al- le Welt. Octav. Glaͤubt: Daß nichts Jrꝛdiſches des Him̃els Far- ben haͤllt. Otho. Was iſt der Perlen-Schnee in Schnecken-Mu- ſchein nuͤtze? Agrip. Kein Eßig faͤlſch’t ſie nicht im Muͤtterlichen Sitze. Otho. Wer wil ſein Weib allzeit in’s Zimmer ſchluͤſſen ein? Octav. Man mache ſie nur nicht bey Fuͤrſten zu gemein. Otho. Es bringet Ehr und Ruhm bey Fuͤrſten ſeyn geſe- hen. Agrip. Wer hoch geſeh’n ſeyn wil/ muß laſſen viel geſche- hen. Otho. Des Ehſtands heilig’s Band beſchuͤtz’t ſie fuͤr Ge- fahr. Octav. Schuͤtzt die Chryſeis doch nicht Jnfel/ nicht Altar. Otho. Poppeens Tugend kan nicht auſſer Schrancken ge- hen. Agrip.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665/56
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665, S. 38.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665/56>, abgerufen am 22.11.2024.