Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.Erstes Buch. VIII. Verbrechens-Einheit u. -Mehrheit. II. Zunächst ist derjenige Verbrechensthatbestand a) Die besondere Bestimmung -- lex specialis -- b) Wenn das positive Recht die Möglichkeit einer mehr- 1 [Spaltenumbruch]
In §. 147 ist die Gew.- Ordg., in §. 148 sind die Steuer- gesetze als lex specialis be- zeichnet. 2 [Spaltenumbruch]
Branntweinsteuergesetz vom
8. Juli 1868 §. 67; Spielkarten- stempelgesetz vom 3. Juli 1878 §. 12 Abs. 2. Erſtes Buch. VIII. Verbrechens-Einheit u. -Mehrheit. II. Zunächſt iſt derjenige Verbrechensthatbeſtand a) Die beſondere Beſtimmung — lex specialis — b) Wenn das poſitive Recht die Möglichkeit einer mehr- 1 [Spaltenumbruch]
In §. 147 iſt die Gew.- Ordg., in §. 148 ſind die Steuer- geſetze als lex specialis be- zeichnet. 2 [Spaltenumbruch]
Branntweinſteuergeſetz vom
8. Juli 1868 §. 67; Spielkarten- ſtempelgeſetz vom 3. Juli 1878 §. 12 Abſ. 2. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0190" n="164"/> <fw place="top" type="header">Erſtes Buch. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Verbrechens-Einheit u. -Mehrheit.</fw><lb/> <p><hi rendition="#aq">II.</hi> Zunächſt iſt <hi rendition="#g">derjenige Verbrechensthatbeſtand<lb/> als gegeben anzunehmen, der den konkreten Fall<lb/> am erſchöpfendſten berückſichtigt</hi>. Es ſind bei dieſer<lb/> Prüfung die verſchiedenen Strafgeſetze in ihrem Verhältniſſe<lb/> zu der übertretenen <hi rendition="#g">Norm</hi>, die verſchiedenen Normen in<lb/> ihrem Verhältniſſe zu dem durch ſie zu ſchützenden <hi rendition="#g">Rechts-<lb/> gute</hi> ins Auge zu faſſen (vgl. oben §. 4 <hi rendition="#aq">I</hi> und 3 <hi rendition="#aq">II</hi>). Dieſe<lb/> Regel ſchließt eine Reihe von Fällen in ſich.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">a)</hi><hi rendition="#g">Die beſondere Beſtimmung</hi> — <hi rendition="#aq">lex specialis</hi> —<lb/><hi rendition="#g">geht der allgemeinen</hi> — der <hi rendition="#aq">lex generalis</hi> <hi rendition="#g">vor</hi>. So<lb/> fällt Majeſtätsbeleidigung immer unter §. 95 StGB., nie<lb/> unter §. 185; ſo iſt Fälſchung eines Legitimationspapieres<lb/> zum Zwecke beſſeren Fortkommens immer nach §. 363 StGB.,<lb/> nie als Urkundenfälſchung im Sinne des §. 267 zu behan-<lb/> deln. In den Nebengeſetzen iſt dies zum Teil ausdrücklich<lb/> angeordnet; vgl. Gewerbeordnung vom 21. Juni 1867 §§. 147,<lb/> 148.<note place="foot" n="1"><cb/> In §. 147 iſt die Gew.-<lb/> Ordg., in §. 148 ſind die Steuer-<lb/> geſetze als <hi rendition="#aq">lex specialis</hi> be-<lb/> zeichnet.</note> Nur dann, wenn die Sonderbeſtimmung <hi rendition="#g">nur</hi> eine<lb/> beſondere Seite des Falles berückſichtigt, kommt <hi rendition="#g">neben</hi> ihr<lb/> die allgemeine Anordnung zur Geltung: ſo Vereinszollgeſetz<lb/> vom 1. Juli 1869 §§. 158, 159 u. A.<note place="foot" n="2"><cb/> Branntweinſteuergeſetz vom<lb/> 8. Juli 1868 §. 67; Spielkarten-<lb/> ſtempelgeſetz vom 3. Juli 1878<lb/> §. 12 Abſ. 2.</note> Der Satz <hi rendition="#aq">ne bis<lb/> in idem</hi> erleidet hier eine ſcheinbare Ausnahme; ſcheinbar<lb/> darum, weil nicht dieſelbe Handlung mehrmals, ſondern<lb/> verſchiedene Seiten derſelben je einmal in Betracht gezogen<lb/> werden.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">b)</hi> Wenn das poſitive Recht die Möglichkeit einer mehr-<lb/> fachen Bedeutung derſelben Handlung für die Rechtsordnung<lb/> dadurch berückſichtigt, daß es <hi rendition="#g">zuſammengeſetzte</hi> Ver-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [164/0190]
Erſtes Buch. VIII. Verbrechens-Einheit u. -Mehrheit.
II. Zunächſt iſt derjenige Verbrechensthatbeſtand
als gegeben anzunehmen, der den konkreten Fall
am erſchöpfendſten berückſichtigt. Es ſind bei dieſer
Prüfung die verſchiedenen Strafgeſetze in ihrem Verhältniſſe
zu der übertretenen Norm, die verſchiedenen Normen in
ihrem Verhältniſſe zu dem durch ſie zu ſchützenden Rechts-
gute ins Auge zu faſſen (vgl. oben §. 4 I und 3 II). Dieſe
Regel ſchließt eine Reihe von Fällen in ſich.
a) Die beſondere Beſtimmung — lex specialis —
geht der allgemeinen — der lex generalis vor. So
fällt Majeſtätsbeleidigung immer unter §. 95 StGB., nie
unter §. 185; ſo iſt Fälſchung eines Legitimationspapieres
zum Zwecke beſſeren Fortkommens immer nach §. 363 StGB.,
nie als Urkundenfälſchung im Sinne des §. 267 zu behan-
deln. In den Nebengeſetzen iſt dies zum Teil ausdrücklich
angeordnet; vgl. Gewerbeordnung vom 21. Juni 1867 §§. 147,
148. 1 Nur dann, wenn die Sonderbeſtimmung nur eine
beſondere Seite des Falles berückſichtigt, kommt neben ihr
die allgemeine Anordnung zur Geltung: ſo Vereinszollgeſetz
vom 1. Juli 1869 §§. 158, 159 u. A. 2 Der Satz ne bis
in idem erleidet hier eine ſcheinbare Ausnahme; ſcheinbar
darum, weil nicht dieſelbe Handlung mehrmals, ſondern
verſchiedene Seiten derſelben je einmal in Betracht gezogen
werden.
b) Wenn das poſitive Recht die Möglichkeit einer mehr-
fachen Bedeutung derſelben Handlung für die Rechtsordnung
dadurch berückſichtigt, daß es zuſammengeſetzte Ver-
1
In §. 147 iſt die Gew.-
Ordg., in §. 148 ſind die Steuer-
geſetze als lex specialis be-
zeichnet.
2
Branntweinſteuergeſetz vom
8. Juli 1868 §. 67; Spielkarten-
ſtempelgeſetz vom 3. Juli 1878
§. 12 Abſ. 2.
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