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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Drittes Buch. Delikte gegen "uneigentliche" Rechtsgüter.
wenn die Anzeige, obwohl nicht von den zunächst Ver-
pflichteten
, doch rechtzeitig gemacht worden ist: ein ganz
singulärer Strafaufhebungsgrund.

Ueber die in den §§. 67 und 69 desselben Gesetzes ent-
haltenen Amtsdelikte vgl. unten §. 93 II. 3 a. Eine be-
sondere Bestimmung über die Verwendung der Geld-
strafen
(vgl. oben §. 47 III) enthält §. 70 des Gesetzes.

2. Die vorsätzliche Veränderung oder Unter-
drückung des Personenstandes eines anderen
1 (nicht
also des Thäters selbst); insbesondere die Unterschiebung
oder vorsätzliche Verwechslung eines Kindes
(StGB.
§. 169).2 Absicht, Andere zu schädigen, ist, da es sich um ein
uneigentliches Rechtsgut handelt, nicht erforderlich; wohl aber
die, wenn auch nicht dauernde, Herbeiführung eines Zustandes,
die Begründung eines status, als der Basis der rechtlichen
Stellung des Individuums, so daß also das einmalige, nur
für den konkreten Fall erfolgende Sich-Ausgeben für einen
Anderen nicht hieher gehört.

Strafe: Gefängnis bis zu 3 Jahren; wenn in gewinn-
süchtiger Absicht (Absicht, sich oder einem Anderen einen rechts-
widrigen Vermögensvorteil zu verschaffen)3 begangen, Zucht-
haus bis zu 10 Jahren. Versuch strafbar.

II. Strafrechtlicher Schutz der Ehe.

1. Der Ehebetrug (StGB. §. 170), begangen durch
arglistige4 Verschweigung eines gesetzlichen Ehehindernisses bei

1 [Spaltenumbruch] Auch eines Verstorbenen.
Darin liegt zugleich ein sicherer
Beweis, daß die Richtung gegen
Rechtsgüter Einzelner das
Wesen dieses Deliktes nicht er-
schöpft: denn der Verstorbene
ist nicht mehr Rechtssubjekt.
2 [Spaltenumbruch] Lit. bei Meyer S. 540
Note 1.
3 [Spaltenumbruch] Ueber die hier in Frage
kommenden Begriffe siehe oben
§. 73 I 3.
4 [Spaltenumbruch] Begriff der Arglist oben
§. 73 I 2.

Drittes Buch. Delikte gegen „uneigentliche“ Rechtsgüter.
wenn die Anzeige, obwohl nicht von den zunächſt Ver-
pflichteten
, doch rechtzeitig gemacht worden iſt: ein ganz
ſingulärer Strafaufhebungsgrund.

Ueber die in den §§. 67 und 69 desſelben Geſetzes ent-
haltenen Amtsdelikte vgl. unten §. 93 II. 3 a. Eine be-
ſondere Beſtimmung über die Verwendung der Geld-
ſtrafen
(vgl. oben §. 47 III) enthält §. 70 des Geſetzes.

2. Die vorſätzliche Veränderung oder Unter-
drückung des Perſonenſtandes eines anderen
1 (nicht
alſo des Thäters ſelbſt); insbeſondere die Unterſchiebung
oder vorſätzliche Verwechslung eines Kindes
(StGB.
§. 169).2 Abſicht, Andere zu ſchädigen, iſt, da es ſich um ein
uneigentliches Rechtsgut handelt, nicht erforderlich; wohl aber
die, wenn auch nicht dauernde, Herbeiführung eines Zuſtandes,
die Begründung eines status, als der Baſis der rechtlichen
Stellung des Individuums, ſo daß alſo das einmalige, nur
für den konkreten Fall erfolgende Sich-Ausgeben für einen
Anderen nicht hieher gehört.

Strafe: Gefängnis bis zu 3 Jahren; wenn in gewinn-
ſüchtiger Abſicht (Abſicht, ſich oder einem Anderen einen rechts-
widrigen Vermögensvorteil zu verſchaffen)3 begangen, Zucht-
haus bis zu 10 Jahren. Verſuch ſtrafbar.

II. Strafrechtlicher Schutz der Ehe.

1. Der Ehebetrug (StGB. §. 170), begangen durch
argliſtige4 Verſchweigung eines geſetzlichen Ehehinderniſſes bei

1 [Spaltenumbruch] Auch eines Verſtorbenen.
Darin liegt zugleich ein ſicherer
Beweis, daß die Richtung gegen
Rechtsgüter Einzelner das
Weſen dieſes Deliktes nicht er-
ſchöpft: denn der Verſtorbene
iſt nicht mehr Rechtsſubjekt.
2 [Spaltenumbruch] Lit. bei Meyer S. 540
Note 1.
3 [Spaltenumbruch] Ueber die hier in Frage
kommenden Begriffe ſiehe oben
§. 73 I 3.
4 [Spaltenumbruch] Begriff der Argliſt oben
§. 73 I 2.
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[368/0394] Drittes Buch. Delikte gegen „uneigentliche“ Rechtsgüter. wenn die Anzeige, obwohl nicht von den zunächſt Ver- pflichteten, doch rechtzeitig gemacht worden iſt: ein ganz ſingulärer Strafaufhebungsgrund. Ueber die in den §§. 67 und 69 desſelben Geſetzes ent- haltenen Amtsdelikte vgl. unten §. 93 II. 3 a. Eine be- ſondere Beſtimmung über die Verwendung der Geld- ſtrafen (vgl. oben §. 47 III) enthält §. 70 des Geſetzes. 2. Die vorſätzliche Veränderung oder Unter- drückung des Perſonenſtandes eines anderen 1 (nicht alſo des Thäters ſelbſt); insbeſondere die Unterſchiebung oder vorſätzliche Verwechslung eines Kindes (StGB. §. 169). 2 Abſicht, Andere zu ſchädigen, iſt, da es ſich um ein uneigentliches Rechtsgut handelt, nicht erforderlich; wohl aber die, wenn auch nicht dauernde, Herbeiführung eines Zuſtandes, die Begründung eines status, als der Baſis der rechtlichen Stellung des Individuums, ſo daß alſo das einmalige, nur für den konkreten Fall erfolgende Sich-Ausgeben für einen Anderen nicht hieher gehört. Strafe: Gefängnis bis zu 3 Jahren; wenn in gewinn- ſüchtiger Abſicht (Abſicht, ſich oder einem Anderen einen rechts- widrigen Vermögensvorteil zu verſchaffen) 3 begangen, Zucht- haus bis zu 10 Jahren. Verſuch ſtrafbar. II. Strafrechtlicher Schutz der Ehe. 1. Der Ehebetrug (StGB. §. 170), begangen durch argliſtige 4 Verſchweigung eines geſetzlichen Ehehinderniſſes bei 1 Auch eines Verſtorbenen. Darin liegt zugleich ein ſicherer Beweis, daß die Richtung gegen Rechtsgüter Einzelner das Weſen dieſes Deliktes nicht er- ſchöpft: denn der Verſtorbene iſt nicht mehr Rechtsſubjekt. 2 Lit. bei Meyer S. 540 Note 1. 3 Ueber die hier in Frage kommenden Begriffe ſiehe oben §. 73 I 3. 4 Begriff der Argliſt oben §. 73 I 2.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/394>, abgerufen am 22.11.2024.