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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

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Parallaxen u. Entfernungen d. Gestirne von d. Erde.
Parallaxe des Mondes (§. 61) zu finden, man dadurch auch schon
die Entfernung desselben von dem Mittelpunkte der Erde gefunden
hat. Da man nämlich in dem bei A rechtwinkeligen Dreiecke
ACL (Fig. 11) den Winkel ALC oder die Parallaxe des Mondes
und die Seite AC oder den Halbmesser der Erde kennt, der (nach
§. 4) 859,3 d. Meilen beträgt, so wird man nur das Dreieck ACL
nach den bekannten Vorschriften der ebenen Trigonometrie, oder
auch nach dem oben (§. 49. I) vorgetragenen graphischen Verfah-
ren auflösen, um daraus die gesuchte Entfernung LC des Mondes
von dem Mittelpunkte der Erde zu finden. Die erwähnten Be-
obachtungen gaben den Winkel ALC oder die Horizontalparallaxe
des Mondes nahe gleich einem Grade, woraus daher folgt, daß
die Entfernung LC desselben von dem Mittelpunkte der Erde
49.236 Meilen beträgt. Man sieht, daß dieß ganz dasselbe Ver-
fahren mit dem in §. 62. I. vorgetragenen ist, wenn nämlich in
dem Dreiecke BCD (Fig. 6) B den Mittelpunkt, BD den Halb-
messer der Erde, D den Beobachter und C das Gestirn, also der
Winkel BCD = 90 -- CBD die Horizontalparallaxe des Gestirns
bezeichnet.

§. 64. (Wie die Parallaxe durch Beobachtungen bestimmt wird.)
Es wird aber leicht seyn, sich mehrere Arten von Beobachtungen
vorzustellen, durch die man die Parallaxe des Mondes finden kann.
Sucht man z. B. denjenigen Ort A' der Oberfläche der Erde, der
den Mond L' in demselben Augenblicke in seinem Zenithe (Einl. §. 8),
das heißt, in der Verlängerung seines Erdhalbmessers CA' siebt,
während ein anderer Ort A den Mond in seinem Horizonte AL
erblickt, so werden sich zwei Beobachter, die sich zu diesem Zwecke
verabredet haben, nach den Punkten A und A' begeben. Mißt
dann jeder von ihnen in dem entsprechenden Augenblicke die Di-
stanz Ma und Mc des Mondes von irgend einem benachbarten
Fixsterne M, so wird die Differenz ac dieser scheinbaren Distanzen
die gesuchte Horizontalparallaxe des Mondes seyn.

Da es vielleicht schwer seyn würde, diese beiden Orte der
Erde mit der hier nöthigen Genauigkeit auszuwählen, und da
überhaupt alle Beobachtungen der Gestirne in der Nähe des Ho-
rizonts sehr unsicher sind, wovon wir die Ursache später sehen wer-
den, so wollen wir die Parallaxe der Gestirne noch auf eine an-

Parallaxen u. Entfernungen d. Geſtirne von d. Erde.
Parallaxe des Mondes (§. 61) zu finden, man dadurch auch ſchon
die Entfernung deſſelben von dem Mittelpunkte der Erde gefunden
hat. Da man nämlich in dem bei A rechtwinkeligen Dreiecke
ACL (Fig. 11) den Winkel ALC oder die Parallaxe des Mondes
und die Seite AC oder den Halbmeſſer der Erde kennt, der (nach
§. 4) 859,3 d. Meilen beträgt, ſo wird man nur das Dreieck ACL
nach den bekannten Vorſchriften der ebenen Trigonometrie, oder
auch nach dem oben (§. 49. I) vorgetragenen graphiſchen Verfah-
ren auflöſen, um daraus die geſuchte Entfernung LC des Mondes
von dem Mittelpunkte der Erde zu finden. Die erwähnten Be-
obachtungen gaben den Winkel ALC oder die Horizontalparallaxe
des Mondes nahe gleich einem Grade, woraus daher folgt, daß
die Entfernung LC deſſelben von dem Mittelpunkte der Erde
49.236 Meilen beträgt. Man ſieht, daß dieß ganz daſſelbe Ver-
fahren mit dem in §. 62. I. vorgetragenen iſt, wenn nämlich in
dem Dreiecke BCD (Fig. 6) B den Mittelpunkt, BD den Halb-
meſſer der Erde, D den Beobachter und C das Geſtirn, alſo der
Winkel BCD = 90 — CBD die Horizontalparallaxe des Geſtirns
bezeichnet.

