Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Parallaxen u. Entfernungen d. Gestirne von d. Erde.
und die Horizontalparallaxe 8",58, also ist der wahre Halbmesser
der Sonne 96.246 Meilen, oder nahe 112mal größer als der
Halbmesser der Erde. Da sich nun die Oberfläche der Kugeln
wie die Quadrate, und die körperlichen Inhalte derselben wie die
Würfel ihrer Halbmesser verhalten, so folgt, daß die Oberfläche
der Sonne 12.544mal größer ist, als die der Erde, und daß das
Volumen der Sonne 1.404.928 mal größer ist, als das der Erde,
oder daß man aus der Sonne gegen 11/2 Millionen solcher Ku-
geln, wie unsere Erde ist, bilden könnte.

Wendet man endlich dieselben kleinen Berechnungen auf die
Venus an, deren scheinbarer Halbmesser in ihrer größten Nähe
32",8 und in ihrer größten Entfernung 4",8 ist, so findet man
für den wahren Halbmesser der Venus 815 Meilen, woraus folgt,
daß dieser Planet nur wenig kleiner ist, als unsere Erde.

§. 66. (Genauigkeit der vorhergehenden Bestimmungen.) Die
vorhergehenden Bestimmungen der Entfernung sowohl, als auch
die der absoluten Größe der Gestirne beruhen, wie man sieht, auf
den Winkeln, welche die scheinbaren Halbmesser und die Horizon-
talparallaxe dieser Gestirne ausdrücken. Je genauer diese Winkel
gemessen werden können, desto genauer werden auch im Allgemei-
nen die daraus durch Rechnung abgeleiteten Resultate für die
Entfernung und die Größe der Gestirne seyn. Eine besondere
Sorgfalt wird man aber auf die genaueste Bestimmung der Ho-
rizontalparallaxe vorzüglich in denjenigen Fällen wenden, wo diese
Parallaxe, wie bei der Sonne, selbst nur sehr klein ist. Denn
da, nach dem Vorhergehenden, der Bruch, der die Entfernung
sowohl, als die absolute Größe ausdrückt, zu seinem Nenner diese
Parallaxe hat, so wird der geringste Fehler in der letzten auf die
Entfernung sowohl, als auf den wahren Halbmesser des Gestirns
schon einen sehr ungünstigen Einfluß äußern. Wäre z. B. die
Horizontalparallaxe der Sonne um eine Secunde größer, also
9",58, so würde der wahre Halbmesser derselben 86.200, also über
10.046 Meilen kleiner als früher, und die Entfernung derselben
von der Erde 18.501.000, oder über 2 Millionen Meilen kleiner
als zuvor gefunden werden. Besonders wichtig wird diese Be-
stimmung der Sonnenparallaxe seyn, weil sie, wie wir später se-
hen werden, auf die genaue Kenntniß der Dimensionen unseres

Parallaxen u. Entfernungen d. Geſtirne von d. Erde.
und die Horizontalparallaxe 8″,58, alſo iſt der wahre Halbmeſſer
der Sonne 96.246 Meilen, oder nahe 112mal größer als der
Halbmeſſer der Erde. Da ſich nun die Oberfläche der Kugeln
wie die Quadrate, und die körperlichen Inhalte derſelben wie die
Würfel ihrer Halbmeſſer verhalten, ſo folgt, daß die Oberfläche
der Sonne 12.544mal größer iſt, als die der Erde, und daß das
Volumen der Sonne 1.404.928 mal größer iſt, als das der Erde,
oder daß man aus der Sonne gegen 1½ Millionen ſolcher Ku-
geln, wie unſere Erde iſt, bilden könnte.

Wendet man endlich dieſelben kleinen Berechnungen auf die
Venus an, deren ſcheinbarer Halbmeſſer in ihrer größten Nähe
32″,8 und in ihrer größten Entfernung 4″,8 iſt, ſo findet man
für den wahren Halbmeſſer der Venus 815 Meilen, woraus folgt,
daß dieſer Planet nur wenig kleiner iſt, als unſere Erde.

