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List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838.

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Bundes-Verfassung gemäß, sich die gleiche Obliegenheit zuerkennen wird. Da nun das Interesse aller deutschen Staaten, incl. Preußens, dem vermeintlichen Privat-Interesse Holsteins in dieser Angelegenheit gegenüber steht, so ist nicht zu erwarten, daß dieses sich einem preußischen Unternehmen auf dem linken Elbufer widersetzen, und daß die Herstellung einer Eisenbahn-Verbindung zwischen Hamburg und Lübeck noch lange ein frommer Wunsch bleiben wird, um so weniger, als die geographische Lage der drei Städte Hamburg, Kiel und Lübeck verstattet, daß sie durch eine und dieselbe Bahn unter sich in Verbindung gesetzt werden.

Insofern der Sundzoll ein Haupt-Motiv der Hemmnisse ist, welche die dänische Regierung diesem Unternehmen in den Weg stellt, liegt es in unsrer Aufgabe, in Kürze anzudeuten, wie sehr es in dem Interesse Preußens liege, daß dieser Zoll abgelöst oder doch in eine feste jährliche Rente verwandelt werde. Dieser Zoll wirkt auf den Verkehr der aus und nach der Ostsee handelnden Nationen nicht anders, als der Zehnte auf den Producenten wirkt: die Last wächst mit der wachsenden Industrie. Schweden, Preußen und Rußland, deren Handel nach Westen mit den Fortschritten ihres Gewerbfleißes und Ackerbaues zunimmt, haben jedes Jahr eine größere Abgabe an Dänemark zu entrichten, und im Fall der Abolition der englischen Korngesetze hätten vielleicht die beiden letztern Nationen doppelt so viel zu bezahlen wie gegenwärtig. Alle Nationen würden daher bedeutend gewinnen, wenn sie sich mit Dänemark über die Bezahlung einer den gegenwärtigen Verkehrsverhältnissen entsprechenden Ablösungs-Summe verständigten, keine aber so viel als die preußische, indem die Ostseehäfen dieses Staats um den Betrag des Sundzolls in der Concurrenz mit Hamburg und Bremen hinsichtlich des Handels mit dem Binnenlande im Nachtheil stehen.

Im südlichen Deutschland scheint Baiern das erste Beispiel einer großartigen und durchgreifenden Maßregel für Erwirkung eines National-Transport-Systems geben zu wollen, - hinsichtlich der Eisenbahnen wie der Canäle. Bei der bedeutenden Ausdehnung und vortrefflichen Arrondirung seines Gebiets, bei seiner Entfernung von jeder Seeküste und seiner höchst unvollkommenen Flußschifffahrt, bei dem Reichthum seiner natürlichen Hülfsquellen und der geringen Entwickelung seiner Industrie, bei seinen geographischen und klimatischen Verhältnissen, wodurch das ganze Land in zwei von einander getrennte Hälften geschieden wird, die, gänzlich verschieden nach ihren Producten, nur vermittelst künstlicher Communication in commercielle Verbindung und productive Wechselwirkung gesetzt werden können, - unter solchen Umständen ist es einleuchtend, daß durch die Herstellung eines vollständigen Transport-Systems alle Interessen des Volkes wie des Staates von Baiern in unberechenbarer Weise gefördert werden*).

*) Verf. hat die aus einem baierischen Eisenbahn-System hervorgehenden

Bundes-Verfassung gemäß, sich die gleiche Obliegenheit zuerkennen wird. Da nun das Interesse aller deutschen Staaten, incl. Preußens, dem vermeintlichen Privat-Interesse Holsteins in dieser Angelegenheit gegenüber steht, so ist nicht zu erwarten, daß dieses sich einem preußischen Unternehmen auf dem linken Elbufer widersetzen, und daß die Herstellung einer Eisenbahn-Verbindung zwischen Hamburg und Lübeck noch lange ein frommer Wunsch bleiben wird, um so weniger, als die geographische Lage der drei Städte Hamburg, Kiel und Lübeck verstattet, daß sie durch eine und dieselbe Bahn unter sich in Verbindung gesetzt werden.

Insofern der Sundzoll ein Haupt-Motiv der Hemmnisse ist, welche die dänische Regierung diesem Unternehmen in den Weg stellt, liegt es in unsrer Aufgabe, in Kürze anzudeuten, wie sehr es in dem Interesse Preußens liege, daß dieser Zoll abgelöst oder doch in eine feste jährliche Rente verwandelt werde. Dieser Zoll wirkt auf den Verkehr der aus und nach der Ostsee handelnden Nationen nicht anders, als der Zehnte auf den Producenten wirkt: die Last wächst mit der wachsenden Industrie. Schweden, Preußen und Rußland, deren Handel nach Westen mit den Fortschritten ihres Gewerbfleißes und Ackerbaues zunimmt, haben jedes Jahr eine größere Abgabe an Dänemark zu entrichten, und im Fall der Abolition der englischen Korngesetze hätten vielleicht die beiden letztern Nationen doppelt so viel zu bezahlen wie gegenwärtig. Alle Nationen würden daher bedeutend gewinnen, wenn sie sich mit Dänemark über die Bezahlung einer den gegenwärtigen Verkehrsverhältnissen entsprechenden Ablösungs-Summe verständigten, keine aber so viel als die preußische, indem die Ostseehäfen dieses Staats um den Betrag des Sundzolls in der Concurrenz mit Hamburg und Bremen hinsichtlich des Handels mit dem Binnenlande im Nachtheil stehen.

