Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Römisches
tete sich nach denen Fürsten/ und waren Laster und Unordnun-
gen mehr als zu gemein. Sonderlich regierte der Unzuchts-
Teuffel recht kräfftig/ so wohl unter grossen/ als geringen/ und
räumeten die armselige Fürsten dem schlimmsten Huren-Pack
solche Macht ein/ daß auch fast gantz Europa von dergleichen
Leuten beherrschet wurde. Man suchte darinnen eine sonder-
bahre galanterie, daß man dem Weibs-Volck in allen Dingen
zu Willen war/ und es schiene/ als wäre alle männliche reso-
lution
und Tapfferkeit/ sonderlich in dem weichlichen Jtalien/
verschwunden. Die Clerisey machte es nicht besser/ als die
Weltlichen/ und es gerieth endlich so weit/ daß ein paar Huren
die Herrschafft über Rom/ Jtalien und die Römische Kirche ei-
ne geraume Zeit lang besassen.

II.

Damit wir viele merckwürdige Sachen/ so zu bessern
Verstand dieser sonst sehr verwirreten Historie gehören/ etwas
ordentlicher vorstellen mögen/ wollen wir den Anfang beym En-
de des IXten Seculi machen/ als in welchen auch der Anfang der
Boßheit/ so im Xten Seculo ausgeführet wurde/ ist gemacht
An. C. 870.worden. Es stunde damahls die Beherrschung des Käyser-
thums bey der Familie des grossen Carls/ welcher sein ererb-
tes Fränckisches Königreich mit dem Röm. Käyserthum und
Sächsischen/ Bäyerischen/ Mährischen/ wie auch Friesischen
und Langobardischen Königreichen vermehret hatte. Dieser
glorwürdige Stamm/ so nunmehr über 70. Jahr solche Reiche
besessen/ neigte sich numehr zu seinen Untergang/ und gab schon
viele Zeichen des bevorstehenden ruins. Unter diesen fiel vor-
nehmlich das unmäßige und höchstüppige Leben derer Carolin-
gi
schen Fürsten denen meisten in die Augen/ als unter welchen
fast keiner zu finden/ der nicht ohngescheuet mit Concubinen
sich beholffen/ und seine Bastarde zu hohen Ehren befördert/ wo-
rinnen sonderlich Lotharius, König in Lothringen/ Käyser Ca-
rol der kahle und Carolus der dicke/ wie auch Käyser Arnolph
bekannt; Die übrigen haben meistens das Lob in denen Historien/
daß sie blödes Gemüths gewesen/ und gantz aus der Art des Ca-

rolin-

Roͤmiſches
tete ſich nach denen Fuͤrſten/ und waren Laſter und Unordnun-
gen mehr als zu gemein. Sonderlich regierte der Unzuchts-
Teuffel recht kraͤfftig/ ſo wohl unter groſſen/ als geringen/ und
raͤumeten die armſelige Fuͤrſten dem ſchlimmſten Huren-Pack
ſolche Macht ein/ daß auch faſt gantz Europa von dergleichen
Leuten beherrſchet wurde. Man ſuchte darinnen eine ſonder-
bahre galanterie, daß man dem Weibs-Volck in allen Dingen
zu Willen war/ und es ſchiene/ als waͤre alle maͤnnliche reſo-
lution
und Tapfferkeit/ ſonderlich in dem weichlichen Jtalien/
verſchwunden. Die Cleriſey machte es nicht beſſer/ als die
Weltlichen/ und es gerieth endlich ſo weit/ daß ein paar Huren
die Herrſchafft uͤber Rom/ Jtalien und die Roͤmiſche Kirche ei-
ne geraume Zeit lang beſaſſen.

II.

Damit wir viele merckwuͤrdige Sachen/ ſo zu beſſern
Verſtand dieſer ſonſt ſehr verwirreten Hiſtorie gehoͤren/ etwas
ordentlicher vorſtellen moͤgen/ wollen wir den Anfang beym En-
de des IXten Seculi machen/ als in welchen auch der Anfang der
Boßheit/ ſo im Xten Seculo ausgefuͤhret wurde/ iſt gemacht
An. C. 870.worden. Es ſtunde damahls die Beherrſchung des Kaͤyſer-
thums bey der Familie des groſſen Carls/ welcher ſein ererb-
tes Fraͤnckiſches Koͤnigreich mit dem Roͤm. Kaͤyſerthum und
Saͤchſiſchen/ Baͤyeriſchen/ Maͤhriſchen/ wie auch Frieſiſchen
und Langobardiſchen Koͤnigreichen vermehret hatte. Dieſer
glorwuͤrdige Stamm/ ſo nunmehr uͤber 70. Jahr ſolche Reiche
beſeſſen/ neigte ſich numehr zu ſeinen Untergang/ und gab ſchon
viele Zeichen des bevorſtehenden ruins. Unter dieſen fiel vor-
nehmlich das unmaͤßige und hoͤchſtuͤppige Leben derer Carolin-
gi
ſchen Fuͤrſten denen meiſten in die Augen/ als unter welchen
faſt keiner zu finden/ der nicht ohngeſcheuet mit Concubinen
ſich beholffen/ und ſeine Baſtarde zu hohen Ehren befoͤrdert/ wo-
rinnen ſonderlich Lotharius, Koͤnig in Lothringen/ Kaͤyſer Ca-
rol der kahle und Carolus der dicke/ wie auch Kaͤyſer Arnolph
bekannt; Die uͤbrigen haben meiſtens das Lob in denen Hiſtorien/
daß ſie bloͤdes Gemuͤths geweſen/ und gantz aus der Art des Ca-

