Der Doppelstern z Orion im Gegentheile wurde von dem älteren Herschel vor 50 Jahren als ein bestimmt einfacher Stern bemerkt, während er jetzt zu den Doppelsternen gehört, dessen Di- stanz wohl noch sehr klein ist, aber doch deutlich mit der Zeit wächst. Dasselbe ist der Fall mit z Hercules und d Schwan, die früher ebenfalls einfach waren und jetzt doppelt gesehen werden, Auch die Bahn von g Jungfrau liegt sehr schief gegen uns und die Distanz dieses Doppelsterns wurde in den letzten Zeiten so klein (sie war i. J. 1830 nur mehr 1,5"), daß man schon einer Bedeckung desselben entgegen sah, allein seitdem wächst diese. Di- stanz wieder, und die Ebene der Bahn geht daher nicht genau durch un- sere Sonne, daher der Begleiter über dem Centralstern vorbeiging.
§. 212. (Erste Meinung von den Doppelsternen.) Als Herschel i. J. 1780 sich mit diesen Gestirnen zu beschäftigen anfing, hatte er die Ansicht, daß sie alle, oder doch meistens nur optisch doppelt wären, daß sie also, wenn gleich vielleicht in sehr großen Entfer- nungen hinter einander, doch für uns nahe auf derselben Gesichts- linie stehen. Er sah bald, daß sie, wenn anders diese Meinung gegründet ist, ein sehr gutes Mittel zur Bestimmung der Parallaxe des näheren Sterns geben würde und dieß war auch der Zweck, welchen er durch die Beobachtung dieser Gestirne zu erreichen suchte. Wenn wir nämlich einen solchen Doppelstern von den entgegengesetzten Punkten der jährlichen Bahn der Erde um die Sonne, also zu zwei um ein halbes Jahr von einander entfernten Zeiten, beobachten, so wird der nächste von beiden seinen Ort gegen den weitern unbeweglichen, zu ändern scheinen, und aus diesen Aenderungen wird sich die Entfernung desselben von der Erde um so sicherer ableiten lassen, als die Vergleichung der Distanz der beiden Sterne sich hier mit der größten Schärfe anstellen läßt. Allein, wie es öfter zu gehen pflegt, er fand nicht, was er suchte, die Parallaxe der Fixsterne, aber er fand dafür etwas anderes, was nicht minder interessant war, die Bewegung des einen der- selben um den anderen, und diese Entdeckung mit allen ihren Fol- gen mußte ihn wohl nicht weniger überraschen, als ihn die Er- füllung seines ersten Wunsches erfreut haben würde.
Den Lesern ist die Methode, die Entfernung der Gestirne aus
Doppelſterne.
Der Doppelſtern ζ Orion im Gegentheile wurde von dem älteren Herſchel vor 50 Jahren als ein beſtimmt einfacher Stern bemerkt, während er jetzt zu den Doppelſternen gehört, deſſen Di- ſtanz wohl noch ſehr klein iſt, aber doch deutlich mit der Zeit wächst. Daſſelbe iſt der Fall mit ζ Hercules und δ Schwan, die früher ebenfalls einfach waren und jetzt doppelt geſehen werden, Auch die Bahn von γ Jungfrau liegt ſehr ſchief gegen uns und die Diſtanz dieſes Doppelſterns wurde in den letzten Zeiten ſo klein (ſie war i. J. 1830 nur mehr 1,5″), daß man ſchon einer Bedeckung deſſelben entgegen ſah, allein ſeitdem wächst dieſe. Di- ſtanz wieder, und die Ebene der Bahn geht daher nicht genau durch un- ſere Sonne, daher der Begleiter über dem Centralſtern vorbeiging.
