Gesetzen des Empfangsstaates unter gleichzeitiger Gebundenheit durch die Gesetze des Absendestaates.
3. Die Unbetretbarkeit der Wohnung (franchise de l'hotel) und damit die Unantastbarkeit aller in Haus und Hof befindlichen Gegenstände. Vor zwei nahe liegenden Irrtümern ist jedoch zu warnen. Die Hotelfreiheit schliesst kein Asylrecht in sich. Flüchtet sich ein Verbrecher in das Gesandtschaftshotel, so ist der Gesandte zur Auslieferung, auch ohne Bestehen eines Auslieferungsvertrages, verpflichtet. Sie schliesst auch nicht die Fiktion in sich, als wäre das Haus des Gesandten als Territorium des Absendestaates zu be- trachten. Wird in dem Berliner Hotel des englischen Gesandten ein Engländer von einem andern Engländer ermordet, so ist die That auf deutschem Staatsgebiet begangen und von den deutschen Gerichten abzuurteilen.
Früher war die Unbetretbarkeit vielfach auf das ganze Stadt- viertel ausgedehnt worden, in dem das Haus des Gesandten lag (jus quarteriorum oder franchise des quartiers). Damit war zugleich das Asylrecht gegeben.
4. Die Befreiung von allen persönlichen Steuern und Abgaben (Vermögenssteuer, Einkommensteuer); nicht aber von Grundsteuern, indirekten Steuern, Zollabgaben. Doch sind hier durch besondere Vereinbarungen vielfach weitergehende Vorrechte eingeräumt.
Vgl. Deutsches Reichsgesetz vom 25. Juni 1868 (R. G. Bl. S. 523), betreffend die Quartierleistung für die bewaffnete Macht während des Friedenszustandes, § 4 Ziffer 2: Befreit sind: "Die Wohnungen der Gesandten und des Gesandtschaftspersonals fremder Mächte; ferner, in Voraussetzung der Gegenseitigkeit, die Woh- nungen der Berufskonsuln fremder Mächte, sofern sie Angehörige des entsendenden Staates sind und in ihrem Wohnort kein Ge- werbe betreiben oder keine Grundstücke besitzen."
Das Deutsche Reichsgesetz vom 13. Februar 1875 über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden (R. G. Bl. S. 52), § 3: Von der Vorspannleistung sind befreit: 2. "Die Gesandten und das Gesandtschaftspersonal fremder Mächte." § 5 Abs. 3: Diese
§ 14. Die Gesandten insbesondere.
Gesetzen des Empfangsstaates unter gleichzeitiger Gebundenheit durch die Gesetze des Absendestaates.
3. Die Unbetretbarkeit der Wohnung (franchise de l’hôtel) und damit die Unantastbarkeit aller in Haus und Hof befindlichen Gegenstände. Vor zwei nahe liegenden Irrtümern ist jedoch zu warnen. Die Hotelfreiheit schlieſst kein Asylrecht in sich. Flüchtet sich ein Verbrecher in das Gesandtschaftshotel, so ist der Gesandte zur Auslieferung, auch ohne Bestehen eines Auslieferungsvertrages, verpflichtet. Sie schlieſst auch nicht die Fiktion in sich, als wäre das Haus des Gesandten als Territorium des Absendestaates zu be- trachten. Wird in dem Berliner Hotel des englischen Gesandten ein Engländer von einem andern Engländer ermordet, so ist die That auf deutschem Staatsgebiet begangen und von den deutschen Gerichten abzuurteilen.
Früher war die Unbetretbarkeit vielfach auf das ganze Stadt- viertel ausgedehnt worden, in dem das Haus des Gesandten lag (jus quarteriorum oder franchise des quartiers). Damit war zugleich das Asylrecht gegeben.
4. Die Befreiung von allen persönlichen Steuern und Abgaben (Vermögenssteuer, Einkommensteuer); nicht aber von Grundsteuern, indirekten Steuern, Zollabgaben. Doch sind hier durch besondere Vereinbarungen vielfach weitergehende Vorrechte eingeräumt.
Vgl. Deutsches Reichsgesetz vom 25. Juni 1868 (R. G. Bl. S. 523), betreffend die Quartierleistung für die bewaffnete Macht während des Friedenszustandes, § 4 Ziffer 2: Befreit sind: „Die Wohnungen der Gesandten und des Gesandtschaftspersonals fremder Mächte; ferner, in Voraussetzung der Gegenseitigkeit, die Woh- nungen der Berufskonsuln fremder Mächte, sofern sie Angehörige des entsendenden Staates sind und in ihrem Wohnort kein Ge- werbe betreiben oder keine Grundstücke besitzen.“
Das Deutsche Reichsgesetz vom 13. Februar 1875 über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden (R. G. Bl. S. 52), § 3: Von der Vorspannleistung sind befreit: 2. „Die Gesandten und das Gesandtschaftspersonal fremder Mächte.“ § 5 Abs. 3: Diese
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§ 14. Die Gesandten insbesondere.
Gesetzen des Empfangsstaates unter gleichzeitiger Gebundenheit
durch die Gesetze des Absendestaates.
3. Die Unbetretbarkeit der Wohnung (franchise de l’hôtel) und
damit die Unantastbarkeit aller in Haus und Hof befindlichen
Gegenstände. Vor zwei nahe liegenden Irrtümern ist jedoch zu
warnen. Die Hotelfreiheit schlieſst kein Asylrecht in sich. Flüchtet
sich ein Verbrecher in das Gesandtschaftshotel, so ist der Gesandte
zur Auslieferung, auch ohne Bestehen eines Auslieferungsvertrages,
verpflichtet. Sie schlieſst auch nicht die Fiktion in sich, als wäre
das Haus des Gesandten als Territorium des Absendestaates zu be-
trachten. Wird in dem Berliner Hotel des englischen Gesandten
ein Engländer von einem andern Engländer ermordet, so ist die
That auf deutschem Staatsgebiet begangen und von den deutschen
Gerichten abzuurteilen.
Früher war die Unbetretbarkeit vielfach auf das ganze Stadt-
viertel ausgedehnt worden, in dem das Haus des Gesandten lag
(jus quarteriorum oder franchise des quartiers). Damit war zugleich
das Asylrecht gegeben.
4. Die Befreiung von allen persönlichen Steuern und Abgaben
(Vermögenssteuer, Einkommensteuer); nicht aber von Grundsteuern,
indirekten Steuern, Zollabgaben. Doch sind hier durch besondere
Vereinbarungen vielfach weitergehende Vorrechte eingeräumt.
Vgl. Deutsches Reichsgesetz vom 25. Juni 1868 (R. G. Bl.
S. 523), betreffend die Quartierleistung für die bewaffnete Macht
während des Friedenszustandes, § 4 Ziffer 2: Befreit sind: „Die
Wohnungen der Gesandten und des Gesandtschaftspersonals fremder
Mächte; ferner, in Voraussetzung der Gegenseitigkeit, die Woh-
nungen der Berufskonsuln fremder Mächte, sofern sie Angehörige
des entsendenden Staates sind und in ihrem Wohnort kein Ge-
werbe betreiben oder keine Grundstücke besitzen.“
Das Deutsche Reichsgesetz vom 13. Februar 1875 über die
Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden (R. G. Bl.
S. 52), § 3: Von der Vorspannleistung sind befreit: 2. „Die Gesandten
und das Gesandtschaftspersonal fremder Mächte.“ § 5 Abs. 3: Diese
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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/101>, abgerufen am 06.07.2024.
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