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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten.
trachtung dieses Gegenstandes hat die Zweifel zerstreut, und
man kennt durchaus keine Ursache, welche großen Theilen der
Erdmasse so beträchtliche Ortsveränderungen geben könnte, um
dadurch die Länge des Tages auf eine uns merkbare Weise zu
stören.

§. 130. (Aus der säculären Gleichung der mittlern Mondsbe-
wegung.) Wir haben oben (§. 88) gefunden, daß die mittlere
Bewegung des Mondes seit undenklichen Zeiten immer schneller
wird, und daß dadurch die Länge des Mondes in t Jahrhunderten
um 10,72 tt Sekunden zunimmt. Wer das Verfahren näher
kennt, wie man zu dieser Kenntniß kam, wird ohne Anstand
zugeben, daß diese Zahl 10,72 wenigstens bis auf eine Se-
kunde genau ist. -- Nehmen wir nun an, daß die Dauer des
Tages jetzt z. B. um eine Sekunde größer sey, als zu Hipparchs
Zeiten (150 Jahre vor Chr. G.). Dieß vorausgesetzt, würde also
auch ein Jahrhundert oder 36525 Tage um eben so viele oder
um 36525 Sekunden, d. h. um 10 Stunden, 8 Minuten, 45 Se-
kunden größer seyn, als zur Zeit Hipparchs. In 10 Stunden,
8 Minuten, 45 Sekunden beschreibt aber der Mond in seiner
mittleren Bewegung einen Bogen von 5 Grad, 34 Minuten,
13 Sekunden oder von 20053 Sekunden. Daraus folgt, daß
bloß durch diese kleine Vergrößerung des Tages von einer Se-
kunde die gegenwärtige Säcularbewegung des Mondes um 20053
Sekunden größer erscheinen müßte, als zur Zeit Hipparchs. Allein
dann müßte zugleich der vorhergehende Faktor von tt, nicht 10,72
Sekunden, sondern 542 Sekunden, also über 50mal größer seyn,
da er doch, wie wir bereits gesagt haben, den neuesten Beobach-
tungen gemäß höchstens um eine einzige, nicht aber um 530 und
mehr Sekunden unrichtig seyn kann. Es ist also ganz und gar
unwahrscheinlich, daß die Länge des Tages seit dem Anfange
unserer Zeitrechnung, nicht bloß um eine ganze, sondern auch nur
um den hundertsten Theil einer Sekunde sich geändert habe.

Wenn man sich aus dem Vorhergehenden (I. §. 123) erin-
nert, mit welcher ungemeinen Präcision die Umlaufszeiten der
Planeten bestimmt werden können, und in der That auch schon
von den Alten bestimmt worden sind, so wird man es nicht nur
nicht übertrieben, sondern vielmehr sehr billig finden, daß die

Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten.
trachtung dieſes Gegenſtandes hat die Zweifel zerſtreut, und
man kennt durchaus keine Urſache, welche großen Theilen der
Erdmaſſe ſo beträchtliche Ortsveränderungen geben könnte, um
dadurch die Länge des Tages auf eine uns merkbare Weiſe zu
ſtören.

§. 130. (Aus der ſäculären Gleichung der mittlern Mondsbe-
wegung.) Wir haben oben (§. 88) gefunden, daß die mittlere
Bewegung des Mondes ſeit undenklichen Zeiten immer ſchneller
wird, und daß dadurch die Länge des Mondes in t Jahrhunderten
um 10,72 tt Sekunden zunimmt. Wer das Verfahren näher
kennt, wie man zu dieſer Kenntniß kam, wird ohne Anſtand
zugeben, daß dieſe Zahl 10,72 wenigſtens bis auf eine Se-
kunde genau iſt. — Nehmen wir nun an, daß die Dauer des
Tages jetzt z. B. um eine Sekunde größer ſey, als zu Hipparchs
Zeiten (150 Jahre vor Chr. G.). Dieß vorausgeſetzt, würde alſo
auch ein Jahrhundert oder 36525 Tage um eben ſo viele oder
um 36525 Sekunden, d. h. um 10 Stunden, 8 Minuten, 45 Se-
kunden größer ſeyn, als zur Zeit Hipparchs. In 10 Stunden,
8 Minuten, 45 Sekunden beſchreibt aber der Mond in ſeiner
mittleren Bewegung einen Bogen von 5 Grad, 34 Minuten,
13 Sekunden oder von 20053 Sekunden. Daraus folgt, daß
bloß durch dieſe kleine Vergrößerung des Tages von einer Se-
kunde die gegenwärtige Säcularbewegung des Mondes um 20053
Sekunden größer erſcheinen müßte, als zur Zeit Hipparchs. Allein
dann müßte zugleich der vorhergehende Faktor von tt, nicht 10,72
Sekunden, ſondern 542 Sekunden, alſo über 50mal größer ſeyn,
da er doch, wie wir bereits geſagt haben, den neueſten Beobach-
tungen gemäß höchſtens um eine einzige, nicht aber um 530 und
mehr Sekunden unrichtig ſeyn kann. Es iſt alſo ganz und gar
unwahrſcheinlich, daß die Länge des Tages ſeit dem Anfange
unſerer Zeitrechnung, nicht bloß um eine ganze, ſondern auch nur
um den hundertſten Theil einer Sekunde ſich geändert habe.