§. 212. (Erſte Meinung von den Doppelſternen.) Als Herſchel i. J. 1780 ſich mit dieſen Geſtirnen zu beſchäftigen anfing, hatte er die Anſicht, daß ſie alle, oder doch meiſtens nur optiſch doppelt wären, daß ſie alſo, wenn gleich vielleicht in ſehr großen Entfer- nungen hinter einander, doch für uns nahe auf derſelben Geſichts- linie ſtehen. Er ſah bald, daß ſie, wenn anders dieſe Meinung gegründet iſt, ein ſehr gutes Mittel zur Beſtimmung der Parallaxe des näheren Sterns geben würde und dieß war auch der Zweck, welchen er durch die Beobachtung dieſer Geſtirne zu erreichen ſuchte. Wenn wir nämlich einen ſolchen Doppelſtern von den entgegengeſetzten Punkten der jährlichen Bahn der Erde um die Sonne, alſo zu zwei um ein halbes Jahr von einander entfernten Zeiten, beobachten, ſo wird der nächſte von beiden ſeinen Ort gegen den weitern unbeweglichen, zu ändern ſcheinen, und aus dieſen Aenderungen wird ſich die Entfernung deſſelben von der Erde um ſo ſicherer ableiten laſſen, als die Vergleichung der Diſtanz der beiden Sterne ſich hier mit der größten Schärfe anſtellen läßt. Allein, wie es öfter zu gehen pflegt, er fand nicht, was er ſuchte, die Parallaxe der Fixſterne, aber er fand dafür etwas anderes, was nicht minder intereſſant war, die Bewegung des einen der- ſelben um den anderen, und dieſe Entdeckung mit allen ihren Fol- gen mußte ihn wohl nicht weniger überraſchen, als ihn die Er- füllung ſeines erſten Wunſches erfreut haben würde.
Den Leſern iſt die Methode, die Entfernung der Geſtirne aus
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0338"n="328"/><fwplace="top"type="header">Doppelſterne.</fw><lb/><p>Der Doppelſtern ζ Orion im Gegentheile wurde von dem<lb/>
älteren Herſchel vor 50 Jahren als ein beſtimmt einfacher Stern<lb/>
bemerkt, während er jetzt zu den Doppelſternen gehört, deſſen Di-<lb/>ſtanz wohl noch ſehr klein iſt, aber doch deutlich mit der Zeit<lb/>
wächst. Daſſelbe iſt der Fall mit ζ Hercules und δ Schwan, die<lb/>
früher ebenfalls einfach waren und jetzt doppelt geſehen werden,<lb/>
Auch die Bahn von γ Jungfrau liegt ſehr ſchief gegen uns und<lb/>
die Diſtanz dieſes Doppelſterns wurde in den letzten Zeiten ſo<lb/>
klein (ſie war i. J. 1830 nur mehr 1,<hirendition="#sub">5</hi>″), daß man ſchon einer<lb/>
Bedeckung deſſelben entgegen ſah, allein ſeitdem wächst dieſe. Di-<lb/>ſtanz wieder, und die Ebene der Bahn geht daher nicht genau durch un-<lb/>ſere Sonne, daher der Begleiter über dem Centralſtern vorbeiging.</p><lb/><p>§. 212. (Erſte Meinung von den Doppelſternen.) Als Herſchel<lb/>
i. J. 1780 ſich mit dieſen Geſtirnen zu beſchäftigen anfing, hatte<lb/>
er die Anſicht, daß ſie alle, oder doch meiſtens nur optiſch doppelt<lb/>
wären, daß ſie alſo, wenn gleich vielleicht in ſehr großen Entfer-<lb/>
nungen hinter einander, doch für uns nahe auf derſelben Geſichts-<lb/>
linie ſtehen. Er ſah bald, daß ſie, wenn anders dieſe Meinung<lb/>
gegründet iſt, ein ſehr gutes Mittel zur Beſtimmung der Parallaxe<lb/>
des näheren Sterns geben würde und <hirendition="#g">dieß</hi> war auch der Zweck,<lb/>
welchen er durch die Beobachtung dieſer Geſtirne zu erreichen<lb/>ſuchte. Wenn wir nämlich einen ſolchen Doppelſtern von den<lb/>
entgegengeſetzten Punkten der jährlichen Bahn der Erde um die<lb/>
Sonne, alſo zu zwei um ein halbes Jahr von einander entfernten<lb/>
Zeiten, beobachten, ſo wird der nächſte von beiden ſeinen Ort gegen<lb/>
den weitern unbeweglichen, zu ändern ſcheinen, und aus dieſen<lb/>
Aenderungen wird ſich die Entfernung deſſelben von der Erde um<lb/>ſo ſicherer ableiten laſſen, als die Vergleichung der Diſtanz der<lb/>
beiden Sterne ſich hier mit der größten Schärfe anſtellen läßt.<lb/>
Allein, wie es öfter zu gehen pflegt, er fand nicht, was er ſuchte,<lb/>
die Parallaxe der Fixſterne, aber er fand dafür etwas anderes,<lb/>
was nicht minder intereſſant war, die Bewegung des einen der-<lb/>ſelben um den anderen, und dieſe Entdeckung mit allen ihren Fol-<lb/>
gen mußte ihn wohl nicht weniger überraſchen, als ihn die Er-<lb/>
füllung ſeines erſten Wunſches erfreut haben würde.</p><lb/><p>Den Leſern iſt die Methode, die Entfernung der Geſtirne aus<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[328/0338]
Doppelſterne.