§. 66. (Genauigkeit der vorhergehenden Beſtimmungen.) Die
vorhergehenden Beſtimmungen der Entfernung ſowohl, als auch
die der abſoluten Größe der Geſtirne beruhen, wie man ſieht, auf
den Winkeln, welche die ſcheinbaren Halbmeſſer und die Horizon-
talparallaxe dieſer Geſtirne ausdrücken. Je genauer dieſe Winkel
gemeſſen werden können, deſto genauer werden auch im Allgemei-
nen die daraus durch Rechnung abgeleiteten Reſultate für die
Entfernung und die Größe der Geſtirne ſeyn. Eine beſondere
Sorgfalt wird man aber auf die genaueſte Beſtimmung der Ho-
rizontalparallaxe vorzüglich in denjenigen Fällen wenden, wo dieſe
Parallaxe, wie bei der Sonne, ſelbſt nur ſehr klein iſt. Denn
da, nach dem Vorhergehenden, der Bruch, der die Entfernung
ſowohl, als die abſolute Größe ausdrückt, zu ſeinem Nenner dieſe
Parallaxe hat, ſo wird der geringſte Fehler in der letzten auf die
Entfernung ſowohl, als auf den wahren Halbmeſſer des Geſtirns
ſchon einen ſehr ungünſtigen Einfluß äußern. Wäre z. B. die
Horizontalparallaxe der Sonne um eine Secunde größer, alſo
9″,58, ſo würde der wahre Halbmeſſer derſelben 86.200, alſo über
10.046 Meilen kleiner als früher, und die Entfernung derſelben
von der Erde 18.501.000, oder über 2 Millionen Meilen kleiner
als zuvor gefunden werden. Beſonders wichtig wird dieſe Be-
ſtimmung der Sonnenparallaxe ſeyn, weil ſie, wie wir ſpäter ſe-
hen werden, auf die genaue Kenntniß der Dimenſionen unſeres

