Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Kometen.
Kometen um die Sonne ganz so wie bei den Planeten, erklärt.
Wenn eben so der Kern des Kometen gegen seine Dunsthülle auch
eine positive Schwere hat, so wird man daraus die kugelförmige
Gestalt dieser Hülle nach denselben Gesetzen ableiten, nach welchen
man die sphärische Gestalt der Planeten und ihre Abplattung an
den Polen bestimmt. Hat aber auch endlich die Sonne gegen die
Dunsthülle des Kometen eine negative Schwere, so wird die Masse
der Hülle von der Sonne nicht mehr angezogen, sondern abgesto-
ßen werden, woraus man dann auch leicht die Lage und Gestalt
der Kometenschweife wird ableiten können.

Der berühmte L. Euler suchte im Gegentheile die sonderbare
Gestalt der Kometen dadurch zu erklären, daß die Masse derselben
von der Sonne so ausgedehnt und so weit von dem Kometenkern
entfernt wird, daß sie endlich von diesem Kern gar nicht weiter
angezogen, sondern ganz sich selbst und der eigenen Anziehung der
Sonne überlassen bleibt. Valz in Nimes meint dagegen, daß
der Weltäther um den Kometen eine Art von Atmosphäre bilde,
wodurch die unteren Schichten des Kometen desto mehr zusammen
gedrückt werden, je näher sie bei dem Mittelpunkte des Kometen
liegen, etwa so, wie unsere Atmosphäre in ihrem untern Theile
von den über ihr liegenden Schichten zusammengedrückt und ver-
dunstet werde. Allein diese Erklärung könnte nur dann ange-
nommen werden, wenn man zugleich zeigen kann, daß jener Aether
die Nebelmaterie des Kometen nicht durchdringen kann. Auf eine
mit Luft gefüllte Blase würde jene Erklärung wohl passen, aber
wo ist hier die Blase, welche die Nebelhülle des Kometen ein-
schließt?

Wie diese Sache auch stehen mag, so wird es jetzt noch besser
seyn, Beobachtungen zu sammeln, als Hypothesen zu schmieden, des
hypotheses gratuites,
wie Arago sagt, des opinions sans bases,
des veritables romans.
Demnach wollen wir diese theoretischen
Untersuchungen unseren Nachfolgern überlassen und wieder zu dem-
jenigen übergehen, was uns unsere eigenen Erfahrungen an diesen
Himmelskörpern gelehrt haben.

§. 159. (Sehr große Kometen.) Die meisten derjenigen Ko-
meten, die wir in den letzten Decennien gesehen haben, waren nur

Kometen.
Kometen um die Sonne ganz ſo wie bei den Planeten, erklärt.
Wenn eben ſo der Kern des Kometen gegen ſeine Dunſthülle auch
eine poſitive Schwere hat, ſo wird man daraus die kugelförmige
Geſtalt dieſer Hülle nach denſelben Geſetzen ableiten, nach welchen
man die ſphäriſche Geſtalt der Planeten und ihre Abplattung an
den Polen beſtimmt. Hat aber auch endlich die Sonne gegen die
Dunſthülle des Kometen eine negative Schwere, ſo wird die Maſſe
der Hülle von der Sonne nicht mehr angezogen, ſondern abgeſto-
ßen werden, woraus man dann auch leicht die Lage und Geſtalt
der Kometenſchweife wird ableiten können.

Der berühmte L. Euler ſuchte im Gegentheile die ſonderbare
Geſtalt der Kometen dadurch zu erklären, daß die Maſſe derſelben
von der Sonne ſo ausgedehnt und ſo weit von dem Kometenkern
entfernt wird, daß ſie endlich von dieſem Kern gar nicht weiter
angezogen, ſondern ganz ſich ſelbſt und der eigenen Anziehung der
Sonne überlaſſen bleibt. Valz in Nimes meint dagegen, daß
der Weltäther um den Kometen eine Art von Atmoſphäre bilde,
wodurch die unteren Schichten des Kometen deſto mehr zuſammen
gedrückt werden, je näher ſie bei dem Mittelpunkte des Kometen
liegen, etwa ſo, wie unſere Atmoſphäre in ihrem untern Theile
von den über ihr liegenden Schichten zuſammengedrückt und ver-
dunſtet werde. Allein dieſe Erklärung könnte nur dann ange-
nommen werden, wenn man zugleich zeigen kann, daß jener Aether
die Nebelmaterie des Kometen nicht durchdringen kann. Auf eine
mit Luft gefüllte Blaſe würde jene Erklärung wohl paſſen, aber
wo iſt hier die Blaſe, welche die Nebelhülle des Kometen ein-
ſchließt?