Der Doppelſtern ζ Orion im Gegentheile wurde von dem
älteren Herſchel vor 50 Jahren als ein beſtimmt einfacher Stern
bemerkt, während er jetzt zu den Doppelſternen gehört, deſſen Di-
ſtanz wohl noch ſehr klein iſt, aber doch deutlich mit der Zeit
wächst. Daſſelbe iſt der Fall mit ζ Hercules und δ Schwan, die
früher ebenfalls einfach waren und jetzt doppelt geſehen werden,
Auch die Bahn von γ Jungfrau liegt ſehr ſchief gegen uns und
die Diſtanz dieſes Doppelſterns wurde in den letzten Zeiten ſo
klein (ſie war i. J. 1830 nur mehr 1,5″), daß man ſchon einer
Bedeckung deſſelben entgegen ſah, allein ſeitdem wächst dieſe. Di-
ſtanz wieder, und die Ebene der Bahn geht daher nicht genau durch un-
ſere Sonne, daher der Begleiter über dem Centralſtern vorbeiging.
§. 212. (Erſte Meinung von den Doppelſternen.) Als Herſchel
i. J. 1780 ſich mit dieſen Geſtirnen zu beſchäftigen anfing, hatte
er die Anſicht, daß ſie alle, oder doch meiſtens nur optiſch doppelt
wären, daß ſie alſo, wenn gleich vielleicht in ſehr großen Entfer-
nungen hinter einander, doch für uns nahe auf derſelben Geſichts-
linie ſtehen. Er ſah bald, daß ſie, wenn anders dieſe Meinung
gegründet iſt, ein ſehr gutes Mittel zur Beſtimmung der Parallaxe
des näheren Sterns geben würde und dieß war auch der Zweck,
welchen er durch die Beobachtung dieſer Geſtirne zu erreichen
ſuchte. Wenn wir nämlich einen ſolchen Doppelſtern von den
entgegengeſetzten Punkten der jährlichen Bahn der Erde um die
Sonne, alſo zu zwei um ein halbes Jahr von einander entfernten
Zeiten, beobachten, ſo wird der nächſte von beiden ſeinen Ort gegen
den weitern unbeweglichen, zu ändern ſcheinen, und aus dieſen
Aenderungen wird ſich die Entfernung deſſelben von der Erde um
ſo ſicherer ableiten laſſen, als die Vergleichung der Diſtanz der
beiden Sterne ſich hier mit der größten Schärfe anſtellen läßt.
Allein, wie es öfter zu gehen pflegt, er fand nicht, was er ſuchte,
die Parallaxe der Fixſterne, aber er fand dafür etwas anderes,
was nicht minder intereſſant war, die Bewegung des einen der-
ſelben um den anderen, und dieſe Entdeckung mit allen ihren Fol-
gen mußte ihn wohl nicht weniger überraſchen, als ihn die Er-
füllung ſeines erſten Wunſches erfreut haben würde.
Den Leſern iſt die Methode, die Entfernung der Geſtirne aus
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/338>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.