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Logau, Friedrich von: Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend. Breslau. 1654.

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Drittes Hundert.
68.
Die Genade.
Daß warm ist Menschen mehr/ als kaltes angeboren:
Dem Fürsten/ sey die Güt als Schärffe/ mehr erkoren.
69.
Der Neid.
Neiden vnd geneidet werden
Jst das meiste Thun auff Erden.
70.
Gegenwärtige vnd verlohrene Tugend.
Tapffre Leute/ pflegt der Neid gerne sehn begraben/
Außgegraben/ wann er sie nun nicht mehr kan haben.
71.
Elender Zustand der Fürsten.
Fürsten haben zwar mehr Gut/ als vielleicht gemeine Leute;
Haben aber derer viel/ denen sie stehn stets zur Beute:
Fürsten haben zwar viel Dienst; müssen aber viel ernähren
Künnen auch für sich nicht mehr/ als ein eintzler etwa zehren.
72.
Ein vnruhig Gemüte.
Ein Mühlstein/ vnd ein Menschen-Hertz/ wird stets herum ge-
trieben/
Wo beydes nicht zu reiben hat/ wird beydes selbst zerrleben.
73.
Verstellung.
Jeder schilt das Hofe-Leben/ wann er nicht darinnen ist;
Jeder nimmt das Hofe-Leben/ wann er nur wird drein erkiest.
74.
Der Feind nicht zu verachten.
Mit dem Feinde soll man fechten/ für dem sechten jhn nicht
schmähn
Viel die schmähten vngefochten/ hat man fechtend lauffen sehn.
75. Auff
Drittes Hundert.
68.
Die Genade.
Daß warm iſt Menſchen mehr/ als kaltes angeboren:
Dem Fuͤrſten/ ſey die Guͤt als Schaͤrffe/ mehr erkoren.
69.
Der Neid.
Neiden vnd geneidet werden
Jſt das meiſte Thun auff Erden.
70.
Gegenwaͤrtige vnd verlohrene Tugend.
Tapffre Leute/ pflegt der Neid gerne ſehn begraben/
Außgegraben/ wann er ſie nun nicht mehr kan haben.
71.
Elender Zuſtand der Fuͤrſten.
Fuͤrſten haben zwar mehr Gut/ als vielleicht gemeine Leute;
Haben aber derer viel/ denen ſie ſtehn ſtets zur Beute:
Fuͤrſten haben zwar viel Dienſt; muͤſſen aber viel ernaͤhren
Kuͤnnen auch fuͤr ſich nicht mehr/ als ein eintzler etwa zehren.
72.
Ein vnruhig Gemuͤte.
Ein Muͤhlſtein/ vnd ein Menſchen-Hertz/ wird ſtets herum ge-
trieben/
Wo beydes nicht zu reiben hat/ wird beydes ſelbſt zerrleben.
73.
Verſtellung.
Jeder ſchilt das Hofe-Leben/ wann er nicht darinnen iſt;
Jeder nim̃t das Hofe-Leben/ wann er nur wird drein erkieſt.
74.
Der Feind nicht zu verachten.
Mit dem Feinde ſoll man fechten/ fuͤr dem ſechten jhn nicht
ſchmaͤhn
Viel die ſchmaͤhten vngefochten/ hat man fechtend lauffen ſehn.
75. Auff
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[73/0347] Drittes Hundert. 68. Die Genade. Daß warm iſt Menſchen mehr/ als kaltes angeboren: Dem Fuͤrſten/ ſey die Guͤt als Schaͤrffe/ mehr erkoren. 69. Der Neid. Neiden vnd geneidet werden Jſt das meiſte Thun auff Erden. 70. Gegenwaͤrtige vnd verlohrene Tugend. Tapffre Leute/ pflegt der Neid gerne ſehn begraben/ Außgegraben/ wann er ſie nun nicht mehr kan haben. 71. Elender Zuſtand der Fuͤrſten. Fuͤrſten haben zwar mehr Gut/ als vielleicht gemeine Leute; Haben aber derer viel/ denen ſie ſtehn ſtets zur Beute: Fuͤrſten haben zwar viel Dienſt; muͤſſen aber viel ernaͤhren Kuͤnnen auch fuͤr ſich nicht mehr/ als ein eintzler etwa zehren. 72. Ein vnruhig Gemuͤte. Ein Muͤhlſtein/ vnd ein Menſchen-Hertz/ wird ſtets herum ge- trieben/ Wo beydes nicht zu reiben hat/ wird beydes ſelbſt zerrleben. 73. Verſtellung. Jeder ſchilt das Hofe-Leben/ wann er nicht darinnen iſt; Jeder nim̃t das Hofe-Leben/ wann er nur wird drein erkieſt. 74. Der Feind nicht zu verachten. Mit dem Feinde ſoll man fechten/ fuͤr dem ſechten jhn nicht ſchmaͤhn Viel die ſchmaͤhten vngefochten/ hat man fechtend lauffen ſehn. 75. Auff

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Zitationshilfe: Logau, Friedrich von: Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend. Breslau. 1654, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/logau_sinngetichte_1654/347>, abgerufen am 17.05.2024.