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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Der Diebstahl. §. 64.
positive Recht hat aber den Zeitpunkt der Vollendung zurück-
geschoben (vgl. oben §. 32 I 2); Diebstahl ist demnach (StGB.
§. 242): Wegnahme einer fremden beweglichen
Sache in der Absicht rechtswidriger Aneignung
.

2. Objekt ist eine bewegliche oder beweglich gemachte
Sache, mag diese auch keinen Tauschwert haben; und zwar
eine fremde, d. h. in dem Eigentume eines Anderen
stehende Sache. An Sachen, die in niemandes Eigentum
stehen, an herrenlosen, derelinquierten usw. Sachen ist Dieb-
stahl nicht möglich, mag auch ein ausschließliches Okkupations-
recht auf dieselben vorhanden sein; wohl aber an Wild im
eingefriedeten Gehege, Fischen in Privatteichen, an den der
Leiche in's Grab mitgegebenen Gegenständen (wenn sie nicht
als derelinquierte zu betrachten sind) usw. Diebstahl wird
unmöglich, wenn der Eigentümer das Eigentum ganz auf-
giebt oder dem Thäter überträgt; dagegen schließt die Ein-
willigung des Eigentümers in die Wegnahme der Sache
den Diebstahlsbegriff nicht aus. Der Eigentümer selbst kann
sich des Diebstahls an der eigenen Sache nicht schuldig
machen, wohl aber der Miteigentümer an der ihm nicht
ausschließlich gehörenden.

3. Die Handlung besteht in dem Wegnehmen, d. h.
in dem Brechen des fremden und der Begründung des
eigenen Gewahrsams. Gewahrsam (nicht gleich Besitz im
civilrechtlichen Sinne) bedeutet aber die Möglichkeit über die
Sache thatsächlich zu verfügen, verbunden mit dem Willen
diese Möglichkeit aufrecht zu erhalten.2 Diebstahl kann dem-
nach nicht begangen werden an Sachen, die in keines
Menschen Gewahrsam stehen, wie an vom Hochwasser fort-

2 [Spaltenumbruch] Vgl. RGR. 24. Mai 1880,
E II 65, R I 818 (bedenkliche[Spaltenumbruch] Anwendung des richtigen Satzes).
von Liszt, Strafrecht. 17

Der Diebſtahl. §. 64.
poſitive Recht hat aber den Zeitpunkt der Vollendung zurück-
geſchoben (vgl. oben §. 32 I 2); Diebſtahl iſt demnach (StGB.
§. 242): Wegnahme einer fremden beweglichen
Sache in der Abſicht rechtswidriger Aneignung
.

2. Objekt iſt eine bewegliche oder beweglich gemachte
Sache, mag dieſe auch keinen Tauſchwert haben; und zwar
eine fremde, d. h. in dem Eigentume eines Anderen
ſtehende Sache. An Sachen, die in niemandes Eigentum
ſtehen, an herrenloſen, derelinquierten uſw. Sachen iſt Dieb-
ſtahl nicht möglich, mag auch ein ausſchließliches Okkupations-
recht auf dieſelben vorhanden ſein; wohl aber an Wild im
eingefriedeten Gehege, Fiſchen in Privatteichen, an den der
Leiche in’s Grab mitgegebenen Gegenſtänden (wenn ſie nicht
als derelinquierte zu betrachten ſind) uſw. Diebſtahl wird
unmöglich, wenn der Eigentümer das Eigentum ganz auf-
giebt oder dem Thäter überträgt; dagegen ſchließt die Ein-
willigung des Eigentümers in die Wegnahme der Sache
den Diebſtahlsbegriff nicht aus. Der Eigentümer ſelbſt kann
ſich des Diebſtahls an der eigenen Sache nicht ſchuldig
machen, wohl aber der Miteigentümer an der ihm nicht
ausſchließlich gehörenden.

3. Die Handlung beſteht in dem Wegnehmen, d. h.
in dem Brechen des fremden und der Begründung des
eigenen Gewahrſams. Gewahrſam (nicht gleich Beſitz im
civilrechtlichen Sinne) bedeutet aber die Möglichkeit über die
Sache thatſächlich zu verfügen, verbunden mit dem Willen
dieſe Möglichkeit aufrecht zu erhalten.2 Diebſtahl kann dem-
nach nicht begangen werden an Sachen, die in keines
Menſchen Gewahrſam ſtehen, wie an vom Hochwaſſer fort-

2 [Spaltenumbruch] Vgl. RGR. 24. Mai 1880,
E II 65, R I 818 (bedenkliche[Spaltenumbruch] Anwendung des richtigen Satzes).
von Liszt, Strafrecht. 17
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[257/0283] Der Diebſtahl. §. 64. poſitive Recht hat aber den Zeitpunkt der Vollendung zurück- geſchoben (vgl. oben §. 32 I 2); Diebſtahl iſt demnach (StGB. §. 242): Wegnahme einer fremden beweglichen Sache in der Abſicht rechtswidriger Aneignung. 2. Objekt iſt eine bewegliche oder beweglich gemachte Sache, mag dieſe auch keinen Tauſchwert haben; und zwar eine fremde, d. h. in dem Eigentume eines Anderen ſtehende Sache. An Sachen, die in niemandes Eigentum ſtehen, an herrenloſen, derelinquierten uſw. Sachen iſt Dieb- ſtahl nicht möglich, mag auch ein ausſchließliches Okkupations- recht auf dieſelben vorhanden ſein; wohl aber an Wild im eingefriedeten Gehege, Fiſchen in Privatteichen, an den der Leiche in’s Grab mitgegebenen Gegenſtänden (wenn ſie nicht als derelinquierte zu betrachten ſind) uſw. Diebſtahl wird unmöglich, wenn der Eigentümer das Eigentum ganz auf- giebt oder dem Thäter überträgt; dagegen ſchließt die Ein- willigung des Eigentümers in die Wegnahme der Sache den Diebſtahlsbegriff nicht aus. Der Eigentümer ſelbſt kann ſich des Diebſtahls an der eigenen Sache nicht ſchuldig machen, wohl aber der Miteigentümer an der ihm nicht ausſchließlich gehörenden. 3. Die Handlung beſteht in dem Wegnehmen, d. h. in dem Brechen des fremden und der Begründung des eigenen Gewahrſams. Gewahrſam (nicht gleich Beſitz im civilrechtlichen Sinne) bedeutet aber die Möglichkeit über die Sache thatſächlich zu verfügen, verbunden mit dem Willen dieſe Möglichkeit aufrecht zu erhalten. 2 Diebſtahl kann dem- nach nicht begangen werden an Sachen, die in keines Menſchen Gewahrſam ſtehen, wie an vom Hochwaſſer fort- 2 Vgl. RGR. 24. Mai 1880, E II 65, R I 818 (bedenkliche Anwendung des richtigen Satzes). von Liszt, Strafrecht. 17

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/283>, abgerufen am 28.11.2024.