Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Sonne.
sie von dem viel intensiveren Sonnenlichte absorbirt werden. Das
Licht des sogenannten indischen Weißfeuers oder das des unge-
löschten Kalkes blendet unsere Augen und gehört zu dem lebhaf-
testen Feuer, das wir hervorbringen können, und doch bemerken
wir es kaum auf dem noch viel hellern Hintergrunde der Sonne.

§. 27. (Resultate der vorhergehenden Betrachtungen.) Es ist
also möglich, daß der eigentliche Sonnenkörper, so dunkel er auch
in den oben erwähnten schwarzen Flecken aussehen mag, in einem
Zustande der heftigsten Conflagration sich befindet, doch sind dieß
nur Vermuthungen, und es ist ganz eben so möglich, daß die
Sonnenstrahlen ganz und gar keine eigene Wärme haben, sondern
nur die in andern Körpern gebundene Wärme entwickeln, oder
auch, daß der eigentliche Kern der Sonne zunächst an seiner
Oberfläche mit einer das Licht vollkommen reflectirenden Decke
überzogen sey, wodurch er denn von der Irradiation des obern
Lichtmeeres völlig geschützt werden, und in dem Zustande einer
sehr niedern Temperatur sich befinden könnte. Wenn die Dich-
tigkeit der Sonnenmasse mit ihrer Entfernung von dem Mittel-
punkte sehr schnell abnimmt, oder wenn dieß auch nur von
ihrer Atmosphäre statt hat, so würde ebenfalls keine oder doch nur
wenig Hitze abwärts geleitet werden. Vielleicht ist jene graue
Wolkenschichte, mit welcher die schwarzen Flecken der Sonne
immer umgeben sind, eine solche vollkommen spiegelnde Fläche.
Wenn aber auf der Oberfläche dieser Himmelskörper in der That
immer so viel Hitze durch Radiation ausgeschieden wird, so würde
dadurch allein schon der Zustand der heftigen Agitation zu er-
klären seyn, welche die Oberfläche der Sonne immerwährend, wie
ein vom Sturme gepeitschtes Meer, bewegen, ohne daß man
deßwegen, wie andere gethan haben, zu [ - 1 Zeichen fehlt]hemischen Kräften seine
Zuflucht zu nehmen braucht.

§. 28. (Erhaltung dieses Zustandes der Sonne.) Wodurch
erhält sich aber diese immerwährende Verbrennung, wenn sie
anders in der That statt hat, auf der Oberfläche der Sonne? --
Wir wissen es nicht und es ist hier, wie in so vielen andern
Fällen, am besten, seine Unkenntniß der Sache offen zu gestehen.
Wird diese nie aufhörende Entwicklung von Licht und Wärme
durch eine stetige Reibung oder durch immerdauernde electrische

Die Sonne.
ſie von dem viel intenſiveren Sonnenlichte abſorbirt werden. Das
Licht des ſogenannten indiſchen Weißfeuers oder das des unge-
löſchten Kalkes blendet unſere Augen und gehört zu dem lebhaf-
teſten Feuer, das wir hervorbringen können, und doch bemerken
wir es kaum auf dem noch viel hellern Hintergrunde der Sonne.

§. 27. (Reſultate der vorhergehenden Betrachtungen.) Es iſt
alſo möglich, daß der eigentliche Sonnenkörper, ſo dunkel er auch
in den oben erwähnten ſchwarzen Flecken ausſehen mag, in einem
Zuſtande der heftigſten Conflagration ſich befindet, doch ſind dieß
nur Vermuthungen, und es iſt ganz eben ſo möglich, daß die
Sonnenſtrahlen ganz und gar keine eigene Wärme haben, ſondern
nur die in andern Körpern gebundene Wärme entwickeln, oder
auch, daß der eigentliche Kern der Sonne zunächſt an ſeiner
Oberfläche mit einer das Licht vollkommen reflectirenden Decke
überzogen ſey, wodurch er denn von der Irradiation des obern
Lichtmeeres völlig geſchützt werden, und in dem Zuſtande einer
ſehr niedern Temperatur ſich befinden könnte. Wenn die Dich-
tigkeit der Sonnenmaſſe mit ihrer Entfernung von dem Mittel-
punkte ſehr ſchnell abnimmt, oder wenn dieß auch nur von
ihrer Atmoſphäre ſtatt hat, ſo würde ebenfalls keine oder doch nur
wenig Hitze abwärts geleitet werden. Vielleicht iſt jene graue
Wolkenſchichte, mit welcher die ſchwarzen Flecken der Sonne
immer umgeben ſind, eine ſolche vollkommen ſpiegelnde Fläche.
Wenn aber auf der Oberfläche dieſer Himmelskörper in der That
immer ſo viel Hitze durch Radiation ausgeſchieden wird, ſo würde
dadurch allein ſchon der Zuſtand der heftigen Agitation zu er-
klären ſeyn, welche die Oberfläche der Sonne immerwährend, wie
ein vom Sturme gepeitſchtes Meer, bewegen, ohne daß man
deßwegen, wie andere gethan haben, zu [ – 1 Zeichen fehlt]hemiſchen Kräften ſeine
Zuflucht zu nehmen braucht.

