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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

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Kometen.
den Jahre 1832 in Paris erwarte, entgegnete, daß sie das wenig
kümmere, weil sie das nächste Jahr nicht in Paris, sondern bei
ihren Verwandten in Neapel zubringen werde. -- Was sollen uns
ferner folgende lächerliche Zusammenstellungen: "Anno 1668 er-
schien ein Komet und in Westphalen war ein großes Sterben unter
den Katzen. Anno ... war ein Komet und ein großes Unge-
witter in Thüringen, das mehrere Bauern auf der Wiese erschlug.
Anno ... Komet, und Klauenseuche des Hornviehes in Ostfries-
land. Anno ... Komet und ein Aerolith in Schottland, welcher
letzte eine Dorfkirche traf und das Räderwerk der Thurmuhr be-
schädigte u. s. w." Wohl hundertmal liest man in dem Buche:
"Komet und Heuschrecken in Kalabrien; Komet und Ueberschwem-
mung in England; Komet und Erdbeben in Kleinasien; Komet
und Feuersbrunst in Constantinopel;" und was dergleichen Dinge
mehr sind. Scheint es doch, als wollte der Verfasser ab-
sichtlich darauf ausgehen, die unverträglichsten Dinge mit einander
zu paaren und Sachen zusammen zu koppeln, die himmelweit von
einander liegen. Wenn es ihm, wie man glauben muß, nur
darum zu thun ist, bei seinen Lesern Aufsehen zu erregen, so hätte
er seine Kometen ganz gewiß auch eben so gut und eben so leicht
noch ganz andere Verbindungen eingehen lassen können, z. B. Ko-
meten und Hundegebell; Kometen und Hühneraugen; Kometen
und lächerliches Geschwätz oder Kometen und alberne Bücher,
zu welchen letzteren besonders er die Beispiele ganz in der Nähe
hätte finden können.

Wohl wäre es zu wünschen, diesen Gegenstand mit dem Ernste
behandeln zu können, den die Wichtigkeit der Sache, den die Be-
freiung von jedem Vorurtheile überhaupt verdient, wenn nicht
eben jene sonderbare Bearbeitung desselben durch die Vorgänger
einen ganz andern Ton gleichsam nothwendig gemacht hätte, und
wenn es nicht, selbst unter den sogenannten gebildeten Ständen,
noch gar zu viele gäbe, die keinen Anstand nehmen, sich diesen
Thorheiten hinzugeben, während sie auf viel geringere und verzeih-
lichere mit einer Art von Selbstgefühl herabzusehen pflegen,
das oft nur zu wohl verrathet, daß auch hier ihre scheinbar bessere
Kenntniß nicht sowohl auf Gründen und auf Ueberzeugung, als

Kometen.
den Jahre 1832 in Paris erwarte, entgegnete, daß ſie das wenig
kümmere, weil ſie das nächſte Jahr nicht in Paris, ſondern bei
ihren Verwandten in Neapel zubringen werde. — Was ſollen uns
ferner folgende lächerliche Zuſammenſtellungen: „Anno 1668 er-
ſchien ein Komet und in Weſtphalen war ein großes Sterben unter
den Katzen. Anno … war ein Komet und ein großes Unge-
witter in Thüringen, das mehrere Bauern auf der Wieſe erſchlug.
Anno … Komet, und Klauenſeuche des Hornviehes in Oſtfries-
land. Anno … Komet und ein Aerolith in Schottland, welcher
letzte eine Dorfkirche traf und das Räderwerk der Thurmuhr be-
ſchädigte u. ſ. w.“ Wohl hundertmal liest man in dem Buche:
„Komet und Heuſchrecken in Kalabrien; Komet und Ueberſchwem-
mung in England; Komet und Erdbeben in Kleinaſien; Komet
und Feuersbrunſt in Conſtantinopel;“ und was dergleichen Dinge
mehr ſind. Scheint es doch, als wollte der Verfaſſer ab-
ſichtlich darauf ausgehen, die unverträglichſten Dinge mit einander
zu paaren und Sachen zuſammen zu koppeln, die himmelweit von
einander liegen. Wenn es ihm, wie man glauben muß, nur
darum zu thun iſt, bei ſeinen Leſern Aufſehen zu erregen, ſo hätte
er ſeine Kometen ganz gewiß auch eben ſo gut und eben ſo leicht
noch ganz andere Verbindungen eingehen laſſen können, z. B. Ko-
meten und Hundegebell; Kometen und Hühneraugen; Kometen
und lächerliches Geſchwätz oder Kometen und alberne Bücher,
zu welchen letzteren beſonders er die Beiſpiele ganz in der Nähe
hätte finden können.

