Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.Sterngruppen und Nebelmassen des Himmels. und gegen ihren Mittelpunkt an Helligkeit zunehmend. Hier hatsich die Lichtmasse des Ganzen bereits um eine Centralstelle an- gehäuft, aber diese Stelle selbst ist noch Nebel, ausgebreitet und an ihren Gränzen unbestimmt. Wieder andere, die vielleicht Mil- lionen von Jahren in ihrer Bildung jenen anderen voraus geeilt sind, haben sich schon zu einer nahe kugelförmigen Gestalt abge- rundet und ihr mehr verdichteter, daher kleinerer und hellerer Mit- telpunkt nähert sich bereits dem eigentlichen Sternenlichte, aber dieser Kern ist mit einer dichten Atmosphäre umgeben, die bis- her noch nicht von jenem Centralpunkte aufgenommen und ab- sorbirt werden konnte. In jenem anderen sieht man zwei und selbst mehrere solcher vorherrschenden Stellen, welche sich das Gleich- gewicht halten, welche die sie umgebende Nebelmasse unter sich theilen, oder auch einander selbst aufzehren werden. Hier sind zwei dieser im Kampfe begriffenen Streiter noch durch ein Nebel- band mit einander verbunden, durch welches, wie durch einen Ka- nal, der Schwächere in den mächtigen Gegner hinüber zu fließen scheint; dort ist jener bereits vernichtet, aber dieser trägt noch die Spuren seines langen Kampfes und zieht den noch nicht völlig aufgezehrten Nebel in der Gestalt eines Schweifes, eines Fächers oder einer Spindel nach sich -- und kurz, überall bemerken wir bei jenen Himmelskörpern, wie bei denen auf unserer Erde, das Princip der Anziehung und ihre beiden Folgen, die Verdichtung und Abrundung, diese beiden immer wiederkehrenden Erscheinun- gen der ganzen Natur, die vereinigende und die formge- bende Kraft, die im Kleinen, wie im Großen, durch den ganzen endlosen Weltraum zu herrschen scheint. Wie durch Verdichtung aus der Regenwolke der Wassertropfen entsteht, und wie er, das Gleichgewicht seiner Theile herzustellen, sich abzurunden strebt, eben so und wahrscheinlich durch dieselbe Kraft getrieben, hat sich auch unsere Erde, eben so die Sonne mit ihren Planeten, und eben so auch jenes zahllose Heer von Sonnen gebildet und abge- rundet: jene in einer Sekunde und diese in Millionen von Jah- ren. So entsteht der Thau, der auf dem Blumenblatte perlt, und eben so entstand unsere Milchstraße und alle die anderen unzähligen Milchstraßen, die nur als Nebelfleck oder Stern- Sterngruppen und Nebelmaſſen des Himmels. und gegen ihren Mittelpunkt an Helligkeit zunehmend. Hier hatſich die Lichtmaſſe des Ganzen bereits um eine Centralſtelle an- gehäuft, aber dieſe Stelle ſelbſt iſt noch Nebel, ausgebreitet und an ihren Gränzen unbeſtimmt. Wieder andere, die vielleicht Mil- lionen von Jahren in ihrer Bildung jenen anderen voraus geeilt ſind, haben ſich ſchon zu einer nahe kugelförmigen Geſtalt abge- rundet und ihr mehr verdichteter, daher kleinerer und hellerer Mit- telpunkt nähert ſich bereits dem eigentlichen Sternenlichte, aber dieſer Kern iſt mit einer dichten Atmoſphäre umgeben, die bis- her noch nicht von jenem Centralpunkte aufgenommen und ab- ſorbirt werden konnte. In jenem anderen ſieht man zwei und ſelbſt mehrere ſolcher vorherrſchenden Stellen, welche ſich das Gleich- gewicht halten, welche die ſie umgebende Nebelmaſſe unter ſich theilen, oder auch einander ſelbſt aufzehren werden. Hier ſind zwei dieſer im Kampfe begriffenen Streiter noch durch ein Nebel- band mit einander verbunden, durch welches, wie durch einen Ka- nal, der Schwächere in den mächtigen Gegner hinüber zu fließen ſcheint; dort iſt jener bereits vernichtet, aber dieſer trägt noch die Spuren ſeines langen Kampfes und zieht den noch nicht völlig aufgezehrten Nebel in der Geſtalt eines Schweifes, eines Fächers oder einer Spindel nach ſich — und kurz, überall