rolin-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0012" n="2"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ro&#x0364;mi&#x017F;ches</hi></fw><lb/>
tete &#x017F;ich nach denen Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ und waren La&#x017F;ter und Unordnun-<lb/>
gen mehr als zu gemein. Sonderlich regierte der Unzuchts-<lb/>
Teuffel recht kra&#x0364;fftig/ &#x017F;o wohl unter gro&#x017F;&#x017F;en/ als geringen/ und<lb/>
ra&#x0364;umeten die arm&#x017F;elige Fu&#x0364;r&#x017F;ten dem &#x017F;chlimm&#x017F;ten Huren-Pack<lb/>
&#x017F;olche Macht ein/ daß auch fa&#x017F;t gantz Europa von dergleichen<lb/>
Leuten beherr&#x017F;chet wurde. Man &#x017F;uchte darinnen eine &#x017F;onder-<lb/>
bahre <hi rendition="#aq">galanterie,</hi> daß man dem Weibs-Volck in allen Dingen<lb/>
zu Willen war/ und es &#x017F;chiene/ als wa&#x0364;re alle ma&#x0364;nnliche <hi rendition="#aq">re&#x017F;o-<lb/>
lution</hi> und Tapfferkeit/ &#x017F;onderlich in dem weichlichen Jtalien/<lb/>
ver&#x017F;chwunden. Die Cleri&#x017F;ey machte es nicht be&#x017F;&#x017F;er/ als die<lb/>
Weltlichen/ und es gerieth endlich &#x017F;o weit/ daß ein paar Huren<lb/>
die Herr&#x017F;chafft u&#x0364;ber Rom/ Jtalien und die Ro&#x0364;mi&#x017F;che Kirche ei-<lb/>
ne geraume Zeit lang be&#x017F;a&#x017F;&#x017F;en.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">II.</hi> </head><lb/>
          <p>Damit wir viele merckwu&#x0364;rdige Sachen/ &#x017F;o zu be&#x017F;&#x017F;ern<lb/>
Ver&#x017F;tand die&#x017F;er &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;ehr verwirreten Hi&#x017F;torie geho&#x0364;ren/ etwas<lb/>
ordentlicher vor&#x017F;tellen mo&#x0364;gen/ wollen wir den Anfang beym En-<lb/>
de des <hi rendition="#aq">IX</hi>ten <hi rendition="#aq">Seculi</hi> machen/ als in welchen auch der Anfang der<lb/>
Boßheit/ &#x017F;o im <hi rendition="#aq">X</hi>ten <hi rendition="#aq">Seculo</hi> ausgefu&#x0364;hret wurde/ i&#x017F;t gemacht<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">An. C.</hi> 870.</note>worden. Es &#x017F;tunde damahls die Beherr&#x017F;chung des Ka&#x0364;y&#x017F;er-<lb/>
thums bey der <hi rendition="#aq">Familie</hi> des gro&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">Carls/</hi> welcher &#x017F;ein ererb-<lb/>
tes Fra&#x0364;ncki&#x017F;ches Ko&#x0364;nigreich mit dem Ro&#x0364;m. Ka&#x0364;y&#x017F;erthum und<lb/>
Sa&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen/ Ba&#x0364;yeri&#x017F;chen/ Ma&#x0364;hri&#x017F;chen/ wie auch Frie&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
und <hi rendition="#aq">Langobardi</hi>&#x017F;chen Ko&#x0364;nigreichen vermehret hatte. Die&#x017F;er<lb/>
glorwu&#x0364;rdige Stamm/ &#x017F;o nunmehr u&#x0364;ber 70. Jahr &#x017F;olche Reiche<lb/>
be&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en/ neigte &#x017F;ich numehr zu &#x017F;einen Untergang/ und gab &#x017F;chon<lb/>
viele Zeichen des bevor&#x017F;tehenden <hi rendition="#aq">ruins.</hi> Unter die&#x017F;en fiel vor-<lb/>
nehmlich das unma&#x0364;ßige und ho&#x0364;ch&#x017F;tu&#x0364;ppige Leben derer <hi rendition="#aq">Carolin-<lb/>
