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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

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Parallaxen u. Entfernungen d. Gestirne von d. Erde.
ganzen Planetensystems den wichtigsten Einfluß hat, und weil sie,
oder was dasselbe ist, die aus ihr abgeleitete Entfernung der
Sonne von der Erde, gleichsam der Maßstab ist, mit welchem wir
alle übrigen Distanzen der Himmelskörper auszumessen pflegen.
Wir werden daher weiter unten die Leser noch mit einem andern
Mittel bekannt zu machen suchen, diese Parallaxe der Sonne mit
der größten Schärfe zu bestimmen. Uebrigens würde man aus
diesen großen Unterschieden mit Unrecht folgern, daß wir die Ent-
fernungen aller Körper unseres Planetensystems nur sehr unvoll-
kommen kennen, da jene großen Differenzen nur für die von uns
sehr entfernten, nicht aber auch für die näheren Gestirne Statt
haben. Für den Mond z. B. findet man, wenn man die Hori-
zontalparallaxen gleich einem Grad voraussetzt, die Entfernung
desselben gleich 49.236 Meilen. Ist aber die Horizontalparallaxe
desselben gleich 1° 0' 1", so ist die Entfernung gleich 49.223 M.
Sind wir also über die Horizontalparallaxe des Mondes eine
Secunde ungewiß, so heißt dieß, daß wir über die Entfernung
desselben nur über 13 M. oder über den 3800sten Theil der gan-
zen Distanz ungewiß sind. Es ist aber sehr zweifelhaft, ob wir
die Distanz der vorzüglichsten Städte der Erde auf ihren 3800sten
Theil genau kennen und dann darf man allerdings sagen, daß die
Astronomen die Wege am Himmel besser wissen, als unsere Geo-
graphen auf der Erde.

I. Was nun überhaupt unsere Messungen der Winkel zwi-
schen den Gestirnen des Himmels betrifft, so wollen wir bemerken,
daß die Kreise unserer besten neueren Instrumente von zwei zu
zwei Secunden getheilt sind, und daß man in den meisten Fällen,
wenn man mit der gehörigen Umsicht zu Werke geht und die
Beobachtungen unter günstigen Umständen wiederholt, jeden Winkel
bis auf eine Secunde, d. h. also, bis auf den 1.296.000sten Theil
der Peripherie des Kreises genau erhalten kann. Mißt man mit
einem solchen Instrumente den Winkel eines Gegenstandes, der eine
d. Meile oder 22841,8 Par. Fuß von dem Mittelpunkte des In-
struments entfernt ist, und beträgt der Fehler des beobachteten
Winkels eine Secunde, so beträgt dieser Fehler in dem Gegen-
stande selbst einen Fehler von 0,1107 Fuß, um welchen derselbe in
seinem Durchmesser zu klein oder zu groß gefunden würde. Für

Parallaxen u. Entfernungen d. Geſtirne von d. Erde.
ganzen Planetenſyſtems den wichtigſten Einfluß hat, und weil ſie,
oder was daſſelbe iſt, die aus ihr abgeleitete Entfernung der
Sonne von der Erde, gleichſam der Maßſtab iſt, mit welchem wir
alle übrigen Diſtanzen der Himmelskörper auszumeſſen pflegen.
Wir werden daher weiter unten die Leſer noch mit einem andern
Mittel bekannt zu machen ſuchen, dieſe Parallaxe der Sonne mit
der größten Schärfe zu beſtimmen. Uebrigens würde man aus
dieſen großen Unterſchieden mit Unrecht folgern, daß wir die Ent-
fernungen aller Körper unſeres Planetenſyſtems nur ſehr unvoll-
kommen kennen, da jene großen Differenzen nur für die von uns
ſehr entfernten, nicht aber auch für die näheren Geſtirne Statt
haben. Für den Mond z. B. findet man, wenn man die Hori-
zontalparallaxen gleich einem Grad vorausſetzt, die Entfernung
deſſelben gleich 49.236 Meilen. Iſt aber die Horizontalparallaxe
deſſelben gleich 1° 0′ 1″, ſo iſt die Entfernung gleich 49.223 M.
Sind wir alſo über die Horizontalparallaxe des Mondes eine
Secunde ungewiß, ſo heißt dieß, daß wir über die Entfernung
deſſelben nur über 13 M. oder über den 3800ſten Theil der gan-
zen Diſtanz ungewiß ſind. Es iſt aber ſehr zweifelhaft, ob wir
die Diſtanz der vorzüglichſten Städte der Erde auf ihren 3800ſten
Theil genau kennen und dann darf man allerdings ſagen, daß die
Aſtronomen die Wege am Himmel beſſer wiſſen, als unſere Geo-
graphen auf der Erde.