Im südlichen Deutschland scheint Baiern das erste Beispiel einer großartigen und durchgreifenden Maßregel für Erwirkung eines National-Transport-Systems geben zu wollen, – hinsichtlich der Eisenbahnen wie der Canäle. Bei der bedeutenden Ausdehnung und vortrefflichen Arrondirung seines Gebiets, bei seiner Entfernung von jeder Seeküste und seiner höchst unvollkommenen Flußschifffahrt, bei dem Reichthum seiner natürlichen Hülfsquellen und der geringen Entwickelung seiner Industrie, bei seinen geographischen und klimatischen Verhältnissen, wodurch das ganze Land in zwei von einander getrennte Hälften geschieden wird, die, gänzlich verschieden nach ihren Producten, nur vermittelst künstlicher Communication in commercielle Verbindung und productive Wechselwirkung gesetzt werden können, – unter solchen Umständen ist es einleuchtend, daß durch die Herstellung eines vollständigen Transport-Systems alle Interessen des Volkes wie des Staates von Baiern in unberechenbarer Weise gefördert werden*).

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[119/0120] Bundes-Verfassung gemäß, sich die gleiche Obliegenheit zuerkennen wird. Da nun das Interesse aller deutschen Staaten, incl. Preußens, dem vermeintlichen Privat-Interesse Holsteins in dieser Angelegenheit gegenüber steht, so ist nicht zu erwarten, daß dieses sich einem preußischen Unternehmen auf dem linken Elbufer widersetzen, und daß die Herstellung einer Eisenbahn-Verbindung zwischen Hamburg und Lübeck noch lange ein frommer Wunsch bleiben wird, um so weniger, als die geographische Lage der drei Städte Hamburg, Kiel und Lübeck verstattet, daß sie durch eine und dieselbe Bahn unter sich in Verbindung gesetzt werden. Insofern der Sundzoll ein Haupt-Motiv der Hemmnisse ist, welche die dänische Regierung diesem Unternehmen in den Weg stellt, liegt es in unsrer Aufgabe, in Kürze anzudeuten, wie sehr es in dem Interesse Preußens liege, daß dieser Zoll abgelöst oder doch in eine feste jährliche Rente verwandelt werde. Dieser Zoll wirkt auf den Verkehr der aus und nach der Ostsee handelnden Nationen nicht anders, als der Zehnte auf den Producenten wirkt: die Last wächst mit der wachsenden Industrie. Schweden, Preußen und Rußland, deren Handel nach Westen mit den Fortschritten ihres Gewerbfleißes und Ackerbaues zunimmt, haben jedes Jahr eine größere Abgabe an Dänemark zu entrichten, und im Fall der Abolition der englischen Korngesetze hätten vielleicht die beiden letztern Nationen doppelt so viel zu bezahlen wie gegenwärtig. Alle Nationen würden daher bedeutend gewinnen, wenn sie sich mit Dänemark über die Bezahlung einer den gegenwärtigen Verkehrsverhältnissen entsprechenden Ablösungs-Summe verständigten, keine aber so viel als die preußische, indem die Ostseehäfen dieses Staats um den Betrag des Sundzolls in der Concurrenz mit Hamburg und Bremen hinsichtlich des Handels mit dem Binnenlande im Nachtheil stehen. Im südlichen Deutschland scheint Baiern das erste Beispiel einer großartigen und durchgreifenden Maßregel für Erwirkung eines National-Transport-Systems geben zu wollen, – hinsichtlich der Eisenbahnen wie der Canäle. Bei der bedeutenden Ausdehnung und vortrefflichen Arrondirung seines Gebiets, bei seiner Entfernung von jeder Seeküste und seiner höchst unvollkommenen Flußschifffahrt, bei dem Reichthum seiner natürlichen Hülfsquellen und der geringen Entwickelung seiner Industrie, bei seinen geographischen und klimatischen Verhältnissen, wodurch das ganze Land in zwei von einander getrennte Hälften geschieden wird, die, gänzlich verschieden nach ihren Producten, nur vermittelst künstlicher Communication in commercielle Verbindung und productive Wechselwirkung gesetzt werden können, – unter solchen Umständen ist es einleuchtend, daß durch die Herstellung eines vollständigen Transport-Systems alle Interessen des Volkes wie des Staates von Baiern in unberechenbarer Weise gefördert werden *). *) Verf. hat die aus einem baierischen Eisenbahn-System hervorgehenden

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Zitationshilfe: List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/list_transportsystem_1838/120>, abgerufen am 22.11.2024.