gi</hi>&#x017F;chen Fu&#x0364;r&#x017F;ten denen mei&#x017F;ten in die Augen/ als unter welchen<lb/>
fa&#x017F;t keiner zu finden/ der nicht ohnge&#x017F;cheuet mit <hi rendition="#aq">Concubin</hi>en<lb/>
&#x017F;ich beholffen/ und &#x017F;eine Ba&#x017F;tarde zu hohen Ehren befo&#x0364;rdert/ wo-<lb/>
rinnen &#x017F;onderlich <hi rendition="#aq">Lotharius,</hi> Ko&#x0364;nig in Lothringen/ Ka&#x0364;y&#x017F;er Ca-<lb/>
rol der kahle und <hi rendition="#aq">Carolus</hi> der dicke/ wie auch Ka&#x0364;y&#x017F;er <hi rendition="#aq">Arnolph</hi><lb/>
bekannt; Die u&#x0364;brigen haben mei&#x017F;tens das Lob in denen Hi&#x017F;torien/<lb/>
daß &#x017F;ie blo&#x0364;des Gemu&#x0364;ths gewe&#x017F;en/ und gantz aus der Art des <hi rendition="#aq">Ca-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">rolin-</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2/0012] Roͤmiſches tete ſich nach denen Fuͤrſten/ und waren Laſter und Unordnun- gen mehr als zu gemein. Sonderlich regierte der Unzuchts- Teuffel recht kraͤfftig/ ſo wohl unter groſſen/ als geringen/ und raͤumeten die armſelige Fuͤrſten dem ſchlimmſten Huren-Pack ſolche Macht ein/ daß auch faſt gantz Europa von dergleichen Leuten beherrſchet wurde. Man ſuchte darinnen eine ſonder- bahre galanterie, daß man dem Weibs-Volck in allen Dingen zu Willen war/ und es ſchiene/ als waͤre alle maͤnnliche reſo- lution und Tapfferkeit/ ſonderlich in dem weichlichen Jtalien/ verſchwunden. Die Cleriſey machte es nicht beſſer/ als die Weltlichen/ und es gerieth endlich ſo weit/ daß ein paar Huren die Herrſchafft uͤber Rom/ Jtalien und die Roͤmiſche Kirche ei- ne geraume Zeit lang beſaſſen. II. Damit wir viele merckwuͤrdige Sachen/ ſo zu beſſern Verſtand dieſer ſonſt ſehr verwirreten Hiſtorie gehoͤren/ etwas ordentlicher vorſtellen moͤgen/ wollen wir den Anfang beym En- de des IXten Seculi machen/ als in welchen auch der Anfang der Boßheit/ ſo im Xten Seculo ausgefuͤhret wurde/ iſt gemacht worden. Es ſtunde damahls die Beherrſchung des Kaͤyſer- thums bey der Familie des groſſen Carls/ welcher ſein ererb- tes Fraͤnckiſches Koͤnigreich mit dem Roͤm. Kaͤyſerthum und Saͤchſiſchen/ Baͤyeriſchen/ Maͤhriſchen/ wie auch Frieſiſchen und Langobardiſchen Koͤnigreichen vermehret hatte. Dieſer glorwuͤrdige Stamm/ ſo nunmehr uͤber 70. Jahr ſolche Reiche beſeſſen/ neigte ſich numehr zu ſeinen Untergang/ und gab ſchon viele Zeichen des bevorſtehenden ruins. Unter dieſen fiel vor- nehmlich das unmaͤßige und hoͤchſtuͤppige Leben derer Carolin- giſchen Fuͤrſten denen meiſten in die Augen/ als unter welchen faſt keiner zu finden/ der nicht ohngeſcheuet mit Concubinen ſich beholffen/ und ſeine Baſtarde zu hohen Ehren befoͤrdert/ wo- rinnen ſonderlich Lotharius, Koͤnig in Lothringen/ Kaͤyſer Ca- rol der kahle und Carolus der dicke/ wie auch Kaͤyſer Arnolph bekannt; Die uͤbrigen haben meiſtens das Lob in denen Hiſtorien/ daß ſie bloͤdes Gemuͤths geweſen/ und gantz aus der Art des Ca- rolin- An. C. 870.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/12
Zitationshilfe: Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/12>, abgerufen am 22.11.2024.