§. 28. (Erhaltung dieſes Zuſtandes der Sonne.) Wodurch
erhält ſich aber dieſe immerwährende Verbrennung, wenn ſie
anders in der That ſtatt hat, auf der Oberfläche der Sonne? —
Wir wiſſen es nicht und es iſt hier, wie in ſo vielen andern
Fällen, am beſten, ſeine Unkenntniß der Sache offen zu geſtehen.
Wird dieſe nie aufhörende Entwicklung von Licht und Wärme
durch eine ſtetige Reibung oder durch immerdauernde electriſche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0047" n="37"/><fw place="top" type="header">Die Sonne.</fw><lb/>
&#x017F;ie von dem viel inten&#x017F;iveren Sonnenlichte ab&#x017F;orbirt werden. Das<lb/>
Licht des &#x017F;ogenannten indi&#x017F;chen Weißfeuers oder das des unge-<lb/>&#x017F;chten Kalkes blendet un&#x017F;ere Augen und gehört zu dem lebhaf-<lb/>
te&#x017F;ten Feuer, das wir hervorbringen können, und doch bemerken<lb/>
wir es kaum auf dem noch viel hellern Hintergrunde der Sonne.</p><lb/>
              <p>§. 27. (Re&#x017F;ultate der vorhergehenden Betrachtungen.) Es i&#x017F;t<lb/>
al&#x017F;o möglich, daß der eigentliche Sonnenkörper, &#x017F;o dunkel er auch<lb/>
in den oben erwähnten &#x017F;chwarzen Flecken aus&#x017F;ehen mag, in einem<lb/>
Zu&#x017F;tande der heftig&#x017F;ten Conflagration &#x017F;ich befindet, doch &#x017F;ind dieß<lb/>
nur Vermuthungen, und es i&#x017F;t ganz eben &#x017F;o möglich, daß die<lb/>
Sonnen&#x017F;trahlen ganz und gar keine eigene Wärme haben, &#x017F;ondern<lb/>
nur die in andern Körpern gebundene Wärme entwickeln, oder<lb/>
auch, daß der eigentliche Kern der Sonne zunäch&#x017F;t an &#x017F;einer<lb/>
Oberfläche mit einer das Licht vollkommen reflectirenden Decke<lb/>
überzogen &#x017F;ey, wodurch er denn von der Irradiation des obern<lb/>
Lichtmeeres völlig ge&#x017F;chützt werden, und in dem Zu&#x017F;tande einer<lb/>
&#x017F;ehr niedern Temperatur &#x017F;ich befinden könnte. Wenn die Dich-<lb/>
tigkeit der Sonnenma&#x017F;&#x017F;e mit ihrer Entfernung von dem Mittel-<lb/>
punkte &#x017F;ehr &#x017F;chnell abnimmt, oder wenn dieß auch nur von<lb/>
ihrer Atmo&#x017F;phäre &#x017F;tatt hat, &#x017F;o würde ebenfalls keine oder doch nur<lb/>
wenig Hitze abwärts geleitet werden. Vielleicht i&#x017F;t jene graue<lb/>
Wolken&#x017F;chichte, mit welcher die &#x017F;chwarzen Flecken der Sonne<lb/>
immer umgeben &#x017F;ind, eine &#x017F;olche vollkommen &#x017F;piegelnde Fläche.<lb/>
Wenn aber auf der Oberfläche die&#x017F;er Himmelskörper in der That<lb/>
immer &#x017F;o viel Hitze durch Radiation ausge&#x017F;chieden wird, &#x017F;o würde<lb/>
dadurch allein &#x017F;chon der Zu&#x017F;tand der heftigen Agitation zu er-<lb/>
klären &#x017F;eyn, welche die Oberfläche der Sonne immerwährend, wie<lb/>
ein vom Sturme gepeit&#x017F;chtes Meer, bewegen, ohne daß man<lb/>
deßwegen, wie andere gethan haben, zu <gap unit="chars" quantity="1"/>hemi&#x017F;chen Kräften &#x017F;eine<lb/>
Zuflucht zu nehmen braucht.</p><lb/>
              <p>§. 28. (Erhaltung die&#x017F;es Zu&#x017F;tandes der Sonne.) Wodurch<lb/>