Wie dieſe Sache auch ſtehen mag, ſo wird es jetzt noch beſſer
ſeyn, Beobachtungen zu ſammeln, als Hypotheſen zu ſchmieden, des
hypothèses gratuites,
wie Arago ſagt, des opinions sans bases,
des véritables romans.
Demnach wollen wir dieſe theoretiſchen
Unterſuchungen unſeren Nachfolgern überlaſſen und wieder zu dem-
jenigen übergehen, was uns unſere eigenen Erfahrungen an dieſen
Himmelskörpern gelehrt haben.

§. 159. (Sehr große Kometen.) Die meiſten derjenigen Ko-
meten, die wir in den letzten Decennien geſehen haben, waren nur

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0247" n="237"/><fw place="top" type="header">Kometen.</fw><lb/>
Kometen um die Sonne ganz &#x017F;o wie bei den Planeten, erklärt.<lb/>
Wenn eben &#x017F;o der Kern des Kometen gegen &#x017F;eine Dun&#x017F;thülle auch<lb/>
eine po&#x017F;itive Schwere hat, &#x017F;o wird man daraus die kugelförmige<lb/>
Ge&#x017F;talt die&#x017F;er Hülle nach den&#x017F;elben Ge&#x017F;etzen ableiten, nach welchen<lb/>
man die &#x017F;phäri&#x017F;che Ge&#x017F;talt der Planeten und ihre Abplattung an<lb/>
den Polen be&#x017F;timmt. Hat aber auch endlich die Sonne gegen die<lb/>
Dun&#x017F;thülle des Kometen eine negative Schwere, &#x017F;o wird die Ma&#x017F;&#x017F;e<lb/>
der Hülle von der Sonne nicht mehr angezogen, &#x017F;ondern abge&#x017F;to-<lb/>
ßen werden, woraus man dann auch leicht die Lage und Ge&#x017F;talt<lb/>
der Kometen&#x017F;chweife wird ableiten können.</p><lb/>
            <p>Der berühmte L. Euler &#x017F;uchte im Gegentheile die &#x017F;onderbare<lb/>
Ge&#x017F;talt der Kometen dadurch zu erklären, daß die Ma&#x017F;&#x017F;e der&#x017F;elben<lb/>
von der Sonne &#x017F;o ausgedehnt und &#x017F;o weit von dem Kometenkern<lb/>
entfernt wird, daß &#x017F;ie endlich von die&#x017F;em Kern gar nicht weiter<lb/>
angezogen, &#x017F;ondern ganz &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t und der eigenen Anziehung der<lb/>
Sonne überla&#x017F;&#x017F;en bleibt. Valz in Nimes meint dagegen, daß<lb/>
der Weltäther um den Kometen eine Art von Atmo&#x017F;phäre bilde,<lb/>
wodurch die unteren Schichten des Kometen de&#x017F;to mehr zu&#x017F;ammen<lb/>
gedrückt werden, je näher &#x017F;ie bei dem Mittelpunkte des Kometen<lb/>
liegen, etwa &#x017F;o, wie un&#x017F;ere Atmo&#x017F;phäre in ihrem untern Theile<lb/>
von den über ihr liegenden Schichten zu&#x017F;ammengedrückt und ver-<lb/>
dun&#x017F;tet werde. Allein die&#x017F;e Erklärung könnte nur dann ange-<lb/>
nommen werden, wenn man zugleich zeigen kann, daß jener Aether<lb/>
die Nebelmaterie des Kometen nicht durchdringen kann. Auf eine<lb/>
mit Luft gefüllte Bla&#x017F;e würde jene Erklärung wohl pa&#x017F;&#x017F;en, aber<lb/>
wo i&#x017F;t hier die Bla&#x017F;e, welche die Nebelhülle des Kometen ein-<lb/>
&#x017F;chließt?</p><lb/>
            <p>Wie die&#x017F;e Sache auch &#x017F;tehen mag, &#x017F;o wird es jetzt noch be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
