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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
der oben (I. S. 105) angezeigten Methode, schon mit gehöriger
Rücksicht auf die oben erwähnten Fehler des Instruments

am ersten Tage 48° 12' 35"
zweiten . 48° 12' 33"
dritten . 48° 12' 34"

gefunden hätte: welche von ihnen soll man nun als die
wahre oder doch als die der wahren nächste betrachten? -- Da
die unbekannten Fehler einer jeden einzelnen dieser Beobach-
tungen, so groß auch die Anzahl der letzten seyn mag, nach
keinem merkbaren Gesetze fortgehen und, wenn sie, wie gesagt,
nur zufällig entstanden sind, auch nicht fortgehen können, so
können sie, wie es scheint, auch keiner weitern Berechnung,
nicht einmal einer bloßen Schätzung unterworfen werden. Wie
vortrefflich daher auch unser Instrument seyn mag, und welche
Mühe und Einsicht wir auch auf die Behandlung desselben ver-
wendet haben mögen, diese Fehler können nicht weggebracht
werden, sie wurzeln gleichsam in unserer eigenen Natur, in der
Unvollkommenheit unserer sinnlichen sowohl als unserer geistigen
Operationen und sie werden also auch immer und in ihrer gan-
zen Stärke auf die Resultate unserer Beobachtungen einwirken
und dieselben selbst fehlerhaft machen.

Eine einfache Betrachtung scheint uns übrigens hier einen Ausweg
aus diesen Hindernissen zu bahnen. Da die Fehler, von welchen die
Rede ist, zufällig sind und die gesuchten Resultate zuweilen ver-
größern und im Allgemeinen eben so oft und eben so viel wieder
verkleinern, so wird man, mit großer Wahrscheinlichkeit, annehmen
können, daß auch hier, wie so oft in andern Fällen, die Wahr-
heit in der Mitte liege
, und daß man daher nur die durch
die einzelnen Beobachtungen erhaltenen Resultate addiren und die
so erhaltene Summe durch die Anzahl der Beobachtungen divi-
diren, d. h. also, daß man nur das sogenannte arithmetische
Mittel
aller Beobachtungen nehmen darf, um das der Wahr-
heit nächste Resultat zu erhalten. In dem letzten Beispiel be-
trägt die Summe der drei einzelnen Beobachtungen 144° 37' 42"
und der dritte Theil derselben oder 48° 12' 34" wird daher,
nach dem so eben Gesagten, die der Wahrheit nächste Polhöhe
seyn.


Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
der oben (I. S. 105) angezeigten Methode, ſchon mit gehöriger
Rückſicht auf die oben erwähnten Fehler des Inſtruments

am erſten Tage 48° 12′ 35″
zweiten . 48° 12′ 33″
dritten . 48° 12′ 34″

gefunden hätte: welche von ihnen ſoll man nun als die
wahre oder doch als die der wahren nächſte betrachten? — Da
die unbekannten Fehler einer jeden einzelnen dieſer Beobach-
tungen, ſo groß auch die Anzahl der letzten ſeyn mag, nach
keinem merkbaren Geſetze fortgehen und, wenn ſie, wie geſagt,
nur zufällig entſtanden ſind, auch nicht fortgehen können, ſo
können ſie, wie es ſcheint, auch keiner weitern Berechnung,
nicht einmal einer bloßen Schätzung unterworfen werden. Wie
vortrefflich daher auch unſer Inſtrument ſeyn mag, und welche
Mühe und Einſicht wir auch auf die Behandlung deſſelben ver-
wendet haben mögen, dieſe Fehler können nicht weggebracht
werden, ſie wurzeln gleichſam in unſerer eigenen Natur, in der
Unvollkommenheit unſerer ſinnlichen ſowohl als unſerer geiſtigen
Operationen und ſie werden alſo auch immer und in ihrer gan-
zen Stärke auf die Reſultate unſerer Beobachtungen einwirken
und dieſelben ſelbſt fehlerhaft machen.

