den wohl auch hier nur wenig Hoffnung zu einem glücklichen Erfolge übrig lassen.
§. 31. (Uebersicht des Vorhergehenden). So haben wir also bisher keine anderen directen Beweise für die Umdrehung der Erde erhalten können, als die obenangeführten unmittelbaren Messungen derselben, die uns die Abplattung der Erde, als eine Folge ihrer Rotation, kennen gelehrt hat, und die Versuche über die östliche Ausweichung der von großen Höhen herabfallenden Körper. Allein die letzten wurden erst im Jahre 1802 angestellt, da die ähnlichen früheren kein zuverläßiges Resultat gaben. Selbst diese ließen noch Manches zu wünschen übrig, da die Fallhöhe von 260 Fuß noch zu klein war, und überdieß noch mehrere Um- stände das ganze Verfahren mehr für eine Schätzung, als für eine eigentliche genaue Messung halten ließen. Ja selbst gegen jene erste Methode fingen sich mehrere Zweifel an zu regen. Denn die ersten wahren Vermessungen der Erde wurden nicht mit der Sorgfalt und mit den guten Instrumenten vorgenommen, die sie verdienten. Nach der Theorie sollten schon zwei derselben hin- reichen, die Abplattung der Erde zu finden. Aber man fand sehr verschiedene Abplattungen, je nachdem man dieses oder ein anderes Paar von jenen Messungen unter einander verglich, so daß man sich lange nicht über die eigentliche Größe dieser Abplattung der Erde an den Polen vereinigen konnte. Ja einige Astronomen, und unter ihnen selbst Männer von Gewicht, läugneten dieselbe gänzlich, und wollten sogar der Erde eine an ihren Polen längliche Gestalt geben. So hatte der berühmte Cassini einen Grad der Erde im südlichen, und einen anderen im nördlichen Frankreich gemessen, und den letzten kleiner gefunden, als den ersten, da doch das Gegentheil Statt haben müßte, wenn die Erde in der That an den Polen abgeplattet wäre. Diese beiden Grade lagen in der That zu nahe, um die Sache zu entscheiden, aber was der guten Wahl der beiden Orte abging, schien die Geschicklichkeit und die Autorität des großen Geometers zu ersetzen. Auch nahm die französische Academie die Partei ihres Landsmannes auf eine sehr eifrige Weise, und erklärte sich einmüthig für die durch Cassini gefundene, an den Polen länglichte Gestalt der Erde, wäh- rend Newton gegen sie die frühere Meinung vertheidigte, und die
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Tägliche Bewegung der Erde.
den wohl auch hier nur wenig Hoffnung zu einem glücklichen Erfolge übrig laſſen.
§. 31. (Ueberſicht des Vorhergehenden). So haben wir alſo bisher keine anderen directen Beweiſe für die Umdrehung der Erde erhalten können, als die obenangeführten unmittelbaren Meſſungen derſelben, die uns die Abplattung der Erde, als eine Folge ihrer Rotation, kennen gelehrt hat, und die Verſuche über die öſtliche Ausweichung der von großen Höhen herabfallenden Körper. Allein die letzten wurden erſt im Jahre 1802 angeſtellt, da die ähnlichen früheren kein zuverläßiges Reſultat gaben. Selbſt dieſe ließen noch Manches zu wünſchen übrig, da die Fallhöhe von 260 Fuß noch zu klein war, und überdieß noch mehrere Um- ſtände das ganze Verfahren mehr für eine Schätzung, als für eine eigentliche genaue Meſſung halten ließen. Ja ſelbſt gegen jene erſte Methode fingen ſich mehrere Zweifel an zu regen. Denn die erſten wahren Vermeſſungen der Erde wurden nicht mit der Sorgfalt und mit den guten Inſtrumenten vorgenommen, die ſie verdienten. Nach der Theorie ſollten ſchon zwei derſelben hin- reichen, die Abplattung der Erde zu finden. Aber man fand ſehr verſchiedene Abplattungen, je nachdem man dieſes oder ein anderes