I. Was nun überhaupt unſere Meſſungen der Winkel zwi-
ſchen den Geſtirnen des Himmels betrifft, ſo wollen wir bemerken,
daß die Kreiſe unſerer beſten neueren Inſtrumente von zwei zu
zwei Secunden getheilt ſind, und daß man in den meiſten Fällen,
wenn man mit der gehörigen Umſicht zu Werke geht und die
Beobachtungen unter günſtigen Umſtänden wiederholt, jeden Winkel
bis auf eine Secunde, d. h. alſo, bis auf den 1.296.000ſten Theil
der Peripherie des Kreiſes genau erhalten kann. Mißt man mit
einem ſolchen Inſtrumente den Winkel eines Gegenſtandes, der eine
d. Meile oder 22841,8 Par. Fuß von dem Mittelpunkte des In-
ſtruments entfernt iſt, und beträgt der Fehler des beobachteten
Winkels eine Secunde, ſo beträgt dieſer Fehler in dem Gegen-
ſtande ſelbſt einen Fehler von 0,1107 Fuß, um welchen derſelbe in
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[154/0166] Parallaxen u. Entfernungen d. Geſtirne von d. Erde. ganzen Planetenſyſtems den wichtigſten Einfluß hat, und weil ſie, oder was daſſelbe iſt, die aus ihr abgeleitete Entfernung der Sonne von der Erde, gleichſam der Maßſtab iſt, mit welchem wir alle übrigen Diſtanzen der Himmelskörper auszumeſſen pflegen. Wir werden daher weiter unten die Leſer noch mit einem andern Mittel bekannt zu machen ſuchen, dieſe Parallaxe der Sonne mit der größten Schärfe zu beſtimmen. Uebrigens würde man aus dieſen großen Unterſchieden mit Unrecht folgern, daß wir die Ent- fernungen aller Körper unſeres Planetenſyſtems nur ſehr unvoll- kommen kennen, da jene großen Differenzen nur für die von uns ſehr entfernten, nicht aber auch für die näheren Geſtirne Statt haben. Für den Mond z. B. findet man, wenn man die Hori- zontalparallaxen gleich einem Grad vorausſetzt, die Entfernung deſſelben gleich 49.236 Meilen. Iſt aber die Horizontalparallaxe deſſelben gleich 1° 0′ 1″, ſo iſt die Entfernung gleich 49.223 M. Sind wir alſo über die Horizontalparallaxe des Mondes eine Secunde ungewiß, ſo heißt dieß, daß wir über die Entfernung deſſelben nur über 13 M. oder über den 3800ſten Theil der gan- zen Diſtanz ungewiß ſind. Es iſt aber ſehr zweifelhaft, ob wir die Diſtanz der vorzüglichſten Städte der Erde auf ihren 3800ſten Theil genau kennen und dann darf man allerdings ſagen, daß die Aſtronomen die Wege am Himmel beſſer wiſſen, als unſere Geo- graphen auf der Erde. I. Was nun überhaupt unſere Meſſungen der Winkel zwi- ſchen den Geſtirnen des Himmels betrifft, ſo wollen wir bemerken, daß die Kreiſe unſerer beſten neueren Inſtrumente von zwei zu zwei Secunden getheilt ſind, und daß man in den meiſten Fällen, wenn man mit der gehörigen Umſicht zu Werke geht und die Beobachtungen unter günſtigen Umſtänden wiederholt, jeden Winkel bis auf eine Secunde, d. h. alſo, bis auf den 1.296.000ſten Theil der Peripherie des Kreiſes genau erhalten kann. Mißt man mit einem ſolchen Inſtrumente den Winkel eines Gegenſtandes, der eine d. Meile oder 22841,8 Par. Fuß von dem Mittelpunkte des In- ſtruments entfernt iſt, und beträgt der Fehler des beobachteten Winkels eine Secunde, ſo beträgt dieſer Fehler in dem Gegen- ſtande ſelbſt einen Fehler von 0,1107 Fuß, um welchen derſelbe in ſeinem Durchmeſſer zu klein oder zu groß gefunden würde. Für

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/166>, abgerufen am 24.11.2024.