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0165" n="153"/><fw place="top" type="header">Parallaxen u. Entfernungen d. Ge&#x017F;tirne von d. Erde.</fw><lb/>
und die Horizontalparallaxe 8&#x2033;,<hi rendition="#sub">58</hi>, al&#x017F;o i&#x017F;t der wahre Halbme&#x017F;&#x017F;er<lb/>
der Sonne 96.246 Meilen, oder nahe 112mal größer als der<lb/>
Halbme&#x017F;&#x017F;er der Erde. Da &#x017F;ich nun die Oberfläche der Kugeln<lb/>
wie die Quadrate, und die körperlichen Inhalte der&#x017F;elben wie die<lb/>
Würfel ihrer Halbme&#x017F;&#x017F;er verhalten, &#x017F;o folgt, daß die Oberfläche<lb/>
der Sonne 12.544mal größer i&#x017F;t, als die der Erde, und daß das<lb/>
Volumen der Sonne 1.404.928 mal größer i&#x017F;t, als das der Erde,<lb/>
oder daß man aus der Sonne gegen 1½ Millionen &#x017F;olcher Ku-<lb/>
geln, wie un&#x017F;ere Erde i&#x017F;t, bilden könnte.</p><lb/>
          <p>Wendet man endlich die&#x017F;elben kleinen Berechnungen auf die<lb/>
Venus an, deren &#x017F;cheinbarer Halbme&#x017F;&#x017F;er in ihrer größten Nähe<lb/>
32&#x2033;,<hi rendition="#sub">8</hi> und in ihrer größten Entfernung 4&#x2033;,<hi rendition="#sub">8</hi> i&#x017F;t, &#x017F;o findet man<lb/>
für den wahren Halbme&#x017F;&#x017F;er der Venus 815 Meilen, woraus folgt,<lb/>
daß die&#x017F;er Planet nur wenig kleiner i&#x017F;t, als un&#x017F;ere Erde.</p><lb/>
          <p>§. 66. (Genauigkeit der vorhergehenden Be&#x017F;timmungen.) Die<lb/>
vorhergehenden Be&#x017F;timmungen der Entfernung &#x017F;owohl, als auch<lb/>
die der ab&#x017F;oluten Größe der Ge&#x017F;tirne beruhen, wie man &#x017F;ieht, auf<lb/>
den Winkeln, welche die &#x017F;cheinbaren Halbme&#x017F;&#x017F;er und die Horizon-<lb/>
talparallaxe die&#x017F;er Ge&#x017F;tirne ausdrücken. Je genauer die&#x017F;e Winkel<lb/>
geme&#x017F;&#x017F;en werden können, de&#x017F;to genauer werden auch im Allgemei-<lb/>
nen die daraus durch Rechnung abgeleiteten Re&#x017F;ultate für die<lb/>
Entfernung und die Größe der Ge&#x017F;tirne &#x017F;eyn. Eine be&#x017F;ondere<lb/>
Sorgfalt wird man aber auf die genaue&#x017F;te Be&#x017F;timmung der Ho-<lb/>
rizontalparallaxe vorzüglich in denjenigen Fällen wenden, wo die&#x017F;e<lb/>
Parallaxe, wie bei der Sonne, &#x017F;elb&#x017F;t nur &#x017F;ehr klein i&#x017F;t. Denn<lb/>
da, nach dem Vorhergehenden, der Bruch, der die Entfernung<lb/>
&#x017F;owohl, als die ab&#x017F;olute Größe ausdrückt, zu &#x017F;einem Nenner die&#x017F;e<lb/>
Parallaxe hat, &#x017F;o wird der gering&#x017F;te Fehler in der letzten auf die<lb/>
Entfernung &#x017F;owohl, als auf den wahren Halbme&#x017F;&#x017F;er des Ge&#x017F;tirns<lb/>
&#x017F;chon einen &#x017F;ehr ungün&#x017F;tigen Einfluß äußern. Wäre z. B. die<lb/>
Horizontalparallaxe der Sonne um eine Secunde größer, al&#x017F;o<lb/>
9&#x2033;,<hi rendition="#sub">58</hi>, &#x017F;o würde der wahre Halbme&#x017F;&#x017F;er der&#x017F;elben 86.200, al&#x017F;o über<lb/>
10.046 Meilen kleiner als früher, und die Entfernung der&#x017F;elben<lb/>
von der Erde 18.501.000, oder über 2 Millionen Meilen kleiner<lb/>
als zuvor gefunden werden. Be&#x017F;onders wichtig wird die&#x017F;e Be-<lb/>
&#x017F;timmung der Sonnenparallaxe &#x017F;eyn, weil &#x017F;ie, wie wir &#x017F;päter &#x017F;e-<lb/>
hen werden, auf die genaue Kenntniß der Dimen&#x017F;ionen un&#x017F;eres<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0165] Parallaxen u. Entfernungen d. Geſtirne von d. Erde. und die Horizontalparallaxe 8″,58, alſo iſt der wahre Halbmeſſer der Sonne 96.246 Meilen, oder nahe 112mal größer als der Halbmeſſer der Erde. Da ſich nun die Oberfläche der Kugeln wie die Quadrate, und die körperlichen Inhalte derſelben wie die Würfel ihrer Halbmeſſer verhalten, ſo folgt, daß die Oberfläche der Sonne 12.544mal größer iſt, als die der Erde, und daß das Volumen der Sonne 1.404.928 mal größer iſt, als das der Erde, oder daß man aus der Sonne gegen 1½ Millionen ſolcher Ku- geln, wie unſere Erde iſt, bilden könnte. Wendet man endlich dieſelben kleinen Berechnungen auf die Venus an, deren ſcheinbarer Halbmeſſer in ihrer größten Nähe 32″,8 und in ihrer größten Entfernung 4″,8 iſt, ſo findet man für den wahren Halbmeſſer der Venus 815 Meilen, woraus folgt, daß dieſer Planet nur wenig kleiner iſt, als unſere Erde. §. 66. (Genauigkeit der vorhergehenden Beſtimmungen.) Die vorhergehenden Beſtimmungen der Entfernung ſowohl, als auch die der abſoluten Größe der Geſtirne beruhen, wie man ſieht, auf den Winkeln, welche die ſcheinbaren Halbmeſſer und die Horizon- talparallaxe dieſer Geſtirne ausdrücken. Je genauer dieſe Winkel gemeſſen werden können, deſto genauer werden auch im Allgemei- nen die daraus durch Rechnung abgeleiteten Reſultate für die Entfernung und die Größe der Geſtirne ſeyn. Eine beſondere Sorgfalt wird man aber auf die genaueſte Beſtimmung der Ho- rizontalparallaxe vorzüglich in denjenigen Fällen wenden, wo dieſe Parallaxe, wie bei der Sonne, ſelbſt nur ſehr klein iſt. Denn da, nach dem Vorhergehenden, der Bruch, der die Entfernung ſowohl, als die abſolute Größe ausdrückt, zu ſeinem Nenner dieſe Parallaxe hat, ſo wird der geringſte Fehler in der letzten auf die Entfernung ſowohl, als auf den wahren Halbmeſſer des Geſtirns ſchon einen ſehr ungünſtigen Einfluß äußern. Wäre z. B. die Horizontalparallaxe der Sonne um eine Secunde größer, alſo 9″,58, ſo würde der wahre Halbmeſſer derſelben 86.200, alſo über 10.046 Meilen kleiner als früher, und die Entfernung derſelben von der Erde 18.501.000, oder über 2 Millionen Meilen kleiner als zuvor gefunden werden. Beſonders wichtig wird dieſe Be- ſtimmung der Sonnenparallaxe ſeyn, weil ſie, wie wir ſpäter ſe- hen werden, auf die genaue Kenntniß der Dimenſionen unſeres

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/165
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/165>, abgerufen am 25.04.2024.