Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Kometen.
anderes, als eine Ellipse mit einer unendlich großen Axe. Wenn
beide krumme Linien denselben Scheitel und Brennpunkt haben, so
kömmt der Bogen der Ellipse dem der Parabel desto näher, je
excentrischer oder je länglicher diese Ellipse ist, besonders in der
Nähe des Scheitels oder des Periheliums, und eben da ist es,
wo wir die Kometen gewöhnlich beobachten, weil sie da der
Sonne und also auch im Allgemeinen der Erde am nächsten stehen.

Nimmt man also die Bahn der Kometen parabolisch an, so
fällt dadurch ein Element, die große Axe, die hier unendlich groß
wird, ganz weg und die Rechnung wird dadurch ungemein er-
leichtert. In der That hat man durch diese abkürzende Methode
die Bahnen vieler Kometen den Beobachtungen hinlänglich gemäß
dargestellt, aber man hat auch zugleich, indem man die große Axe
der Bahn als unendlich groß annahm, sich aller Kenntniß der
Umlaufszeit des Kometen begeben, da in der Parabel keine
Wiederkehr desselben möglich ist, und so ist es gekommen, daß
uns vielleicht mehrere Kometen, selbst von einer kürzeren Umlaufs-
zeit, gänzlich entgangen sind, und daß man sie bei ihrer Wieder-
kunft nicht mehr erkannt hat.

Es ist übrigens für sich klar, daß diese Bestimmung der
Elemente der Bahn desto genauer seyn wird, je größer der Bogen
der Ellipse war, in welchem man den Kometen von der Erde beob-
achtet hat, weil hier, wie überall, der Schluß von dem Kleinen
auf das Große mißlich ist. Es ist daher für diese Bestimmungen
sehr nachtheilig, daß wir die Kometen, wegen ihrem zu schwachen
Lichte, nur in der Nähe der Sonne, also meistens nur in einem
sehr kleinen Theile ihrer weit verbreiteten Bahnen sehen können,
da sie, sobald sie sich weiter von der Sonne, also auch von der
Erde entfernen, selbst unseren besten Fernröhren sich gänzlich ent-
ziehen. Dieser ungünstige Zufall äußert seine Wirkung ganz be-
sonders auf die Umlaufszeit der Kometen. Je größer die Excen-
tricität, desto schwieriger ist die Bestimmung der Umlaufszeit.
Daher differiren auch die Astronomen so sehr in ihren Angaben
dieses Elements. Für den Kometen von 1769 fand Lexell eine
Revolution von 400 und Pingre eine von 1200 Jahren, und

Kometen.
anderes, als eine Ellipſe mit einer unendlich großen Axe. Wenn
beide krumme Linien denſelben Scheitel und Brennpunkt haben, ſo
kömmt der Bogen der Ellipſe dem der Parabel deſto näher, je
excentriſcher oder je länglicher dieſe Ellipſe iſt, beſonders in der
Nähe des Scheitels oder des Periheliums, und eben da iſt es,
wo wir die Kometen gewöhnlich beobachten, weil ſie da der
Sonne und alſo auch im Allgemeinen der Erde am nächſten ſtehen.

Nimmt man alſo die Bahn der Kometen paraboliſch an, ſo
fällt dadurch ein Element, die große Axe, die hier unendlich groß
wird, ganz weg und die Rechnung wird dadurch ungemein er-
leichtert. In der That hat man durch dieſe abkürzende Methode
die Bahnen vieler Kometen den Beobachtungen hinlänglich gemäß
dargeſtellt, aber man hat auch zugleich, indem man die große Axe
der Bahn als unendlich groß annahm, ſich aller Kenntniß der
Umlaufszeit des Kometen begeben, da in der Parabel keine
Wiederkehr deſſelben möglich iſt, und ſo iſt es gekommen, daß
uns vielleicht mehrere Kometen, ſelbſt von einer kürzeren Umlaufs-
zeit, gänzlich entgangen ſind, und daß man ſie bei ihrer Wieder-
kunft nicht mehr erkannt hat.