Eine einfache Betrachtung ſcheint uns übrigens hier einen Ausweg
aus dieſen Hinderniſſen zu bahnen. Da die Fehler, von welchen die
Rede iſt, zufällig ſind und die geſuchten Reſultate zuweilen ver-
größern und im Allgemeinen eben ſo oft und eben ſo viel wieder
verkleinern, ſo wird man, mit großer Wahrſcheinlichkeit, annehmen
können, daß auch hier, wie ſo oft in andern Fällen, die Wahr-
heit in der Mitte liege
, und daß man daher nur die durch
die einzelnen Beobachtungen erhaltenen Reſultate addiren und die
ſo erhaltene Summe durch die Anzahl der Beobachtungen divi-
diren, d. h. alſo, daß man nur das ſogenannte arithmetiſche
Mittel
aller Beobachtungen nehmen darf, um das der Wahr-
heit nächſte Reſultat zu erhalten. In dem letzten Beiſpiel be-
trägt die Summe der drei einzelnen Beobachtungen 144° 37′ 42″
und der dritte Theil derſelben oder 48° 12′ 34″ wird daher,
nach dem ſo eben Geſagten, die der Wahrheit nächſte Polhöhe
ſeyn.


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[393/0405] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. der oben (I. S. 105) angezeigten Methode, ſchon mit gehöriger Rückſicht auf die oben erwähnten Fehler des Inſtruments am erſten Tage 48° 12′ 35″ zweiten . 48° 12′ 33″ dritten . 48° 12′ 34″ gefunden hätte: welche von ihnen ſoll man nun als die wahre oder doch als die der wahren nächſte betrachten? — Da die unbekannten Fehler einer jeden einzelnen dieſer Beobach- tungen, ſo groß auch die Anzahl der letzten ſeyn mag, nach keinem merkbaren Geſetze fortgehen und, wenn ſie, wie geſagt, nur zufällig entſtanden ſind, auch nicht fortgehen können, ſo können ſie, wie es ſcheint, auch keiner weitern Berechnung, nicht einmal einer bloßen Schätzung unterworfen werden. Wie vortrefflich daher auch unſer Inſtrument ſeyn mag, und welche Mühe und Einſicht wir auch auf die Behandlung deſſelben ver- wendet haben mögen, dieſe Fehler können nicht weggebracht werden, ſie wurzeln gleichſam in unſerer eigenen Natur, in der Unvollkommenheit unſerer ſinnlichen ſowohl als unſerer geiſtigen Operationen und ſie werden alſo auch immer und in ihrer gan- zen Stärke auf die Reſultate unſerer Beobachtungen einwirken und dieſelben ſelbſt fehlerhaft machen. Eine einfache Betrachtung ſcheint uns übrigens hier einen Ausweg aus dieſen Hinderniſſen zu bahnen. Da die Fehler, von welchen die Rede iſt, zufällig ſind und die geſuchten Reſultate zuweilen ver- größern und im Allgemeinen eben ſo oft und eben ſo viel wieder verkleinern, ſo wird man, mit großer Wahrſcheinlichkeit, annehmen können, daß auch hier, wie ſo oft in andern Fällen, die Wahr- heit in der Mitte liege, und daß man daher nur die durch die einzelnen Beobachtungen erhaltenen Reſultate addiren und die ſo erhaltene Summe durch die Anzahl der Beobachtungen divi- diren, d. h. alſo, daß man nur das ſogenannte arithmetiſche Mittel aller Beobachtungen nehmen darf, um das der Wahr- heit nächſte Reſultat zu erhalten. In dem letzten Beiſpiel be- trägt die Summe der drei einzelnen Beobachtungen 144° 37′ 42″ und der dritte Theil derſelben oder 48° 12′ 34″ wird daher, nach dem ſo eben Geſagten, die der Wahrheit nächſte Polhöhe ſeyn.

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/405>, abgerufen am 06.05.2024.