Sprache gebracht, muß es ungemein artig lassen, wenn er einen Criticum abgeben will. Der Herr Prof. Philippi thut es: Aber auf eine gantz beson- dere Art. Er verbessert Stellen, die keine Ver- besserung bedürfen, und wenn der Text verdorben ist, so macht er übel ärger. Wenn Cicero spricht: denuntiat (Alphenus) sese procuratorem esse; istum (Naevium), aequum esse famae fortunisque P. Quintii consulere, & adventum ejus exspe- ctare. Das ist: Alphenus sagt, er wolle den Quintius vor Gericht vertreten, und Nävius müs- se den ehrlichen Mann nicht so gleich um Ehre und Gut bringen, sondern dessen Ankunft erwar- ten; so macht der Herr Prof. Philippi p. 86. fol- gende critische Anmerckung: "Es ist im Lateinischen "wohl verdruckt: istum aequum esse famae fortu- "nisque consulere. Daher muß es heissen: istius "aequum &c." (not. 81.) durch welche Verbesse- rung aber der gute Cicero zu einem römischen Phi- lippi gemacht wird: Wenn es hergegen gleich dar- auf heißt: "Wenn er (Nävius) aber dieses nicht "thun wolte (nemlich des Quintius Ankunft erwar- "ten); sondern sich fest vorgenommen, den Quin- "tius auf solche Art (nemlich durch die übereilte "und unrechtmäßige Verkaufung seiner Güter) da- "hin zu bringen, daß er eingehen müsse, was er (der "Nävius) haben wolte, so wolle er (Alphenus) ihm "weiter keine gute Worte geben, sondern er (Nä- "vius) könne nur, wenn es ihm beliebte, zum Rich- "ter wandern, da wolte er ihm schon zur Antwort "kommen." Quod si facere nolit, atque inhibu- erit ejusmodi rationibus illum ad suas conditio-
nes
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Sprache gebracht, muß es ungemein artig laſſen, wenn er einen Criticum abgeben will. Der Herr Prof. Philippi thut es: Aber auf eine gantz beſon- dere Art. Er verbeſſert Stellen, die keine Ver- beſſerung beduͤrfen, und wenn der Text verdorben iſt, ſo macht er uͤbel aͤrger. Wenn Cicero ſpricht: denuntiat (Alphenus) ſeſe procuratorem eſſe; iſtum (Nævium), æquum eſſe famæ fortunisque P. Quintii conſulere, & adventum ejus exſpe- ctare. Das iſt: Alphenus ſagt, er wolle den Quintius vor Gericht vertreten, und Naͤvius muͤſ- ſe den ehrlichen Mann nicht ſo gleich um Ehre und Gut bringen, ſondern deſſen Ankunft erwar- ten; ſo macht der Herr Prof. Philippi p. 86. fol- gende critiſche Anmerckung: „Es iſt im Lateiniſchen „wohl verdruckt: iſtum æquum eſſe famæ fortu- „nisque conſulere. Daher muß es heiſſen: iſtius „æquum &c.‟ (not. 81.) durch welche Verbeſſe- rung aber der gute Cicero zu einem roͤmiſchen Phi- lippi gemacht wird: Wenn es hergegen gleich dar- auf heißt: „Wenn er (Naͤvius) aber dieſes nicht „thun wolte (nemlich des Quintius Ankunft erwar- „ten); ſondern ſich feſt vorgenommen, den Quin- „tius auf ſolche Art (nemlich durch die uͤbereilte „und unrechtmaͤßige Verkaufung ſeiner Guͤter) da- „hin zu bringen, daß er eingehen muͤſſe, was er (der „Naͤvius) haben wolte, ſo wolle er (Alphenus) ihm „weiter keine gute Worte geben, ſondern er (Naͤ- „vius) koͤnne nur, wenn es ihm beliebte, zum Rich- „ter wandern, da wolte er ihm ſchon zur Antwort „kommen.‟ Quod ſi facere nolit, atque inhibu- erit ejusmodi rationibus illum ad ſuas conditio-
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Sprache gebracht, muß es ungemein artig laſſen,
wenn er einen Criticum abgeben will. Der Herr
Prof. Philippi thut es: Aber auf eine gantz beſon-
dere Art. Er verbeſſert Stellen, die keine Ver-
beſſerung beduͤrfen, und wenn der Text verdorben
iſt, ſo macht er uͤbel aͤrger. Wenn Cicero ſpricht:
denuntiat (Alphenus) ſeſe procuratorem eſſe;
iſtum (Nævium), æquum eſſe famæ fortunisque
P. Quintii conſulere, & adventum ejus exſpe-
ctare. Das iſt: Alphenus ſagt, er wolle den
Quintius vor Gericht vertreten, und Naͤvius muͤſ-
ſe den ehrlichen Mann nicht ſo gleich um Ehre
und Gut bringen, ſondern deſſen Ankunft erwar-
ten; ſo macht der Herr Prof. Philippi p. 86. fol-
gende critiſche Anmerckung: „Es iſt im Lateiniſchen
„wohl verdruckt: iſtum æquum eſſe famæ fortu-
„nisque conſulere. Daher muß es heiſſen: iſtius
„æquum &c.‟ (not. 81.) durch welche Verbeſſe-
rung aber der gute Cicero zu einem roͤmiſchen Phi-
lippi gemacht wird: Wenn es hergegen gleich dar-
auf heißt: „Wenn er (Naͤvius) aber dieſes nicht
„thun wolte (nemlich des Quintius Ankunft erwar-
„ten); ſondern ſich feſt vorgenommen, den Quin-
„tius auf ſolche Art (nemlich durch die uͤbereilte
„und unrechtmaͤßige Verkaufung ſeiner Guͤter) da-
„hin zu bringen, daß er eingehen muͤſſe, was er (der
„Naͤvius) haben wolte, ſo wolle er (Alphenus) ihm
„weiter keine gute Worte geben, ſondern er (Naͤ-
„vius) koͤnne nur, wenn es ihm beliebte, zum Rich-
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 854. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/946>, abgerufen am 22.11.2024.
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