Es iſt übrigens für ſich klar, daß dieſe Beſtimmung der
Elemente der Bahn deſto genauer ſeyn wird, je größer der Bogen
der Ellipſe war, in welchem man den Kometen von der Erde beob-
achtet hat, weil hier, wie überall, der Schluß von dem Kleinen
auf das Große mißlich iſt. Es iſt daher für dieſe Beſtimmungen
ſehr nachtheilig, daß wir die Kometen, wegen ihrem zu ſchwachen
Lichte, nur in der Nähe der Sonne, alſo meiſtens nur in einem
ſehr kleinen Theile ihrer weit verbreiteten Bahnen ſehen können,
da ſie, ſobald ſie ſich weiter von der Sonne, alſo auch von der
Erde entfernen, ſelbſt unſeren beſten Fernröhren ſich gänzlich ent-
ziehen. Dieſer ungünſtige Zufall äußert ſeine Wirkung ganz be-
ſonders auf die Umlaufszeit der Kometen. Je größer die Excen-
tricität, deſto ſchwieriger iſt die Beſtimmung der Umlaufszeit.
Daher differiren auch die Aſtronomen ſo ſehr in ihren Angaben
dieſes Elements. Für den Kometen von 1769 fand Lexell eine
Revolution von 400 und Pingré eine von 1200 Jahren, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0260" n="250"/><fw place="top" type="header">Kometen.</fw><lb/>
anderes, als eine Ellip&#x017F;e mit einer unendlich großen Axe. Wenn<lb/>
beide krumme Linien den&#x017F;elben Scheitel und Brennpunkt haben, &#x017F;o<lb/>
kömmt der Bogen der Ellip&#x017F;e dem der Parabel de&#x017F;to näher, je<lb/>
excentri&#x017F;cher oder je länglicher die&#x017F;e Ellip&#x017F;e i&#x017F;t, be&#x017F;onders in der<lb/>
Nähe des Scheitels oder des Periheliums, und eben da i&#x017F;t es,<lb/>
wo wir die Kometen gewöhnlich beobachten, weil &#x017F;ie da der<lb/>
Sonne und al&#x017F;o auch im Allgemeinen der Erde am näch&#x017F;ten &#x017F;tehen.</p><lb/>
            <p>Nimmt man al&#x017F;o die Bahn der Kometen paraboli&#x017F;ch an, &#x017F;o<lb/>
fällt dadurch ein Element, die große Axe, die hier unendlich groß<lb/>
wird, ganz weg und die Rechnung wird dadurch ungemein er-<lb/>
leichtert. In der That hat man durch die&#x017F;e abkürzende Methode<lb/>
die Bahnen vieler Kometen den Beobachtungen hinlänglich gemäß<lb/>
darge&#x017F;tellt, aber man hat auch zugleich, indem man die große Axe<lb/>
der Bahn als unendlich groß annahm, &#x017F;ich aller Kenntniß der<lb/>
Umlaufszeit des Kometen begeben, da in der Parabel keine<lb/>
Wiederkehr de&#x017F;&#x017F;elben möglich i&#x017F;t, und &#x017F;o i&#x017F;t es gekommen, daß<lb/>
uns vielleicht mehrere Kometen, &#x017F;elb&#x017F;t von einer kürzeren Umlaufs-<lb/>
zeit, gänzlich entgangen &#x017F;ind, und daß man &#x017F;ie bei ihrer Wieder-<lb/>
kunft nicht mehr erkannt hat.</p><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t übrigens für &#x017F;ich klar, daß die&#x017F;e Be&#x017F;timmung der<lb/>
Elemente der Bahn de&#x017F;to genauer &#x017F;eyn wird, je größer der Bogen<lb/>
der Ellip&#x017F;e war, in welchem man den Kometen von der Erde beob-<lb/>
achtet hat, weil hier, wie überall, der Schluß von dem Kleinen<lb/>
auf das Große mißlich i&#x017F;t. Es i&#x017F;t daher für die&#x017F;e Be&#x017F;timmungen<lb/>
&#x017F;ehr nachtheilig, daß wir die Kometen, wegen ihrem zu &#x017F;chwachen<lb/>
Lichte, nur in der Nähe der Sonne, al&#x017F;o mei&#x017F;tens nur in einem<lb/>
