IV. Die Begünstigung ist, weil dem Eintritte der Vollendung zeitlich nachfolgend, nie Setzen einer Bedingung zum Erfolge, mithin nie Teilnahme; wir haben daher keinen Grund, von der durchaus sachgemäßen Auffassung des Gesetzgebers, der sie in den besonderen Teil gestellt hat, ab- zuweichen.
V. Bei mehrfacher Beteiligung derselben Person an demselben Delikte wird die schwerere Form der Beteiligung durch die leichtere konsumiert, wie ja auch Vorbereitung und Versuch neben der Vollendung des Verbrechens nicht mehr in Betracht kommen. Vgl. unten §. 40 II. Wenn der An- stifter sich später an der Ausführung des Verbrechens als Thäter oder aber als Gehülfe beteiligt, behandelt ihn das Strafrecht im ersten Falle nur als Thäter, im zweiten nur als Anstifter.
Daß dieser Satz auf das Verhältnis der Teilnahme zur Begünstigung keine Anwendung findet, bedarf nach dem oben unter IV Gesagten keines Beweises.
§. 36. Thäterschaft und Mitthäterschaft.
I. Thäter ist derjenige, der die ganze Ausführungs- handlung begeht, den gesetzlichen Thatbestand des Ver- brechens voll und ganz verwirklicht; Notzüchter also z. B. derjenige, der nötigt und geschlechtlich mißbraucht; Räuber derjenige, der Gewalt anwendet und die Sache wegnimmt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Erfolg lediglich durch eigene körperliche Thätigkeit, oder durch Benutzung der Naturkräfte, eines Werkzeuges, eines Thiers, eines Zurech- nungsunfähigen herbeigeführt wurde; die Benutzung der
Erſtes Buch. VII. Thäterſchaft und Teilnahme.
IV. Die Begünſtigung iſt, weil dem Eintritte der Vollendung zeitlich nachfolgend, nie Setzen einer Bedingung zum Erfolge, mithin nie Teilnahme; wir haben daher keinen Grund, von der durchaus ſachgemäßen Auffaſſung des Geſetzgebers, der ſie in den beſonderen Teil geſtellt hat, ab- zuweichen.
V. Bei mehrfacher Beteiligung derſelben Perſon an demſelben Delikte wird die ſchwerere Form der Beteiligung durch die leichtere konſumiert, wie ja auch Vorbereitung und Verſuch neben der Vollendung des Verbrechens nicht mehr in Betracht kommen. Vgl. unten §. 40 II. Wenn der An- ſtifter ſich ſpäter an der Ausführung des Verbrechens als Thäter oder aber als Gehülfe beteiligt, behandelt ihn das Strafrecht im erſten Falle nur als Thäter, im zweiten nur als Anſtifter.
Daß dieſer Satz auf das Verhältnis der Teilnahme zur Begünſtigung keine Anwendung findet, bedarf nach dem oben unter IV Geſagten keines Beweiſes.
§. 36. Thäterſchaft und Mitthäterſchaft.
I. Thäter iſt derjenige, der die ganze Ausführungs- handlung begeht, den geſetzlichen Thatbeſtand des Ver- brechens voll und ganz verwirklicht; Notzüchter alſo z. B. derjenige, der nötigt und geſchlechtlich mißbraucht; Räuber derjenige, der Gewalt anwendet und die Sache wegnimmt. Dabei macht es keinen Unterſchied, ob der Erfolg lediglich durch eigene körperliche Thätigkeit, oder durch Benutzung der Naturkräfte, eines Werkzeuges, eines Thiers, eines Zurech- nungsunfähigen herbeigeführt wurde; die Benutzung der
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Erſtes Buch. VII. Thäterſchaft und Teilnahme.
IV. Die Begünſtigung iſt, weil dem Eintritte der
Vollendung zeitlich nachfolgend, nie Setzen einer Bedingung
zum Erfolge, mithin nie Teilnahme; wir haben daher
keinen Grund, von der durchaus ſachgemäßen Auffaſſung des
Geſetzgebers, der ſie in den beſonderen Teil geſtellt hat, ab-
zuweichen.
V. Bei mehrfacher Beteiligung derſelben Perſon an
demſelben Delikte wird die ſchwerere Form der Beteiligung
durch die leichtere konſumiert, wie ja auch Vorbereitung und
Verſuch neben der Vollendung des Verbrechens nicht mehr
in Betracht kommen. Vgl. unten §. 40 II. Wenn der An-
ſtifter ſich ſpäter an der Ausführung des Verbrechens als
Thäter oder aber als Gehülfe beteiligt, behandelt ihn das
Strafrecht im erſten Falle nur als Thäter, im zweiten nur
als Anſtifter.
Daß dieſer Satz auf das Verhältnis der Teilnahme zur
Begünſtigung keine Anwendung findet, bedarf nach dem oben
unter IV Geſagten keines Beweiſes.
§. 36.
Thäterſchaft und Mitthäterſchaft.
I. Thäter iſt derjenige, der die ganze Ausführungs-
handlung begeht, den geſetzlichen Thatbeſtand des Ver-
brechens voll und ganz verwirklicht; Notzüchter alſo z. B.
derjenige, der nötigt und geſchlechtlich mißbraucht; Räuber
derjenige, der Gewalt anwendet und die Sache wegnimmt.
Dabei macht es keinen Unterſchied, ob der Erfolg lediglich
durch eigene körperliche Thätigkeit, oder durch Benutzung der
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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/176>, abgerufen am 24.11.2024.
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