§. 64. (Wie die Parallaxe durch Beobachtungen beſtimmt wird.)
Es wird aber leicht ſeyn, ſich mehrere Arten von Beobachtungen
vorzuſtellen, durch die man die Parallaxe des Mondes finden kann.
Sucht man z. B. denjenigen Ort A' der Oberfläche der Erde, der
den Mond L' in demſelben Augenblicke in ſeinem Zenithe (Einl. §. 8),
das heißt, in der Verlängerung ſeines Erdhalbmeſſers CA' ſiebt,
während ein anderer Ort A den Mond in ſeinem Horizonte AL
erblickt, ſo werden ſich zwei Beobachter, die ſich zu dieſem Zwecke
verabredet haben, nach den Punkten A und A' begeben. Mißt
dann jeder von ihnen in dem entſprechenden Augenblicke die Di-
ſtanz Ma und Mc des Mondes von irgend einem benachbarten
Fixſterne M, ſo wird die Differenz ac dieſer ſcheinbaren Diſtanzen
die geſuchte Horizontalparallaxe des Mondes ſeyn.

Da es vielleicht ſchwer ſeyn würde, dieſe beiden Orte der
Erde mit der hier nöthigen Genauigkeit auszuwählen, und da
überhaupt alle Beobachtungen der Geſtirne in der Nähe des Ho-
rizonts ſehr unſicher ſind, wovon wir die Urſache ſpäter ſehen wer-
den, ſo wollen wir die Parallaxe der Geſtirne noch auf eine an-

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[148/0160] Parallaxen u. Entfernungen d. Geſtirne von d. Erde. Parallaxe des Mondes (§. 61) zu finden, man dadurch auch ſchon die Entfernung deſſelben von dem Mittelpunkte der Erde gefunden hat. Da man nämlich in dem bei A rechtwinkeligen Dreiecke ACL (Fig. 11) den Winkel ALC oder die Parallaxe des Mondes und die Seite AC oder den Halbmeſſer der Erde kennt, der (nach §. 4) 859,3 d. Meilen beträgt, ſo wird man nur das Dreieck ACL nach den bekannten Vorſchriften der ebenen Trigonometrie, oder auch nach dem oben (§. 49. I) vorgetragenen graphiſchen Verfah- ren auflöſen, um daraus die geſuchte Entfernung LC des Mondes von dem Mittelpunkte der Erde zu finden. Die erwähnten Be- obachtungen gaben den Winkel ALC oder die Horizontalparallaxe des Mondes nahe gleich einem Grade, woraus daher folgt, daß die Entfernung LC deſſelben von dem Mittelpunkte der Erde 49.236 Meilen beträgt. Man ſieht, daß dieß ganz daſſelbe Ver- fahren mit dem in §. 62. I. vorgetragenen iſt, wenn nämlich in dem Dreiecke BCD (Fig. 6) B den Mittelpunkt, BD den Halb- meſſer der Erde, D den Beobachter und C das Geſtirn, alſo der Winkel BCD = 90 — CBD die Horizontalparallaxe des Geſtirns bezeichnet. §. 64. (Wie die Parallaxe durch Beobachtungen beſtimmt wird.) Es wird aber leicht ſeyn, ſich mehrere Arten von Beobachtungen vorzuſtellen, durch die man die Parallaxe des Mondes finden kann. Sucht man z. B. denjenigen Ort A' der Oberfläche der Erde, der den Mond L' in demſelben Augenblicke in ſeinem Zenithe (Einl. §. 8), das heißt, in der Verlängerung ſeines Erdhalbmeſſers CA' ſiebt, während ein anderer Ort A den Mond in ſeinem Horizonte AL erblickt, ſo werden ſich zwei Beobachter, die ſich zu dieſem Zwecke verabredet haben, nach den Punkten A und A' begeben. Mißt dann jeder von ihnen in dem entſprechenden Augenblicke die Di- ſtanz Ma und Mc des Mondes von irgend einem benachbarten Fixſterne M, ſo wird die Differenz ac dieſer ſcheinbaren Diſtanzen die geſuchte Horizontalparallaxe des Mondes ſeyn. Da es vielleicht ſchwer ſeyn würde, dieſe beiden Orte der Erde mit der hier nöthigen Genauigkeit auszuwählen, und da überhaupt alle Beobachtungen der Geſtirne in der Nähe des Ho- rizonts ſehr unſicher ſind, wovon wir die Urſache ſpäter ſehen wer- den, ſo wollen wir die Parallaxe der Geſtirne noch auf eine an-

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/160>, abgerufen am 19.04.2024.