&#x017F;ehr kleinen Theile ihrer weit verbreiteten Bahnen &#x017F;ehen können,<lb/>
da &#x017F;ie, &#x017F;obald &#x017F;ie &#x017F;ich weiter von der Sonne, al&#x017F;o auch von der<lb/>
Erde entfernen, &#x017F;elb&#x017F;t un&#x017F;eren be&#x017F;ten Fernröhren &#x017F;ich gänzlich ent-<lb/>
ziehen. Die&#x017F;er ungün&#x017F;tige Zufall äußert &#x017F;eine Wirkung ganz be-<lb/>
&#x017F;onders auf die Umlaufszeit der Kometen. Je größer die Excen-<lb/>
tricität, de&#x017F;to &#x017F;chwieriger i&#x017F;t die Be&#x017F;timmung der Umlaufszeit.<lb/>
Daher differiren auch die A&#x017F;tronomen &#x017F;o &#x017F;ehr in ihren Angaben<lb/>
die&#x017F;es Elements. Für den Kometen von 1769 fand Lexell eine<lb/>
Revolution von 400 und Pingr<hi rendition="#aq">é</hi> eine von 1200 Jahren, und<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0260] Kometen. anderes, als eine Ellipſe mit einer unendlich großen Axe. Wenn beide krumme Linien denſelben Scheitel und Brennpunkt haben, ſo kömmt der Bogen der Ellipſe dem der Parabel deſto näher, je excentriſcher oder je länglicher dieſe Ellipſe iſt, beſonders in der Nähe des Scheitels oder des Periheliums, und eben da iſt es, wo wir die Kometen gewöhnlich beobachten, weil ſie da der Sonne und alſo auch im Allgemeinen der Erde am nächſten ſtehen. Nimmt man alſo die Bahn der Kometen paraboliſch an, ſo fällt dadurch ein Element, die große Axe, die hier unendlich groß wird, ganz weg und die Rechnung wird dadurch ungemein er- leichtert. In der That hat man durch dieſe abkürzende Methode die Bahnen vieler Kometen den Beobachtungen hinlänglich gemäß dargeſtellt, aber man hat auch zugleich, indem man die große Axe der Bahn als unendlich groß annahm, ſich aller Kenntniß der Umlaufszeit des Kometen begeben, da in der Parabel keine Wiederkehr deſſelben möglich iſt, und ſo iſt es gekommen, daß uns vielleicht mehrere Kometen, ſelbſt von einer kürzeren Umlaufs- zeit, gänzlich entgangen ſind, und daß man ſie bei ihrer Wieder- kunft nicht mehr erkannt hat. Es iſt übrigens für ſich klar, daß dieſe Beſtimmung der Elemente der Bahn deſto genauer ſeyn wird, je größer der Bogen der Ellipſe war, in welchem man den Kometen von der Erde beob- achtet hat, weil hier, wie überall, der Schluß von dem Kleinen auf das Große mißlich iſt. Es iſt daher für dieſe Beſtimmungen ſehr nachtheilig, daß wir die Kometen, wegen ihrem zu ſchwachen Lichte, nur in der Nähe der Sonne, alſo meiſtens nur in einem ſehr kleinen Theile ihrer weit verbreiteten Bahnen ſehen können, da ſie, ſobald ſie ſich weiter von der Sonne, alſo auch von der Erde entfernen, ſelbſt unſeren beſten Fernröhren ſich gänzlich ent- ziehen. Dieſer ungünſtige Zufall äußert ſeine Wirkung ganz be- ſonders auf die Umlaufszeit der Kometen. Je größer die Excen- tricität, deſto ſchwieriger iſt die Beſtimmung der Umlaufszeit. Daher differiren auch die Aſtronomen ſo ſehr in ihren Angaben dieſes Elements. Für den Kometen von 1769 fand Lexell eine Revolution von 400 und Pingré eine von 1200 Jahren, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/260
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/260>, abgerufen am 18.05.2024.