erhält &#x017F;ich aber die&#x017F;e immerwährende Verbrennung, wenn &#x017F;ie<lb/>
anders in der That &#x017F;tatt hat, auf der Oberfläche der Sonne? &#x2014;<lb/>
Wir wi&#x017F;&#x017F;en es nicht und es i&#x017F;t hier, wie in &#x017F;o vielen andern<lb/>
Fällen, am be&#x017F;ten, &#x017F;eine Unkenntniß der Sache offen zu ge&#x017F;tehen.<lb/>
Wird die&#x017F;e nie aufhörende Entwicklung von Licht und Wärme<lb/>
durch eine &#x017F;tetige Reibung oder durch immerdauernde electri&#x017F;che<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0047] Die Sonne. ſie von dem viel intenſiveren Sonnenlichte abſorbirt werden. Das Licht des ſogenannten indiſchen Weißfeuers oder das des unge- löſchten Kalkes blendet unſere Augen und gehört zu dem lebhaf- teſten Feuer, das wir hervorbringen können, und doch bemerken wir es kaum auf dem noch viel hellern Hintergrunde der Sonne. §. 27. (Reſultate der vorhergehenden Betrachtungen.) Es iſt alſo möglich, daß der eigentliche Sonnenkörper, ſo dunkel er auch in den oben erwähnten ſchwarzen Flecken ausſehen mag, in einem Zuſtande der heftigſten Conflagration ſich befindet, doch ſind dieß nur Vermuthungen, und es iſt ganz eben ſo möglich, daß die Sonnenſtrahlen ganz und gar keine eigene Wärme haben, ſondern nur die in andern Körpern gebundene Wärme entwickeln, oder auch, daß der eigentliche Kern der Sonne zunächſt an ſeiner Oberfläche mit einer das Licht vollkommen reflectirenden Decke überzogen ſey, wodurch er denn von der Irradiation des obern Lichtmeeres völlig geſchützt werden, und in dem Zuſtande einer ſehr niedern Temperatur ſich befinden könnte. Wenn die Dich- tigkeit der Sonnenmaſſe mit ihrer Entfernung von dem Mittel- punkte ſehr ſchnell abnimmt, oder wenn dieß auch nur von ihrer Atmoſphäre ſtatt hat, ſo würde ebenfalls keine oder doch nur wenig Hitze abwärts geleitet werden. Vielleicht iſt jene graue Wolkenſchichte, mit welcher die ſchwarzen Flecken der Sonne immer umgeben ſind, eine ſolche vollkommen ſpiegelnde Fläche. Wenn aber auf der Oberfläche dieſer Himmelskörper in der That immer ſo viel Hitze durch Radiation ausgeſchieden wird, ſo würde dadurch allein ſchon der Zuſtand der heftigen Agitation zu er- klären ſeyn, welche die Oberfläche der Sonne immerwährend, wie ein vom Sturme gepeitſchtes Meer, bewegen, ohne daß man deßwegen, wie andere gethan haben, zu _hemiſchen Kräften ſeine Zuflucht zu nehmen braucht. §. 28. (Erhaltung dieſes Zuſtandes der Sonne.) Wodurch erhält ſich aber dieſe immerwährende Verbrennung, wenn ſie anders in der That ſtatt hat, auf der Oberfläche der Sonne? — Wir wiſſen es nicht und es iſt hier, wie in ſo vielen andern Fällen, am beſten, ſeine Unkenntniß der Sache offen zu geſtehen. Wird dieſe nie aufhörende Entwicklung von Licht und Wärme durch eine ſtetige Reibung oder durch immerdauernde electriſche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/47
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/47>, abgerufen am 03.12.2024.