Paar von jenen Meſſungen unter einander verglich, ſo daß man ſich lange nicht über die eigentliche Größe dieſer Abplattung der Erde an den Polen vereinigen konnte. Ja einige Aſtronomen, und unter ihnen ſelbſt Männer von Gewicht, läugneten dieſelbe gänzlich, und wollten ſogar der Erde eine an ihren Polen längliche Geſtalt geben. So hatte der berühmte Cassini einen Grad der Erde im ſüdlichen, und einen anderen im nördlichen Frankreich gemeſſen, und den letzten kleiner gefunden, als den erſten, da doch das Gegentheil Statt haben müßte, wenn die Erde in der That an den Polen abgeplattet wäre. Dieſe beiden Grade lagen in der That zu nahe, um die Sache zu entſcheiden, aber was der guten Wahl der beiden Orte abging, ſchien die Geſchicklichkeit und die Autorität des großen Geometers zu erſetzen. Auch nahm die franzöſiſche Academie die Partei ihres Landsmannes auf eine ſehr eifrige Weiſe, und erklärte ſich einmüthig für die durch Cassini gefundene, an den Polen länglichte Geſtalt der Erde, wäh- rend Newton gegen ſie die frühere Meinung vertheidigte, und die
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Tägliche Bewegung der Erde.
den wohl auch hier nur wenig Hoffnung zu einem glücklichen Erfolge
übrig laſſen.
§. 31. (Ueberſicht des Vorhergehenden). So haben wir alſo
bisher keine anderen directen Beweiſe für die Umdrehung der
Erde erhalten können, als die obenangeführten unmittelbaren
Meſſungen derſelben, die uns die Abplattung der Erde, als eine
Folge ihrer Rotation, kennen gelehrt hat, und die Verſuche über
die öſtliche Ausweichung der von großen Höhen herabfallenden
Körper. Allein die letzten wurden erſt im Jahre 1802 angeſtellt,
da die ähnlichen früheren kein zuverläßiges Reſultat gaben. Selbſt
dieſe ließen noch Manches zu wünſchen übrig, da die Fallhöhe
von 260 Fuß noch zu klein war, und überdieß noch mehrere Um-
ſtände das ganze Verfahren mehr für eine Schätzung, als für
eine eigentliche genaue Meſſung halten ließen. Ja ſelbſt gegen
jene erſte Methode fingen ſich mehrere Zweifel an zu regen. Denn
die erſten wahren Vermeſſungen der Erde wurden nicht mit der
Sorgfalt und mit den guten Inſtrumenten vorgenommen, die ſie
verdienten. Nach der Theorie ſollten ſchon zwei derſelben hin-
reichen, die Abplattung der Erde zu finden. Aber man fand ſehr
verſchiedene Abplattungen, je nachdem man dieſes oder ein anderes
Paar von jenen Meſſungen unter einander verglich, ſo daß man
ſich lange nicht über die eigentliche Größe dieſer Abplattung der
Erde an den Polen vereinigen konnte. Ja einige Aſtronomen,
und unter ihnen ſelbſt Männer von Gewicht, läugneten dieſelbe
gänzlich, und wollten ſogar der Erde eine an ihren Polen längliche
Geſtalt geben. So hatte der berühmte Cassini einen Grad der
Erde im ſüdlichen, und einen anderen im nördlichen Frankreich
gemeſſen, und den letzten kleiner gefunden, als den erſten, da doch
das Gegentheil Statt haben müßte, wenn die Erde in der That
an den Polen abgeplattet wäre. Dieſe beiden Grade lagen in
der That zu nahe, um die Sache zu entſcheiden, aber was der
guten Wahl der beiden Orte abging, ſchien die Geſchicklichkeit
und die Autorität des großen Geometers zu erſetzen. Auch nahm
die franzöſiſche Academie die Partei ihres Landsmannes auf eine
ſehr eifrige Weiſe, und erklärte ſich einmüthig für die durch
Cassini gefundene, an den Polen länglichte Geſtalt der Erde, wäh-
rend Newton gegen ſie die frühere Meinung vertheidigte, und die
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/95>, abgerufen am 24.11.2024.
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