bemerken wir bei jenen Himmelskörpern, wie bei denen auf unſerer Erde, das Princip der Anziehung und ihre beiden Folgen, die Verdichtung und Abrundung, dieſe beiden immer wiederkehrenden Erſcheinun- gen der ganzen Natur, die vereinigende und die formge- bende Kraft, die im Kleinen, wie im Großen, durch den ganzen endloſen Weltraum zu herrſchen ſcheint. Wie durch Verdichtung aus der Regenwolke der Waſſertropfen entſteht, und wie er, das Gleichgewicht ſeiner Theile herzuſtellen, ſich abzurunden ſtrebt, eben ſo und wahrſcheinlich durch dieſelbe Kraft getrieben, hat ſich auch unſere Erde, eben ſo die Sonne mit ihren Planeten, und eben ſo auch jenes zahlloſe Heer von Sonnen gebildet und abge- rundet: jene in einer Sekunde und dieſe in Millionen von Jah- ren. So entſteht der Thau, der auf dem Blumenblatte perlt, und eben ſo entſtand unſere Milchſtraße und alle die anderen unzähligen Milchſtraßen, die nur als Nebelfleck oder Stern- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0399" n="389"/><fw place="top" type="header">Sterngruppen und Nebelmaſſen des Himmels.</fw><lb/> und gegen ihren Mittelpunkt an Helligkeit zunehmend. Hier hat<lb/> ſich die Lichtmaſſe des Ganzen bereits um eine Centralſtelle an-<lb/> gehäuft, aber dieſe Stelle ſelbſt iſt noch Nebel, ausgebreitet und<lb/> an ihren Gränzen unbeſtimmt. 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Sterngruppen und Nebelmaſſen des Himmels.
und gegen ihren Mittelpunkt an Helligkeit zunehmend. Hier hat
ſich die Lichtmaſſe des Ganzen bereits um eine Centralſtelle an-
gehäuft, aber dieſe Stelle ſelbſt iſt noch Nebel, ausgebreitet und
an ihren Gränzen unbeſtimmt. Wieder andere, die vielleicht Mil-
lionen von Jahren in ihrer Bildung jenen anderen voraus geeilt
ſind, haben ſich ſchon zu einer nahe kugelförmigen Geſtalt abge-
rundet und ihr mehr verdichteter, daher kleinerer und hellerer Mit-
telpunkt nähert ſich bereits dem eigentlichen Sternenlichte, aber
dieſer Kern iſt mit einer dichten Atmoſphäre umgeben, die bis-
her noch nicht von jenem Centralpunkte aufgenommen und ab-
ſorbirt werden konnte. In jenem anderen ſieht man zwei und
ſelbſt mehrere ſolcher vorherrſchenden Stellen, welche ſich das Gleich-
gewicht halten, welche die ſie umgebende Nebelmaſſe unter ſich
theilen, oder auch einander ſelbſt aufzehren werden. Hier ſind
zwei dieſer im Kampfe begriffenen Streiter noch durch ein Nebel-
band mit einander verbunden, durch welches, wie durch einen Ka-
nal, der Schwächere in den mächtigen Gegner hinüber zu fließen
ſcheint; dort iſt jener bereits vernichtet, aber dieſer trägt noch die
Spuren ſeines langen Kampfes und zieht den noch nicht völlig
aufgezehrten Nebel in der Geſtalt eines Schweifes, eines Fächers
oder einer Spindel nach ſich — und kurz, überall bemerken wir
bei jenen Himmelskörpern, wie bei denen auf unſerer Erde, das
Princip der Anziehung und ihre beiden Folgen, die Verdichtung
und Abrundung, dieſe beiden immer wiederkehrenden Erſcheinun-
gen der ganzen Natur, die vereinigende und die formge-
bende Kraft, die im Kleinen, wie im Großen, durch den ganzen
endloſen Weltraum zu herrſchen ſcheint. Wie durch Verdichtung
aus der Regenwolke der Waſſertropfen entſteht, und wie er,
das Gleichgewicht ſeiner Theile herzuſtellen, ſich abzurunden ſtrebt,
eben ſo und wahrſcheinlich durch dieſelbe Kraft getrieben, hat ſich
auch unſere Erde, eben ſo die Sonne mit ihren Planeten, und
eben ſo auch jenes zahlloſe Heer von Sonnen gebildet und abge-
rundet: jene in einer Sekunde und dieſe in Millionen von Jah-
ren. So entſteht der Thau, der auf dem Blumenblatte perlt,
und eben ſo entſtand unſere Milchſtraße und alle die anderen
unzähligen Milchſtraßen, die nur als Nebelfleck oder Stern-
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