&#x017F;eyn, Beobachtungen zu &#x017F;ammeln, als Hypothe&#x017F;en zu &#x017F;chmieden, <hi rendition="#aq">des<lb/>
hypothèses gratuites,</hi> wie Arago &#x017F;agt, <hi rendition="#aq">des opinions sans bases,<lb/>
des véritables romans.</hi> Demnach wollen wir die&#x017F;e theoreti&#x017F;chen<lb/>
Unter&#x017F;uchungen un&#x017F;eren Nachfolgern überla&#x017F;&#x017F;en und wieder zu dem-<lb/>
jenigen übergehen, was uns un&#x017F;ere eigenen Erfahrungen an die&#x017F;en<lb/>
Himmelskörpern gelehrt haben.</p><lb/>
            <p>§. 159. (Sehr große Kometen.) Die mei&#x017F;ten derjenigen Ko-<lb/>
meten, die wir in den letzten Decennien ge&#x017F;ehen haben, waren nur<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[237/0247] Kometen. Kometen um die Sonne ganz ſo wie bei den Planeten, erklärt. Wenn eben ſo der Kern des Kometen gegen ſeine Dunſthülle auch eine poſitive Schwere hat, ſo wird man daraus die kugelförmige Geſtalt dieſer Hülle nach denſelben Geſetzen ableiten, nach welchen man die ſphäriſche Geſtalt der Planeten und ihre Abplattung an den Polen beſtimmt. Hat aber auch endlich die Sonne gegen die Dunſthülle des Kometen eine negative Schwere, ſo wird die Maſſe der Hülle von der Sonne nicht mehr angezogen, ſondern abgeſto- ßen werden, woraus man dann auch leicht die Lage und Geſtalt der Kometenſchweife wird ableiten können. Der berühmte L. Euler ſuchte im Gegentheile die ſonderbare Geſtalt der Kometen dadurch zu erklären, daß die Maſſe derſelben von der Sonne ſo ausgedehnt und ſo weit von dem Kometenkern entfernt wird, daß ſie endlich von dieſem Kern gar nicht weiter angezogen, ſondern ganz ſich ſelbſt und der eigenen Anziehung der Sonne überlaſſen bleibt. Valz in Nimes meint dagegen, daß der Weltäther um den Kometen eine Art von Atmoſphäre bilde, wodurch die unteren Schichten des Kometen deſto mehr zuſammen gedrückt werden, je näher ſie bei dem Mittelpunkte des Kometen liegen, etwa ſo, wie unſere Atmoſphäre in ihrem untern Theile von den über ihr liegenden Schichten zuſammengedrückt und ver- dunſtet werde. Allein dieſe Erklärung könnte nur dann ange- nommen werden, wenn man zugleich zeigen kann, daß jener Aether die Nebelmaterie des Kometen nicht durchdringen kann. Auf eine mit Luft gefüllte Blaſe würde jene Erklärung wohl paſſen, aber wo iſt hier die Blaſe, welche die Nebelhülle des Kometen ein- ſchließt? Wie dieſe Sache auch ſtehen mag, ſo wird es jetzt noch beſſer ſeyn, Beobachtungen zu ſammeln, als Hypotheſen zu ſchmieden, des hypothèses gratuites, wie Arago ſagt, des opinions sans bases, des véritables romans. Demnach wollen wir dieſe theoretiſchen Unterſuchungen unſeren Nachfolgern überlaſſen und wieder zu dem- jenigen übergehen, was uns unſere eigenen Erfahrungen an dieſen Himmelskörpern gelehrt haben. §. 159. (Sehr große Kometen.) Die meiſten derjenigen Ko- meten, die wir in den letzten Decennien geſehen haben, waren nur

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/247
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/247>, abgerufen am 24.11.2024.