Wenn man ſich aus dem Vorhergehenden (I. §. 123) erin-
nert, mit welcher ungemeinen Präciſion die Umlaufszeiten der
Planeten beſtimmt werden können, und in der That auch ſchon
von den Alten beſtimmt worden ſind, ſo wird man es nicht nur
nicht übertrieben, ſondern vielmehr ſehr billig finden, daß die

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[176/0188] Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten. trachtung dieſes Gegenſtandes hat die Zweifel zerſtreut, und man kennt durchaus keine Urſache, welche großen Theilen der Erdmaſſe ſo beträchtliche Ortsveränderungen geben könnte, um dadurch die Länge des Tages auf eine uns merkbare Weiſe zu ſtören. §. 130. (Aus der ſäculären Gleichung der mittlern Mondsbe- wegung.) Wir haben oben (§. 88) gefunden, daß die mittlere Bewegung des Mondes ſeit undenklichen Zeiten immer ſchneller wird, und daß dadurch die Länge des Mondes in t Jahrhunderten um 10,72 tt Sekunden zunimmt. Wer das Verfahren näher kennt, wie man zu dieſer Kenntniß kam, wird ohne Anſtand zugeben, daß dieſe Zahl 10,72 wenigſtens bis auf eine Se- kunde genau iſt. — Nehmen wir nun an, daß die Dauer des Tages jetzt z. B. um eine Sekunde größer ſey, als zu Hipparchs Zeiten (150 Jahre vor Chr. G.). Dieß vorausgeſetzt, würde alſo auch ein Jahrhundert oder 36525 Tage um eben ſo viele oder um 36525 Sekunden, d. h. um 10 Stunden, 8 Minuten, 45 Se- kunden größer ſeyn, als zur Zeit Hipparchs. In 10 Stunden, 8 Minuten, 45 Sekunden beſchreibt aber der Mond in ſeiner mittleren Bewegung einen Bogen von 5 Grad, 34 Minuten, 13 Sekunden oder von 20053 Sekunden. Daraus folgt, daß bloß durch dieſe kleine Vergrößerung des Tages von einer Se- kunde die gegenwärtige Säcularbewegung des Mondes um 20053 Sekunden größer erſcheinen müßte, als zur Zeit Hipparchs. Allein dann müßte zugleich der vorhergehende Faktor von tt, nicht 10,72 Sekunden, ſondern 542 Sekunden, alſo über 50mal größer ſeyn, da er doch, wie wir bereits geſagt haben, den neueſten Beobach- tungen gemäß höchſtens um eine einzige, nicht aber um 530 und mehr Sekunden unrichtig ſeyn kann. Es iſt alſo ganz und gar unwahrſcheinlich, daß die Länge des Tages ſeit dem Anfange unſerer Zeitrechnung, nicht bloß um eine ganze, ſondern auch nur um den hundertſten Theil einer Sekunde ſich geändert habe. Wenn man ſich aus dem Vorhergehenden (I. §. 123) erin- nert, mit welcher ungemeinen Präciſion die Umlaufszeiten der Planeten beſtimmt werden können, und in der That auch ſchon von den Alten beſtimmt worden ſind, ſo wird man es nicht nur nicht übertrieben, ſondern vielmehr ſehr billig finden, daß die

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/188>, abgerufen am 09.11.2024.