Wohl wäre es zu wünſchen, dieſen Gegenſtand mit dem Ernſte
behandeln zu können, den die Wichtigkeit der Sache, den die Be-
freiung von jedem Vorurtheile überhaupt verdient, wenn nicht
eben jene ſonderbare Bearbeitung deſſelben durch die Vorgänger
einen ganz andern Ton gleichſam nothwendig gemacht hätte, und
wenn es nicht, ſelbſt unter den ſogenannten gebildeten Ständen,
noch gar zu viele gäbe, die keinen Anſtand nehmen, ſich dieſen
Thorheiten hinzugeben, während ſie auf viel geringere und verzeih-
lichere mit einer Art von Selbſtgefühl herabzuſehen pflegen,
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Kenntniß nicht ſowohl auf Gründen und auf Ueberzeugung, als

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[287/0297] Kometen. den Jahre 1832 in Paris erwarte, entgegnete, daß ſie das wenig kümmere, weil ſie das nächſte Jahr nicht in Paris, ſondern bei ihren Verwandten in Neapel zubringen werde. — Was ſollen uns ferner folgende lächerliche Zuſammenſtellungen: „Anno 1668 er- ſchien ein Komet und in Weſtphalen war ein großes Sterben unter den Katzen. Anno … war ein Komet und ein großes Unge- witter in Thüringen, das mehrere Bauern auf der Wieſe erſchlug. Anno … Komet, und Klauenſeuche des Hornviehes in Oſtfries- land. Anno … Komet und ein Aerolith in Schottland, welcher letzte eine Dorfkirche traf und das Räderwerk der Thurmuhr be- ſchädigte u. ſ. w.“ Wohl hundertmal liest man in dem Buche: „Komet und Heuſchrecken in Kalabrien; Komet und Ueberſchwem- mung in England; Komet und Erdbeben in Kleinaſien; Komet und Feuersbrunſt in Conſtantinopel;“ und was dergleichen Dinge mehr ſind. Scheint es doch, als wollte der Verfaſſer ab- ſichtlich darauf ausgehen, die unverträglichſten Dinge mit einander zu paaren und Sachen zuſammen zu koppeln, die himmelweit von einander liegen. Wenn es ihm, wie man glauben muß, nur darum zu thun iſt, bei ſeinen Leſern Aufſehen zu erregen, ſo hätte er ſeine Kometen ganz gewiß auch eben ſo gut und eben ſo leicht noch ganz andere Verbindungen eingehen laſſen können, z. B. Ko- meten und Hundegebell; Kometen und Hühneraugen; Kometen und lächerliches Geſchwätz oder Kometen und alberne Bücher, zu welchen letzteren beſonders er die Beiſpiele ganz in der Nähe hätte finden können. Wohl wäre es zu wünſchen, dieſen Gegenſtand mit dem Ernſte behandeln zu können, den die Wichtigkeit der Sache, den die Be- freiung von jedem Vorurtheile überhaupt verdient, wenn nicht eben jene ſonderbare Bearbeitung deſſelben durch die Vorgänger einen ganz andern Ton gleichſam nothwendig gemacht hätte, und wenn es nicht, ſelbſt unter den ſogenannten gebildeten Ständen, noch gar zu viele gäbe, die keinen Anſtand nehmen, ſich dieſen Thorheiten hinzugeben, während ſie auf viel geringere und verzeih- lichere mit einer Art von Selbſtgefühl herabzuſehen pflegen, das oft nur zu wohl verrathet, daß auch hier ihre ſcheinbar beſſere Kenntniß nicht ſowohl auf Gründen und auf Ueberzeugung, als

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/297>, abgerufen am 19.05.2024.